TE Vwgh Erkenntnis 2000/11/27 97/17/0465

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.11.2000
beobachten
merken

Index

L34007 Abgabenordnung Tirol;

Norm

LAO Tir 1984 §47 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde der beschwerdeführenden Parteien A und B, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in U, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 7. Oktober 1997, Zl. Ib-8210/2-1997, betreffend Kanalanschlussgebühr (mitbeteiligte Partei: Gemeinde M), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer haben mit Kaufvertrag vom 18. Mai 1994 von der Agrargemeinschaft O. 360/2722 Miteigentumsanteile verbunden mit Wohnungseigentum an der Wohneinheit top 9 einer näher bezeichneten Einlagezahl des Grundbuches M. gekauft. Sie schlossen mit der W-GmbH einen Werkvertrag zur Errichtung eines Reihenhauses auf dieser Liegenschaft ab.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Partei schrieb mit Bescheid vom 25. September 1996 den beschwerdeführenden Parteien eine Kanalanschlussgebühr in der Höhe von S 40.000,-- plus 10 % Mehrwertsteuer, somit insgesamt von S 44.000,--, vor. Dieser Betrag ist der Höhe nach unbestritten.

Mit Schreiben vom 23. Oktober 1996 erklärten die beschwerdeführenden Parteien unter Bezugnahme auf den erwähnten Bescheid vom 25. September 1996, dass es ihnen aus finanziellen Gründen nicht möglich sei, den Betrag von S 44.000,-- aufzubringen und sie daher um Nachsicht ansuchten.

Mit Berufung vom 28. Oktober 1996 wandten sich die beschwerdeführenden Parteien - anwaltlich vertreten - gegen den erwähnten Bescheid vom 25. September 1996 und stellten den Antrag, diesen Bescheid aufzuheben, in eventu in Anwendung des § 183 Tiroler Landesabgabenordnung den Berufungswerbern (beschwerdeführenden Parteien) die Abgabenschuldigkeiten durch Abschreibung zur Gänze nachzusehen. Sie begründeten ihre Berufung damit, dass ihnen die W-GmbH mitgeteilt habe, sie sei von der Gemeinde (mitbeteiligte Partei) beauftragt worden, die Kanal- und Wassergebühren für diese einzuheben, weshalb die Berufungswerber (beschwerdeführenden Parteien) die diesbezügliche Bezahlung direkt an die W-GmbH vorgenommen hätten. Die W-GmbH sei in Konkurs gegangen. Die Gemeinde habe die bereits geleisteten Kanal- und Wassergebühren von der W-GmbH trotz rechtskräftiger Vorschreibung nicht einbringlich machen können. Unter Zugrundelegung dieses Umstandes habe die Gemeinde "neuerlich" den nunmehr bekämpften Bescheid vom 25. September 1996 erlassen. Dass es den von der W-GmbH behaupteten Auftrag betreffend die Einhebung der Kanal- und Wassergebühren gegeben habe, lasse sich zwingend daraus ableiten, dass die Gemeinde auf Grund eines vollstreckbaren Rückstandsausweises erfolglos gegen die W-GmbH die Gebühren vor Gericht im Wege der Exekution betrieben habe. Durch diese Vorgangsweise habe die Gemeinde konkludent anerkannt, dass die beschwerdeführenden Parteien bereits "schuldbefreiend" die verfahrensgegenständlichen Gebühren an die W-GmbH geleistet hätten. Zwar seien "rein rechtlich" die Kanal- und Wassergebühren den Grundeigentümern vorzuschreiben; weshalb die Gemeinde dies im Fall der beschwerdeführenden Parteien zunächst (hinsichtlich der W-GmbH) anders gehandhabt habe, entziehe sich deren Kenntnis.

Unbeschadet des Umstandes der Schuldbefreiung würden die beschwerdeführenden Parteien die Rechtsauffassung vertreten, dass sie "nur subsidiär als eine Art Ausfallsbürgen haften würden". Es gelte daher zu prüfen, ob die Gemeinde im Rahmen des Konkursverfahrens über die W-GmbH ihre Forderungen angemeldet habe.

Überdies stelle für die beschwerdeführenden Parteien eine zweimalige Bezahlung der Kanal- und Wassergebühren "eine Existenzfrage dar" und bestünden sohin "keine Zweifel", dass in Anwendung des § 183 Tiroler Landesabgabenordnung die gegenständlichen Abgabenschuldigkeiten ganz durch Abschreibung nachgesehen werden könnten.

