TE OGH 2009/4/2 8Ob161/08x

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Veröffentlicht am 02.04.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Spenling und Hon.-Prof. Dr. Kuras und die Hofrätinnen Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef B*****, vertreten durch Dr. Friedrich Krall, Rechtsanwalt in Kufstein, gegen die beklagte Partei Josef W*****, vertreten durch Dr. Maximilian Ellinger, Dr. Günther Ellmerer, Rechtsanwälte in Kufstein, wegen 9.904,38 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 11. September 2008, GZ 4 R 340/08s-12, womit über Berufung des Klägers das Urteil des Bezirksgerichts Kufstein vom 16. Mai 2008, GZ 2 C 1107/07m-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichts wird aufgehoben und dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen, wobei es auf die Kosten des Revisionsverfahrens gleich weiteren Verfahrenskosten des Berufungsverfahrens Bedacht zu nehmen haben wird.

Text

Begründung:

Dem Beklagten wurde von Anna Maria M***** mit letztwilliger Verfügung vom 20. 2. 1998 ein Vorkaufsrecht an der Liegenschaft EZ ***** GB M***** und EZ ***** GB E***** sowie an dem in die Verlassenschaft fallenden 1/9tel Anteil an der Liegenschaft EZ ***** GB M***** eingeräumt. Der Kläger beabsichtigte, von der Verlassenschaft die vorgenannten Liegenschaften bzw Liegenschaftsanteile zu kaufen. Er ließ zu diesem Zweck vom Klagevertreter einen entsprechenden Kaufvertrag errichten, der vom Kläger am 9. 1. 2007 und vom Verlassenschaftskurator am 10. 1. 2007 unterschrieben und mit Beschluss vom 29. 1. 2007 verlassenschaftsgerichtlich genehmigt wurde.

Punkt III des Kaufvertrags lautet ua wie folgt:

„Die Verkäuferin verkauft und übergibt hiemit und der Käufer kauft und übernimmt hiemit die vorgenannte Liegenschaft ... samt den damit verbundenen Miteigentumsrechten ..., jeweils samt allem rechtlichen und tatsächlichen Zubehör um den einvernehmlich festgelegten Kaufpreis in Höhe von EUR 1.977.000,- ...

Eine wesentliche Bedingung für die Rechtsgültigkeit dieses Vertrages ist, dass der gesamte Kaufpreis in Höhe von EUR 1.977.000,- ... spätestens bei Unterfertigung dieses Vertrages - im Falle der Ausübung des Vorkaufsrechtes mit Übersendung der Eintrittserklärung durch den Vorkaufsberechtigten beim Verlassenschaftskurator ..., in Form eines Sparbuches einer inländischen Bank treuhändig hinterlegt wird, wobei naturgemäß gleichzeitig auch das Losungswort bekannt zu geben ist. Dieser erhält den unwiderruflichen Auftrag, den gesamten Kaufpreis samt angereiften Zinsen ... an die Verkäuferin weiterzuleiten."

Punkt IX des Kaufvertrags lautet:

„Kosten

Die Kosten der Errichtung und grundbücherlichen Durchführung dieses Vertrages und die damit im Zusammenhang stehenden Steuern, Abgaben und Gebühren hat der Käufer - im Fall der Ausübung des Vorkaufsrechtes durch ... (Beklagter) ... dieser - alleine zu tragen."

Nachdem der Kaufvertrag verlassenschaftsgerichtlich genehmigt worden war, forderte der Verlassenschaftskurator den Beklagten schriftlich auf, sich zur Ausübung des Vorkaufsrechts zu äußern. In dieser Aufforderung des Verlassenschaftskurators vom 8. 2. 2007 an den Beklagten wurde ua festgehalten wie folgt:

„Hiermit biete ich Ihnen als Verlassenschaftskurator pflichtgemäß das Ihnen testamentarisch eingeräumte Vorkaufsrecht am Kaufgegenstand zu den Bedingungen des Kaufvertrages (Kaufpreis, etc) an, unter gleichzeitiger Ausfolgung einer Kopie des Kaufvertrages als auch des Bewilligungsbeschlusses in Kopie.

