TE Vwgh Erkenntnis 2000/12/11 99/17/0191

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Veröffentlicht am 11.12.2000
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Index

L37303 Aufenthaltsabgabe Fremdenverkehrsabgabe Nächtigungsabgabe
Ortsabgabe Gästeabgabe Niederösterreich;
L74003 Fremdenverkehr Tourismus Niederösterreich;
21/01 Handelsrecht;
21/07 Sonstiges Handelsrecht;

Norm

EGG;
HGB §105;
HGB §161;
TourismusG NÖ 1991 §13 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, in der Beschwerdesache der B KEG in X, vertreten durch Dr. W und Dr. G, Rechtsanwälte in F, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 1. März 1999, Zl. WST3-GV-697/4-99, betreffend Interessentenbeitrag nach dem NÖ Tourismusgesetz 1991 (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde X, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 24. Juni 1998 schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde der beschwerdeführenden Kommanditerwerbsgesellschaft (KEG) den Interessentenbeitrag nach dem NÖ Tourismusgesetz 1991 vor. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vertrat die beschwerdeführenden KEG die Ansicht, die KEG sei nicht Steuerrechtssubjekt nach dem NÖ Tourismusgesetz und die Vorschreibung bestehe daher nicht zu Recht.

Der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde wies die Berufung als unbegründet ab und führte aus, Kommanditerwerbsgesellschaften seien unter dem Begriff Personengesellschaften des Handelsrechts im Sinne des NÖ Tourismusgesetz zu subsumieren.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid ab. Dies mit der Begründung, mit dem Erwerbsgesellschaftengesetz (EGG) sei eine der OHG und KG entsprechende Gesellschaftsform und zwar die OEG und KEG für alle selbstständigen (insbesondere freien) Berufe geschaffen worden. Der grundlegende Aufbau und die Einzelheiten des Gesellschaftsverhältnisses ergäben sich durch eine Rezeption der für die OHG und die KG geltenden Regeln des HGB und der EVHGB. Grundsätzlich würden daher die Bestimmungen des Handelsrechts nicht geändert, es seien keine ihrer Struktur nach neuen Gesellschaftsformen geschaffen, sondern die vorhandenen und eingelebten adaptiert worden. So wie die OHG und die KG könnten die OEG und die KEG als solche nach § 124 HGB unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, sie könnten im Grundbuch eingetragen werden und als Parteien vor Gericht auftreten. Diese Gesellschaften seien daher im Außenverhältnis ein selbstständiges Rechtssubjekt, das von ihren Gesellschaftern, auch von deren Gesamtheit verschieden sei und dessen Kontinuität auch nicht durch den Wechsel - selbst aller - Gesellschafter unterbrochen werde. Mit dem EGG sei eine lediglich ihrem Wirkungsbereich nach zivilrechtliche, allerdings ihrem Organisations-, Vermögens- und Haftungssystem nach handelsrechtliche, und nur bezüglich ihrer Kombination neue Personengesellschaftsform durch ein möglichst einfaches Verweisungsgesetz geschaffen worden. Daher habe der Tourismusgesetzgeber die Erwerbsgesellschaften unter die in § 13 Abs. 1 NÖ Tourismusgesetz 1991 ausdrücklich genannten Personengesellschaften des Handelsrechts bereits subsumiert gesehen. Es habe daher keine Veranlassung bestanden, in die Aufzählung der Steuersubjekte in § 13 Abs. 1 NÖ Tourismusgesetz die Erwerbsgesellschaften ausdrücklich mit einzubeziehen. Jedenfalls seien die Erwerbsgesellschaften in § 13 Abs. 1 NÖ Tourismusgesetz nicht ausdrücklich ausgenommen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die beschwerdeführende KEG erachtet sich in ihrem Recht auf Nichtheranziehung zur Entrichtung eines Interessentenbeitrages nach dem NÖ Tourismusgesetz verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 1 erster Satz NÖ Tourismusgesetz 1991 werden die Gemeinden der Ortsklasse I und II gemäß § 8 Abs. 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45/1948, in der Fassung BGBl. Nr. 818/1993, ermächtigt, von physischen oder juristischen Personen sowie Personengesellschaften des Handelsrechtes, die im Gemeindegebiet eine oder mehrere Tätigkeiten ausüben, durch die sie aus dem Tourismus mittelbar oder unmittelbar einen Nutzen ziehen, Interessentenbeiträge zu erheben.

