TE OGH 2009/3/17 10ObS10/09g

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Veröffentlicht am 17.03.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Gleitsmann (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Franz Boindl (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Dr. Hermann G*****, Pensionist, *****, vertreten durch Mag. Dr. Johannes Winkler, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich- Hillegeist-Straße 1, wegen Pensionsanpassung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. Oktober 2008, GZ 11 Rs 103/08h-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 20. Juni 2008, GZ 10 Cgs 101/08p-6, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Oberste Gerichtshof stellt gemäß Art 89 Abs 2 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag,

in § 634 Abs 10 ASVG idF der 68. ASVG-Novelle, BGBl I 2007/101,

1.

die Wortfolge „, die mehr als 746,99 € monatlich betragen," und

2.

in Z 1 die Wortfolge „mehr als 746,99 €"

als verfassungswidrig aufzuheben.

Mit der Fortführung des Revisionsverfahrens wird gemäß § 62 Abs 3 VfGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs innegehalten.

Text

Begründung:

Der am 14. 4. 1938 geborene Kläger bezog von der beklagten Partei im Jahr 2007 eine Alterspension nach dem ASVG in Höhe von 100,71 EUR brutto monatlich. Da er auch eine Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung der deutschen Rentenversicherung Bund von derzeit (ab Juli 2007) 776,29 brutto (netto: 703,70 EUR) monatlich bezieht, hatte er in den Jahren 2007 und 2008 keinen Anspruch auf Ausgleichszulage.

