TE UVS Wien 2013/01/30 06/FM/46/2136/2011

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.01.2013
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag. Schmied über die Berufung des Herrn Horst L., vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei, gegen das Straferkenntnis der Finanzmarktaufsicht vom 31.1.2011 Zl: FMA-WL00720.100/0001- LAW/2010, betreffend mehrere Übertretungen des Wertpapieraufsichtsgesetzes 2007 ? WAG 2007, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch Bescheidverkündung am 30.1.2012 entschieden:

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG wird der zu Punkt 1) auf die Bekämpfung der Strafhöhe eingeschränkten, zu den übrigen Punkten gegen Schuld und Strafe gerichteten Berufung insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis zu den Spruchpunkten 2) bis 5) behoben, das Verfahren diesbezüglich gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG (Punkte 2, 3 und 5) bzw. § 45 Abs. 1 Z 3 VStG (Punkt 4) eingestellt und die zu Punkt 1) verhängte Geldstrafe auf 1.000,-- Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 20 Stunden herabgesetzt wird.

Der dem Berufungswerber zu Punkt 1) vorgeschriebene Beitrag zu den Kosten des Verfahrens wird mit 100,-- Euro, das sind 10% der verhängten Geldstrafe festgesetzt. Gemäß § 65 VStG wird dem Berufungswerber kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Text

Der Spruch des gegen den Berufungswerber als Beschuldigten gerichteten Straferkenntnisses lautet:

?Die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

Sie sind seit 16.01.2008 Vorstand der S. AG (vorm. W. AG, vorm. W. GmbH), einer bis 24.08.2009 konzessionierten Wertpapierfirma mit der Geschäftsanschrift A.-straße in Sa.. In dieser Funktion haben Sie es gemäß § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafverfahrensgesetz (VStG), BGBl 52/1991 idgF, als nach außen vertretungsbefugtes Organ zu verantworten, dass die S. AG unterlassen hat,

1. eine unabhängige Compliance-Funktion dauerhaft einzurichten, da Sie trotz Ihrer Vorstandsfunktion parallel dazu vom 01.01.2009 bis 31.01.2009 die Funktion des Compliance-Beauftragten ausgeübt haben;

2. von 01.11.2007 bis zumindest 26.03.2009 (Ende der Vor-Ort-Prüfung der FMA) Compliance-Tätigkeitsberichte zu erstellen.

Im Zuge der Vor-Ort-Prüfung (25.03.2009 bis 26.03.2009) konnte der FMA kein Compliance-Tätigkeitsbericht vorgelegt werden;

3. eine unabhängige Risikomanagement-Funktion dauerhaft einzurichten, da Sie trotz ihrer Vorstandsfunktion parallel dazu im Zeitpunkt der Vor-Ort-Prüfung (25.03.2009 bis 26.03.2009) die Funktion des Risikomanagers ausgeübt haben;

4. im Zeitraum Juli 2008 (Beginn der geplanten Prüftätigkeit laut des von der S. AG erstellten Revisionsplanes) bis März 2009 (Zeitpunkt der Vor-Ort-Prüfung) entsprechend ihrem Revisionsplan, der diesem Straferkenntnis als Beilage angefügt ist und einen integrierten Bestandteil dieses Straferkenntnisses bildet, sämtliche prüfungsrelevanten Einheiten des Unternehmens dauerhaft zu überprüfen. Es wurden im genannten Zeitraum lediglich vier prüfungsrelevante Bereiche der zu untersuchenden Felder tatsächlich überprüft;

5. von 01.11.2007 bis zumindest 26.03.2009 (Ende der Vor-Ort-Prüfung der FMA) im Zusammenhang mit der Kundeneinstufung ihre Kunden über die Möglichkeit einer Umstufung sowie die damit allenfalls verbundene Änderung des Kundenschutzniveaus zu informieren.

6. Gemäß § 9 Abs. 7 VStG haftet die S. AG für die gegen den Beschuldigten verhängte Geldstrafe und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

Ad 1. § 18 Abs. 3 iVm § 95 Abs. 2 Z 2 Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 (WAG), BGBl I 2007/60 idgF;

Ad 2. § 21 Abs. 2 iVm § 18 Abs. 4 Z 2 iVm § 95 Abs. 2 Z 2 WAG;

Ad 3. § 19 Abs. 2 iVm § 95 Abs. 2 Z 2 WAG;

Ad 4. § 20 iVm § 95 Abs. 2 Z 2 WAG;

Ad 5. § 61 Abs. 2 iVm § 95 Abs. 2 Z 1 WAG,

unter Heranziehung von § 9 Abs. 1 VStG

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

Ad 1. 1.500 Euro

Ad 2. 1.500 Euro

Ad.3. 1.500 Euro

Ad.4. 1.500 Euro

Ad.5. 1.500 Euro

Gesamt 7.500 Euro

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag

Freiheitsstrafe von --

Gemäß §§ 16, 19 und 44a VStG iVm §§ 9 Abs. 1 iVm 95 Abs. 2 Z 1 und 2 WAG Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

* 750 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet); * 0 Euro als Ersatz der Barauslagen für -- .