Wenn Sie das Vorkaufsrecht wahrnehmen wollen, wäre, wie in Punkt III. des Kaufvertrages festgelegt, die Eintrittserklärung an den Verlassenschaftskurator zu übersenden und gleichzeitig an diesen auch ein Sparbuch einer inländischen Bank treuhändisch zu übergeben, wobei naturgemäß gleichzeitig auch das Losungswort bekannt zu geben ist."

Der Beklagte erörterte mit dem Verlassenschaftskurator, dass er zur Vertragserrichtung eine anwaltliche Vertretung benötige. Er entschied sich für den Verlassenschaftskurator, wobei eine Pauschalhonorarvereinbarung getroffen wurde, die die Eintrittserklärung des Beklagten umfasste, ferner die Aufsandung, die Anzeige beim Finanzamt, die Abklärung bei der Grundverkehrs- bzw bei der Agrarbehörde und die grundbücherliche Durchführung.

Die vom Beklagten abgegebene Erklärung vom 7. 3. 2007 lautet wie folgt:

„Erklärung

... (Beklagter) erklärt durch Unterfertigung des vorliegenden Kaufvertrages, das ihm angebotene Vorkaufsrecht anzunehmen. ... (Beklagter) tritt anstelle des ehemaligen Käufers ... in den vorliegenden Kaufvertrag ein, wobei gleichzeitig mit der Unterfertigung eine Bankgarantie erlegt wird.

... (Beklagter) erteilt zu dieser Bankgarantie die unwiderrufliche Ermächtigung, dass ... (Verlassenschaftskurator) die Bankgarantie abrufen kann, selbst für den Fall, dass die Voraussetzungen für die grundbücherliche Eintragung des Kaufgegenstandes noch nicht gegeben sind.

Zudem verpflichtet sich ... (Beklagter) binnen 7 Tagen nach Vorlage einer verbücherungsfähigen Aufsandungserklärung diese beglaubigt zu unterfertigen sowie in diesem Zusammenhang weitere für die grundbücherliche Durchführung erforderliche Unterschriften unverzüglich zu leisten.

Der Verlassenschaftskurator bestätigt durch dessen Unterschrift den Eintritt in das Vorkaufsrecht sowie die gleichzeitige Aushändigung einer Bankgarantie in Höhe des Kaufpreises. Die tatsächliche Aushändigung der Bankgarantie ist durch das Grundbuchsgericht nicht zu überprüfen."

Diese Erklärung unterfertigten der Beklagte sowie der Verlassenschaftskurator.

Mit Schreiben vom 8. 3. 2007 teilte der Verlassenschaftskurator dem Klagevertreter mit, dass der Beklagte sein Vorkaufsrecht durch Unterfertigung einer Erklärung, welche dem Originalkaufvertrag beigeschlossen wurde, angenommen und gleichzeitig eine Bankgarantie über den Kaufpreis ausgehändigt habe.

Mit Schreiben vom 23. 5. 2007 forderte der Klagevertreter den Beklagten zur Tragung der Vertragserrichtungskosten von 9.904,38 EUR auf. Das wurde damit begründet, dass der Beklagte in den vom Klagevertreter ausgearbeiteten Kaufvertrag eingetreten sei, weshalb er auch die darin enthaltenen Verpflichtungen übernommen habe.

Der Verlassenschaftskurator teilte mit Schreiben vom 11. 6. 2007 gegenüber dem Klagevertreter im Auftrag des Beklagten mit, dass die Kosten nicht bezahlt würden, weil durch den Eintritt in das Vorkaufsrecht zwischen dem Beklagten und dem Kläger keine Vertragsbeziehung begründet worden sei.

