TE Vwgh Erkenntnis 2000/12/19 99/09/0119

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Veröffentlicht am 19.12.2000
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Index

64/03 Landeslehrer;

Norm

LDG 1984 §29;
LDG 1984 §30;
LDG 1984 §35;
LDG 1984 §69;
LDG 1984 §70;
LDG 1984 §93;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde der F in S, vertreten durch Rechtsanwälte Gehmacher & Hüttinger Partnerschaft in 5020 Salzburg, Alter Markt 7, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission für Landeslehrer beim Amt der Salzburger Landesregierung vom 15. April 1999, Zl. 3-DOKL-1/3- 1999, betreffend Disziplinarstrafe der Geldstrafe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin steht als Hauptschuloberlehrerin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Salzburg. Zur Zeit der hier inkriminierten Dienstpflichtverletzungen versah sie ihren Dienst an der Hauptschule T.

Mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission für Landeslehrer beim Amt der Salzburger Landesregierung vom 19. Mai 1998 wurde die Beschwerdeführerin - soweit dies im Beschwerdeverfahren noch von Belang ist - schuldig erkannt, ihre allgemeinen und konkreten Dienstpflichten dadurch verletzt zu haben, dass sie

1. am 26. Februar 1996 um 20 Minuten zu spät zum Dienst erschienen sei,

2. am 29. Februar 1996 nachmittags ihrer Aufsichtspflicht während des Werkunterrichtes der 3 B-Klasse insofern vernachlässigt habe, als sie den Klassenraum und damit die Schüler zur Führung eines Privatgespräches im Konferenzzimmer verlassen habe,

3. am 29. April 1996 zur Abhaltung des LÜ-Unterrichtes für die 7. bis 10. Stunde um 40 Minuten zu spät gekommen sei,

4. bis 30. April 1996 die zuvor erteilten Weisungen (Urgenzen) zur Vorlage der ausstehenden Wochenberichte für die Weiterleitung an den Bezirksschulrat nicht beachtet habe,

5. am 17. Juni 1996 bei der durch den Schulleiter eingeteilten Supplierung für die 9. Stunde um 50 Minuten zu spät gekommen sei, und

6. ihre Abwesenheit vom Dienst am 9. und 10. September 1996 erst am 11. September 1996 dem Schulleiter gemeldet bzw. ihre Abwesenheit gerechtfertigt habe.

Sie habe dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß § 29 Abs. 1 und § 35 LDG 1984 begangen und sei gemäß §§ 95 Abs. 2 in Verbindung mit § 70 leg. cit. mit einer Geldstrafe in der Höhe eines Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage zu bestrafen gewesen.

Gegen dieses Disziplinarerkenntnis erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie zunächst - ohne Bestreitung ihrer Verspätung - vorbrachte, am 29. April 1996 sei auf der Strecke nach T in der P-Straße eine "Straßenbegrenzungsmaschine" der Gemeinde Salzburg unterwegs gewesen, sodass sie nach fünfminütiger Wartefrist sich gezwungen gesehen habe umzukehren und den längeren Weg über die R-Straße zu nehmen, wodurch sie 30 Minuten zu spät gekommen sei. Warum ihr dies angelastet werde, sei "nicht einsichtig".

Weiters brachte die Beschwerdeführerin vor, sie habe in ihren 18 Dienstjahren vor ihrem Dienstantritt in T nie im Schulbezirk Salzburg-Stadt unterrichtet. Es sei für sie "Usus" gewesen, dass die Schule um 8.00 Uhr beginne. Sie habe vergeblich versucht, den Schulleiter vor Schulbeginn privat zu erreichen.

Ferner führte die Beschwerdeführerin aus, sie habe am 29. Februar 1996 den (erg.: nachmittäglichen) Handarbeitsunterricht supplieren müssen, was sie erst am selben Tag erfahren habe. Da sie den "ganzen Tag" über Schule und die Mittagsaufsicht zu halten gehabt habe, sei das ihr vorgeworfene Telefonat vom Konferenzzimmer aus notwendig gewesen, zumal die ihr zur Beaufsichtigung übertragenen Kinder während dieser Zeit beschäftigt gewesen seien. Sie habe den Schulleiter im Konferenzzimmer auch gefragt, ob dies in Ordnung gehe und habe eine positive Antwort erhalten. Im Übrigen sei es in jeder Schule üblich, dass Lehrer das Klassenzimmer kurzfristig verließen. Ein solches Verhalten stelle keinen Akt der Missachtung der Dienstpflichten dar.

