TE OGH 2009/6/24 46R163/09z

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Veröffentlicht am 24.06.2009
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Das Landesgericht für ZRS Wien hat als Rekursgericht durch Dr. Streller als Vorsitzenden sowie Mag. Hasibeder und Dr. Schaumberger als weitere RichterInnen in der Exekutionssache der betreibenden Partei Dr. Elmar H*****, Kaufmann, ***** Wien, *****, vertreten durch Dr. Werner Goeritz, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Mag. Josef L*****, Kaufmann, *****Wien, *****, vertreten durch Mag. Erwin Dirnberger, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 175.000,-- s. A., über den Rekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Hernals vom 23.2.2009, 31 E 4076/07y-14, den Beschluss

Spruch

gefasst:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Rekurswerber hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu

tragen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Begründung:

Text

Mit Beschluss vom 20.9.2007 bewilligte das Erstgericht der betreibenden Partei wider die verpflichtete Partei zur Hereinbringung einer Forderung von EUR 175.000,-- die Fahrnis – und Forderungsexekution nach den §§ 294 und 294a, die Exekution durch Pfändung von Geschäftsanteilen und Gewinnausschüttungen sowie die Zwangsversteigerung von Liegenschaftsanteilen.

Mit am 5.2.2009 einlangendem Schriftsatz beantragte die betreibende Partei (persönlich) die Einstellung des Verfahrens gemäß § 39 Abs 1 Z 6 EO ("infolge Vollzahlung durch Gegenverrechnung"). Am 19.2.2009 langte beim Erstgericht eine Mitteilung des Vertreters der betreibenden Partei vom 16.2.2009 mit folgendem Text ein: "Die betreibende Partei zieht ihren Antrag auf Einstellung der Exekution gemäß § 39 Abs 1 Z 6 EO zurück".

Mit dem angefochtenen Beschluss stellte das Erstgericht die mit Beschluss vom 20.9.2007 bewilligte Exekution auf Antrag der betreibenden Partei vom 5.2.2009 (ON 11) gemäß § 39 Abs 1 Z 6 EO unter Aufhebung aller schon vollzogenen Exekutionsakte ein. Weiters wies es den Antrag des Vertreters der betreibenden Partei vom 19.2.2009 (ON 13) auf Rückziehung des Einstellungsantrages vom 5.2.2009 ab. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, der von der betreibenden Partei persönlich gestellte Einstellungsantrag habe Gültigkeit und könne nicht wieder zurückgezogen werden. Dagegen richtet sich der Rekurs der betreibenden Partei mit dem Abänderungsantrag auf "Bewilligung der Rückziehung des Einstellungsantrages vom 5.2.2009". Es sei nicht nachvollziehbar, warum der – unzweifelhaft nur verfahrensrechtlich bedeutsame - Antrag auf Einstellung der Exekution nicht zurückgezogen werden könne. Die im angefochtenen Beschluss zitierte Lehre und Judikatur vermenge materiellrechtliche Fragen - ob eine Erklärung frei von Willensmängeln abgegeben worden sei oder nicht - mit verfahrensrechtlichen.

Rechtliche Beurteilung

Dem Rekurs kommt keine Berechtigung zu.

Schon aus der Formulierung des Gesetzes, das nicht auf die Antragsstellung abstellt, sondern auf das Abstehen von der Fortsetzung des Exekutionsverfahrens, ergibt sich, dass ein vom betreibenden Gläubiger einmal gestellter Antrag auf Einstellung der Exekution nach § 39 Abs 1 Z 6 EO nicht wieder zurückgenommen werden kann, es sei denn, der Antrag basiert auf einer mangelhaften Willensgrundlage (Jakusch in Angst, EO2 § 39 Rz 40). Die Zurücknahme des Einstellungsantrages ist - auch vor der Beschlussfassung darüber - wirkungslos (3 Ob 73/66 = EvBl 1967/120). Nur wenn ein Einstellungsantrag durch Irrtum veranlasst wurde, kann die Erklärung in dem durch die Prozessgesetze selbst eingeräumten Umfang oder mit Mitteln des Prozessesrechts beseitigt werden (vgl. 3 Ob 105/07y). Erklärt der betreibende Gläubiger den Vollzugsverzicht gemäß § 39 Abs 1 Z 6 EO gegenüber dem Gericht, handelt es sich um eine Prozesserklärung, sodass eine Rücknahme nicht mehr möglich ist (vgl. Feil/Marent, EO § 39 Rz 64). Lediglich laut Rebernig in Burgstaller /Deixler (§ 39 Rz 28) ist strittig, ob ein bei Gericht überreichter Einstellungsantrag noch zurückgenommen werden kann. Das Zitat lautet:

"(dafür Jakusch in Angst, EO § 39 Rz 40; dagegen EvBl 1967/120)". Da Jakusch in Angst jedoch entgegen dem hier angeführten Zitat die Ansicht vertritt, dass der Einstellungsantrag nicht zurückgenommen werden kann, liegt die von Rebernig angenommene Divergenz in Wahrheit nicht vor.

Somit gehen sowohl die Rechtssprechung als auch die herrschende Lehre von der Unwiderruflichkeit eines Einstellungsantrages aus. Auch allgemeiner gesprochen sind - offenbar entgegen der Ansicht des Rekurswerbers - Prozesshandlungen generell einseitig nur widerrufbar, solange der Gegner daraus keine unmittelbaren Rechte erlangt hat (vgl. Fasching, Zivilprozessrecht Rz 763). Im Falle des Vorliegens eines vom Betreibenden gestellten Einstellungsantrages nach § 39 Abs 1 Z 6 EO ist das Exekutionsverfahren auf jeden Fall einzustellen, ohne dass dem Gericht ein Ermessensspielraum zukommen würde. Daraus resultiert, dass dem Verpflichteten in diesem Fall unmittelbar das Recht auf Einstellung des Verfahrens zukommt, sodass auch die allgemeine Voraussetzung für die Unwiderrufbarkeit einer Prozesserklärung vorliegt. Andernfalls wäre die Rechtsstellung des Verpflichteten dem Zufall (in Form des Zeitpunkts der Entscheidung über den Einstellungsantrag) überlassen.

Daher erfolgte die Einstellung des Verfahrens und Abweisung des Antrages auf Bewilligung der Zurückziehung des Einstellungsantrages durch das Erstgericht in Übereinstimmung mit Lehre und Rechtssprechung, ohne dass der Rekurswerber dieser etwas Stichhaltiges entgegenzusetzen gehabt hätte, weshalb dem Rekurs der Erfolg zu versagen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO iVm §§ 40 und 50 ZPO.

Der Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses gründet sich auf § 78 EO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO.

Anmerkung

EWZ0014146R163.09z

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00003:2009:04600R00163.09Z.0624.000

Zuletzt aktualisiert am

11.01.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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