TE OGH 2009/6/18 13Os184/08w

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Veröffentlicht am 18.06.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Juni 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fuchs und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Schmid als Schriftführer in der Strafsache gegen Nebojsa J***** wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 29. November 2007, GZ 054 Hv 185/07f-44, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr. Aicher, und der Verteidigerin Dr. Schiffer, zu Recht erkannt:

Spruch

Das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 29. November 2007, GZ 054 Hv 185/07f-44, verletzt das Gesetz, und zwar

1. in seinem Zuspruch an die „Privatbeteiligten" Herbert S***** und Elisabeth W***** in den Bestimmungen der §§ 366 Abs 2, 369 Abs 1 StPO aF;

2. in der Anordnung der Abschöpfung der Bereicherung in der Bestimmung des § 20a Abs 1 StGB.

Das genannte Urteil wird im Ausspruch über die privatrechtlichen Aussprüche aufgehoben.

Text

Gründe:

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 29. November 2007, GZ 054 Hv 185/07f-44, wurde Nebojsa J***** unter anderem des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt. Danach hat er am 27. August 2004 in Mailand zusammen mit dem abgesondert verfolgten Vladan M***** und anderen, noch nicht ausgeforschten Tätern mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Herbert S***** und Elisabeth W***** durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorspiegelung, im Zug eines Wohnungskaufs einen Euro-Betrag günstig in Schweizer Franken einwechseln zu können, wobei er den Genannten tatsächlich wertlose Faksimile-Banknoten übergab, zur Übergabe von 60.000 Euro Bargeld, somit zu einer Handlung verleitet, die Herbert S***** und Elisabeth W***** um diesen Betrag an ihrem Vermögen schädigte. Der Angeklagte wurde zu einer zum Teil bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt. Zugleich sprach das Schöffengericht aus, er sei gemäß § 369 Abs 1 StPO „verpflichtet, den Privatbeteiligten Herbert S***** und Elisabeth W***** zur ungeteilten Hand mit Vladan M***** einen Betrag von 60.000 Euro bei sonstiger Exekution zu ersetzen".

Weiters wurde ein aus der Tat resultierender Vermögensvorteil im Ausmaß von 2.480 englischen Pfund gemäß § 20 Abs 1 Z 1 StGB „abgeschöpft".

Dass der Zuspruch an die Betrugsopfer auf deren Erklärung, sich dem Verfahren als Privatbeteiligte anzuschließen, gründet, kann den - für die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs maßgeblichen - (13 Os 86/07g, EvBl 2008/180, 983) Entscheidungsgründen nicht entnommen werden. Der Hauptverhandlung sind die Genannten, die als Zeugen geladen waren, im Übrigen ferngeblieben; auch das Protokoll über die Vernehmung der beiden Zeugen vor der Polizeiinspektion Schweinfurth enthält keine entsprechende Erklärung (S 467 ff/I).

Rechtliche Beurteilung

Das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 29. November 2007, GZ 054 Hv 185/07f-44, steht, wie die Generalprokuratur in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend aufzeigt, in zweifacher Hinsicht mit dem Gesetz nicht in Einklang:

1. Der Zuspruch hatte einen Privatbeteiligtenanschluss zur Voraussetzung (vgl Spenling WK-StPO § 365 aF Rz 21), die hier nicht erfüllt ist. Er war daher gemäß § 292 letzter Satz StPO aufzuheben. Im Übrigen ist die Entscheidung über die privatrechtlichen Ansprüche auch zu begründen; der bloße Hinweis auf die angewendete Gesetzesstelle im Urteilsspruch genügt nicht (Spenling aaO § 369 Rz 14).

2. Ausgehend von dem - wenn auch rechtsirrig - erfolgten Privatbeteiligtenzuspruch verletzt aber zudem die Anordnung der Abschöpfung der Bereicherung das Gesetz.

Nach § 20a Abs 1 StGB ist die Abschöpfung der Bereicherung ua ausgeschlossen, soweit der Bereicherte sogleich zur Befriedigung zivilrechtlicher Ansprüche aus der Tat verurteilt wird (Subsidiaritätsprinzip; Fuchs/Tipold WK² § 20a Rz 1). Für diesen Ausschluss genügt es, dass die Verurteilung zum Schadenersatz durch das Strafgericht im Adhäsionsverfahren erfolgt. Daran ändert auch die Bestimmung des § 373b StPO nichts, die den Geschädigten die Befriedigung ihrer später rechtskräftig zuerkannten Ansprüche aus dem vom Bund aus der Abschöpfung der Bereicherung vereinnahmten Geldbetrag ermöglicht.

Infolge des vorrangigen Adhäsionserkenntnisses hätte daher das Gericht die Abschöpfung der Bereicherung nicht anordnen dürfen. Da jedoch der Privatbeteiligtenzuspruch aus den angeführten Erwägungen aufzuheben war, hat es mit der Feststellung dieser Gesetzesverletzung sein Bewenden.

Anmerkung

E9124913Os184.08w

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0130OS00184.08W.0618.000

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2009
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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