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 8.250 Euro.?

Aufgrund der dagegen form- und fristgerecht erhobenen Berufung des Beschuldigten wurde am 16.1.2012 eine mündliche Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien durchgeführt, die am 30.1.2012 fortgesetzt wurde. In der Verhandlung am 16.1.2012 führte der Berufungswerber aus, Ende November 2008 habe der damalige Vorstand, Herr Sch., zu erkennen gegeben, dass er beabsichtige, das Unternehmen zu verlassen. Tatsächlich habe er Anfang Dezember seine Vorstandsfunktion aufgegeben. Dies sei auch der Grund gewesen, weshalb Mag. A. Ende November vom Aufsichtsrat in den Vorstand gewechselt sei. Es sei damals allerdings noch nicht bekannt gewesen, dass Herr Sch. den Compliance-Beauftragten, Herrn R., nach Luxemburg mitnehmen wollte. Mitte Dezember habe dann Herr R. einvernehmlich sein Dienstverhältnis beendet. Dies sei nicht vorhersehbar gewesen. Man habe Herrn R. zwar halten wollen, er sei aber nicht mehr zur Arbeit erschienen. Zu Punkt 3 des Straferkenntnisses legte die Vertreterin der FMA zur Frage der Verhältnismäßigkeit hinsichtlich des Erfordernisses eines unabhängigen Risikomanagers einen Analyse-Fragebogen 2008 vor, aus dem hervorgeht, dass das Unternehmen im Juni 2008 17 Beschäftigte und 70 Kunden im WAG-Bereich hatte. Die Kundenstruktur zeige, dass das Risikoverhalten der Privatkunden mehrheitlich nicht konservativ sondern dynamisch und spekulativ gewesen sei. Der Mitbeschuldigte Mag. A. hielt dem entgegen, dass in der zweiten Hälfte des Jahres 2008 aufgrund der sich abzeichnenden Finanzkrise der Mitarbeiterstand radikal abgebaut worden sei und der Geschäftsumfang bei Wertpapierdienstleistungen vor allem nach dem Ausscheiden des Vertriebsvorstandes Sch. massiv zurückgegangen sei, zumal dieser zahlreiche Mitarbeiter und Kunden ?mitgenommen? habe. Zu Punkt 4 des Straferkenntnisses führte die Vertreterin der FMA aus, die Strafbarkeit des Verhaltens des Berufungswerbers liege darin, dass keine dauerhafte Überprüfung der laut unternehmensintern erstelltem Prüfplan zu prüfenden Bereiche im Tatzeitraum vorgenommen worden sei. Im Spruch werde diesbezüglich auf den Revisionsplan, der dem Straferkenntnis als Beilage angeschlossen sei, hingewiesen. Der anwaltliche Vertreter des Berufungswerbers hielt dem entgegen, dass der Spruch des Straferkenntnisses in diesem Punkt nicht hinreichend konkretisiert sei, zumal sich daraus nicht ergebe, in welchen Bereichen des Unternehmens keine Prüfung entgegen dem Revisionsplan erfolgt sei.

