TE Vwgh Erkenntnis 2000/11/22 98/12/0020

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Veröffentlicht am 22.11.2000
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Index

72/02 Studienrecht allgemein;

Norm

AHStG §30;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde des GH in G, vertreten durch DDr. Sven D. Fenz, Rechtsanwalt in Graz, Tummelplatz 6/II, gegen den Bescheid des Akademischen Senates der Karl-Franzens-Universität vom 26. Februar 1997, Zl. 39/2/52 ex 1996/97, betreffend Feststellung des Studienausschlusses, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer wurde im Studienjahr 1989/90 an der Universität G erstmals zum Studium zugelassen und trat am 18. März 1994 zum ersten Teil zur Teilprüfung aus Biologie für Medizin an. Diese Prüfung bestand er auch bei der dritten Wiederholung am 5. November 1996 nicht. Als Rechtsfolge des Nichtbestehens der letzten zulässigen Wiederholung wurde mit Bescheid des Rektors vom 22. November 1996 festgestellt, dass der Beschwerdeführer mit Wirkung vom 5. November 1996 gemäß § 30 Abs. 1 und Abs. 6 und § 45 Abs. 11 AHStG von der Fortsetzung des Studiums der Medizin an der Universität Graz und von der Aufnahme dieses Studiums an einer österreichischen Universität ausgeschlossen sei.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 10. Dezember 1996 Berufung, in der er inhaltlich die mangelhafte Durchführung der kommissionellen Rigorosumsprüfung, insbesondere deren Protokollierung, am 5. November 1996 und wissenschaftliche Wertungsfehler durch ein Kommissionsmitglied behauptete und die "wissenschaftliche Überprüfung meiner Prüfungskontrolle vom 5.11.1996 und vom 7.11.1996" und die Zulassung einer abweichenden Prüfungsmethode gemäß § 27 Abs. 5 AHStG beantragte.

Mit Datum vom 9. Jänner 1997 legte der Beschwerdeführer "neue Beweismittel gegen den Bescheid vom 22. November 1996" vor. Er meinte, er sei am 5. November 1996 gut vorbereitet in die Prüfungssituation gegangen, was eine beiliegende Seminararbeit vom Sommersemester 1996 beweise. Daraus folge auch, dass er mit dem "scholastischen Prinzip des Denkens" vertraut sei. Nochmals betone er, dass die Prüfungsbeurteilung eines namentlich genannten Mitgliedes der Prüfungskommission eher auf Grund von Informationsmangel (sie habe in ganz detaillierten Punkten nicht mehr mitreden können) unbegründet erfolgt sei. Er beantrage in diesem Sinne, den Bescheid vom 22. November 1996 aufzuheben und seine Prüfungsbeurteilung aus Medizinischer Biologie abzuändern und mit einem Gut zu bewerten.

Der angefochtene Bescheid enthält folgenden Spruch:

"Der Akademische Senat der Karl-Franzens-Universität Graz hat in seiner Sitzung am 22.1.1997 gemäß § 73 Abs. 3 lit. i UOG über die Berufung des Herrn GH, gegen den Bescheid des Rektors vom 22.11.1996 entschieden, und es ergeht folgender

Spruch:

Die Berufung des Herrn GH vom 10.12.1996 gegen den Bescheid des Rektors vom 22.11.1996, GZ. 25/8912071, womit nach Nichtbestehen der letzten zulässigen Wiederholung der Teilprüfung des ersten Rigorosums aus Biologie für Mediziner der Ausschluss von der Fortsetzung des Studiums der Studienrichtung Medizin festgestellt wurde, wird zurückgewiesen.

Die Feststellung, dass der Berufungswerber von der Fortsetzung des Studiums der Studienrichtung Medizin und von der Aufnahme für dieses Studium an einer österreichischen Universität gemäß § 30 Abs. 6 AHStG ausgeschlossen ist, ist zu Recht erfolgt."