Der Beklagte hatte sich niemals dahin geäußert, dass er auf das Vorkaufsrecht verzichte. Für ihn war vielmehr ausschlaggebend, wie eine Finanzierung des Kaufpreises zustande kommen könnte. Aus diesem Grund erbat er sich - bevor er letztlich das Vorkaufsrecht ausübte - Bedenkzeit.

Der Kläger begehrt 9.904,38 EUR sA an Vertragserrichtungskosten. Der Beklagte habe von seinem Vorkaufsrecht dahin Gebrauch gemacht, dass er anstelle des Klägers mit allen Rechten und Pflichten in den Kaufvertrag eingetreten sei. Er habe den Vertrag für sich verwenden können und sich dadurch Kosten erspart. Das Klagebegehren sei schon wegen der ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarung, die den Beklagten zur Kostenübernahme verpflichte, berechtigt. Jedenfalls aber stehe dem Kläger ein Bereicherungsanspruch gegenüber dem Beklagten zu.

Der Beklagte wendet ein, dass die Kostentragungsregelung im Drittvertrag ihm gegenüber wirkungslos sei; es handle sich um eine Vertragsbestimmung zu Lasten Dritter. Der Vorkaufsberechtigte müsse Klauseln des Drittvertrags nicht übernehmen, die außerhalb des drittvertraglichen Synallagmas stünden. Auch auf Bereicherungsrecht könne der Kläger das Klagebegehren nicht stützen. Der Beklagte habe sich nichts erspart. Er habe vielmehr den Verlassenschaftskurator mit der Abwicklung beauftragt und diesem dafür auch ein Honorar bezahlt. Schließlich bestritt der Beklagte noch die Höhe des Klagebegehrens ausdrücklich und wendete mangelnde Fälligkeit ein, weil der Kläger noch keine Zahlung an den Klagevertreter geleistet habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Neben dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt traf das Erstgericht noch die Feststellung, dass das Honorar des Klagevertreters auf der Bemessungsgrundlage des Kaufpreises von 1.977.000 EUR basiere, sich aus dem Notariatstarif ergebe und nur die Kosten der Errichtung des Kaufvertrags umfasse.

Rechtlich meinte das Erstgericht, dass Kosten der Vertragserrichtung, die dem Klagevertreter gegenüber dem Kläger zustünden, nicht auf den Beklagten überwälzt werden könnten. Der Beklagte habe das Vorkaufsrecht ausgeübt. Er habe daher alle zum Erwerb notwendigen Vereinbarungen zu übernehmen, nicht jedoch die in Punkt IX aufgenommene Vereinbarung bezüglich der Vertragserrichtungskosten. Dabei handle es sich um eine Vereinbarung zum Nachteil des Vorkaufsberechtigten, die wirkungslos sei.

Das Berufungsgericht gab der dagegen vom Kläger erhobenen Berufung nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.

Das Berufungsgericht teilte die Rechtsauffassung des Erstgerichts und erachtete offenbar aus diesem Grund, die in der Berufungsbeantwortung des Beklagten enthaltene Beweisrüge, mit welcher die erstgerichtliche Feststellung über die Honorarhöhe bekämpft wurde, nicht erledigen und auf das Vorbringen des Beklagten zur mangelnden Fälligkeit des Klagebegehrens nicht eingehen zu müssen. Ergänzend zur rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts führte das Berufungsgericht aus, dass dem Kläger auch kein Verwendungsanspruch zustehe. Ein derartiger Anspruch könne nicht davon abhängen, ob der Vorkaufsberechtigte in den Drittvertrag eintrete oder (nur) einen dem Inhalt des Drittvertrags entsprechenden eigenen Vertrag schließe.

Der Kläger beantragt in seiner aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobenen Revision eine Abänderung der Urteile der Vorinstanzen im Sinne einer gänzlichen Klagestattgebung. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen; in eventu, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil Rechtsprechung zur Frage der Zulässigkeit einer vertraglichen Vereinbarung fehlt, mit welcher Errichtungskosten des Drittvertrags auf den Vorkaufsberechtigten überwälzt werden sollen.

