TE OGH 2009/2/19 6Ob15/09p

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Veröffentlicht am 19.02.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen Robert H*****, geboren am 16. August 1996, *****, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Melk, Fachgebiet Jugendwohlfahrt, 3390 Melk, Bahnhofstraße 1, über den Revisionsrekurs des Vaters Walter P*****, vertreten durch Dr. Christoph Naske, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 21. August 2008, GZ 23 R 135/08p-U20, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Melk vom 1. März 2008, GZ 1 P 151/06k-U17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) - Ausspruch des Rekursgerichts ist der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig:

Das Rekursgericht hat seinen über Zulassungsvorstellung des geldunterhaltspflichtigen Vaters abgeänderten Zulässigkeitsausspruch damit begründet, es bestehe uneinheitliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Luxusgrenze (des Unterhaltsstopps) im Kindesunterhaltsrecht.

Sowohl die Vorinstanzen als auch der Vater gingen im gesamten Unterhaltsverfahren davon aus, dass letzterer zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses am 14. 8. 2006 und auch danach jeweils über ein monatliches Nettoeinkommen verfügte, welches bei Anwendung der Prozentwertmethode Unterhaltsleistungen in einer Höhe gerechtfertigt hätte, die deutlich über dem damals mit 787,50 EUR (ab 1. 7. 2007 mit 805 EUR) zu ermittelnden 2,5-fachen des für den Minderjährigen geltenden Durchschnittsbedarfssatzes gelegen wären. Entlastet man nun diesen Betrag teilweise um die von der Mutter des Minderjährigen für diesen bezogene Familienbeihilfe sowie den Kinderabsetzbetrag (zu den Voraussetzungen und der konkreten Vorgangsweise vgl die Nachweise und Ausführungen zuletzt bei Gitschthaler, Unterhaltsrecht² [2008] Rz 336-338, Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht4 [2008] 102 ff und Barth/Neumayr in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ [2008] § 140 ABGB Rz 172 ff), so hätten sich rein rechnerisch (vgl die Berechnungsmethode nach der Entscheidung 6 Ob 44/07z EF-Z 2007/8 [Gitschthaler]) Unterhaltsbeträge von monatlich 655,50 EUR bzw ab 1. 7. 2007 von monatlich 669,50 EUR ergeben (lediglich der Vollständigkeit halber sei ergänzt, dass sich die so ermittelte Unterhaltspflicht des Vaters ab 1. 7. 2008 auf monatlich 692 EUR belaufen würde). Tatsächlich verpflichtete sich der Vater in dem bereits erwähnten Vergleich vor dem zuständigen Jugendwohlfahrtsträger zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 700 EUR ab 1. 8. 2006. Er strebt deshalb eine Herabsetzung seiner Unterhaltsverpflichtung ab diesem Zeitpunkt auf monatlich 635 EUR mit der wesentlichen Begründung an, er habe sich zur Leistung von 700 EUR nur aufgrund einer (unrichtigen) Auskunft eines Mitarbeiters des Jugendwohlfahrtsträgers verpflichtet; hinsichtlich des tatsächlichen „gesetzlichen Unterhaltsanspruch[s]" des Minderjährigen sei er somit in Irrtum geführt worden.

Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs stellt der Unterhaltsstopp (Luxusgrenze) keine absolute Obergrenze dar (vgl etwa 7 Ob 193/02m JBl 2003, 113; 2 Ob 5/03d ÖA 2003, 273/U 403; 5 Ob 67/03v; 6 Ob 57/03f ÖA 2004, 23/U 409 ua; ebenso Gitschthaler aaO Rz 257; Schwimann/Kolmasch aaO 88; Barth/Neumayr aaO Rz 140). Wo die Grenzen einer den Bedürfnissen des Kindes und dem Leistungsvermögen des Unterhaltspflichtigen angemessenen Alimentierung zu ziehen sind, lässt sich zwar nur im Einzelfall beurteilen (vgl die Nachweise bei Gitschthaler aaO Rz 252/6); als Richtwerte können aber das 2-fache (bei Kindern unter 10 Jahren) bzw das 2,5-fache (bei älteren Kindern) des jeweiligen Durchschnittsbedarfssatzes gelten (vgl Schwimann/Kolmasch aaO 89 und die dort angeführten Nachweise aus der Rechtsprechung, ebenso Gitschthaler aaO Rz 254/1).

Damit unterstellt der Vater jedoch zu Unrecht einen konkreten „gesetzlichen Unterhaltsanspruch" des Minderjährigen in Höhe des 2,5-fachen des Durchschnittsbedarfssatzes, der nicht überschritten werden dürfte. Bereits aus diesem Grund haben die Vorinstanzen seinen Unterhaltsherabsetzungsantrag zu Recht abgewiesen. Der Revisionsrekurs ist aber insbesondere (auch) deshalb unzulässig, weil die Frage, ob der Unterhaltsstopp im Einzelfall beim 2,5-fachen des Durchschnittsbedarfs liegt, keine erhebliche Rechtsfrage darstellt (5 Ob 64/03b; 6 Ob 195/04a; 9 Ob 47/06m) und darüber hinaus der vom Vater behauptete „gesetzliche Unterhaltsanspruch" aufgrund der von ihm geschlossenen Vereinbarung lediglich um rund 6 % bzw ab 1. 7. 2007 um rund 4 % (ab 1. 8. 2008 im Übrigen praktisch gar nicht mehr) überschritten wurde. Gerade bei einem hohen Einkommen, wie es der Vater bezieht, liegen solche Beträge jedoch ohnehin im Rundungsbereich.

Anmerkung

E900616Ob15.09p

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0060OB00015.09P.0219.000

Zuletzt aktualisiert am

07.04.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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