TE OGH 2009/9/30 3Ob180/09f

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Veröffentlicht am 30.09.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Robert D*****, vertreten durch Mag. Erich Frenner, Rechtsanwalt in Saalfelden, gegen die beklagte Partei Dr. Herbert H*****, auch vertreten durch Mag. Willibald Berger und Dr. Georg Lehner, Rechtsanwälte in Marchtrenk, wegen Unzulässigkeit der Exekution (§ 37 EO), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 4. Juni 2009, GZ 22 R 148/09g-9, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Saalfelden vom 16. Februar 2009, GZ 2 C 62/09d-5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen vierzehn Tagen die mit 1.963,80 EUR (darin enthalten 327,30 EUR USt und 3,60 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger und seine - mittlerweile von ihm geschiedene - Ehefrau waren zu jeweils 11682/44968 Anteilen Eigentümer einer Liegenschaft, verbunden mit Wohnungseigentum an W 2. Er erwirkte eine bis 4. September 2008 gültige Rangordnung der Veräußerung, die auf beiden halben Mindestanteilen zu TZ 2572/2007 angemerkt wurde. Mit Vertrag vom 26. September 2007 verkaufte ihm seine frühere Ehefrau ihren halben Mindestanteil.

Aufgrund des rechtskräftigen und vollstreckbaren Versäumungsurteils eines österreichischen Gerichtshofs vom 20. Juni 2007 gegen die Frau beantragte der Beklagte am 8. Oktober 2007 beim Erstgericht [...] die Zwangsversteigerung der verbundenen Anteile beider. Dieses bewilligte antragsgemäß die Pfändung des der Frau gegen den Kläger zustehenden Anspruchs auf Aufhebung des gemeinsamen Wohnungseigentums und die anschließende Zwangsversteigerung der Anteile. Die Anmerkung der Zwangsversteigerung erfolgte zu TZ 2955/2007.

Sogleich nach dem Abschluss des Kaufvertrags beantragte der Kläger vor Ablauf der Rangordnung zu TZ 2817/2007 aufgrund dieses Vertrags die Einverleibung seines Eigentumsrechts am halben Mindestanteil der Frau sowie die Löschung der im Rang nach der Rangordnungsanmerkung erfolgten Zwischeneintragungen. Nach Abweisung sämtlicher Anträge in zwei Instanzen bewilligte der Oberste Gerichtshof (zu AZ 5 Ob 282/08v) die Einverleibung des Eigentumsrechts des Klägers ob dem halben Mindestanteil seiner ehemaligen Ehefrau (Anteil BLNR 5), wies jedoch die Anträge auf Löschung der im Zusammenhang mit der Zwangsversteigerung erfolgten Anmerkungen ab. Das Eigentumsrecht des Klägers wurde am 16. Februar 2009 einverleibt.

Am Beginn der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung im vorliegenden Verfahren stellte das Erstgericht den Parteien die oberstgerichtliche Entscheidung 5 Ob 282/08v zu.

Mit seiner Exszindierungsklage bekämpft der Kläger die zu 1 E 26/07b des Erstgerichts anhängige Exekution auf die beiden verbundenen Mindestanteile nach § 13 Abs 3 WEG 2002 als unzulässig, weil er im Rang vor der Anmerkung des Zwangsversteigerungsverfahrens Eigentum erworben habe.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er betreibe die Zwangsversteigerung der gesamten Wohnungseigentumseinheit. Der Käufer und außerbücherliche Erwerber sei auch bei späterem bücherlichen Erwerb zum Widerspruch gegen die von einem Dritten geführte Exekution nicht berechtigt.

Das Erstgericht wies die Exszindierungsklage auf der Grundlage des schon wiedergegebenen Sachverhalts ab.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, der Kläger könne die Zwischeneintragungen, darunter die Anmerkung der Einleitung des Versteigerungsverfahrens, auf seinem halben Mindestanteil schon deshalb nicht löschen lassen, weil bei diesem ein Eigentümerwechsel gar nicht stattgefunden habe. Die Löschung am erworbenen halben Mindestanteil scheitere daran, dass nach § 13 Abs 3 WEG [2002] die verbundenen Anteile nicht unterschiedlich belastet werden dürften. Der Kläger könne auch die mit Ende des 4. September 2008 abgelaufene Rangordnung nicht mehr ausnützen. Der Versteigerungsantrag auf den schon bisher ihm gehörenden Anteil sei daher nicht nur zulässig gewesen, sondern habe weiterhin aufrecht zu bleiben. Der Kläger müsse daher die Exekution in die vormals halben Mindestanteile dulden.

Das Gericht zweiter Instanz änderte das Ersturteil im klagsstattgebenden Sinn ab. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.

