TE Vwgh Erkenntnis 2000/12/13 2000/04/0128

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Veröffentlicht am 13.12.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §37;
GewO 1994 §14 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des AC in W, vertreten durch N & W, Rechtsanwälte-Partnerschaft in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 16. Juni 2000, Zl. 322.008/1-III/4/00, betreffend Gleichstellung gemäß § 14 Abs. 2 GewO 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers um Gleichstellung mit Inländern zur Ausübung des Gewerbes "Handelsgewerbe und Handelsagenten", eingeschränkt auf das Handelsgewerbe, zum Zwecke der Bestellung zum Geschäftsführer der A KEG im näher bezeichneten Standort gemäß § 14 Abs. 2 GewO 1994 abgewiesen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, nach dem Wortlaut der anzuwendenden Gesetzesbestimmung (des § 14 Abs. 2 GewO 1994) in Verbindung mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei durch den Gleichstellungswerber selbst initiativ nachzuweisen, dass die Ausübung des angestrebten Gewerbes im volkswirtschaftlichen Interesse gelegen sei. Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn die von ihm anzubietenden Beweismittel erkennen ließen, dass das gegenständliche Warenangebot bzw. die in Rede stehende Dienstleistung eine Bereicherung des lokalen oder regionalen Wirtschaftslebens darstelle und eine vorhandene Lücke hinsichtlich der Betriebsstruktur bzw. der Anzahl der einschlägigen Betriebe geschlossen werde. Insofern der Beschwerdeführer demgegenüber in seiner Berufung die Auffassung vertrete, dass die anzuwendende Bestimmung der Behörde die Möglichkeit einräume, dem Gleichstellungsantrag stattzugeben, wenn "anzunehmen" sei, dass die Ausübung des Gewerbes durch den Ausländer im volkswirtschaftlichen Interesse liege, gehe der Einschreiter hingegen in unrichtiger Weise von der seinerzeitigen Fassung des § 14 Abs. 2 GewO 1994 aus, welche durch die Gewerberechtsnovelle 1996 dahin geändert worden sei, dass nunmehr der Nachweis eines volkswirtschaftlichen Interesses durch den Gleichstellungswerber gefordert werde. Angesichts der Unterlassung der Erbringung eines solchen Nachweises sei der vorinstanzliche Bescheid schon deshalb zu bestätigen gewesen, ohne dass auf die weiteren diesbezüglichen - gleichfalls nicht zielführenden, (der Beschwerdeführer gehe selbst davon aus, dass in der Umgebung seines Betriebes "mehrere Geschäfte vorhanden sind") - Ausführungen des Einschreiters in seiner Berufung habe eingegangen werden müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, er habe sowohl im erstinstanzlichen Verfahren als auch in der Berufung ausgeführt, dass im Sinne des volkswirtschaftlichen Interesses die Ausübung des Gewerbes durch den Beschwerdeführer geboten sei. Dies insbesondere deshalb, weil "eine Volkswirtschaft aus kleinen Makrovolkswirtschaften besteht und erst viele Makrovolkswirtschaften eine große gesamtheitlich gesehene Volkswirtschaft bilden". Die Erteilung des Handelsgewerbes für den Beschwerdeführer führe dazu, dass ein lebendes Unternehmen einerseits die Volkswirtschaft als Teil trage, andererseits für volkswirtschaftliche Erträge insofern zugänglich sei, als steuerliche und sonstige Abgaben an öffentlichen Stellen geleistet würden und die Volkswirtschaft auf diese Weise gefördert und gestützt werde. Jedenfalls sei die Ausführung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer den Nachweis nicht erbracht habe, als unrichtig und unhaltbar zurückzuweisen, da obige Ausführungen notorisch seien und derartige Tatsachen keines Beweises bedürften. Es entspreche der Lebenserfahrung, dass ein Angestellter (wie der Beschwerdeführer) nicht in der Lage sei, ein entsprechendes umfangreiches und sowohl zeitlich, als auch finanziell aufwendiges Gutachten zu erstellen. Bei strikter Interpretation des § 14 Abs. 2 GewO 1994 könnte keiner der Kleingewerbetreibenden die Nachweise im Sinne des § 14 Abs. 2 GewO 1994 erbringen. Die Behörde hätte vielmehr ein entsprechendes Gutachten in Auftrag zu geben gehabt. Die Behörde nehme aber auch eine unzulässige Interpretation des § 14 Abs. 2 GewO 1994 vor. Mit keinem Wort sei in dieser Bestimmung "stipuliert", dass seitens des Beschwerdeführers ein derartiger Nachweis zu erbringen sei. Die Behörde treffe im Verwaltungsverfahren die Pflicht zur Erforschung der materiellen Wahrheit, weshalb es Aufgabe der belangten Behörde gewesen wäre, ein entsprechendes Gutachten beizuschaffen und auf Basis dieses Gutachtens eine Entscheidung zu treffen. Darüber hinaus habe es die belangte Behörde unterlassen, den Beschwerdeführer hinsichtlich des Sachverhaltes einzuvernehmen, insbesondere "zur volkswirtschaftlichen Notwendigkeit oder Gleichstellung". Ferner berufe sich die belangte Behörde auf eine Auskunft der MA 59 (Marktamt). Bei der Auskunft der MA 59 handle es sich keinesfalls um ein Gutachten im Sinne des AVG und des § 14 Abs. 2 GewO 1994. Es könne sich bestenfalls um eine Mitteilung über in der Umgebung ansässige Gewerbetreibende handeln. Diese Stellungnahme sei von der belangten Behörde weder ausgearbeitet, noch hinterfragt worden.