Mit Bescheid vom 20. 2. 2008 stellte die beklagte Partei fest, dass die Alterspension des Klägers ab 1. 1. 2008 mit dem Hundertsatz von 1,7 vervielfacht werde und ab diesem Zeitpunkt 102,42 EUR brutto monatlich betrage.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger rechtzeitig Klage mit dem Begehren auf Zahlung einer Pension in der Höhe von 121,71 EUR brutto monatlich ab 1. 1. 2008. Er komme, weil seine Pension zu niedrig sei, nicht in den Genuss der sondergesetzlichen Pensionserhöhung nach § 634 Abs 10 ASVG. Danach seien nur Pensionen, die 746,99 EUR monatlich übersteigen, um mehr als 1,7 % (= allgemeiner Anpassungsfaktor von 1,017) zu erhöhen. Diese Bestimmung, die für das Jahr 2008 eine (prozentuell höhere) Pensionserhöhung um den Fixbetrag von 21 EUR monatlich für höhere Pensionen vorsehe, sei verfassungs- und „EU-rechtswirdrig". Der Kläger habe daher Anspruch auf Pensionserhöhung um 21 EUR brutto oder zumindest um 2 % statt 1,7 %. Die erhöhte Pension müsse dann die Ausgangsbasis für alle weiteren Pensionserhöhungen der nächsten Jahre sein. Da die verfassungsrechtlichen Bedenken von der zweiten Instanz geprüft werden müssten, werde von einer Einschränkung des Klagebegehrens abgesehen. Im Fall der Aufhebung eines Teils der Bestimmung des § 634 Abs 10 ASVG werde dem Kläger der volle Klagsbetrag zuzusprechen sein. Nach EU-Recht sei ihm eine monatliche Pension von 103,34 EUR (= Erhöhung um 2,63 EUR statt 1,71 EUR) zuzusprechen (ON 1 und 4). Die beklagte Partei beantragte unter Hinweis auf die geltende Rechtslage die Abweisung des Klagebegehrens.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Nach seinen Rechtsausführungen seien gemäß § 108h ASVG mit Wirksamkeit ab 1. Jänner eines jeden Jahres alle Pensionen aus der Pensionsversicherung, für die der Stichtag vor dem 1. Jänner dieses Jahres liege, mit dem Anpassungsfaktor zu vervielfachen. Der Anpassungsfaktor für das Jahr 2008 betrage 1,017. Es bestehe kein Nachteil für den Kläger dadurch, dass er von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht und sein Erwerbsleben in mehreren Mitgliedstaaten zugebracht habe. Daher bestehe kein Anspruch auf Erhöhung der Pension über den zutreffend errechneten Betrag von 102,42 EUR brutto monatlich hinaus. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers insoweit Folge, als es die Beklagte verpflichtete, dem Kläger ab 1. 1. 2008 die Pension in der bescheidmäßig zuerkannten Höhe von 102,42 EUR brutto monatlich auszuzahlen. Das Mehrbegehren auf Zahlung einer Pension im Ausmaß von 121,71 EUR brutto monatlich wies es ab. Im Hinblick auf die - vom Kläger übergangene - Bestimmung des § 634 Abs 11 ASVG hätten sowohl die Bezieher mehrfacher inländischer Pensionen in der genannten Höhe als auch Bezieher von mehreren Pensionen aus verschiedenen Mitgliedstaaten einen „identen" Anspruch auf Pensionsanpassung. Daher könne eine Auseinandersetzung mit weiteren europarechtlichen Normen und deren Auslegung dahingestellt bleiben. Was die behauptete Verfassungswidrigkeit betreffe, sei Ziel der Pensionsanpassung 2008 die stärkere Anhebung des Ausgleichszulagenrichtsatzes und der niedrigen Pensionseinkommen um einen über dem allgemeinen Anpassungsfaktor liegenden Fixbetrag von 21 EUR monatlich gewesen. Dieses Ziel sei grundsätzlich erreicht worden, bei Pensionen unter dem Ausgleichszulagenrichtsatz aber im Ergebnis nur für jene Gruppe von Pensionsbeziehern, die auch tatsächlich eine Ausgleichszulage erhalten. Diese Regelung möge unbefriedigend erscheinen, weil damit die niedrigsten Pensionen weniger stark angehoben worden seien als höhere Pensionen. Dies sei aber verfassungsrechtlich nicht bedenklich, weil der Mindeststandard des allgemeinen Anpassungsfaktors jedenfalls gewahrt geblieben sei. Es liege im rechtspolitischen Ermessensspielraum des Gesetzgebers, bei der Valorisierung von Pensionen unter dem Ausgleichszulagenrichtsatz zwischen Ausgleichszulagenbeziehern und jenen Pensionsbeziehern zu unterscheiden, die infolge eines über den Richtsatz hinausgehenden zusätzlichen Einkommens von vornherein besser abgesichert seien. Auch ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Eigentumsrecht sei bei dieser Sachlage nicht erkennbar.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Pensionsanpassung 2008 noch nicht vorliege.

Gegen den abweisenden Teil dieser Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der vollinhaltlichen Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Weiters wird - unter Hinweis auf die Parallelfälle 10 ObS 135/08p und 10 ObS 136/08k - die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens betreffend die hier maßgebende Bestimmung des § 634 Abs 10 ASVG beim Verfassungsgerichtshof angeregt.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, weil die vom Obersten Gerichtshof nicht auszuräumenden Bedenken gegen die Verfassungskonformität der präjudiziellen Bestimmung des § 634 Abs 10 ASVG ein Normenprüfungsverfahren angezeigt erscheinen lassen.

Zu den im Rechtsmittel wiederholten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Bestimmung des § 634 Abs 10 ASVG hat der erkennende Senat bereits in seinen - vergleichbare Fälle betreffenden (geringe Pensionshöhe verbunden mit Pensionseinkommen aus dem Ausland) - Entscheidungen 10 ObS 147/08b und 10 ObS 165/08z Folgendes erwogen:

1.1 Nach § 108h Abs 1 ASVG idF BGBl I 2003/71 sind mit Wirksamkeit ab 1. Jänner eines jeden Jahres alle Pensionen aus der Pensionsversicherung, für die der Stichtag vor dem 1. Jänner dieses Jahres liegt, mit dem Anpassungsfaktor zu vervielfachen. Der Anpassung ist die Pension zu Grunde zu legen, auf die nach den am 31. Dezember des vorangegangenen Jahres in Geltung gestandenen Vorschriften Anspruch bestand, jedoch mit Ausnahme der Kinderzuschüsse und der Ausgleichszulage und vor Anwendung von Ruhensbestimmungen. Sie erfasst im gleichen Ausmaß alle Pensionsbestandteile (Abs 2 leg cit).