In der Verhandlung am 30.1.2012 legte der anwaltliche Vertreter des Berufungswerbers das Lohnjournal März 2009, eine Aufstellung zum Mitarbeiterstand, eine Liste aller aktiven Kunden, den Haftungsdachvertrag vom 14.1.2009, eine Überweisungsübersicht vom August 2009 und eine Bestätigung der Depotbank über erfolgte Provisionszahlungen für Bestandsvergütungen vom März 2009 sowie ein E-Mail des Berufungswerbers samt beigefügtem Auszug aus der Bilanz zum 30.6.2009 vor. Erläuternd führt er aus, dass von den im Unternehmen beschäftigten Mitarbeitern Herr Martin K. nicht im WAG Bereich tätig gewesen sei, die Arbeitnehmer B. und E. nur pro forma mit 50 Euro angemeldet gewesen wären und von den übrigen Mitarbeitern zwei die Vorstände selbst und die Übrigen im Bereich Buchhaltung, Sekretariat usw. beschäftigt gewesen wären. Dies ergebe sich aus Beilage 5 (Aufstellung zum Mitarbeiterstand). Im Bereich der Kundenbetreuung sei nur Frau Elisabeth Bä. tätig gewesen. Die 10 Kunden im WAG Bereich seien der Beilage 6 (Liste aller aktiven Kunden) zu entnehmen. Von deren Transaktionen seien der S. AG (S.), insgesamt 31.841,-- Euro an Provisionen zugefallen. Davon seien 20 % Umsatzsteuer an das Finanzamt entrichtet worden. Branchenüblich seien Provisionen von 1 bis 2 % des eingesetzten Kapitals zuzüglich einer etwaigen Gewinnbeteiligung. Die 10 Kunden fänden sich auch in der Beilage 7 (Erläuterungen zur Bilanz). Aus Beilage 8 (Haftungsdachvertrag) ergebe sich, dass bereits im Jänner 2009 ein Haftungsdachvertrag mit der Al. Vermögensmanagement GmbH abgeschlossen worden sei, wonach vereinbarungsgemäß die Kundenbetreuung durch die genannte Gesellschaft erfolgen sollte. Für die Kundenbetreuung habe diese Gesellschaft von der S. einen Betrag von ca. 22.500,-- Euro netto überwiesen erhalten. Der tatsächliche Ertrag aus dem WAG Geschäft habe sich daher im Jahr 2009 auf ca. 5.000,-- Euro belaufen. Das Vorbringen zeige, dass die S. damals schon in Abwicklung begriffen gewesen sei und folgerichtig im August 2009 die Konzession nach dem WAG zurückgelegt worden sei. Die Vertreterin der FMA brachte vor, dass das dem Berufungswerber zur Last gelegte Verhalten unter Punkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses zwar unter § 21 Abs. 2 WAG 2007 subsumiert worden sei, die Tatumschreibung aber (auch) einen Verstoß gegen § 17 Abs. 1 Z 1 WAG 2007 umfasse. In diesem Zusammenhang wurde das Rundschreiben der FMA betreffend WAG 2007 vorgelegt.

Der anwaltliche Vertreter des Berufungswerbers replizierte darauf, dass sowohl dem Spruch als auch der Begründung zu entnehmen sei, dass sich die Tatanlastung lediglich auf § 21 Abs. 2 iVm § 18 Abs. 4 WAG 2007 stütze. Dieser komme jedoch für Wertpapierdienstleistungsunternehmen, die keine Wertpapierfirmen sind, gemäß § 15 Abs. 2 WAG 2007 nicht zur Anwendung. Weder aus § 17 WAG noch aus dem vorgelegten Rundschreiben der FMA ergebe sich die angelastete Verpflichtung, einen Compliance-Tätigkeitsbericht vorzulegen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

Aufgrund der unbestritten gebliebenen Aktenlage und der in der mündlichen Verhandlung unmittelbar aufgenommenen Beweise, wird folgender Sachverhalt als erwiesen festgestellt:

Bei der S. AG (vorm. W. AG), im Folgenden kurz ?S.?, handelte es sich um eine Wertpapierfirma, die mit Bescheid der FMA vom 19.08.2008 (Rechtskraft mit 29.08.2008) zur gewerblichen Erbringung von folgenden Wertpapierdienstleistungen berechtigt war: Anlageberatung (§ 3 Abs 2 Z 1 WAG 2007), Portfolioverwaltung durch Verwaltung von Portfolios auf Einzelkundenbasis mit einem Ermessensspielraum im Rahmen einer Vollmacht des Kunden (§ 3 Abs 2 Z 2 WAG 2007) sowie Annahme und Übermittlung von Aufträgen (§ 3 Abs 2 Z 3 WAG 2007)

Die W. AG wurde ursprünglich am 07.06.2006 (Rechtskraft mit 09.06.2006) als SL. GmbH konzessioniert und hatte die Berechtigung zur Beratung über die Veranlagung von Kundenvermögen sowie die Vermittlung von Geschäftsgelegenheiten zum Erwerb oder zur Veräußerung von einem oder mehrerer der in § 1 Abs. 1 Z 7 lit b bis f BWG genannten Instrumente im Rahmen der im Artikel 2 Abs. 2 lit g der Richtlinie 93/22/EWG angeführten Schranken ? eingeschränkt auf Wertpapiere und verbriefte Anteile an ausländischen Kapitalanlagefonds, die gemäß § 30 oder § 36 InvFG zum öffentlichen Vertrieb im Inland zugelassen sind. Mit 11.09.2007 wurde die Gesellschaft in W. GmbH umbenannt sowie per 20.12.2007 zur W. AG umfirmiert. Am 13.10.2009 erfolgte eine neuerliche Umbenennung des Unternehmens in S. AG.