Die Revision ist im Sinne ihres Aufhebungsantrags auch berechtigt.

Der Kläger steht in seiner Revision auf dem Standpunkt, dass in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zwar wiederholt ausgesprochen worden sei, dass der Vorkaufsberechtigte nicht ex lege in den Kaufvertrag zwischen dem Käufer und dem Drittkäufer eintrete, weshalb er nur die Kosten der Errichtung und Verbücherung „seines" Kaufvertrags, nicht aber die Kosten des Drittvertrags zu tragen habe. Davon unterscheide sich der vorliegende Fall aber dadurch, dass ausdrücklich die Tragung der Vertragserrichtungskosten durch den Vorkaufsberechtigten für den Fall der Ausübung des Vorkaufsrechts vereinbart worden sei.

Hiezu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Übt der Berechtigte sein Vorkaufsrecht aus, entsteht zwischen ihm und dem Verpflichteten ein Kaufvertrag, der inhaltlich mit jenem übereinstimmt, den der Verpflichtete mit dem Dritten abgeschlossen hat. Gemäß § 1077 zweiter Satz ABGB sind dem Drittvertrag auch alle „Nebenbedingungen" zu entnehmen. Darunter sind - neben vom Drittkäufer zugesicherten Nebenleistungen - auch die übrigen Vertragsbestimmungen, wie etwa die Zahlungskonditionen, die Gefahrtragung, die Gewährleistung und die Kosten der Vertragserrichtung zu verstehen (1 Ob 516/91 = SZ 64/24; 1 Ob 49/00p = JBl 2000, 803 = SZ 73/120; RIS-Justiz RS0020216).

In der Entscheidung 1 Ob 516/91 war eine Klausel im Drittvertrag zu beurteilen, wonach alle mit der Errichtung und grundbücherlichen Durchführung des Vertrags verbundenen Kosten der „Käufer" zu tragen habe; mit der Vertragserrichtung sei der Beklagtenvertreter (= Drittkäufer) zu beauftragen. Der Vorkaufsberechtigte übte im Anlassfall sein Vorkaufsrecht aus, weigerte sich aber, die erwähnte Klausel zu übernehmen. Der Oberste Gerichtshof erklärte diese Klausel unter Berufung auf eine Entscheidung des deutschen Bundesgerichtshofs für unverbindlich, weil sie weder dem Drittkäufer noch dem Verpflichteten Vorteile brächte. Vertragsbestimmungen, die sich außerhalb des drittvertraglichen Synallagmas bewegten, müssten als (kaufvertragliche) „Fremdkörper" nicht übernommen werden (vgl hiezu auch Aicher in Rummel³ § 1077 Rz 5). Dabei wurde damit argumentiert, dass solche Klauseln die Ausübung des Vorkaufsrechts bloß unbillig erschwerten, wenn nicht gar überhaupt vereitelten, ohne dass die rechtliche Position des Verpflichteten erkennbar verbessert würde.