Nach Wiedergabe der Rechtslage und zusammengefasster Darstellung der Berufung wird zur Begründung im Wesentlichen weiter ausgeführt:

Die Teilprüfung aus Biologie für Mediziner sei vom Beschwerdeführer am 18. März 1994 zum ersten Mal nicht bestanden worden. Zu diesem Zeitpunkt sei die mit Bundesgesetz BGBl. Nr. 306/1992 geänderte Fassung des § 30 AHStG bereits in Kraft gewesen. Da diese Prüfung auch bei der dritten Wiederholung am 5. November 1996 nicht bestanden worden sei, sei damit der Ausschluss von der Fortsetzung des Studiums der Studienrichtung Medizin automatisch eingetreten, ohne dass es der im angefochtenen Bescheid enthaltenen Feststellung bedurft hätte. Jedoch sei die Erlassung eines Feststellungsbescheides zulässig, weil diese Rechtsfolge einschneidende Auswirkungen auf die subjektive Rechtssphäre des Beschwerdeführers habe und ein Interesse des Betroffenen an einer rechtlichen Klarstellung in einer den Rechtsschutz gewährenden Weise bestehe.

Die vom Beschwerdeführer in der Berufung vorgebrachten Argumente, es sei kein ausreichendes Prüfungsprotokoll geführt worden, das negative Prüfungsergebnis sei ihm gegenüber nicht ausreichend begründet worden und die Beurteilung des Prüfungsergebnisses beruhe auf wissenschaftlichen Wertungsfehlern eines Prüfers, beträfen die Durchführung und Benotung dieser Prüfung. Die Zuständigkeit für die Beurteilung und Benotung des Ergebnisses einer kommissionellen Prüfung obliege aber gemäß § 27 Abs. 7 AHStG dem Prüfungssenat, der in nicht öffentlicher Sitzung mit einfacher Stimmenmehrheit entscheide. Diese Beurteilung habe im konkreten Fall auf "Nicht genügend" gelautet. Die Gründe für das Nichtbestehen einer Prüfung seien gemäß § 28 Abs. 1 letzter Satz AHStG "kurz anzugeben". Im vorliegenden Fall sei der Kandidat über den zu geringen Umfang der positiv beantworteten Fragen ("50 % und keine 2/3 Prüfungsleistung") informiert worden.

Die Ausführungen des Beschwerdeführers über das Prüfungsprotokoll könnten anhand der gemäß § 9 Abs. 2 UniStEVo festgelegten Mindestinhalte des Prüfungsprotokolls beurteilt werden, das zur Ausstellung der Zeugnisse maßgeblich sei. Dort sei vorgesehen, dass das Protokoll u. a. "Prüfungsmodus, Datum, Note, allfällige Reprobationsfrist sowie allfällige besondere Vorkommnisse" zu enthalten habe. Der Beschwerdeführer räume selbst ein, dass der genannte Prüfer im Verlauf der Prüfung Aufzeichnungen zu einzelnen Fragen gemacht habe. Im Übrigen seien im Prüfungsprotokoll die erforderlichen Angaben enthalten. Das vom Beschwerdeführer zitierte eigene Prüfungsprotokoll stelle eine private Mitschrift dar. Die inhaltliche Beurteilung der in seinen Anträgen ausgeführten fachlichen Argumente und damit auch die "wissenschaftliche Überprüfung" der eigenen Prüfungsprotokolle des Beschwerdeführers liege ausschließlich beim Prüfungssenat, der diesem Begehren nicht stattgegeben habe. Über diese ablehnende Entscheidung sei der Beschwerdeführer durch den Vorsitzenden des Prüfungssenates ausführlich informiert worden.

In der Berufung werde außerdem der Antrag gestellt, eine abweichende Prüfungsmethode zuzulassen. Hiezu sei aber der Dekan als Präses der Prüfungskommission zuständig, an den jedoch ein solcher Antrag vor Antreten zur gegenständlichen Prüfung nicht gerichtet worden sei. Beim Akademischen Senat liege keine Zuständigkeit für die Entscheidung über diesen Antrag; eine Weiterleitung zur Entscheidung durch den Präses sei nicht (mehr) möglich, solange die negative Note und der damit verbundene Ausschluss vom Studium aufrecht sei. Auch für die in der Berufung beantragte Festsetzung der Note für diese Prüfung mit "Gut" sei der Akademische Senat nicht zuständig, da die Benotung einer Prüfung überhaupt nicht dem AVG unterliege und daher auch nicht im Wege einer Berufung bekämpft werden könne.