In weitere Folge wurde der FMA von der S. ein Schreiben übermittelt, in dem das Unternehmen die Zurücklegung der Konzession bekannt gibt. Nach Beibringung der Abwicklungserklärung ist die Konzession seit 25.08.2009 erloschen. Im Zeitraum 25. bis 26. März 2009 fand in den Räumlichkeiten der S. (zu diesem Zeitpunkt noch W. AG) eine Vor-Ort-Prüfung statt

Nach Ausscheiden des Compliance-Beauftragten Christian R. aus dem Unternehmen am 31.12.2008 wurde die Compliance-Funktion vorübergehend vom damaligen Vorstand der W. AG (nunmehr Vorstand der S.), Herrn Horst L., bis zur Bestellung von Frau Elisabeth A. am 01.02.2009 ausgeführt. Herr L. war vorwiegend im operativen Geschäft tätig. Im Zeitpunkt der Vor-Ort-Prüfung war bereits Frau Elisabeth A., seit 02.02.2009 im Unternehmen angestellt, für die Compliance verantwortlich und befand sich diesbezüglich noch in Ausbildung. Ein Compliance-Bericht konnte dem Prüfteam nicht vorgelegt werden.

Die Funktion des Risikomanagers hatte im Zeitpunkt der Vor-Ort-Prüfung neben seiner Vorstandsfunktion Herr Horst L. inne, in dessen Verantwortungsbereich insbesondere das Kundengeschäft fiel. Bis 31.01.2009 war Herr Mag. Ludwig H. für die Interne Revision verantwortlich. Diese Funktion wurde danach ab 01.02.2009 von Herrn Bernhard P. übernommen.

Im Zuge der Vor-Ort-Prüfung wurde der FMA ein Revisionsplan 2008/2009 vorgelegt. Von den im Zeitraum Juli 2008 bis März 2009 (Zeitpunkt der Vor-Ort-Prüfung) zu prüfenden und im Revisionsplan näher aufgelisteten Prüffeldern wurden lediglich 4 Prüfbereiche (IT-Outsourcing und Compliance, Kundeneinstufung und angemessene Informationen für Kunden) tatsächlich überprüft. In Bezug auf alle übrigen im Revisionsplan aufgelisteten Prüffelder fehlt eine Umsetzung bzw. Überprüfung des erstellten Revisionsprogrammes.

Die S. hat ihre Kunden im Zusammenhang mit der Kundeneinstufung nicht über die Möglichkeit, das Verfahren und die Voraussetzungen einer Umstufung sowie die damit verbundene Änderung des Kundenschutzniveaus, informiert. Alle Kunden waren allerdings bereits als Privatkunden eingestuft.

Diese Feststellungen decken sich mit jenen im angefochtenen Straferkenntnis und blieben im Verfahren unbestritten.

Ende November 2008 hat der damalige Vorstand, Herr Sch., zu erkennen gegeben, dass er beabsichtige, das Unternehmen zu verlassen. Tatsächlich gab er Anfang Dezember seine Vorstandsfunktion auf. Deshalb wechselte Mag. A. Ende November vom Aufsichtsrat in den Vorstand. Mitte Dezember gab Herr R. bekannt, dass er dem Ex-Vorstand Sch. nach Luxemburg folgen wolle. Er war nicht mehr dazu zu bewegen, länger Dienst für die S. zu versehen, weshalb sein Dienstverhältnis einvernehmlich beendet wurde.

Zum Zeitpunkt der Vorortprüfung durch die FMA (März 2009) waren im Unternehmen einschließlich der beiden Vorstandsmitglieder 13 Mitarbeiter beschäftigt, von denen einer nicht im WAG Bereich tätig und zwei weitere Mitarbeiter nur geringfügig beschäftigt waren. Im Bereich der Kundenbetreuung war überhaupt nur Frau Elisabeth Bä. tätig.

Zu dieser Zeit hatte die S. noch 10 Kunden im WAG-Bereich. Von deren Transaktionen fielen der S. insgesamt 31.841,-- Euro an Provisionen zu, wovon 20 % Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen waren. Bereits im Jänner 2009 war ein Haftungsdachvertrag mit der Al. Vermögensmanagement GmbH abgeschlossen worden, wonach vereinbarungsgemäß die Kundenbetreuung durch die genannte Gesellschaft erfolgen sollte. Für die Kundenbetreuung hatte diese Gesellschaft von der S. einen Betrag von ca. 22.500,-- Euro netto überwiesen erhalten. Im August 2009 wurde von der S. das WAG-Geschäft überhaupt beendet und die Konzession nach dem WAG überhaupt zurückgelegt.

Diese Feststellungen gründen sich auf die glaubhaften Aussagen des Berufungswerbers und des Mitbeschuldigten Mag. A. in der mündlichen Verhandlung sowie auf die in der fortgesetzten Verhandlung am 30.1.2012 vorgelegten Urkunden.