In dem der Entscheidung 1 Ob 49/00p zugrunde liegenden Drittvertrag wurde lediglich vereinbart, dass alle mit der Errichtung und grundbücherlichen Durchführung des Vertrags (zwischen dem Vorkaufsbelasteten und -berechtigten) verbundenen Kosten der Käufer zu tragen habe. Eine Vereinbarung, wonach der Vorkaufsberechtigte auch die Kosten des Drittvertrags zu übernehmen habe, wurde nicht getroffen. Im Anlassfall begehrte der Drittkäufer vom Vorkaufsverpflichteten die ihm entstandenen frustrierten Vertragserrichtungskosten. In dieser Entscheidung führte der Oberste Gerichtshof ebenfalls aus, dass der Vorkaufsberechtigte solche Klauseln des Drittvertrags nicht übernehmen müsse, die außerhalb des drittvertraglichen Synallagmas stünden und dem Verpflichteten keinen Vorteil brächten, die Ausübung des Vorkaufsrechts jedoch unbillig erschwerten. Infolge der spiegelbildlichen Übereinstimmung der Leistungen, die der Drittkäufer und der Vorkaufsberechtigte zu tragen hätten, gehe es nicht an, den Vorkaufsberechtigten mit Leistungen zu belasten, die der Drittkäufer nicht zu tragen hätte. Müsse daher der Drittkäufer nach der Gestaltung des Drittvertrags die Kosten der Errichtung und Verbücherung des Vertrags tragen, so habe auch der Vorkaufsberechtigte nur die entsprechenden Kosten der Errichtung und Verbücherung „seines" Kaufvertrags auf sich zu nehmen und könne nicht zusätzlich mit den dem Drittkäufer entstandenen Kosten der Errichtung des Drittvertrags belastet werden. Demnach fielen die Kosten der Errichtung und Beglaubigung des Drittvertrags nicht unter die „Nebenbedingungen" nach § 1077 zweiter Satz ABGB. Es fehlte im Anlassfall auch an einer ausdrücklich oder zumindest konkludent vereinbarten Verpflichtung des Vorkaufsverpflichteten, die Kosten des Drittkäufers zu tragen oder im Fall der Einlösung durch den Vorkaufsberechtigten an diesen zu überbinden.

Davon unterscheidet sich nun der hier zu beurteilende Sachverhalt wesentlich:

Die eingangs wiedergegebene Vertragsbestimmung IX ist ausdrücklich so formuliert, dass der Vorkaufsberechtigte für den Fall der Ausübung des Vorkaufsrechts auch und gerade die Kosten des Drittvertrags tragen sollte. Die Bestimmung ist somit nicht etwa bloß so zu verstehen (auszulegen), dass für den Fall der Ausübung des Vorkaufsrechts der vorkaufsberechtigte Beklagte die allgemein übliche Verpflichtung übernehmen sollte, die Kosten der Vertragserrichtung zu übernehmen; vielmehr wurde eine spezifische Vereinbarung gerade über die Tragung der Kosten „dieses Vertrags", also des Drittvertrags, getroffen. Anders als etwa im Anlassfall der Entscheidung 1 Ob 516/91 erklärte der Beklagte auch ausdrücklich seine Zustimmung zum gesamten Vertragsinhalt, in den er nach dem Wortlaut seiner Erklärung vom 7. 3. 2007 „eintrat". Wenngleich nach Lehre und Rechtsprechung im Vorkaufsfall kein „Eintritt" in den Drittvertrag stattfindet, vielmehr das Entstehen eines inhaltlich übereinstimmenden neuen Kaufvertrags angenommen wird (1 Ob 49/00pAicher aaO § 1077 Rz 1 je mwN), kann nicht zweifelhaft sein, dass in casu eine ausdrückliche Zustimmungserklärung des Beklagten auch zu Punkt IX des Drittvertrags erteilt wurde. Hier ist also nicht die Frage zu beantworten, ob, gegebenenfalls von wem der Drittkäufer ohne entsprechende Vereinbarung seine Vertragserrichtungskosten ersetzt erhalten kann, sondern vielmehr die Frage der Wirksamkeit einer ausdrücklich getroffenen Abrede, wonach der Vorkaufsberechtigte diese „frustrierten" Kosten des Drittkäufers übernimmt. Dabei handelt es sich entgegen der Auffassung der Vorinstanzen und des Beklagten auch nicht um eine - unzulässige - Vereinbarung zu Lasten Dritter: Vielmehr stimmte der Beklagte der Vereinbarung ausdrücklich zu. Ganz im Gegenteil ist daher eine Vereinbarung zugunsten eines Dritten, nämlich des Drittkäufers, anzunehmen, dem für den Fall der Ausübung des Vorkaufsrechts zugesichert wurde, dass der Vorkaufsberechtigte seine frustrierten Vertragserrichtungskosten übernehmen werde. Es kann daher, unterstellt man die Wirksamkeit dieser Vereinbarung, auch die Legitimation des Klägers nicht in Zweifel stehen, ist er doch aus der Vertragsbestimmung, der der Beklagte ausdrücklich zugestimmt hat, unmittelbar berechtigt. Eine Auslegung der Vereinbarung hat nach dem erkennbaren Zweck der Regelung (§ 914 ABGB) zu dem Ergebnis zu führen, dass der Drittkäufer selbst unmittelbar gegenüber dem Vorkaufsberechtigten ein Recht auf Übernahme der Vertragserrichtungskosten eingeräumt erhalten sollte; nicht aber der Vorkaufsverpflichtete damit beschwert sein sollte, die Kosten zunächst selbst zu übernehmen und dann erst vom Vorkaufsberechtigten einzufordern.