Zu den ihr vorgeworfenen Verletzungen ihrer Meldepflicht führte die Beschwerdeführerin aus, ihr Freund habe am 10. September 1996 den Schulleiter von ihrer "Abwesenheit" informiert und diese gerechtfertigt. Sie sei krank gewesen. Da sie kein Telefon habe, habe sie nicht selbst anrufen können.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 66 Abs. 4 AVG und §§ 70, 71 und 95 des Landeslehrerdienstrechtsgesetzes LDG 1984 keine Folge und bestätigte das bekämpfte erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis. Nach Darstellung des Verfahrensganges führte die belangte Behörde aus, gemäß § 29 Abs. 1 LDG 1984 sei der Landeslehrer verpflichtet, die ihm obliegenden Aufgaben mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen. Wiederholtes Zuspätkommen, Verlassen des Klassenraumes während der Unterrichtseinheit zu privaten Zwecken, (vorerst) unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst und Nichtvorlage der Wochenberichte trotz Urgenzen bedeuteten einen Verstoß gegen die gesetzliche determinierten allgemeinen Dienstpflichten und rechtfertigten eine Verurteilung, wie sie hier ausgesprochen worden sei. Gemäß § 29 Abs. 2 LDG 1984 sei dem Landeslehrer in seinem gesamten Verhalten aufgetragen, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben zu erhalten. Die für die disziplinäre Verfolgung wesentlichen Gesichtspunkte, eben das Vertrauen in die zuverlässige fachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben und des Vorhandenseins des erforderlichen Vertrauensverhältnisses zwischen der Dienstbehörde und dem Lehrer seien im vorliegenden Fall mehrmals und vor allem auch ohne erkennbare Entschuldigungsgründe verletzt worden. Es handle sich vor allem bei der Vernachlässigung der Aufsichtspflicht aus privaten Gründen gegenüber den Schülern und deren Eltern bzw. beim (vorerst) unentschuldigten Fernbleiben vom Unterricht um schwer wiegende Delikte, die als Dienstpflichtverletzungen zu beurteilen seien. An dieser Einschätzung vermöchten auch die Argumente in der Berufung nichts Wesentliches zu ändern. Zu den allgemeinen Dienstpflichten eines jeden Arbeitnehmers gehöre, auch unter Berücksichtigung der jeweiligen Straßen- und Verkehrsverhältnisse rechtzeitig zur Ausübung seines Dienstes zu erscheinen. Zwar könne es in Ausnahmefällen durchaus zu entschuldbaren Vorfällen kommen, doch habe der Beschwerdeführerin auf Grund der Anzahl der vorliegenden disziplinären Vorfälle dieser Art (Begehung mehrerer und unterschiedlicher Dienstpflichtverletzungen trotz Ermahnung durch den Schulleiter) nichts Derartiges (gemeint: Entschuldigendes) zugestanden werden können. Auch seien weder neue Tatsachen bezüglich der Sachverhalte noch Argumente, die das Verschulden der Beschwerdeführerin in irgend einer Weise hätten mildern können, vorgebracht worden. Die Beschwerdeführerin habe sich in allen Punkten im Wesentlichen darauf beschränkt, diese Verfehlungen als "geringfügig" zu qualifizieren. Es habe in der Berufungsverhandlung auch die dienstliche Notwendigkeit des inkriminierten Telefonates (am 29. Februar 1996) oder eine (gemeint offenbar: ausreichende) Begründung für die verabsäumte Krankmeldung nicht unter Beweis gestellt werden können, sodass die belangte Behörde auch in diesen Fällen bei ihrer Entscheidung den Ausführungen der Disziplinarkommission folge. Die der Beschwerdeführerin zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen seien in tatsächlicher Hinsicht nicht bestritten worden, es hätten sich auch keine zusätzlichen Hinweise, Informationen oder Gründe ergeben, die bei entsprechender Beweiswürdigung zu einem anderen Ergebnis hätten führen müssen oder geeignet gewesen wären, die Dienstpflichtverletzungen zu rechtfertigen. Im Übrigen sei die Beschwerdeführerin bereits bei der ersten Entscheidung der Disziplinarkommission zu jenem Punkt, auf den sich ihre Berufung hauptsächlich bezogen habe (die unentschuldigte Verspätung am 29. Februar 1996) freigesprochen worden. Die belangte Behörde komme daher einstimmig zum Schluss, dass im gegenständlichen Fall die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in der Höhe eines Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage als angemessene Strafe anzusehen sei. Bei der Bemessung seien sowohl dem Umstand der Häufigkeit und Schwere der festgestellten Vergehen als auch der persönlichen Situation der Beschwerdeführerin Rechnung getragen worden, um sie in schuldangemessener Weise von weiteren Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht, nicht gemäß § 29 Abs. 1 und § 35 Landeslehrerdienstrechtsgesetz 1984 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 und § 70 leg. cit. bestraft zu werden, verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bzw. Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes BGBl. Nr. 302/1984 in der hier anzuwendenden Fassung der Nov. BGBl. Nr. 16/1994 (LDG 1984) lauten:

"Allgemeine Dienstpflichten

§ 29. (1) Der Landeslehrer ist verpflichtet, die ihm obliegenden Unterrichts-, Erziehungs- und Verwaltungsaufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

(2) Der Landeslehrer hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

(3) Der Landeslehrer hat um seine berufliche Fortbildung bestrebt zu sein.