Zu 1):

Aufgrund der zu diesem Spruchpunkt auf die Bekämpfung der Strafhöhe eingeschränkten Berufung war der Schuldspruch nicht mehr zu überprüfen. Zur Strafbemessung ist Folgendes festzuhalten:

Gemäß § 18 Abs. 3 WAG 2007 hat ein Rechtsträger eine unabhängige Compliance-Funktion dauerhaft einzurichten, die folgende Aufgaben hat:

1. Die Überwachung und regelmäßige Bewertung der Angemessenheit und Wirksamkeit der Verfahren gemäß Abs. 1, sowie der Maßnahmen, die zur Behebung etwaiger Mängel unternommen wurden;

2. die Beratung und Unterstützung der für Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten zuständigen relevanten Personen im Hinblick auf die Einhaltung der in diesem Hauptstück für den Rechtsträger festgelegten Pflichten. Gemäß § 95 Abs. 2 Z 2 WAG 2007 in der zur jeweiligen Tatzeit geltenden Fassung, BGBl. I Nr. 152/2009, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist hinsichtlich der mit Geldstrafe bis zu 30.000,-- Euro zu bestrafen, wer als Verantwortlicher (§ 9 VStG) eines Rechtsträgers gegen eine Verpflichtung gemäß §§ 9 bis 11, 13, 16 bis 22, 24 bis 26 oder 67 bis 71 verstößt.

Unbeschadet der vom Berufungswerber in der mündlichen Verhandlung dargelegten Tatumstände, insbesondere der unerwartet raschen Auflösung des Dienstverhältnisses mit dem bisherigen Compliancebeauftragten erweisen sich weder der objektive Unrechtsgehalt der Tat, die immerhin zur Folge hatte, dass in einem Zeitraum von einem ganzen Monat keine unabhängige Compliance im Unternehmen bestand, noch das den Berufungswerber treffende Verschulden als atypisch geringfügig. In diesem Zusammenhang muss betont werden, dass ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen verpflichtet ist, für den Fall Vorkehrungen zu treffen, dass der Compliance-Beauftragte aus dem Unternehmen auszuscheiden beabsichtigt und seine Position daher kurzfristig nachbesetzt werden muss. Vor diesem Hintergrund kann nicht festgestellt werden, dass das tatbildliche Verhalten des Berufungswerbers deutlich hinter dem in der gesetzlichen Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückgeblieben wäre. Die Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG kam somit nicht in Betracht. Bei der Herabsetzung der Strafe wurden die bereits erstinstanzlich als Milderungsgrund berücksichtigte verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers sowie darüber hinaus die vergleichsweise lange Verfahrensdauer sowie der Umstand, dass sich der Berufungswerber im Berufungsverfahren doch noch schuldeinsichtig gezeigt hat, als strafmildernd gewertet, sodass die Strafe spruchgemäß herabgesetzt wurde. Einer noch weiteren Herabsetzung der Strafe stand unter Berücksichtigung der als zumindest durchschnittlich einzustufenden wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers der gesetzliche Strafrahmen entgegen, der ohnedies nur zu einem geringen Bruchteil ausgeschöpft wurde.

Zu 2) :

Gemäß § 21 Abs. 2 WAG 2007 sind, soweit in den §§ 18 bis 20 die Erstellung von Berichten vorgesehen ist, diese schriftlich und regelmäßig, zumindest einmal jährlich zu erstatten. Die Berichte haben eine Zusammenfassung der Tätigkeit der jeweiligen Funktion zu enthalten und es ist insbesondere anzugeben, ob zur Behebung etwaiger Mängel geeignete Maßnahmen getroffen wurden. Gemäß § 18 Abs. 4 Z 2 WAG 2007 ist ein Compliance-Beauftragter zu benennen, der für die Compliance-Funktion und die Erstellung eines Tätigkeitsberichts verantwortlich ist.

Gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 WAG 2007 hat ein Rechtsträger Entscheidungsprozesse und eine Organisationsstruktur, durch die Berichtspflichten und zugewiesene Funktionen und Aufgaben klar dokumentiert sind, einzurichten und laufend anzuwenden. Der Berufungswerber hat zutreffend ausgeführt, dass die S. erst seit 29.8.2008 über eine Konzession als Wertpapierfirma verfügte. Erst ab Konzessionserteilung war das Unternehmen verpflichtet, eine unabhängige Compliance-Funktion einzurichten und jährlich Compliance-Tätigkeitsberichte zu erstellen sowie vorzulegen. Gegenständlich wird dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe es zu verantworten, dass die als Wertpapierdienstleistungsunternehmen konzessionierte S. von 1.11.2007 bis zumindest 26.3.2009 keinen Compliance-Tätigkeitsbericht vorgelegt habe. Zumal der Gesetzgeber in § 21 Abs. 2 WAG 2007 anordnet, dass Tätigkeitsberichte (darunter fällt auch der Compliance-Tätigkeitsbericht) zumindest einmal jährlich zu erstatten sind, liegt ein Verstoß gegen diese Rechtsvorschrift erst vor, wenn innerhalb eines Jahres ab Beginn der Verpflichtung, einen Tätigkeitsbericht zu erstellen, kein solcher erstattet wurde. Gegenständlich begann für die S. die Verpflichtung zur Erstellung eines Compliance-Tätigkeitsbericht nicht - wie von der FMA angelastet - schon mit Inkrafttreten des WAG 2007 am 1.11.2007, sondern erst mit Konzessionserteilung am 29.8.2008. Der Bericht wäre somit bis spätestens 29.8.2009 zu legen gewesen.