Gegen die Zulässigkeit der Vereinbarung spricht nach Auffassung des Senats auch nicht der von Lehre und Rechtsprechung entwickelte Grundsatz, dass Vertragsklauseln unwirksam sind, die sich außerhalb des drittvertraglichen Synallagmas bewegen (RIS-Justiz RS0020188):

Dieser Fall liegt nur dann vor, wenn die Klausel die rechtliche Position des Veräußerers nicht erkennbar verbesserte, dafür aber die Ausübung des Vorkaufsrechts unbillig erschweren könnte (vgl auch zur im Wesentlichen vergleichbaren deutschen Rechtslage MünchKomm BGB5/Westermann § 463 RdNr 20 mwN). Davon kann hier aus zwei Gründen nicht gesprochen werden:

Eine Vereinbarung zwischen dem Vorkaufsverpflichteten und dem Dritten, wonach ersterer im Fall der Ausübung des Vorkaufsrechts die Kosten des Drittkäufers zu tragen hat, ist wirksam (so wohl auch 1 Ob 49/00p). Ist aber eine Vereinbarung zulässig, die den Vorkaufsverpflichteten zum Ersatz der vom Drittkäufer aufgewendeten frustrierten Vertragserrichtungskosten verpflichtet, kann eine Vereinbarung, die den Vorkaufsberechtigten zur Tragung eben dieser Kosten verpflichtet, nicht als außerhalb des drittvertraglichen Synallagmas angesehen werden. Vielmehr liegt der von Lehre und Rechtsprechung geforderte Vorteil für den Vorkaufsverpflichteten darin, dass er durch die „Überwälzung" der Errichtungskosten des Drittvertrags auf den Vorkaufsberechtigten keinesfalls Gefahr laufen kann, diese Kosten dem Drittkäufer aus seinem eigenen Vermögen zu ersetzen. Der dagegen denkbare Einwand, mangels entsprechender Vereinbarung mit dem Drittkäufer fehle es ohnedies an einer Zahlungsverpflichtung des Vorkaufsverpflichteten (1 Ob 49/00p; aA Westermann aaO § 464 RdNr 10, der davon ausgeht, dass der Vorkaufsverpflichtete diese Kosten zu tragen hat, wenn dies nicht zumindest konkludent ausgeschlossen wurde), ist nach Auffassung des Senats nicht stichhältig: Vielmehr zeigt die konkrete Vertragsgestaltung deutlich, dass der Kläger als Drittkäufer für den Fall der Ausübung des Vorkaufsrechts dafür sorgen wollte, nicht endgültig mit seinen (frustrierten) Vertragserrichtungskosten belastet zu werden. Würde in dieser Konstellation eine Vereinbarung getroffen werden, die den Vorkaufsverpflichteten mit diesen Kosten belastet, könnte die Überwälzung dieser Kosten vom Vorkaufsverpflichteten auf den Vorkaufsberechtigten wegen des Vorteils für den Vorkaufsverpflichteten nicht als außerhalb des drittvertraglichen Synallagmas stehend beurteilt werden. Die „Verkürzung" dieser beiden Schritte, also die vereinbarte Berechtigung des Drittkäufers, seine Vertragserrichtungskosten unmittelbar vom Vorkaufsberechtigten zu verlangen, führt zum gleichen wirtschaftlichen Ergebnis: In beiden Fällen muss der Vorkaufsberechtigte letztlich diese Kosten tragen.