Gemäß § 14 Abs. 1 GewO 1994 dürfen ausländische natürliche Personen, sofern dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, Gewerbe wie Inländer ausüben, wenn dies in Staatsverträgen festgelegt worden ist oder wenn der Bezirksverwaltungsbehörde nachgewiesen wurde, dass österreichische natürliche Personen in dem Heimatstaat des Ausländers bei der Ausübung des betreffenden Gewerbes keinen anderen wie immer gearteten Beschränkungen unterliegen, als die Angehörigen dieses Staates (Gegenseitigkeit).

Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle bedürfen Angehörige eines Staates, hinsichtlich dessen diese Gegenseitigkeit nicht nachgewiesen werden kann, und Staatenlose für die Ausübung des Gewerbes einer Gleichstellung mit Inländern durch den Landeshauptmann. Die Gleichstellung ist auszusprechen, wenn nachgewiesen wird, dass die Ausübung des Gewerbes durch den Ausländer oder Staatenlosen im volkswirtschaftlichen Interesse liegt und nicht den sonstigen öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, ist es Sache des Antragstellers, unter anderem das Vorliegen des Tatbestandsmerkmales des volkswirtschaftlichen Interesses von sich aus initiativ nachzuweisen, sodass die Behörde in diesem Zusammenhang keine amtswegige Ermittlungspflicht trifft (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. März 2000, Zl. 99/04/0193, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser zur Rechtslage der Gewerberechts-Novelle 1996 ergangenen Rechtsprechung auch nach der AVG-Novelle 1998 festgehalten. Es kann aber dahin gestellt bleiben, ob diese Rechtsprechung den §§ 39 Abs. 2 i.V.m. § 87 Abs. 7 AVG widerspricht, weil im vorliegenden Fall, selbst wenn der Beweislastregel des § 14 Abs. 2 GewO 1994 durch die Übergangsbestimmung des § 82 Abs. 7 AVG derogiert worden sei, der Beschwerdeführer nicht in seinen Rechten verletzt wurde.

