TE Vwgh Erkenntnis 2000/11/21 97/05/0213

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Veröffentlicht am 21.11.2000
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82009 Bauordnung Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs3;
BauO Wr §63 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Karl Ernst Wagner Ges.m.b.H. in Wien, vertreten durch Dres. Wolfram Themmer ua., Rechtsanwälte in Wien I, Biberstraße 15, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 3. Juni 1997, Zl. MD-VfR-B XIV-23/97, betreffend eine Bauangelegenheit, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 19. Juli 1994 suchte die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin um die baubehördliche Bewilligung von baulichen Abänderungen auf ihrer Liegenschaft in Wien XIV, Mauerbachstraße 178, an. In der Folge fand eine Bauverhandlung statt und es wurden umfangreiche Nachbareinwendungen erhoben. In einem Aktenvermerk der Baubehörde vom 4. August 1996 wurde "nach stichprobenartiger Durchsicht der vorliegenden Einreichunterlagen A-C-Parie, Bebauungsbestimmungen, Grundbuchsabschrift" festgehalten, dass das Bauvorhaben in mehreren Punkten den baurechtlichen Vorschriften nicht entspreche. Beanstandet wurde eine Stiege vom Erdgeschoß ins Dachgeschoß als Wohnungszugang, die zu geringe Raumbelichtung und eine Stellungnahme der Magistratsabteilung 35a bezüglich eines Öllagerraumes. Es wurden daher die Einreichunterlagen (A-C-Parie, Kopie Stellungnahme der MA 35a) zur Ergänzung und Richtigstellung rückgemittelt und der Antragsteller beauftragt, die ergänzten richtig gestellten Unterlagen spätestens bis 14. August 1996 der Magistratsabteilung 37 vorzulegen, da sonst das Anbringen im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG nicht weiter berücksichtigt werden könnte. Dieser Auftrag wurde nicht befolgt. Darauf erging am 23. August 1996 eine Aufforderung an die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin, binnen drei Tagen die Baupläne vorzulegen; würde diese Frist nicht eingehalten werden, müsste der Antrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen werden.

Dem antwortete die Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 26. August 1996, dass der zuständige Geschäftsführer derzeit nicht in Wien sei und erst am 2. September 1996 wieder zur Verfügung stehe. Darauf wies der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, mit Bescheid vom 30. August 1996 das Bauansuchen vom 19. Juli 1994 zurück, weil die Baupläne trotz Aufforderung nicht vorgelegt wurden. In der Zustellverfügung dieses Bescheides findet sich der Zusatz "unter Anschluss der Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen (Plan + Bescheid) und der Grundbuchsabschrift (RSB)".

In ihrer dagegen erstatteten Berufung vom 10. September 1996 kündigte die Beschwerdeführerin an, dass sie innerhalb von 2 Wochen die erforderlichen Unterlagen nachreichen werde. Allerdings ist den vorgelegten Verwaltungsakten nichts darüber zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin nach diesem Zeitpunkt der Baubehörde irgendwelche Unterlagen übermittelt hätte.

Der Bescheid vom 30. August 1996 wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 19. Dezember 1996 aufgehoben, weil die zwischenzeitig erfolgte Rechtsnachfolge an die Beschwerdeführerin unbeachtet blieb, also die Aufforderung noch an die nicht mehr existente Rechtsvorgängerin ergangen war.

Darauf erging am 27. Februar 1997 vom Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, neuerlich eine Aufforderung an die Beschwerdeführerin, innerhalb von drei Tagen eine Grundbuchsabschrift hinsichtlich der gegenständlichen Liegenschaft, die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen und die Baupläne vorzulegen. Diese Aufforderung wurde der Beschwerdeführerin am Dienstag, dem 4. März 1997 zugestellt. Mit Bescheid vom 10. März 1997, zugestellt am 12. März 1997, wies die Baubehörde erster Instanz das Bauansuchen vom 19. Juli 1994 neuerlich zurück, weil die am 27. Februar 1997 angeforderten Urkunden nicht vorgelegt worden waren.