Für eine Behandlung der mit der Berufung gestellten Anträge durch die belangte Behörde fehle somit die Rechtsgrundlage, weil über jede einzelne der davon berührten Fragen eine rechtskräftige Entscheidung getroffen worden und ein selbstständiger Rechtszug im Instanzenweg an die belangte Behörde in diesen Angelegenheiten nicht zulässig sei. Davon abgesehen werde eine Rechtswidrigkeit des erstinstanzlichen Bescheides nicht behauptet und sei auch nicht feststellbar. Daraus ergebe sich, dass die Feststellung über den Ausschluss vom Studium zu Recht erfolgt sei.

Gegen diesen Bescheid wandte sich der Beschwerdeführer zunächst an den Verfassungsgerichtshof und machte Verletzung des Gleichheitsrechtes und Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes (§ 30 Abs. 6 AHStG) geltend.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 30. September 1997, B 878/97, ab und trat die Beschwerde antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof ab.

Nach Ergänzung der Beschwerde für das verwaltungsgerichtliche Verfahren eröffnete der Verwaltungsgerichtshof das Vorverfahren.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, stellte aber keinen Antrag auf Aufwandersatz.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Unterbleiben eines ungerechtfertigten Ausschlusses von der Fortsetzung seines Medizinstudiums verletzt.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass bei der kommissionellen Prüfung am 5. November 1996 kein ausreichendes Prüfungsprotokoll geführt bzw. ihm zur Kenntnis gebracht worden sei. Der Vorsitzende habe ihm lediglich mitgeteilt, dass er nur 50 % der Prüfungsfragen richtig beurteilt habe, habe ihm aber nicht expliziert, "aus welchen Gründen 50 % der Antworten" unrichtig gewesen seien. Aus seinem eigenen Prüfungsprotokoll und der Aussage eines namentlich genannten Zeugen der Prüfung könne er den Nachweis führen, dass das die Prüfungsfragen formulierende Mitglied des Prüfungssenates und in weiterer Folge auch die übrigen Mitglieder der Kommission Wertungsfehler begangen hätten.

§ 30 AHStG, BGBl. Nr. 177/1966, regelt die Wiederholung von Prüfungen.

Besteht ein Studierender eine Prüfung auch bei der letzten zulässigen Wiederholung nicht oder wird seine wissenschaftliche Arbeit auch bei der letzten zulässigen Vorlage nicht approbiert, so ist er nach Abs. 6 der genannten Bestimmung von der Fortsetzung des Studiums oder von der Aufnahme für dasselbe Studium an einer österreichischen Hochschule ausgeschlossen. Beginnt er ein anderes Studium, so ist eine Anrechnung gemäß § 21 AHStG zulässig.

Nach Art. II Abs. 6 Z. 4 EGVG finden die Verwaltungsverfahrensgesetze - soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist - auf die Durchführung von Prüfungen, die der Beurteilung der Kenntnisse von Personen auf bestimmten Sachgebieten dienen, soweit es sich nicht um die Zulassung zur Prüfung handelt, keine Anwendung.

§ 41 Abs. 1 AHStG, BGBl. Nr. 177/1966, normiert die Anwendung des AVG auf das Verfahren vor den akademischen Behörden, wobei aber ausdrücklich im Abs. 2 die Regelung des vorher wiedergegebenen Art. II Abs. 6 Z. 4 EGVG hievon als unberührt bezeichnet wird.

§ 26 AHStG regelt insbesondere, welche Personen den Prüfungserfolg bei den verschiedenen Prüfungen zu beurteilen haben. Die Wiederholung von Prüfungen ist in § 30 AHStG geregelt, wobei nach Abs. 3 der genannten Bestimmung bei negativen Prüfungsentscheidungen Reprobationsfristen zu bemessen sind.