Entgegen der erstinstanzlichen Tatanlastung war daher die S. am 26.3.2009 (Ende der Vorortprüfung) nicht verpflichtet, bereits zu diesem Zeitpunkt einen Compliance-Tätigkeitsbericht erstellt zu haben, sondern durfte sich das genannte Unternehmen dafür bis 29.8.2008 Zeit lassen. Dass zu diesem Zeitpunkt noch kein Compliance-Tätigkeitsbericht vorgelegen wäre, wurde dem Berufungswerber gegenständlich nicht zur Last gelegt.

Somit bleibt im Ergebnis festzuhalten, dass der gesetzliche Tatbestand im angelasteten Zeitraum nicht verwirklicht wurde, weswegen das angefochtene Straferkenntnis in Punkt 2) zu beheben und das Verfahren spruchgemäß einzustellen war.

Soweit die FMA in der fortgesetzten mündlichen Verhandlung am 30.1.2012 vorgebracht hat, die Tatumschreibung erfasse auch einen Verstoß gegen § 17 Abs. 1 Z 1 WAG 2007, ist dem entgegen zu halten, dass dem Berufungswerber binnen der mit 18 Monaten bemessenen Verfolgungsverjährungsfrist nicht zum Vorwurf gemacht wurde, er hätte es verabsäumt, Entscheidungsprozesse und eine Organisationsstruktur, durch die Berichtspflichten und zugewiesene Funktionen und Aufgaben klar dokumentiert sind, einzurichten und laufend anzuwenden. Nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist ist es aber sowohl der FMA wie auch der Berufungsbehörde verwehrt, einen derartigen Tatvorwurf erstmalig gegen den Berufungswerber als Beschuldigten zu erheben.

Zu 3):

Gemäß 19 Abs. 2 WAG 2007 hat ein Rechtsträger eine unabhängige Risikomanagement-Funktion dauerhaft einzurichten, soweit dies angesichts der Art, dem Umfang und der Komplexität seiner Geschäftstätigkeit sowie der Art und dem Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten angemessen und verhältnismäßig ist.

Diese hat folgende Aufgaben:

1.

Die Anwendung der in Abs. 1 genannten Leitlinien und Verfahren und

2.

die Berichterstattung an die Geschäftsleitung gemäß § 21 Abs. 2 und deren Beratung.

Unbestrittenermaßen war im angelasteten Zeitraum (25.3.2009 bis 26.3.2009) in der S. keine unabhängige Risiko-Management-Funktion eingerichtet, wurde doch in diesem Zeitraum das Risikomanagement vom Berufungswerber selbst ausgeübt, der zugleich als Vorstand der S. fungierte.

Die Einrichtung einer unabhängige Risikomanagement-Funktion ist gesetzlich allerdings nur dann zwingend geboten, wenn dies angesichts der Art, dem Umfang und der Komplexität seiner Geschäftstätigkeit sowie der Art und dem Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten angemessen und verhältnismäßig ist.

In Ansehung des Umstandes, dass im Tatzeitraum die S. nur noch über 13 Mitarbeiter verfügte, von denen - abgesehen von den beiden Vorständen - nur eine Mitarbeiterin im Wertpapierbereich tätig war, und nur noch 10 Kunden im Wertpapierbereich betreute, wobei der Ertrag aus den Provisionen 31.841,-- Euro vor Steuer betrug, war davon auszugehen, dass im Hinblick auf die Komplexität der Geschäftstätigkeit sowie Art und Umfang der Geschäfte, deren operative Abwicklung bereits ausgelagert war, die Einrichtung einer von den Vorständen unabhängigen Risikomanagement-Funktion selbst unter Anlegung eines im Hinblick auf den Kundenschutz gebotenen strengen Maßstabes nicht mehr als verhältnismäßig angesehen werden kann. In diesem Zusammenhang fand auch der Umstand Berücksichtigung, dass der Wertpapierbereich in der S. zur Tatzeit schon in Abwicklung begriffen war und folgerichtig im August 2009 die Konzession nach dem WAG zurückgelegt wurde. Vor diesem erst in der mündlichen Verhandlung deutlich gewordenen Hintergrund konnte der Tatvorwurf einer Übertretung des § 19 Abs. 2 WAG 2007 nicht weiter aufrechterhalten werden, war das angefochtene Straferkenntnis in Spruchpunkt 3) zu beheben und das Verfahren spruchgemäß einzustellen.

Zu 4):

Gemäß § 20 WAG 2007 hat ein Rechtsträger eine von seinen übrigen Funktionen und Tätigkeiten getrennte und unabhängige interne Revision dauerhaft einzurichten, soweit dies angesichts der Art, dem Umfang und der Komplexität seiner Geschäftstätigkeit sowie der Art und dem Umfang der erbrachten Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten angemessen und verhältnismäßig ist.