Wie nämlich der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 1. Juli 1997, Zl. 95/04/0104, bereits zur - die hier in Frage stehende Beweislastregel nicht aufweisenden - Rechtslage vor der Gewerberechts-Novelle 1996 ausgeführt hat, ist bei Prüfung des Vorliegens des Tatbestandselementes, dass die Ausübung des Gewerbes durch den Ausländer oder Staatenlosen im volkswirtschaftlichen Interesse liegt, zu berücksichtigen, dass dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verwaltungsverfahrens eine Verpflichtung der Partei zur Mitwirkung bei der Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes korrespondiert, was immer dann der Fall ist, wenn der amtswegigen behördlichen Erhebung im Hinblick auf die nach den materiell-rechtlichen Verwaltungsvorschriften zu beachtenden Tatbestandsmerkmalen faktische Grenzen gesetzt sind. Dies trifft - wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis weiters ausgeführt hat - auch insofern zu, als die Feststellung, die nach dem Inhalt des Ansuchens beabsichtigte Gewerbeausübung durch den Antragsteller liege im volkswirtschaftlichen Interesse, notwendigerweise ein entsprechendes Vorbringen und Bescheinigungsanbringen der Partei voraussetzt.

Vor diesem Hintergrund vermag der Beschwerdeführer mit seinem dahingehenden Vorbringen, es wäre nicht seine, sondern Aufgabe der Behörde gewesen, ein entsprechendes Gutachten beizuschaffen, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen. Vom Beschwerdeführer wurde nämlich nicht einmal ein Sachverhalt behauptet, bei dessen Vorliegen das in Rede stehende Tatbestandsmerkmal - ob die Ausübung des Gewerbes "im volkswirtschaftlichen Interesse" liegt - als erfüllt anzusehen wäre. Insofern kann es dahingestellt bleiben, ob es auch im Rahmen seiner Nachweispflicht gewesen wäre, ein entsprechendes Gutachten beizubringen.

Daran ändert auch nichts, wenn der Beschwerdeführer (weiters) meint, er sei seiner Nachweispflicht schon damit nachgekommen, weil "eine Volkswirtschaft aus kleinen Makrovolkswirtschaften besteht und erst viele Makrovolkswirtschaft eine große gesamtheitlich gesehene Volkswirtschaft bilden".

Der Beschwerdeführer ist damit schon deshalb nicht im Recht, weil eine solche Sicht darauf hinausläuft, dass jede gewerbliche Tätigkeit als im volkswirtschaftlichen Interesse gelegen angesehen werden muss. Dem steht aber entgegen, dass nach dem normativen Gehalt dieser Bestimmung die jeweilige (vom Antrag erfasste) Gewerbeausübung im volkswirtschaftlichen Interesse gelegen sein muss; also gerade diese (spezifische) Gewerbeausübung und nicht eine Gewerbeausübung an sich. Wollte man letztere (vom Beschwerdeführer offenbar vertretene) Sicht teilen, so wäre, worauf die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend hinweist, die Regelung über die Gleichstellung mit Inländern entbehrlich, was dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden kann.

Ob die belangte Behörde mit der in der Beschwerde gerügten Unterlassung der Vernehmung des Beschwerdeführers Verfahrensvorschriften verletzt hat, kann im gegenständlichen Fall dahingestellt bleiben, weil ein solcher Verfahrensverstoß, wie sich aus § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG ergibt, nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof führen könnte, wenn ihm Relevanz in dem Sinne zukäme, dass die belangte Behörde bei seiner Vermeidung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Ist diese Relevanz nicht offenkundig, ist es Sache des Beschwerdeführers, sie dadurch darzulegen, dass er jene entscheidenden Tatsachen in der Beschwerde bekannt gibt, die der Behörde wegen des unterlaufenen Verfahrensmangels unbekannt geblieben sind (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1999, Zl. 99/04/0204). Aus dem Vorbringen in der vorliegenden Beschwerde lässt sich eine derartige Relevanz nicht erkennen (zum Beschwerdevorbringen hinsichtlich "Makrovolkswirtschaften" siehe die vorstehenden Ausführungen).

Mangels Darlegung der Relevanz eines allfälligen Verfahrensmangels vermögen auch die Beschwerdeausführungen im Zusammenhalt mit der Auskunft der MA 59 (Marktamt) eine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen. Davon abgesehen findet diese Auskunft des Marktamtes im angefochtenen Bescheid keine Erwähnung und ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar, inwieweit diese überhaupt der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegt wurde.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus Eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 13. Dezember 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000040128.X00

Im RIS seit

28.02.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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