Mit Schreiben vom 24. April 1997 teilte die mitbeteiligte Gemeinde den beschwerdeführenden Parteien mit, dass der Gemeindevorstand in der Sitzung vom 30. Oktober 1996 beschlossen habe, eine Ratenzahlung zur Kanalanschlussgebühr zu gewähren. In der Folge wird diese näher erörtert.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 29. April 1997 wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Partei die Berufung der beschwerdeführenden Partei vom 28. Oktober 1996 "in allen Punkten als unbegründet" ab.

Die beschwerdeführenden Parteien wiederholten daraufhin ihr Berufungsvorbringen.

Mit der am 4. August 1997 ausgefertigten Entscheidung des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Partei als Abgabenbehörde zweiter Instanz sprach dieser aus, dass die Berufung der beschwerdeführenden Parteien abgewiesen und der Bescheid des Bürgermeisters vom 25. September 1996 bestätigt werde; dem Antrag auf Abschreibung der Abgabenschuldigkeiten zur Gänze könne nicht entsprochen werden.

Gegen diesen Bescheid erhoben die beschwerdeführenden Parteien Vorstellung an die belangte Behörde. In dieser stellten sie im Wesentlichen unter Wiederholung ihres bisherigen Verfahrensstandpunktes die Anträge, den Bescheid der mitbeteiligten Partei vom 25. September 1996 aufzuheben, "in eventu: die Gemeinde M. wolle in Anwendung des § 183 TLAO den Rechtsmittelwerbern die Abgabenschuldigkeiten durch Abschreibung zur Gänze nachsehen".

Mit ihrem Bescheid vom 7. Oktober 1997 gab die belangte Behörde der Vorstellung der beschwerdeführenden Parteien Folge, hob den angefochtenen Bescheid auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde. Stehe ein Objekt im Eigentum mehrerer Miteigentümer - wie dies im Beschwerdefall gegeben sei -, so seien die Abgabenschuldigkeiten, welche die Eigentümer eines bestimmten Objektes als Gebührenschuldner zu entrichten hätten, diesen anteilsmäßig im Sinne des § 22 Abs. 1 lit. e TLAO vorzuschreiben. Dies sei jedoch im Beschwerdefall nicht erfolgt. Richtigerweise hätte den beschwerdeführenden Parteien entsprechend ihren jeweiligen Miteigentumsanteilen die Anschlussgebühr (getrennt) vorgeschrieben werden müssen.

Im Hinblick auf das Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien führte die belangte Behörde aus, dass Gebührenschuldner der Kanalanschlussgebühren gemäß § 3 der Kanalgebührenordnung der mitbeteiligten Gemeinde der Eigentümer des angeschlossenen Gebäudes sei. Da es sich bei der W-GmbH nicht um die Eigentümerin des gegenständlichen Objektes gehandelt habe, habe dieser keinesfalls eine Kanalanschlussgebühr vorgeschrieben werden können, diese sei "jedenfalls der falsche Bescheidadressat". Die Vorstellungswerber (beschwerdeführenden Parteien) hätten Zahlungen, die "offensichtlich die Kanalanschlussgebühr betroffen" hätten, an die W-GmbH entrichtet; allfällige Rückforderungsansprüche aus dem Rechtsverhältnis zur W-GmbH seien im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen und im gegenständlichen Abgabenverfahren ohne Belang.

Die beschwerdeführenden Parteien bekämpfen diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Sie erachten sich in ihrem Recht auf schuldbefreiende Leistung an eine von der Gemeinde selbst eingerichtete Zahlstelle verletzt sowie weiters in ihrem Recht auf Erwirkung einer Aufhebung des Bescheides der Gemeinde vom 25. September 1996 durch die Tiroler Landesregierung wegen bereits erfolgter Abgabenzahlung. Des Weiteren erachten sich die beschwerdeführenden Parteien in ihrem Recht verletzt, wonach nach § 183 TLAO "auf Grund des Sachverhaltes durch gänzliche Abschreibung die Abgabenschuldigkeiten nachgesehen hätten werden müssen, zumal nach der Lage des Falles die zweimalige Einhebung der Kanal- und Wassergebühren unbillig" sei.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Die mitbeteiligte Gemeinde hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorweg ist zu bemerken, dass über eine Festsetzung der Wassergebühren im gegenständlichen Abgabenverfahren nicht entschieden wurde; die beschwerdeführenden Parteien können daher durch den bekämpften Bescheid in dem von ihnen als Beschwerdepunkt geltend gemachten Recht auf keinen Fall verletzt worden sein.