Zu der nach diesen Bestimmungen gebührenden Pension treten die Kinderzuschüsse und die Ausgleichszulage nach den hiefür geltenden Vorschriften (Abs 3 leg cit).

1.2 Gemäß der Verordnung zur Feststellung des Anpassungsfaktors für das Jahr 2008, BGBl II 2007/337, beträgt der Anpassungsfaktor für das Jahr 2008 1,017.

1.3 Mit Art 4 des Bundesgesetzes zur Anpassung von Rechtsvorschriften an die Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens für die Jahre 2008 bis 2013 (68. ASVG-Novelle), BGBl I 2007/101, wurde die Pensionsanpassung 2008 in § 634 Abs 10 und 11 ASVG wie folgt ergänzt:

„(10) Abweichend von § 108h Abs. 1 erster Satz sind im Kalenderjahr 2008 alle Pensionen, die mehr als 746,99 € monatlich betragen, nicht mit dem Anpassungsfaktor zu vervielfachen, sondern wie folgt zu erhöhen: Beträgt die Pension monatlich

1.

mehr als 746,99 € bis zu 1 050 €, so ist sie um 21 € zu erhöhen;

2.

mehr als 1 050 € bis zu 1 700 €, so ist sie mit dem Faktor 1,020 zu vervielfachen;

              3.              mehr als 1 700 € bis zu 2 161,50 €, so ist sie um einen Prozentsatz zu erhöhen, der zwischen den genannten Werten von 2,0 % auf 1,7 % linear absinkt;

              4.              mehr als 2 161,50 €, so ist sie um 36,75 € zu erhöhen.

(11) Bezieht eine Person zwei oder mehrere Pensionen, die jeweils den Richtsatz nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 101/2007 nicht erreichen, so ist ausschließlich die Summe dieser Pensionen nach Abs. 10 zu erhöhen, wobei der Erhöhungsbetrag auf die einzelne Pension im Verhältnis der Pensionen zueinander aufzuteilen ist."

1.4 Weiters wurden mit diesem Bundesgesetz, BGBl I 2007/101, mit Wirksamkeit ab 1. 1. 2008 der Ausgleichszulagen-Richtsatz für alleinstehende PensionsbezieherInnen (§ 293 Abs 1 lit a sublit bb ASVG) von 726 auf 747 EUR und der Ausgleichszulagen-Richtsatz für Ehepaare (§ 293 Abs 1 lit a sublit aa ASVG) von 1.091,14 auf 1.120 EUR erhöht.

1.5 Nach den Gesetzesmaterialien (vgl AB 352 BlgNR XXIII. GP 4 f) wurde in Gesprächen mit Vertretern des Österreichischen Seniorenrates Einvernehmen über die Pensionsanpassung für das Jahr 2008 erzielt.

Demnach werden folgende Maßnahmen getroffen:

1. Der Ausgleichszulagen-Richtsatz für alleinstehende PensionsbezieherInnen wird um 21 EUR auf 747 EUR erhöht; der Ausgleichszulagen-Richtsatz für Ehepaare wird um rund 29 EUR auf

1.120 EUR erhöht.

2. Pensionen bis zur Höhe des Ausgleichszulagen-Richtsatzes werden um 1,7 %, also mit dem Anpassungsfaktor aufgrund des VerbraucherInnenpreisindex, erhöht.