Diese hat folgende Aufgaben:

              1.              Die Erstellung und dauerhafte Umsetzung eines Revisionsprogramms mit dem Ziel, die Angemessenheit und Wirksamkeit der Systeme, internen Kontrollmechanismen und Vorkehrungen des Rechtsträgers zu prüfen und zu bewerten;

              2.              die Ausgabe von Empfehlungen auf der Grundlage der Ergebnisse der gemäß Z 1 ausgeführten Aufgaben;

3.

die Überprüfung der Einhaltung dieser Empfehlungen,

4.

die Erstellung von Tätigkeitsberichten gemäß § 21 Abs. 2 und

5.

die Einhaltung der §§ 40, 40a, 40b, 40c, 40d und 41 BWG;

Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2 und 3) vorgenommen worden ist.

Gemäß § 96 Abs. 2 WAG 2007 beträgt die Verfolgungsverjährungsfrist bei der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung 18 Monate.

Zu Punkt 4) des angefochtenen Straferkenntnisses wurde gegen den Berufungswerber binnen der mit 18 Monaten bemessenen Verfolgungsverjährungsfrist kein hinreichend konkretisierter Tatvorwurf erhoben.

Bei der Umschreibung der für eine Verfolgungshandlung wesentlichen Kriterien ist auf eine bestimmte Person als Beschuldigten abzustellen, dem eine konkrete strafbare Handlung oder Unterlassung angelastet wird, sodass sich die Verfolgungshandlung auf eine bestimmte physische Person als Beschuldigten, ferner auf eine bestimmte Tatzeit, den ausreichend zu konkretisierenden Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a Z 2 VStG beziehen muss (siehe dazu die Erkenntnisse verstärkter Senate des VwGH vom 16.1.1987, Zl. 86/18/0073, und vom selben Tag, Zl. 86/18/0077). Die Verfolgungshandlung gegen einen Beschuldigten muss daher das ihm zur Last gelegte Handeln - im Falle des Unterlassens durch Beschreibung jener Handlung, die er hätte setzen müssen und nach Auffassung der Behörde rechtswidriger Weise nicht gesetzt hat - unter Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 44a Z 1 VStG im Spruch des Straferkenntnisses aufzunehmenden Tatbestandselemente der verletzten Verwaltungsvorschrift gemäß § 44a Z 2 leg.cit. näher konkretisieren und individualisieren (siehe das Erkenntnis des VwGH vom 7.9.1990, Zl. 85/18/0186). Diesem Erfordernis ist nur dann Genüge getan, wenn dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er einerseits in die Lage versetzt wird, auf den Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, und andererseits davor geschützt ist, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a genügt (siehe VwGH verst. Sen. vom 3.10.1985, Slg 11894 A). Eine diesen Anforderungen gerecht werdende Verfolgungshandlung ist gegen den Berufungswerber gegenständlich binnen der mit 18 Monaten bemessenen Verfolgungsverjährungsfrist nicht gesetzt worden, zumal der einzigen gegen den Berufungswerber als Beschuldigten fristgerecht gesetzten Verfolgungshandlung, nämlich der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 18.5.2010, nicht entnommen werden kann, welche prüfungsrelevanten Bereiche der im Revisionsplan angeführten Prüffelder ungeprüft geblieben sind. Die Tatanlastung beschränkt sich vielmehr darauf, dass lediglich vier prüfungsrelevante Bereiche überprüft worden wären, die anderen im Revisionsplan genannten Bereiche dagegen ungeprüft geblieben wären. Diese Tatanlastung, der weder die geprüften noch die ungeprüft gebliebenen Prüffelder zu entnehmen sind, ist nicht geeignet den Berufungswerber vor unzulässiger Doppelbestrafung zu schützen und sie versetzt ihn auch nicht in die Lage sämtliche auf den Tatvorwurf bezogenen Entlastungsbeweise anzubieten, bleibt doch unklar, welche der im Revisionsbericht aufscheinenden Prüffelder die FMA für relevant erachtet und welche nicht. Das angefochtene Straferkenntnis war somit in seinem Punkt 4) zu beheben und das Verfahren spruchgemäß einzustellen.

Zu 5):

Gemäß § 61 Abs. 1 WAG 2007 hat ein Rechtsträger seine Kunden über ihre Einstufung als Privatkunde, professioneller Kunde oder geeignete Gegenpartei zu unterrichten, sobald er aufgrund dieses Bundesgesetzes eine Einstufung vorgenommen hat. Gemäß § 61 Abs. 2 WAG 2007 hat ein Rechtsträger seine Kunden auf einem dauerhaften Datenträger zu unterrichten, ob eine Möglichkeit, eine andere Einstufung zu verlangen, besteht, und über jegliche sich daraus ergebende Einschränkung des Kundenschutzniveaus zu informieren.