Gemäß § 1 Abs. 1 erster Satz der Verordnung der mitbeteiligten Marktgemeinde über die Erhebung von Interessentenbeiträgen erhebt die mitbeteiligte Marktgemeinde als Gemeinde der Ortsklasse I gemäß § 13 des NÖ Tourismusgesetzes einen Interessentenbeitrag von jenen physischen oder juristischen Personen sowie Personengesellschaften des Handelsrechtes, die im Gemeindegebiet eine oder mehrere Tätigkeiten ausüben, durch die sie aus dem Tourismus unmittelbar oder mittelbar einen Nutzen ziehen.

Im Beschwerdefall ist strittig, ob eine KEG Abgabepflichtige des Interessentenbeitrages nach dem NÖ Tourismusgesetz sein kann.

Die beschwerdeführende KEG vertritt die Ansicht, für die OHG und die KG seien die Begriffe Personengesellschaften des Handelsrechts gebräuchlich, nicht jedoch für die OEG und die KEG. Das EGG sei bereits durch das BGBl. Nr. 257/1990 in Kraft gesetzt worden. Es seien zwar die Erwerbsgesellschaften den Personengesellschaften des Handelsrechts nachgebildet worden, dies sage aber nichts darüber aus, dass diese damit dem Handelsrecht zuzuordnen seien. Die Erwerbsgesellschaften seien wie Personenhandelsgesellschaften Außengesellschaften und daraus verstehe sich die Aufnahme in das Firmenbuch. Vom materiellen Recht sei jedoch keinerlei Handelsrecht auf sie anzuwenden, insbesondere nicht das 4. Buch des HGB. Eine interpretatorische Ausdehnung des NÖ Tourismusgesetzes auf die Erwerbsgesellschaft sei daher völlig ausgeschlossen. Es sei insbesondere auch zu berücksichtigen, dass die Erwerbsgesellschaften keine juristischen Personen und überhaupt nur insoweit rechtsfähig seien, als dies durch Gesetze angeordnet werde.

Das Erwerbsgesellschaftengesetz (EGG), BGBl. Nr. 257/1990, trat mit 1. Jänner 1991 (§ 11 Abs. 1 EGG) und damit gleichzeitig mit dem NÖ Tourismusgesetz 1991 (§ 17 Abs. 1 NÖ Tourismusgesetz 1991) in Kraft. Die OEG und die KEG sind zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden (§ 3 Abs. 1 EGG) und auf sie sind die Vorschriften des Handelsgesetzbuches und der

4. Einführungsverordnung zum Handelsgesetzbuch über die offene Handelsgesellschaft und die Kommanditgesellschaft sowie - unter Bedachtnahme auf die §§ 2 und 6 EGG - die für diese Gesellschaften geltenden Vorschriften über die Firma anzuwenden (§ 4 Abs. 1 EGG).

Dass nur für die OHG und KG der Begriff Personengesellschaften des Handelsrechtes gebräuchlich war, weil diese im HGB geregelt sind, schließt nicht aus, dass die erst ab 1991 nach dem EGG errichteten OEG und die KEG auch solche Personengesellschaften des Handelsrechtes im Sinne des NÖ Tourismusgesetz sind. Dies vor allem dann, wenn sie - wie die beschwerdeführende KEG selbst einräumt - den Personenhandelsgesellschaften nachgebildet sind und es damit ermöglicht wurde, auf gemeinschaftlichen Erwerb ausgerichtete Gesellschaften unter gemeinsamer Firma auch für Zwecke zu errichten, für die eine OHG oder KG nach dem Handelsrecht nicht gegründet werden kann. Auf die eingetragenen Erwerbsgesellschaften sind nicht die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts, sondern die des Handelsrechts anzuwenden. Werden unter der Umschreibung Personengesellschaften des Handelsrechts nicht nur die im HGB geregelten Gesellschaften, sondern alle Personengesellschaften verstanden, die das Handelsrecht anzuwenden haben, dann fallen alle Erwerbsgesellschaften nach dem EGG auch unter diese Personengesellschaften des Handelsrechts.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 19. Juni 1993, B 1798/92-8, B 1842/92-8, B 2040/92-10 und B 72/93- 8, in einer Angelegenheit der NÖ Tourismusgesetzes entschieden und in der Begründung dieses Beschlusses ausgeführt, dass gegen die Beitragspflicht der Erwerbsgesellschaften keine verfassungsrechtlichen Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes bestünden.

Die Ansicht der belangten Behörde, die beschwerdeführende KEG sei eine der im § 13 Abs. 1 NÖ Tourismusgesetz und § 1 der Verordnung der mitbeteiligten Marktgemeinde genannte Gesellschaft des Handelsrechts, kann aus den dargestellten Gründen nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 11. Dezember 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999170191.X00

Im RIS seit

20.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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