RS Vwgh 2012/9/25 2008/13/0175

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Veröffentlicht am 25.09.2012
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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht

Norm

BAO §201 Abs3 Z2;
BAO §303 Abs1 litb;

Rechtssatz

Die Festsetzung gemäß § 201 BAO hat dann, wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung im Sinne des Abs. 1 der Bestimmung als "nicht richtig" erweist, gemäß Abs. 3 Z 2 zu erfolgen, "wenn bei sinngemäßer Anwendung der §§ 303 bis 304 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens auf Antrag der Partei vorliegen würden". Die Vorschrift hat insoweit den Zweck, einen "Gleichklang mit der bei einem durch Bescheid abgeschlossenen Verfahren geltenden Rechtslage" herbeizuführen (vgl. den Bericht des Finanzausschusses zum Abgaben-Rechtsmittel-Reformgesetz, BGBl. I Nr. 97/2002, 1128 BlgNR 21. GP 9). Ritz vertritt in RdW 2003, 62, und BAO4, § 201 Tz 36, die Ansicht, ein Antrag gemäß § 201 Abs. 3 Z 2 BAO komme "in Betracht", wenn ein Abgabepflichtiger "Umstände nicht geltend gemacht" habe, weil sie nach einer in einem Erlass des Bundesministeriums für Finanzen vertretenen Rechtsauffassung nicht bedeutsam seien, und dem Abgabepflichtigen die Unrichtigkeit dieser Rechtsauffassung insbesondere aus nachträglicher Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bekannt werde. Diese Ansicht stützt Ritz auf das Argument, dem Abgabepflichtigen werde in einem solchen Fall kein grobes Verschulden (§ 303 Abs. 1 lit. b BAO) zur Last gelegt werden können. Bei der Selbstberechnung der Abgabe kommt es nur auf die Sachverhaltskenntnis der Partei an, die hier auch die rechtliche Würdigung vornimmt. Um das von Ritz zu § 201 BAO erzielte Ergebnis zu rechtfertigen, müsste ein Wiederaufnahmsantrag im Sinne des vom Gesetzgeber angestrebten "Gleichklangs" nach einem mit Bescheid abgeschlossenen Verfahren erfolgreich sein, wenn die der Behörde im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bekannten Tatsachen rechtlich falsch gewürdigt wurden und eine Bekämpfung der Entscheidung ohne grobes Verschulden unterblieb. Die Wiederaufnahme scheitert hier schon daran, dass die ihr zugrunde zu legenden Tatsachen - als die neue rechtliche Erkenntnisse als solche nicht in Betracht kommen - nicht "neu hervorgekommen" sind, wenn sie der für die Bemessung der Abgabe zuständigen Behörde bekannt waren, was im Fall der sinngemäßen Anwendung auf selbst berechnete Abgaben auch bei Kenntnis (nur) der Partei gelten muss, während eine Kenntnis der Behörde von diesen Tatsachen einem späteren Festsetzungsantrag gemäß § 201 Abs. 3 Z 2 BAO nicht entgegenstehen kann.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2012:2008130175.X01

Im RIS seit

19.10.2012

Zuletzt aktualisiert am

08.01.2016
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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