Aber auch von einer unbilligen Erschwerung des Vorkaufsrechts kann gerade hier nicht gesprochen werden: Es ist unstrittig, dass die vorkaufsverpflichtete Verlassenschaft und der Beklagte keinen neuen Vertrag errichteten, sondern vielmehr den Originalkaufvertrag verwendeten, wobei der Beklagte den Verlassenschaftskurator lediglich mit der Abgabe der Eintrittserklärung und weiteren Schritten (grundbücherliche Durchführung etc) beauftragte, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der Vertragserrichtung selbst stehen. Nur die Kosten der Vertragserrichtung begehrt aber der Kläger vom Beklagten.

Daraus folgt zusammengefasst, dass die Zustimmung des Vorkaufsberechtigten zu einer Vertragsklausel, die ihn verpflichtet, die vom Erstkäufer aufgewendeten Vertragserrichtungskosten diesem unmittelbar zu ersetzen, jedenfalls dann nicht als unzulässig zu beurteilen ist, wenn sie die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht unbillig erschwert; eine Erschwerung ist dann nicht anzunehmen, wenn - wie hier - der Vorkaufsberechtigte keinen neuen Vertrag errichtete, sondern den vom Erstkäufer beauftragten Originalkaufvertrag verwendete. Der von Binder in Schwimann, ABGB³ § 1077 Rz 8 vertretenen Auffassung, wonach die dem Drittkäufer erwachsenen Vertragserrichtungskosten, die durch die Einlösung seitens des Verkaufsberechtigten frustriert sind, vom Vorkaufsberechtigten (offenbar generell) nicht ersetzt zu werden brauchen, weil sie keine einzulösende Nebenleistung („Nebenbedingung iSd § 1077 Satz 2 ABGB) darstellen, ist in dieser Allgemeinheit daher nicht zu folgen.

Ob der Fall überhaupt anders zu beurteilen wäre, wenn der Vorkaufsberechtigte einen neuen Kaufvertrag (der ohnedies inhaltlich dem bereits vorliegenden Drittvertrag entsprechen müsste) errichtet, bedarf hier keiner Prüfung. Eine unbillige Erschwerung könnte allenfalls darin liegen, dass die zwischen Erstkäufer und Vertragserrichter getroffene Honorarvereinbarung als nicht angemessen zu beurteilen ist. Dann nämlich wäre der Berechtigte über den Umweg der Zustimmung zur Übernahme der Vertragserrichtungskosten gezwungen, mehr zu zahlen als bei einer „üblichen", von ihm selbst beauftragten Vertragserrichtung. Das wiederum könnte zur Beurteilung führen, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts wesentlich erschwert würde.

Dafür bestehen hier zwar keine Anhaltspunkte; allerdings bekämpfte der Beklagte in seiner Berufung ausdrücklich die Feststellung des Erstgerichts über die Höhe der Vertragserrichtungskosten. Da eine vertragliche Überwälzung auf den Vorkaufsberechtigten schon nach dem Inhalt des Vertrags nur die dem Erstkäufer tatsächlichen entstandenen Kosten umfasst („die Kosten der Errichtung dieses Vertrags ..."), wird das Berufungsgericht im fortzusetzenden Berufungsverfahren die entsprechende Beweisrüge des Beklagten in seiner Berufungsbeantwortung zu erledigen haben. Dabei wird auch auf den Einwand der mangelnden Fälligkeit Bedacht zu nehmen und - allenfalls im Zuge einer von Amts wegen anzuberaumenden mündlichen Berufungsverhandlung - dieser Einwand mit den Parteien zu erörtern sein.

Es hatte daher eine Aufhebung an das Berufungsgericht zu erfolgen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

Textnummer

E90489

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0080OB00161.08X.0402.000

Im RIS seit

02.05.2009

Zuletzt aktualisiert am

02.10.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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