Nach seiner Rechtsansicht könne der Umstand, dass mit der Versteigerung auch die Pfändung des Wohnungseigentums-Aufhebungsanspruchs erfolgt sei, nichts daran ändern, dass nur in das Vermögen der Verpflichteten (der früheren Ehefrau des Klägers) vollstreckt werde. Durch den Erwerb der „Liegenschaftshälfte" durch den Kläger sei es zu einem gesetzlichen Parteiwechsel gekommen, wobei nach Ansicht des Berufungsgerichts der Erwerber erst in die Verfahrensrechte der Verpflichteten eintreten könne, wenn dieser die Exekutionsbewilligung rechtswirksam zugestellt wurde. Unabhängig davon mache aber der festgestellte Eigentumserwerb des Klägers im Rang vor der Anmerkung der Zwangsversteigerung die Exekution unzulässig. Der andere Hälfteanteil werde nur einbezogen, weil sonst die (nur gemeinsam zulässige) Verwertung unmöglich wäre. Da dieser Zweck nun weggefallen sei, sei der Kläger in seinen Rechten beeinträchtigt. Dem Widerspruch nach § 37 Abs 1 EO stehe daher auch nicht entgegen, dass ursprünglich nicht nur die Versteigerung des Anteils der Verpflichteten, sondern auch desjenigen des Klägers bewilligt wurde.

Es fehle Rechtsprechung dazu, ob die Zustellung der Exekutionsbewilligung an die verpflichtete Partei Voraussetzung für den Eintritt in die Verfahrensrechte sei und ob dem Ehegatten als Erwerber des anderen „WE-Miteigentumsanteils" die Klage nach § 37 EO zustehe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Beklagten ist zulässig, weil der Oberste Gerichtshof bisher über die Exszindierungsklage eines Wohnungseigentumspartners im Sinn des § 13 WEG 2002, der den halben Mindestanteil des anderen erwirbt, bisher nicht zu entscheiden hatte. Die Revision ist aber nicht berechtigt.

1. Einen (sekundären) Verfahrensmangel zweiter Instanz kann der Beklagte deswegen nicht aufzeigen, weil es entgegen seiner Ansicht nicht darauf ankommen kann, ob der Kläger den - unbestritten festgestellten - Kaufvertrag über den halben Mindestanteil der Verpflichteten bereits erfüllt hat (wie auch in der Revisionsbeantwortung zutreffend ausgeführt wird). Auch bringt der Beklagte keine Argumente vor, weshalb für das Vorliegen des Exszindierungsgrundes (Eigentum eines anderen als der verpflichteten Partei; vgl etwa Jakusch in Angst, EO² § 37 Rz 11 mwN) das Erbringen der Gegenleistung des Erwerbers von Bedeutung sein sollte. Dass der Kläger Eigentümer ist, steht unstrittig fest.

2. Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers lässt sich aus der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 5 Ob 282/08v (= immolex 2009/75, 184 [Cerha] = NZ 2009/82, 275), in jenem Grundbuchsverfahren, in dem die den Exszindierungsgrund bildende Einverleibung des Eigentumsrechts des Klägers am halben Mindestanteil seiner früheren Eigentümerpartnerin bewilligt wurde, für seinen Standpunkt nichts, insbesondere keine Bindungswirkung ableiten. Zwar versagte der Oberste Gerichtshof dem Kläger die begehrte Löschung der Zwischeneintragungen, und zwar allein wegen der Besonderheiten der Eigentümerpartnerschaft nach dem WEG, daraus kann aber nicht abgeleitet werden, es müsse weiterhin die Exekution fortgeführt werden.

Selbst wenn nicht schon die mangelnde Beteiligung des Beklagten am Grundbuchsverfahren eine Bindung verhindern würde, ergibt sich aus der Begründung zu dieser Entscheidung kein Argument gegen die Annahme, der Eigentumserwerb im Range der vorrangig eingetragenen Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung (§ 53 Abs 1 GBG) mache die Exekution im Sinn des § 37 EO unzulässig. Darauf wird noch zurückzukommen sein.

2. Wie in der im zugrunde liegenden Exekutionsverfahren ergangenen Entscheidung des erkennenden Senats vom heutigen Tag (3 Ob 153/09k) ausführlich erläutert wird, kommt es im Zwangsversteigerungsverfahren zu keinem Parteiwechsel, wenn - wie im vorliegenden Fall - nach Anmerkung der Einleitung der Zwangsversteigerung im Rang einer vorrangigen Anmerkung der Rangordnung der beabsichtigten Veräußerung anstelle der verpflichteten Partei ein neuer Eigentümer im Grundbuch einverleibt wird, sofern nicht zugunsten des betreibenden Gläubigers für die betriebene Forderung ein der Ranganmerkung vorrangiges Pfandrecht besteht. Das ist hier nicht der Fall, weshalb das Exekutionsverfahren gegen die Verpflichtete weiterzuführen war. Der Kläger ist wegen der seinen besseren Rang begründenden Anmerkung der Rangordnung zu seinen Gunsten kein späterer Erwerber im Sinn des § 138 Abs 1 erster Satz EO. Der Eintragung (hier:) des Eigentumsrechts binnen Jahresfrist ab dieser Anmerkung nach Bewilligung des unter Vorlage des Rangordnungsbeschlusses gestellten Antrags verschafft der Eintragung (Einverleibung oder Vormerkung) nämlich nach § 56 Abs 1 zweiter Satz GBG den angemerkten (früheren) Rang. Nach all dem stellt sich die Frage nach dem Eintritt des Erwerbers in Verfahrensrechte der verpflichteten Partei überhaupt nicht.