Nach § 43 Abs. 2 AHStG ist eine Berufung gegen die Beurteilung einer Prüfung, einer wissenschaftlichen Arbeit oder der Teilnahme an einer Lehrveranstaltung unzulässig (Art. II Abs. 6 Z. 4 EGVG).

Gestützt auf diese Rechtslage vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zur Rechtsnatur solcher Prüfungen die Auffassung, dass die Verkündung des Prüfungsergebnisses bzw. die Ausfertigung des Prüfungszeugnisses nicht als Erlassung eines Bescheides, sondern als die Bekanntgabe eines Gutachtens, an das in der Regel bestimmte Rechtsfolgen geknüpft sind, zu werten ist. Diese Rechtsfolgen treten aber nur dann ein, wenn der Prüfungsvorgang und das Gutachten im Wesentlichen den von der Rechtsordnung dafür aufgestellten Vorschriften entsprochen haben. Die Nichteinhaltung einer solchen Vorschrift kann - da die Verkündung des Prüfungsergebnisses selbst überall dort, wo ihr vom Gesetzgeber Bescheidqualität nicht ausdrücklich zuerkannt wurde, mangels solcher Qualität nicht anfechtbar ist - in dem Verfahren geltend gemacht werden, das zur Erlassung des ersten auf die Prüfung folgenden Bescheides über Rechtsfolgen dieser Prüfung führt. Mit Erfolg aber wird die Nichteinhaltung einer Vorschrift über einen Prüfungsvorgang durch den Prüfling nur dann geltend gemacht werden können, wenn es sich um eine im konkreten Fall wesentliche, d. h. eine solche Vorschrift gehandelt hat, deren Nichteinhaltung geeignet war, rechtlich relevante Interessen des Studierenden zu verletzen (vgl. insbesondere das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Juni 1975, Slg. N. F. Nr. 8842/A).

Die Rechtmäßigkeitskontrolle bei solchen Prüfungen, deren Ergebnis auch im Hinblick auf den Charakter als Werturteil des fachkundigen Prüfers überhaupt nur begrenzt nachvollziehbar ist, hat sich demnach auf die Beobachtung der wesentlichen Verfahrensrichtigkeit zu beschränken (vgl. Erkenntnis vom 19. April 1995, Zl. 93/12/0264).

Nach dem geltend gemachten Beschwerdepunkt sieht sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid ungerechtfertigt von der Fortsetzung seines Medizinstudiums ausgeschlossen. Damit wendet sich der Beschwerdeführer gegen den zweiten Teil des Spruches des angefochtenen Bescheides, mit dem über seine Berufung inhaltlich gesehen abweisend entschieden worden ist. Insofern der Beschwerdeführer sich dadurch ungerechtfertigt von der Fortsetzung des Medizinstudiums ausgeschlossen sieht, ist er darauf hinzuweisen, dass dies die nach § 30 Abs. 6 AHStG gesetzlich vorgesehene Folge des dreimal negativen Prüfungsergebnisses ist. Der Verfassungsgerichtshof hat gegen diese Regelung trotz des Beschwerdevorbringens - wie der Ablehnungsbeschluss zeigt - keine Bedenken gehegt; Gleiches trifft für den Verwaltungsgerichtshof zu.

Sofern sich das Beschwerdevorbringen gegen das Prüfungsergebnis selbst richtet und als Beweismittel das eigene Prüfungsprotokoll des Beschwerdeführers sowie einen namentlich genannten Zeugen angibt, ist der Beschwerdeführer zunächst auf das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 22. November 1971, VwSlg. 8113/A) hinzuweisen.

Darüber hinaus gibt der Beschwerdefall im Rahmen der diesbezüglich - wie vorher unter Angabe der Vorjudikatur dargelegt - eingeschränkten Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes keinen Ansatz dafür, dass im Beschwerdefall ein solcher wesentlicher Mangel vorgelegen wäre, dass das dritte negative Prüfungsergebnis als nichtig zu betrachten gewesen wäre.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet; sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Wien, am 22. November 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998120020.X00

Im RIS seit

26.02.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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