In ihrer dagegen erstatteten Berufung gab die Beschwerdeführerin an, dass alle behördlich geforderten Unterlagen durch den von ihr bevollmächtigten Herrn H.D. zeitgerecht eingereicht worden seien. Da man die Aufforderung vom 27. Februar 1997 nicht habe zuordnen können, sei am 4. März 1997 bei einem telefonischen Gespräch zwischen einem Vertreter der Beschwerdeführerin und einem Organwalter der Baubehörde vereinbart worden, dass eine Klärung am 11. März 1997 erfolgen werde. Bei der Vorsprache am 11. März 1997 sei aber von der Sachbearbeiterin der Magistratsabteilung 37 mitgeteilt worden, dass sie von einer derartigen Vereinbarung nicht in Kenntnis sei und von der gegenständlichen Aufforderung "nicht nur der Punkt 1, sondern auch die Unterlagen gemäß den durchgestrichenen Punkten 2 und 3 vorzulegen wären". Eine Grundbuchsabschrift sei bereits im August des Vorjahres mit dem Fluchtlinienbescheid und den geänderten Planunterlagen vorgelegt worden.

Diese Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Aus dem Akteninhalt ergebe sich, dass die Pläne A-C der Bauwerberin mit Schreiben vom 4. August 1996 und die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen (Plan und Bescheid) sowie die Grundbuchsabschriften mit Bescheid vom 30. August 1996 rückgemittelt worden wären.

Auch wenn die Beschwerdeführerin im August 1996 der Forderung zur Vorlage einer Grundbuchsabschrift unter Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen nachgekommen sei, sei dadurch, dass die Behörde diese Unterlagen mit Bescheid vom 30. August 1996 wieder rückgemittelt und die Bauwerberin diese zurückgenommen habe, ohne auf einer Entscheidung über das beantragte Bauvorhaben zu bestehen, eine Situation geschaffen worden, die der Behörde die Anwendung des § 13 Abs. 3 AVG ermögliche. Dies gelte auch für die mit Schreiben vom 4. August 1996 rückgemittelten Baupläne. Diese Belege seien weder innerhalb der gemäß § 13 Abs. 3 AVG festgesetzten Frist noch bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides wieder vorgelegt worden. Die Frist sei dann ausreichend, wenn sie für das Nachbringen bereits vorhandener Belege ausreiche. Der Zurückweisungsbescheid sei erst am 12. März 1997 erlassen worden, weshalb die tatsächlich gewährte Frist jedenfalls für die Wiedervorlage ausgereicht hätte.

In der dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht verletzt, dass das von ihr am 19. Juli 1994 eingebrachte Ansuchen nicht gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen werde. Sie begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG (in der hier noch anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998) ermächtigen Formgebrechen schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr dem Einschreiter die Behebung der Formgebrechen mit der Wirkung aufzutragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Was unter einem Formgebrechen schriftlicher Eingaben im Sinne des § 13 AVG zu verstehen ist, muss der in Betracht kommenden Verwaltungsvorschrift entnommen werden; das Fehlen von Beilagen, deren Beschaffung der Partei aus eigener Initiative möglich ist, stellt ein Formgebrechen im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG dar, wobei insbesondere das Fehlen von Beilagen darunter fällt, wenn die Partei auf Grund des Gesetzes erkennen konnte, welche Unterlagen erforderlich sind (siehe die Nachweise bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren I2, 346 f).

Gemäß § 63 Abs. 1 BauO für Wien hat der Bauwerber als Einreichunterlagen die Baupläne in dreifacher Ausfertigung (lit. a), eine Grundbuchsabschrift (lit. b) und (u.a.) die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen bei Bauführungen, für die eine Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen erforderlich ist (lit. d), vorzulegen. Die Baubehörde hat daher zu Recht mit ihrer Aufforderung vom 27. Februar 1997 die Vorlage einer Grundbuchsabschrift, der Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen und der Baupläne verlangt, weil es sich dabei um jene Einreichunterlagen handelt, die nach § 63 Abs. 1 BO vorzulegen waren und deren Nichtvorlage ein Formgebrechen im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG darstellt.

Die Beschwerdeführerin wirft der belangten Behörde vor, sie hätte sich mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Berufung, dass "alle behördlich geforderten Unterlagen durch den von uns bevollmächtigten Herrn H. D. zeitgerecht eingereicht wurden", nicht auseinander gesetzt und darüber keine Erhebungen gepflogen. Die belangte Behörde stellte im angefochtenen Bescheid fest, dass der Beschwerdeführerin einerseits mit der Aufforderung vom 4. August 1996 die Pläne, andererseits die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen und die Grundbuchsabschrift mit dem Zurückweisungsbescheid vom 30. August 1996 zurückgestellt wurden und dass nach dem Akteninhalt die gegenständlichen Belege für das Baubewilligungsverfahren bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht wieder vorgelegt wurden.

