TE Vwgh Beschluss 2000/12/15 2000/02/0261

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Veröffentlicht am 15.12.2000
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
36 Wirtschaftstreuhänder;

Norm

B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;
WTBG 1999 §14;
WTBG 1999 §145;
WTBG 1999 §146;
WTBG 1999 §18;
WTBG 1999 §19;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, in der Beschwerdesache der Kammer der Wirtschaftstreuhänder, vertreten durch Dr. Robert Briem, Rechtsanwalt in Wien I, Volksgartenstraße 5, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 22. August 2000, Zl. Ge-730006/2-2000-Gop/Ra, betreffend Nachsicht von den Zulassungsvoraussetzungen zur Fachprüfung für Steuerberater (mitbeteiligte Partei: AH in F), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 22. August 2000 erteilte die belangte Behörde dem A. H. gemäß §§ 14, 18 und 19 Wirtschaftstreuhänderberufsgesetz - WTBG, BGBl. Nr. 58/1999 in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG die Nachsicht von den Zulassungsvoraussetzungen zur Fachprüfung für Steuerberater.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde macht die Beschwerdeführerin im wesentlichen geltend, die Ausbildung des A. H. sei dem erfolgreichen Abschluss eines inländischen facheinschlägigen Hochschulstudiums nicht vergleichbar.

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des WTBG lauten:

"Zulassungsvoraussetzungen - Fachprüfung Steuerberater

§ 14. (1) Zur Fachprüfung für Steuerberater ist zuzulassen, wer

1. a) ein facheinschlägiges Hochschulstudium oder ein facheinschlägiges Fachhochschulstudium oder einen facheinschlägigen Lehrgang universitären Charakters gemäß § 28 Abs. 1 oder 2 des Universitäts-Studiengesetzes BGBl. I Nr. 48/1997, in Österreich erfolgreich absolviert hat und

b) mindestens drei Jahre als Berufsanwärter bei einem Wirtschaftstreuhänder oder als Revisionsanwärter bei einem Revisionsverband der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften in Österreich tätig war. Tätigkeiten, welche die bei Wirtschaftstreuhändern festgesetzte Arbeitszeit nicht erreichen, sind nur verhältnismäßig anzurechnen oder

2. den freien Beruf Selbständiger Buchhalter mindestens zwölf Jahre hauptberuflich ausgeübt hat.

(2) Auf die Dauer der Tätigkeit gemäß Abs. 1 Z 2 sind hauptberufliche Tätigkeiten im Rechnungswesen im Höchstausmaß von sechs Jahren anzurechnen. Tätigkeiten, welche die für Angestellte in Wirtschaftstreuhandkanzleien festgesetzte Arbeitszeit nicht erreichen, sind nur verhältnismäßig anzurechnen.

(3) Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat durch Verordnung festzusetzen, welche Hochschulstudien, Fachhochschulstudien und Lehrgänge universitären Charakters gemäß § 28 Abs. 1 oder 2 des Universitäts-Studiengesetzes, BGBl. I Nr. 48/1997, den Voraussetzungen des Abs. 1 Z 1 entsprechen. Unter facheinschlägigen Hochschulstudien, Fachhochschulstudien und Lehrgängen universitären Charakters sind jene zu verstehen, welche die für die Ausübung des freien Berufes Steuerberater erforderlichen grundlegenden Kenntnisse vermitteln.

§ 18. (1) Über den Antrag auf Zulassung zu einer Fachprüfung hat die Kammer der Wirtschaftstreuhänder mit Bescheid zu entscheiden.

(2) Gegen den Bescheid, mit dem die Zulassung verweigert wurde, steht das Rechtsmittel der Berufung zu. Über die Berufung hat der Landeshauptmann zu entscheiden.

(3) Bescheide, mit denen die Zulassung zu einer Fachprüfung erteilt wurde, sind nichtig und vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten gemäß § 68 Abs. 4 Z 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51, für nichtig zu erklären, wenn eine der gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen gefehlt hat und weiterhin fehlt.

Nachsicht von den Zulassungsvoraussetzungen

§ 19. (1) Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat mit Bescheid Nachsicht von den Voraussetzungen für die Zulassung zu Fachprüfungen zu erteilen, wenn nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit des Nachsichtswerbers eine erfolgreiche Ablegung der Prüfung erwartet werden kann.

(2) Die Erteilung der Nachsicht von den Zulassungsvoraussetzungen gemäß § 14 Abs. 1 Z 2 ist unzulässig.

(3) Die Erteilung einer Nachsicht von den Voraussetzungen für die Zulassung zur Fachprüfung für Wirtschaftsprüfer ist jedenfalls nur unter den in Art. 9 der Achten Richtlinie des Rates vom 10. April 1984 auf Grund von Art. 54 Abs. 3 Buchstabe g des Vertrages über die Zulassung der mit der Pflichtprüfung der Rechnungsunterlagen beauftragten Personen, 84/253/EWG, aufgezählten Voraussetzungen mit Ausnahme der beruflichen Eignungsprüfung zulässig.

(4) Gegen Bescheide, mit denen die Nachsicht von den Zulassungsvoraussetzungen verweigert wurde, steht das Rechtsmittel der Berufung zu. Über die Berufung hat der Landeshauptmann zu entscheiden.

§ 145. (1) Zur Vertretung der gemeinsamen Interessen ihrer Mitglieder ist die Kammer der Wirtschaftstreuhänder errichtet.

