TE Vfgh Erkenntnis 1998/3/12 B569/97

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Veröffentlicht am 12.03.1998
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung
62/01 Arbeitsmarktverwaltung

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Aufhebung von Teilen des §33 und §34 AlVG mit E v 11.03.98, G363/97 ua. Die belangte Behörde hat jene Gesetzesbestimmungen angewendet, die ausländische Staatsangehörige (im Unterschied zu österreichischen Staatsbürgern) von der Möglichkeit des zeitlich unbegrenzten Bezuges der Notstandshilfe ausschließt und die vom Verfassungsgerichtshof im oben zitierten Erkenntnis als verfassungswidrig aufgehoben wurden. Es ist nach Lage des Falles nicht von vornherein ausgeschlossen, daß diese Anwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Parteien nachteilig war. Die beschwerdeführenden Parteien wurden also durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung verfassungswidriger Gesetzesbestimmungen in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10404/1985).

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit 18.000 S bestimmten Prozeßkosten binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.Der Beschwerdeführer ist ausländischer Staatsangehöriger, der in Österreich unselbständig erwerbstätig und damit arbeitslosenversichert war.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verfassungsgerichtshof gemäß Art144 Abs1 B-VG bekämpften Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien (Ausschuß für Leistungsangelegenheiten) wurde seiner Berufung gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste "vom 17.9.96 betreffend Abweisung (seines) Antrages auf Notstandshilfe (richtig: Sondernotstandshilfe) vom 1.7.96 (für den 27.7.96)" mangels Zugehörigkeit zum berechtigten Personenkreis gemäß §33 Abs2 lita iVm §34 Abs3 und 4 AlVG und §39 AlVG keine Folge gegeben.

Der Beschwerdeführer behauptet in seiner Beschwerde, durch den angefochtenen Bescheid in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen verletzt zu sein, und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

2. Die belangte Behörde hat - unter Verzicht auf die Erstattung einer Gegenschrift - die Verwaltungsakten vorgelegt.

II.Die Beschwerde ist begründet.

1. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis G363-365/97 ua. vom 11. März 1998 §33 Abs2 lita und §34 Abs3 und 4 AlVG als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Gemäß Art140 Abs7 B-VG ist ein vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenes Gesetz im Anlaßfall nicht mehr anzuwenden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind einem Anlaßfall (im engeren Sinn) jene Fälle gleichzuhalten, die im Zeitpunkt des Beginns der mündlichen Verhandlung (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung im Zeitpunkt des Beginns der nichtöffentlichen Beratung) über eine in der Beschwerdesache präjudizielle Gesetzesstelle anhängig sind (vgl. VfSlg. 10616/1985, 11711/1988).

3. Die Beschwerde ist am 15. Mai 1997 beim Verfassungsgerichtshof eingelangt. Der Zeitpunkt des Beginns der nichtöffentlichen Beratung im Normenprüfungsverfahren G363-365/97 ua. war der 5. März 1998. Die Gesetzesaufhebung (vgl. Pkt. II. 1.) wirkt daher auch für sie.

Der angefochtene Bescheid ist in Anwendung von als verfassungswidrig aufgehobenen Bestimmungen ergangen. Es ist nach Lage des Falles nicht von vornherein ausgeschlossen, daß sich ihre Anwendung für den Beschwerdeführer als nachteilig erweist. Der Beschwerdeführer ist demnach durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden. Der Bescheid war daher aufzuheben.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

5. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VerfGG. Im zugesprochenen Kostenbetrag ist Umsatzsteuer in Höhe von 3.000 S enthalten.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:B569.1997

Dokumentnummer

JFT_10019688_97B00569_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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