Der Verwaltungsgerichtshof erachtet diese Feststellungen im Gegensatz zur Behauptung der Beschwerdeführerin in der Berufung als schlüssig und nachvollziehbar. Aus dem Akt ergibt sich, dass diese Unterlagen der Beschwerdeführerin rückgemittelt worden sind; gerade bei Zurückweisung eines Bauansuchens bestand für die Behörde kein Anlass, die Beilagen im Akt zu belassen, zumal jederzeit ein neues Bauansuchen gestellt werden konnte, wofür gerade diese Beilagen erforderlich gewesen wären. Bedenkt man die Verfahrensdauer seit 1994 einerseits und andererseits den Umstand, dass tatsächlich von der Beschwerdeführerin überreichte Beilagen von der Behörde zurückgestellt wurden, dann erscheint das Vorbringen, Herr D. hätte alle Unterlagen zeitgerecht eingereicht, zu unpräzise, um damit darzutun, dass nach Zustellung des Bescheides vom 30. August 1996 an die Beschwerdeführerin, also nach dem 9. September 1996, die vorher angeforderten Beilagen übermittelt worden wären; auch die Beschwerde belässt es bei der bloßen Behauptung, die Unterlagen wären innerhalb der nächsten zwei Wochen (nach dem 10. September 1996) nachgereicht worden, ohne dies in irgendeiner Weise zu präzisieren (Zeitpunkt dieser "Überreichung", persönliche Überreichung oder Postaufgabe etc.). Insbesondere verwundert, dass die Beschwerdeführerin auf Grund der Aufforderung vom 27. Februar 1997 nicht mit dem Hinweis reagiert hat, dass sie diese Unterlagen schon vorgelegt hätte; sie behauptet vielmehr in der Beschwerde, dass sie am Tag der Zustellung der Aufforderung (4. März 1997) um Fristerstreckung bis 11. März 1997 durch Kontaktaufnahme mit der Magistratsabteilung 37 angesucht hätte, um zu klären, welche Unterlagen denn fehlen würden.

Ausgehend davon, dass zwischen dem 10. September 1996 und dem 12. März 1997 (Zustellung = Erlassung des Zurückweisungsbescheides) der Grundbuchsauszug, die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen und die Pläne nicht vorgelegt wurden, ist die belangte Behörde zu Recht mit einem Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG vorgegangen. Wohl bildet die gesetzte dreitägige Frist die absolute Untergrenze einer "angemessenen" Frist im Sinne des Gesetzes; ausgehend davon, dass diese Beilagen aber schon einmal eingereicht worden waren und zurückgestellt wurden, also bloß neuerlich vorzulegen waren, ist es nicht erklärbar, warum die Beschwerdeführerin - eine Kapitalgesellschaft mit Filialbetrieben und entsprechender Büroorganisation - nicht im Stande war, die Unterlagen auch in dieser äußerst kurzen Frist zu übermitteln. Es muss somit von einer (gerade noch) angemessenen Frist ausgegangen werden.

Wenn die Beschwerdeführerin jetzt vorbringt, die Zustellung sei "während der Energieferien" erfolgt, so hätte dies allenfalls in einem Wiedereinsetzungsverfahren relevant sein können; allerdings ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 2 Abs. 2 Z. 1 lit. b Schulzeitgesetz 1985 in der damals geltenden Fassung (BGBl. Nr. 467/1995) die Semesterferien in der Dauer von einer Woche in den Bundesländern Burgenland, Niederösterreich und Wien am

1. Montag im Februar begonnen haben.

Kommt die Partei dem Auftrag zur Behebung des Formgebrechens nicht nach, so ist das Parteibegehren durch Bescheid zurückzuweisen (Walter-Thienel, a.a.O., 358). Da die belangte Behörde diese Zurückweisung frei von Rechtsirrtum bestätigt hat, war die dagegen erhobene Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 21. November 2000

Schlagworte

Formgebrechen behebbare Beilagen Pflichten bei Erteilung des Verbesserungsauftrages Frist Verbesserungsauftrag Bejahung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1997050213.X00

Im RIS seit

23.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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