3. Im Übrigen werden die Pensionen sozial gestaffelt erhöht:

Beträgt die Pensionsleistung über 746,99 EUR bis zu 1.050 EUR, so beläuft sich die Erhöhung auf 21 EUR monatlich; beträgt die Leistung mehr als 1.050 EUR und höchstens 1.700 EUR, so wird sie um 2 % angepasst. Ab 1.700 EUR wird die prozentuelle Erhöhung linear auf 1,7 % abgeschmolzen und ab 2.161,50 EUR gebührt ein Fixbetrag in der Höhe von 36,75 EUR monatlich.

Die Pensionsanpassung für das Jahr 2008 berücksichtigt nach den Gesetzesmaterialien sowohl die Interessen der PensionsbezieherInnen als auch jene der aktiv Erwerbstätigen, dient der Armutsbekämpfung und ist nicht zuletzt auch dauerwirksam, weil von Einmalzahlungen abgesehen wird. Zu betonen ist auch, dass sie keinerlei Präzedenzwirkung entfaltet, da Basis für die zukünftigen Pensionsanpassungen der Verbraucherpreisindex bleibt (AB 352 BlgNR XXIII. GP 4 f).

2. Ausgehend von der dargelegten Rechtslage ist auf Pensionen, die - wie die Pension des Klägers - bis zu 746,99 EUR monatlich betragen, weiterhin die Verordnung zur Festsetzung des Anpassungsfaktors für das Jahr 2008 anzuwenden und es sind daher diese Pensionen im Jahr 2008 einheitlich um 1,7 % zu erhöhen. Hingegen sind Pensionen, die mehr als 746,99 EUR monatlich betragen, davon abweichend entsprechend dem Bundesgesetz vom 28. 12. 2007, BGBl I 2007/101, zu erhöhen. Die Pension des Klägers beträgt daher ausgehend von dieser Rechtslage ab 1. 1. 2008 631,20 EUR monatlich.

3. Gegen die Bestimmung des § 634 Abs 10 ASVG idF 68. ASVG-Novelle, BGBl I 2007/101, bestehen nach Ansicht des antragstellenden Gerichts folgende verfassungsrechtliche Bedenken:

3.1 Die Pensionsanpassung 2008 sieht eine nach sozialen Gesichtspunkten gestaffelte Erhöhung vor, die höher ausfällt, je niedriger die Pension ist. So werden Pensionen von 747 bis 1.050 EUR um einen Fixbetrag von 21 EUR - das entspricht 2,81 % bis 2 % - erhöht. Beträgt die Pension mehr als 1.050 EUR und höchstens 1.700 EUR, so wird sie um 2 % erhöht. Pensionen über 1.700 bis 2.161,50 EUR werden um einen Prozentsatz, der mit zunehmender Pensionshöhe von 2 % auf 1,7 % absinkt, erhöht. Ab einer Pensionsleistung von mehr als 2.161,50 EUR gebührt ein Fixbetrag in der Höhe von 36,75 EUR. Die niedrigsten Pensionen (Pensionen unter dem Ausgleichszulagen-Richtsatz von 747 EUR) werden demgegenüber nur um 1,7 % erhöht. Demnach werden im Zuge der Pensionsanpassung 2008 Pensionen unter 747 EUR unterdurchschnittlich, nämlich um 1,7 % erhöht, während Pensionen zwischen 747 und 2.160 EUR stärker erhöht werden. Diese Regelung widerspricht nach Ansicht des antragstellenden Gerichts dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz. Der Gleichheitsgrundsatz beinhaltet nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs auch ein allgemeines Sachlichkeitsgebot für gesetzliche Regelungen. Es erscheint verfassungswidrig, dass diejenigen, die eine besonders geringe Pension haben, eine vergleichsweise geringere Erhöhung erhalten als jene, die eine höhere Pension beziehen. Der Umstand, dass für PensionsbezieherInnen mit Pensionen unterhalb des Ausgleichszulagen-Richtsatzes von 747 EUR monatlich die Pensionsanpassung lediglich 1,7 % beträgt, während die Erhöhung höherer Pensionen bis zu 2,81 % beträgt, ist daher nach Ansicht des antragstellenden Gerichts unsachlich und damit verfassungswidrig.