3. Ob bei der bei einem Exekutionstitel nur gegen einen Eigentümerpartner allein zulässigen Zwangsvollstreckung im Weg des mit der Pfändung des Anspruchs auf Aufhebung des gemeinsamen Wohnungseigentums zu verbindenden Zwangsversteigerung des gesamten Mindestanteils und des damit verbundenen gemeinsamen Wohnungseigentums (3 Ob 304/04h = JBl 2005, 522 = wobl 2005/96, 280 [zust Call] = NZ 2007/49, 217 [abl Hoyer]) Exekution auch in den Anteil des nicht Verpflichteten geführt wird, wie der Revisionswerber im Gegensatz zum Berufungsgericht meint, ist nicht entscheidend. Wie nämlich aus § 13 Abs 3 dritter Satz WEG 2002 hervorgeht, kann der andere Partner die Exszindierungsklage - abweichend von der sich aus § 37 EO ergebenden Rechtslage - (schon dann) erheben, wenn sich die Exekution auf das Wohnungseigentumsobjekt bezieht, das ihm zur Befriedigung seines dringenden Wohnbedürfnisses dient. Daraus ergibt sich unzweifelhaft, dass bei Obsiegen des Klägers im Exszindierungsprozess (schon wegen des Grundsatzes des § 13 Abs 3 erster Satz leg cit, dass die halben Mindestanteile nur gemeinsam der Zwangsversteigerung unterworfen werden können) die Exekution nach § 37 Abs 4 EO zur Gänze einzustellen ist. Ist der andere Partner nur Beteiligter des Exekutionsverfahrens insgesamt (§ 13 Abs 3 dritter Satz WEG 2002), dann muss das auch insoweit gelten, als auch sein eigener halber Mindestanteil verwertet werden soll. Daraus folgt weiters, dass er entgegen den allgemeinen Regeln auch insoweit als dritte Person im Sinn des § 37 Abs 1 EO anzusehen ist. Bei der speziellen Form der Zwangsversteigerung (s 3 Ob 303/04h) nach § 13 Abs 3 WEG 2002 muss das auch dann gelten, wenn nicht der besondere Exszindierungsgrund nach dieser Norm, sondern - wie hier - ein allgemeiner geltend gemacht wird. Dass im Rahmen der Exekution nach § 13 Abs 3 dritter Satz WEG 2002 nur dieser besondere Exszindierungsgrund geltend gemacht werden könnte, ergibt sich aus dem Gesetz nicht. Der Beklagte vermag dafür auch keine Gründe anzugeben.

Da der Anteil des Klägers nur wegen der engen Verbindung mit dem der Verpflichteten nach § 13 Abs 3 erster Satz leg cit zum Objekt der Zwangsversteigerung wurde, kann es nicht mehr gerechtfertigt werden, ihn weiter zu verwerten, wenn die Exekution in den Anteil der Verpflichteten wegen des rückwirkenden Eigentumserwerbs eines Dritten (hier in concreto des Eigentümerpartners, was aber nichts ändert) unzulässig ist. Daher würde es am Ergebnis auch nichts ändern, billigte man dem Kläger die Stellung eines Dritten im Sinn des § 37 EO nur in Ansehung des früheren Anteils der Verpflichteten zu. Das in der Revision hervorgehobene gleiche Schicksal (5 Ob 282/08v mwN) der beiden Anteile ist daher nicht, dass die Zwangsvollstreckung in sie fortgesetzt, sondern, dass diese nach § 37 EO zur Gänze für unzulässig erklärt wird. Infolge Ausnützung der angemerkten Rangordnung ist eben der Kläger so zu stellen, als ob er schon in jenem Rang Eigentum erworben hätte. Dann wäre schon der Exekutionsantrag des Klägers gegen die Verpflichtete abzuweisen gewesen, weil diese nicht mehr als Eigentümerin (des halben Mindestanteils) im Grundbuch eingetragen gewesen wäre (s Angst in Angst, EO² § 133 Rz 1 mwN und § 238 Rz 3a, 4 und 5).

Das Urteil zweiter Instanz ist daher zu bestätigen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO.

Textnummer

E92202

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0030OB00180.09F.0930.000

Im RIS seit

30.10.2009

Zuletzt aktualisiert am

19.09.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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