Soweit die beschwerdeführenden Parteien die im bekämpften Bescheid zum Ausdruck kommende Rechtsansicht der belangten Behörde (und die damit verbundene Bindungswirkung für das fortzusetzende Abgabenverfahren) bekämpfen, ist ihre Beschwerde zwar zulässig, jedoch nicht begründet.

Die beschwerdeführenden Parteien bringen vor dem Verwaltungsgerichtshof vor, die mitbeteiligte Gemeinde habe die W-GmbH selbst als Zahlstelle eingesetzt; unter Zugrundelegung "der Feststellung" auf Seite 3 des bekämpften Bescheides, wonach die W-GmbH als Zahlstelle eingerichtet worden sei, hätte die belangte Behörde erkennen müssen, dass die beschwerdeführenden Parteien schuldbefreiend die Gebühren an diese geleistet hätten.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat jedoch an der bezogenen Stelle die belangte Behörde nur das Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien in ihrer Vorstellung und in ihrer Berufung wiedergegeben, eine entsprechende Feststellung jedoch nicht getroffen. Der Feststellung der Berufungsbehörde, die W-GmbH sei "nur als Zahlstelle aufgetreten", lässt sich jedenfalls nicht entnehmen, dass die W-GmbH von der mitbeteiligten Gemeinde als solche eingerichtet worden sei.

Abgesehen davon verweist die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend darauf, dass im beschwerdegegenständlichen Fall der Kanalanschlussgebühr, somit in Angelegenheiten der nicht bundesgesetzlich geregelten öffentlichen Abgaben des Landes und der Gemeinden mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben, die Tiroler Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 34/1984 in der Fassung LGBl. Nr. 13/1994 (TLAO), anzuwenden ist, soweit für die Vollziehung der Abgabenvorschriften Behörden des Landes oder der Gemeinden zuständig sind.

Dieses Gesetz umschreibt im § 47 Abs. 1 TLAO die Abgabenbehörden als die mit der Erhebung der im § 1 bezeichneten öffentlichen Abgaben und Beiträge betrauten Behörden des Landes und der Gemeinden, wobei gemäß Abs. 2 leg. cit. unter Erhebung im Sinne dieses Gesetzes alle der Durchführung der Abgabenvorschriften dienenden abgabenbehördlichen Maßnahmen zu verstehen sind.

Daraus folgt, dass ausschließlich die Abgabenbehörden mit den Maßnahmen betraut sind, die der Durchführung der Abgabenvorschriften dienen. Die Errichtung einer "Zahlstelle", an die Abgaben mit schuldbefreiender Wirkung gezahlt werden könnten, kommt daher schon deshalb nicht in Betracht. Eine derartige "Zahlstelle", die in den Abgabenvorschriften nicht vorgesehen ist, wäre nämlich keine Behörde des Landes oder der Gemeinden, sondern auf Grund des Privatrechtes eingerichtet. Da aber nach dem Willen des Gesetzgebers allein die Behörden des Landes und der Gemeinden sämtliche (arg.: alle) der Durchführung der Abgabenvorschriften dienenden abgabenbehördlichen Maßnahmen zu vollziehen haben, würde die Errichtung einer derartigen "Zahlstelle" unzulässig und daher für die Vollziehung der Abgabenvorschriften unbeachtlich sein.

Aus eben diesen Erwägungen hat auch die nach dem Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien an die W-GmbH geleistete Zahlung außer Betracht zu bleiben; es handelt sich dabei jedenfalls nicht um die Erfüllung der mit dem erstinstanzlichen Bescheid entstandenen Abgabenverbindlichkeit der beschwerdeführenden Parteien betreffend die verfahrensgegenständliche Kanalanschlussgebühr.

Soweit sich die beschwerdeführenden Parteien noch in dem von ihnen behaupteten Recht verletzt fühlen, wonach nach § 183 TLAO die Abgabenschuldigkeiten durch gänzliche Abschreibung hätten nachgesehen werden müssen, so hat diesbezüglich die belangte Behörde in dem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid keine (die Abgabenbehörden bindende) Rechtsansicht ausgesprochen. Die beschwerdeführenden Parteien können daher durch die Aufhebung des ihren Antrag abweisenden berufungsbehördlichen Ausspruches durch die Vorstellungsbehörde nicht in ihren Rechten verletzt worden sein.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich somit, dass die beschwerdeführenden Parteien durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte in ihren Rechten nicht verletzt worden sind.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. November 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1997170465.X00

Im RIS seit

11.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten