TE OGH 2008/11/5 2R273/08z

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Veröffentlicht am 05.11.2008
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Beschluss

Das Landesgericht Feldkirch als Rekursgericht hat durch die Richter Dr. Höfle als Vorsitzenden sowie Dr. Müller und Dr. Flatz als weitere Senatsmitglieder in der Sachwalterschaftssache des Betroffenen J***** vertreten durch den Verein IfS-Sachwalterschaft, Bewohnervertretung und Patientenanwaltschaft, *****, als Sachwalter, über den Rekurs der früheren Sachwalterin Mag. Cornelia R*****, Notarsubstitutin, *****, gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Bezau vom 4. September 2008, 2 P 51/07z-35, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass er unter Einschluss des mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsenen Teils lautet:

„Die Ansprüche der Sachwalterin Mag. Cornelia R***** für ihre

Tätigkeit werden wie folgt bestimmt:

Entgelt gemäß § 276 Abs 2 ABGB    EUR 1.900,--

Aufwandersatz gemäß § 276 Abs 3 ABGB   EUR      80,--

Zusammen       EUR 1.980,--.“

Die Auszahlungsanordnung bleibt dem Erstgericht vorbehalten. Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Über Anregung des im Verlassenschaftsverfahren nach I***** tätigen Gerichtskommissärs Dr. H***** bestellte das Erstgericht mit Beschluss vom 8.10.2007 die Notariatssubstitutin Mag. Cornelia R***** zur Verfahrenssachwalterin des Betroffenen im Verfahren, in dem die Notwendigkeit der Bestellung eines Sachwalters geprüft wird. Mit Beschluss vom 7.2.2008 wurde Mag. Cornelia R***** zur einstweiligen Sachwalterin des Betroffenen bestellt, die seine Vertretung im Verlassenschaftsverfahren 2 A 75/07t des Bezirksgerichtes Bezau zu besorgen habe.

Am 4.3.2008 beschloss das Erstgericht, den Aufgabenkreis der einstweiligen Sachwalterin auf die Vertretung des Betroffenen im Zusammenhang mit der Erlangung einer Erwerbsunfähigkeitspension auszudehnen.

Im Verlassenschaftsverfahren nach I***** fanden am 22.2.2008 und am 18.4.2008 Verlassenschaftstagsatzungen beim Gerichtskommissär statt, an denen die einstweilige Sachwalterin für den Betroffenen teilnahm. Sie gab am 18.4.2008 aus dem Titel des Gesetzes die bedingte Erbantrittserklärung zu 2/9-Anteilen für den Betroffenen ab und stimmte einem Erbteilungsübereinkommen vorbehaltlich der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung zu.

Am 30.4.2008 erstattete die einstweilige Sachwalterin einen Schlussbericht und machte unter Vorlage eines detaillierten Kostenverzeichnisses für ihre Tätigkeit insgesamt EUR 1.980,-- (darin EUR 80,-- an Barauslagen) geltend.

Mit Beschluss vom 3.5.2008 genehmigte das Erstgericht das Ergebnis der Verlassenschaftsabhandlung im Verfahren 2 A 75/07t „pflegschafts- und verlassgerichtlich“.

Mit Beschluss vom 20.8.2008 wurde der Verein IfS-Sachwalterschaft, Bewohnervertretung und Patientenanwaltschaft gemäß § 268 ABGB zum Sachwalter des Betroffenen bestellt, der alle Angelegenheiten zu besorgen habe.

Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte das Erstgericht das Entgelt der einstweiligen Sachwalterin Mag. Cornelia R***** mit EUR 650,-- und die Barauslagen mit EUR 80,--. In seiner Begründung vertrat es den Standpunkt, der einstweiligen Sachwalterin stehe für ihre Bemühungen ein angemessenes Entgelt zu, das jedoch nicht nach den Bestimmungen des RATG bemessen werden könne. Vielmehr erscheine ein Stundensatz in Höhe von EUR 100,-- für ihre fachlichen Leistungen und von EUR 25,-- für die aufgewendeten Fahrtzeiten gerechtfertigt. Gegen diese Entscheidung richtet sich der rechtzeitige Rekurs der früheren einstweiligen Sachwalterin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss im Sinne einer antragsgemäßen Bestimmung ihrer Ansprüche abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der durch die IfS-Sachwalterschaft vertretene Betroffene beteiligte sich am Rekursverfahren nicht.

Rechtliche Beurteilung

Dem Rekurs kommt Berechtigung zu.

Die Rekurswerberin verweist in ihrem Rechtsmittel zutreffend auf die Rechtsprechung des Rekursgerichtes, wonach das Entgelt eines Notariatssubstituten für eine qualifizierte juristische Tätigkeit gemäß § 276 Abs 2 ABGB nach den Grundsätzen des RATG zu bemessen ist.

Wie das Erstgericht bereits durch die Bestellung einer Notariatssubstitutin zur einstweiligen Sachwalterin zum Ausdruck brachte, war für die Vertretung des Betroffenen im Verlassenschaftsverfahren eine Person mit einer qualifizierten juristischen Ausbildung erforderlich. Eine solche Ausbildung ist bei Rechtsanwälten und Notaren jedenfalls gegeben. Auch einer mit Verlassenschaftsangelegenheiten bestens vertrauten Notariatssubstitutin steht nach Ansicht des Rekursgerichtes für Tätigkeiten, die ansonsten der Qualifikation eines Rechtsanwaltes oder Notars bedürfen, mangels einer Entlohnungsregelung im Notariatstarif gemäß § 1 Abs 2 RATG eine Entlohnung nach diesem Gesetz zu. Eine Notariatssubstitutin hat demnach für berufsspezifische Leistungen, bei denen sie ihre besonderen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten nützte, Anspruch auf ein angemessenes Entgelt nach dem NTG bzw subsidiär - wie hier - nach dem RATG (EF 76.575; EF 107.935). Dies ergibt sich auch aus der Bestimmung des § 123 Abs 4 NO, wonach die für Notare gegebenen Vorschriften auch auf den Substituten Anwendung finden. Das Rekursgericht sieht daher keine Veranlassung, von der bereits zu 4 R 83/07x in diesem Sinn vertretenen Rechtsansicht abzugehen. Die Rekurswerberin hat den Betroffenen ua bei den Verlassenschaftstagsatzungen am 22.2.2008 und 18.4.2008 vertreten. Beide Tagsatzungen dauerten mehr als eine Stunde. Die von der Rekurswerberin dafür geltend gemachten Beträge von je EUR 981,-- unterschreiten den bei einer Bemessungsgrundlage von EUR 39.697,09 nach TP 3 A RAT ermittelten Ansatz. Schon die Summe der für die beiden Verlassenschaftstagsatzungen verzeichneten Beträge übersteigt das von der Rekurswerberin geltend gemachte Entgelt von EUR 1.900,--, sodass nicht weiter darauf einzugehen ist, ob die übrigen Positionen in der Kostennote der Rekurswerberin tatsächlich nach RATG zu entlohnen sind.

Dem Rekurs ist Folge zu geben und der angefochtene Beschluss im Sinne des Rechtsmittelantrags abzuändern.

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses stützt sich auf § 62 Abs 2 Z 3 AußStrG.

Landesgericht Feldkirch

Anmerkung

EFE000018202r02738

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00929:2008:00200R00273.08Z.1105.000

Zuletzt aktualisiert am

20.02.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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