(2) Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und hat ihren Sitz in Wien.

(3) Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder ist berechtigt, das Bundeswappen zu führen.

§ 146. (1) Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat ihre Aufgaben entweder im eigenen oder im übertragenen Wirkungsbereich zu besorgen.

(2) In den eigenen Wirkungsbereich der Kammer der Wirtschaftstreuhänder fallen insbesondere folgende Aufgaben:

1. die Vertretung und Förderung von Interessen, Rechten und Angelegenheiten der Gesamtheit ihrer Mitglieder,

2. die Förderung der beruflichen Weiterbildung ihrer Mitglieder und der entsprechenden Heranbildung des beruflichen

Nachwuchses, wobei die Kammer der Wirtschaftstreuhänder zur Gründung und zum Betrieb von diesem Zweck gewidmeten Einrichtungen und Unternehmungen berechtigt ist,

3.

die Führung der Listen ihrer Mitglieder,

4.

die Aufsicht über ihre Mitglieder betreffend die Einhaltung berufsrechtlicher Vorschriften,

              5.              die Errichtung, der Betrieb und die Förderung gemeinsamer wirtschaftlicher Einrichtungen, die der Wohlfahrt, der Unterstützung und der Altersvorsorge der Mitglieder und deren Hinterbliebenen dienen,

              6.              die Anregung rechtlicher Maßnahmen und die Erstattung von Gutachten zu Gesetzes- und Verordnungsentwürfen, sofern Interessen berührt werden, deren Vertretung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder zukommt,

              7.              die Einbringung von Verbesserungsvorschlägen betreffend jene Bereiche der Vollziehung, mit denen ihre Mitglieder verkehren, sofern Interessen berührt werden, deren Vertretung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder zukommt,

              8.              die Erstattung von Berichten, Gutachten und Anträgen, die Erteilung von Auskünften und die Ausstellung von Bescheinigungen, sofern Interessen berührt werden, deren Vertretung der Kammer der Wirtschaftstreuhänder zukommt, und

              9.              die Entsendung von Vertretern in andere Körperschaften und Einrichtungen und die Erstattung von Besetzungsvorschlägen, sofern dies besondere Gesetze oder Vorschriften vorsehen.

(3) In den übertragenen Wirkungsbereich der Kammer der Wirtschaftstreuhänder fallen insbesondere folgende Aufgaben:

1.

die öffentliche Bestellung und Anerkennung,

2.

die Durchführung von Zulassungsverfahren zu Fachprüfungen,

3.

die Durchführung von Fachprüfungen,

4.

die Durchführung von Verfahren zur Feststellung der Eigenschaft als Berufsanwärter,

              5.              die Durchführung von Verfahren, mit denen die Ausübung anderer selbständiger oder unselbständiger Tätigkeiten untersagt wird,

6.

die Durchführung von Suspendierungsverfahren,

7.

die Durchführung von Widerrufs- und Entziehungsverfahren,

8.

die Durchführung von Verfahren zur Genehmigung der Fortführung einer Kanzlei und

              9.              die Besorgung sonstiger Angelegenheiten, die der Kammer der Wirtschaftstreuhänder durch Gesetze übertragen werden."

Die beschwerdeführende Partei vermag, da das WTBG eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung zu einer Beschwerdeführung im Sinne des Art. 131 Abs. 2 B-VG nicht enthält und ihr somit ein Beschwerderecht gemäß dieser Gesetzesstelle nicht eingeräumt ist, ihre Beschwerdelegitimation allein auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. zu stützen. Nach dieser Bestimmung kann - nach Erschöpfung des Instanzenzuges - gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Die Zulässigkeit einer auf diese Bestimmung gestützten Beschwerde setzt die Möglichkeit einer Verletzung von subjektiven Rechten voraus. Fehlt es an der Möglichkeit der Verletzung subjektiver Rechte, dann ist die Beschwerde unzulässig. Bei der Beurteilung der Beschwerdeberechtigung im Fall einer auf diese Bestimmung gestützten Beschwerde kommt es - unabhängig von der Parteistellung im Verwaltungsverfahren - lediglich darauf an, ob der Beschwerdeführer nach der Lage des Falles durch den angefochtenen Bescheid unabhängig von der Frage seiner Gesetzmäßigkeit in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt sein kann. Die Beschwerdelegitimation setzt voraus, dass die auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gestützte Beschwerde unter Berufung auf eine eigene, gegenüber dem Staat - als Träger der Hoheitsgewalt - bestehende Interessenssphäre des Beschwerdeführers erhoben wird. Fehlt es an der Behauptung, in einer eigenen Interessenssphäre verletzt zu sein, oder überhaupt an der Möglichkeit einer derartigen Verletzung, dann bedarf es zur Beschwerdeerhebung außer in den bundesverfassungsgesetzlich vorgesehenen Fällen einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung (vgl. zum Ganzen den hg. Beschluss vom 28. März 1996, Zl. 95/07/0239, mit weiteren Nachweisen). Letzteres ist im Beschwerdefall aber nicht gegeben.

Aus den Bestimmungen des WTBG lässt sich kein materielles subjektives Recht der beschwerdeführenden Partei ableiten. Die Beschwerdeführerin als Vertreterin der gemeinsamen Interessen ihrer Mitglieder konnte somit durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt sein.

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zur Erhebung zurückzuweisen.

Wien, am 15. Dezember 2000

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONMangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000020261.X00

Im RIS seit

02.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

19.09.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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