Zu diesem Punkt hat der Berufungswerber glaubhaft und von der FMA unwidersprochen dargelegt, dass im Tatzeitraum alle seine Kunden als Privatkunden eingestuft waren und somit ohnedies bereits das höchste Schutzniveau in Anspruch nahmen, sodass eine Information der Kunden, über die Möglichkeit eine andere Einstufung zu verlangen, nicht zu einem Ausbau, sondern höchstens zu einer Minderung des Schutzniveaus hätte beitragen können.

Wie im Berufungsschriftsatz zutreffend ausgeführt wird, liegt der Normzweck des § 61 Abs. 2 WAG 2007 darin, den Kunden einer Wertpapierfirma die Information zu sichern, dass sie sich durch eine Änderung ihrer Einstufung ein höheres Schutzniveau verschaffen können. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass mit dem WAG 2007 die Vorgaben der Richtlinie 2004/39/EG (MiFID) und der Richtlinie 2006/73/EG (MiFID-Durchführungsrichtlinie) umgesetzt werden sollten. Wie im Folgenden gezeigt wird, erweist sich § 61 Abs. 2 WAG 2007 sogar als wortgleiche Übernahme des Art. 28 Abs. 2 der MiFID-Durchführungsrichtlinie.

Art. 19 Abs. 3 der MiFID lautet:

?Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass Wertpapierfirmen oder Marktbetreiber, die ein MTF betreiben, Vorkehrungen treffen, durch die sich etwaige nachteilige Auswirkungen von Interessenkonflikten zwischen dem MTF, seinen Eigentümern oder seinem Betreiber und dem einwandfreien Funktionieren des MTF auf den Betrieb des MTF oder seine Teilnehmer klar erkennen und regeln lassen.?

Art. 28 der MiFID-Durchführungsrichtlinie lautet:

?Artikel 28 (Artikel 19 Absatz 3 der Richtlinie 2004/39/EG) Informationen über die Kundeneinstufung

(1) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Wertpapierfirmen Neu- und Altkunden über ihre Einstufung als Kleinanleger, professioneller Kunde oder geeignete Gegenpartei gemäß der Richtlinie 2004/39/EG unterrichten, wenn sie gemäß dieser Richtlinie eine Neueinstufung vorgenommen haben.

(2) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Wertpapierfirmen ihre Kunden auf einem dauerhaften Datenträger über ein etwaiges Recht, eine andere Einstufung zu verlangen, und jegliche daraus erwachsende Einschränkung des Kundenschutzniveaus unterrichten.

(3) Die Mitgliedstaaten gestatten den Wertpapierfirmen, von sich aus oder auf Wunsch des betreffenden Kunden,

a) einen Kunden, der sonst gemäß Artikel 24 Absatz 2 der Richtlinie 2004/39/EG als geeignete Gegenpartei eingestuft werden könnte, als professionellen Kunden oder als Privatkunden zu behandeln;

b) einen Kunden, der gemäß Anhang II Abschnitt I der Richtlinie 2004/39/EG als professioneller Kunde gilt, als Privatkunden zu behandeln.?

Aus dem Zusammenhang von Art. 28 Abs. 2 und 3 der MiFID-Durchführungs-richtlinie ergibt sich, dass damit gewährleistet werden soll, dass Kunden von Wertpapierfirmen die Möglichkeit eröffnet wird, in ein höheres Schutzniveau wechseln zu können, und dass sie über diese Möglichkeit zuverlässig in Kenntnis gesetzt werden. Nichts anderes kann für § 61 Abs. 2 WAG 2007 gelten, wurde durch diese Bestimmung doch der Text des Art. 28 Abs. 2 der MiFID-Durchführungsrichtlinie wortgleich übernommen. Bei Kunden, die bereits als Privatkunden eingestuft sind und sich somit ohnedies im höchsten Schutzniveau befinden, laufen die Vorgaben des § 61 Abs. 2 WAG 2007 vor dem Hintergrund seiner europarechtlichen Determinierung und des mit dieser Vorschrift verfolgten Ziels einer Verbesserung des Kundenschutzes ins Leere. § 61 Abs. 2 WAG 2007 ist somit dahingehend einschränkend zu interpretieren, dass er eine Unterrichtung der Kunden über die Möglichkeit, eine andere Einstufung zu verlangen, nur für den Fall gebietet, dass den Kunden nicht ohnedies bereits das höchstmögliche Schutzniveau verschafft wurde.

Da dies gegenständlich der Fall war, war der Berufung zu Punkt 5) des angefochtenen Straferkenntnisses Folge zu geben, das Straferkenntnis in diesem Punkt zu beheben und das Verfahren spruchgemäß einzustellen.

Zuletzt aktualisiert am
11.03.2013
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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