3.2 Diese Verfassungswidrigkeit der Pensionserhöhung 2008 wird durch die gleichzeitig erfolgte Anhebung der Ausgleichszulagen-Richtsätze um 21 EUR für alleinstehende PensionsbezieherInnen und von ca 29 EUR für Ehepaare zwar in manchen Fällen gemildert, jedoch nicht grundsätzlich behoben. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei der Ausgleichszulage - im Gegensatz zur Pension aus der gesetzlichen Sozialversicherung - um keine (beitragsfinanzierte) Versicherungsleistung im engeren Sinn, sondern um eine Leistung mit Fürsorge-(Sozialhilfe-)charakter handelt. Es ist daher, wie auch der Kläger zutreffend geltend macht, schon vom Ansatz her jedenfalls zweifelhaft, ob die Gewährung einer staatlichen Sozialleistung (Ausgleichszulage) überhaupt geeignet ist, eine Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Pensionsregelung zu sanieren. Weiters ist gemäß § 108h Abs 2 ASVG eine (erhöhte) Ausgleichszulage bei einer - auch zukünftigen - Pensionsanpassung nicht zu berücksichtigen, weshalb die Bezieher von Kleinstpensionen (unter dem Ausgleichszulagen-Richtsatz) durch eine zu geringe Erhöhung ihrer Pension im Zuge der Pensionsanpassung 2008 auch bei zukünftigen Pensionsanpassungen einen fortwirkenden Einkommensverlust erleiden können. Es erscheint auch sachlich nicht nachvollziehbar, dass Pensionen, die unter dem Ausgleichszulagen-Richtsatz liegen, geringer erhöht werden als Pensionen über dem Ausgleichszulagen-Richtsatz, obwohl die PensionsbezieherInnen - wie der Kläger - aufgrund eines weiteren Pensionseinkommens aus dem Ausland gar keine Ausgleichszulage erhalten. Die Erhöhung der Ausgleichszulage kommt auch dann nicht zum Tragen, wenn in einem Haushalt lebende Ehegatten jeweils Pensionen unter dem Ausgleichszulagen-Richtsatz für Alleinstehende erhalten, die in der Summe jedoch den Ausgleichszulagen-Richtsatz für Ehepaare übersteigen. In diesem Fall ist ebenfalls sachlich nicht nachvollziehbar, warum die Pensionen der beiden Ehegatten nur um 1,7 % erhöht werden sollen, während andere betragsmäßig gleich hohe Pensionen um 2 % erhöht werden. Eine Sanierung dieser vom antragstellenden Gericht angenommenen Verfassungswidrigkeit ist auch weder durch das Sozialversicherungs-Änderungsgesetz, SVÄG 2008, BGBl I 2008/92, noch durch das vom Nationalrat erst jüngst am 25. 9. 2008 beschlossene Sozialrechts-Änderungsgesetz 2008, SRÄG 2008, BGBl I 2008/129, erfolgt.

3.3 Die dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken wegen Verletzung des Gleichheitssatzes bestehen auch im Hinblick auf einen unzulässigen Eingriff in das Eigentumsrecht, wenn man davon ausgeht, dass der eigentumsrechtliche Schutz die im geltenden Recht allgemein vorgesehene jährliche Rentenanpassung (vgl § 108h ASVG) mitumfasst.

3.4 Der Oberste Gerichtshof sieht sich daher auch im vorliegenden Fall veranlasst, dem Verfassungsgerichtshof die Möglichkeit zu geben, die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des § 634 Abs 10 ASVG zu prüfen und stellt den aus dem Spruch ersichtlichen Antrag. Die Anordnung der Innehaltung des Verfahrens beruht auf der im Spruch zitierten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E9035410ObS10.09g

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:010OBS00010.09G.0317.000

Zuletzt aktualisiert am

05.05.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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