TE OGH 2009/10/2 1R298/09w

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Veröffentlicht am 02.10.2009
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Beschluss

Das Landesgericht Feldkirch als Rekursgericht hat durch den Präsidenten Dr. Bildstein als Vorsitzenden sowie die Richter Dr. Troll und Dr. Flatz als weitere Senatsmitglieder in der Exekutionssache der betreibenden Partei M***** vertreten durch Dr. Gottfried Waibel, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen die verpflichtete Partei M***** wegen EUR 6.278,-- sA, über den Rekurs des Österreichischen Bundesschatzes, vertreten durch die Revisorin beim Landesgericht Feldkirch (2 SR 2069/09), gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Bludenz vom 9. September 2009, 9 E 903/09b-10, in nicht öffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass er unter Einbeziehung des mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsenen Teils wie folgt lautet:

„Die Gebühren des Dolmetschers Dr. S***** für die Übersetzung von 6 Schriftstücken in die türkische Sprache werden mit EUR 436,20 bestimmt.

Das Mehrbegehren von EUR 104,-- wird abgewiesen.

Der Rechnungsführer des Bezirksgerichtes Bludenz wird angewiesen, aus Amtsgeldern EUR 436,20 (EUR vierhundertdreißigsechs,20/100) an den Dolmetscher Dr. S***** auf dessen Konto Nr. ***** bei der *****, zu überweisen.“

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Der betreibenden Partei wurde bereits im Titelverfahren die Verfahrenshilfe bewilligt, die unter anderem auch eine Befreiung von der Entrichtung der Gebühren der Dolmetscher gemäß § 64 Abs 1 Z 1 lit c ZPO umfasst. Nach der Bewilligung der beantragten Fahrnis- und Gehaltsexekution beauftragte das Erstgericht den Dolmetscher Dr. S***** mit der Übersetzung von insgesamt 6 Schriftstücken in die türkische Sprache.

Für seine Übersetzungsleistungen machte der Dolmetscher Gebühren in der Höhe von insgesamt EUR 540,20, darin enthalten ein Zuschlag für die Verwendung anderer als lateinischer Schriftzeichen in Höhe von EUR 104,--, geltend.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Rechnungsführer des Bezirksgerichtes Bludenz an, die antragsgemäßen Gebühren von EUR 540,20 aus Amtsmitteln an den Dolmetscher zu überweisen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der rechtzeitige Rekurs der Revisorin beim Landesgericht Feldkirch insoweit, als dem Dolmetscher auch der von ihm begehrte Zuschlag gemäß § 54 Abs 1 Z 1 lit b GebAG in Höhe von EUR 104,-- zuerkannt wurde. Sie beantragt eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahingehend, dass die Dolmetschergebühren mit lediglich EUR 436,20 bestimmt werden. Der Dolmetscher Dr. S***** beantragt in seiner ebenfalls rechtzeitigen Rekursbeantwortung, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Dem Rekurs kommt Berechtigung zu.

Die Rekurswerberin argumentiert zutreffend damit, dass bei einer Übersetzung in die türkische Sprache nur lateinische Schriftzeichen Verwendung finden.

Gemäß § 54 Abs 1 Z 1 lit b GebAG beträgt die Gebühr der Dolmetscherinnen und Dolmetscher jeweils um EUR 4,-- mehr als die Grundgebühr, wenn das zu übersetzende Schriftstück in anderen als lateinischen oder deutschen Schriftzeichen geschrieben ist, für die Übersetzung andere als lateinische oder deutsche Schriftzeichen zu verwenden sind oder wenn das zu übersetzende Schriftstück schwer lesbar ist.

Auch der Rekursgegner räumt ein, dass bei einer Übersetzung in die türkische Sprache grundsätzlich das lateinische Alphabet zur Anwendung kommt. Er begründet seinen Anspruch auf den von ihm geltend gemachten Zuschlag damit, dass im Türkischen bei bestimmten Buchstaben Dehnungs- und Hilfszeichen verwendet werden, um dem jeweiligen Buchstaben eine besondere Bedeutung zu verleihen, die in der deutschen Sprache nicht vorkommen.

Der vom Rekursgegner ins Treffen geführte Umstand ist keine Besonderheit der türkischen Sprache, sondern findet sich auch in zahlreichen anderen Sprachen, die sich des lateinischen Alphabets bedienen. Als Beispiel sei auf das Französische verwiesen, das ebenfalls Zusatzzeichen zu den Buchstaben, zB den accent circonflexe, den accent grave und den accent aigu, verwendet. Zusatzzeichen zu den lateinischen Buchstaben finden sich auch in der ungarischen, schwedischen, tschechischen, spanischen und polnischen Sprache und stellen daher keine Eigenart der türkischen Sprache dar. Dass in einer Übersetzung von Schriftstücken in die türkische Sprache bei lateinischen Buchstaben Dehnungs- und Hilfszeichen Verwendung finden, die in der deutschen Sprache nicht vorkommen, vermag einen Zuschlag nach § 54 Abs 1 Z 1 lit b GebAG nicht zu rechtfertigen, da es sich ungeachtet der Zusatzzeichen um lateinische Buchstaben handelt (siehe auch 43 R 805/72 LGZ Wien).

Da der vom Dolmetscher Dr. S***** geltend gemachte Zuschlag von EUR 104,-- keine gesetzliche Grundlage hat, ist in Stattgebung des Rekurses der angefochtene Beschluss entsprechend abzuändern. Der Revisionsrekurs ist gemäß §§ 78 EO, 528 Abs 2 Z 5 ZPO jedenfalls unzulässig.

Landesgericht Feldkirch

Anmerkung

EFE000018401r02989

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00929:2009:00100R00298.09W.1002.000

Zuletzt aktualisiert am

22.02.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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