...

§ 30. (1) Der Landeslehrer hat die Weisungen seiner Vorgesetzten, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen.

...

Abwesenheit vom Dienst

§ 35. (1) Der Landeslehrer, der vom Dienst abwesend ist, ohne vom Dienst befreit oder enthoben zu sein, hat den Grund seiner Abwesenheit unverzüglich zu melden und seine Abwesenheit zu rechtfertigen.

(2) Ist der Landeslehrer durch Krankheit, Unfall oder Gebrechen an der Ausübung seines Dienstes verhindert, so hat er eine ärztliche Bescheinigung über den Beginn seiner Krankheit und nach Möglichkeit über die voraussichtliche Dauer der Dienstverhinderung vorzulegen, wenn er dem Dienst länger als drei Arbeitstage fernbleibt oder die Dienstbehörde es verlangt. Kommt der Landeslehrer dieser Verpflichtung nicht nach, entzieht er sich einer zumutbaren Krankenbehandlung oder verweigert er die zumutbare Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung, so gilt die Abwesenheit vom Dienst nicht als gerechtfertigt."

Nach § 69 LDG 1984 sind Landeslehrer, die schuldhaft ihre Dienstpflichten verletzen, nach den Bestimmungen dieses Abschnittes (7. Abschnitt Disziplinarrecht) zur Verantwortung zu ziehen.

In § 70 Abs. 1 leg. cit. sind als Disziplinarstrafen der Verweis, die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges unter Ausschluss der Haushaltszulage, die Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Monatsbezügen unter Ausschluss der Haushaltszulage und die Entlassung vorgesehen.

Nach Abs. 2 dieser Bestimmung ist in den Fällen des Abs. 1 Z 2 und 3 von dem Monatsbezug auszugehen, der dem Landeslehrer auf Grund seiner besoldungsrechtlichen Stellung im Zeitpunkt der Fällung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses bzw. im Zeitpunkt der Verhängung der Disziplinarverfügung gebührt. Allfällige Kürzungen des Monatsbezuges sind bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen.

Nach § 74 LDG 1984 sind - soweit nicht anderes bestimmt ist, das AVG mit Ausnahme der §§ 2 bis 4, 12, 42 Abs. 1 und 2, 51, 51a, 57, 62 Abs. 3, 63 Abs. 1 und 5 erster Satz zweiter Halbsatz, 64 Abs. 2, 64a, 67a bis 67g, 68 Abs. 2 und 3 und 75 bis 80 sowie das Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, auf das Disziplinarverfahren anzuwenden.

Der § 93 LDG 1984 regelt die mündliche Verhandlung vor der Disziplinarkommission. Eine gesonderte Regelung des Verfahrens vor der Disziplinaroberkommission findet sich hingegen im LDG 1984 nicht. Lediglich § 94a Abs. 3 LDG 1984 bestimmt die Voraussetzungen für eine Unterlassung einer mündlichen Verhandlung vor dieser Behörde.

In Behandlung der Beschwerdeausführungen wird der Übersichtlichkeit wegen die in der Beschwerde gewählte Nummerierung der Themen übernommen.

1. Zur geltend gemachten Mangelhaftigkeit bzw. Ergänzungsbedürftigkeit des angefochtenen Bescheides:

Unter diesem Aspekt rügt die Beschwerdeführerin zunächst, die belangte Behörde habe sich damit begnügt, die Bestimmungen des § 29 Abs. 1 und 2 LDG allgemein wiederzugeben, ohne auf den gegenständlichen Fall konkret einzugehen. Es sei auch unrichtig, dass die einzelnen Anschuldigungspunkte von der Beschwerdeführerin nicht bestritten worden seien. Hierzu verweise sie vielmehr auf ihre Berufung. Die belangte Behörde habe ferner unterlassen, die in der Berufungsverhandlung anwesende Beschwerdeführerin zu den einzelnen Anschuldigungspunkten zu vernehmen. Hinsichtlich der ihr vorgeworfenen verspäteten Krankmeldung nehme die belangte Behörde eine unzulässige Beweislastumkehr vor: Nicht die Beschwerdeführerin sei verpflichtet, sich gleichsam frei zu beweisen, sondern der Disziplinaranwalt sei verpflichtet, die der Beschwerdeführerin zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen Punkt für Punkt konkret nachzuweisen. Die belangte Behörde habe kein förmliches Beweisverfahren abgeführt und auch den beantragten Zeugen K nicht gehört. Da diese Beweise nicht aufgenommen worden seien, habe die belangte Behörde auch jede Beweiswürdigung bzw. Begründung für ihre teils mangelhaften, teils unvollständigen Feststellungen schuldig bleiben müssen. Auf Grund welcher Beweisaufnahmen und Beweiswürdigung sie daher zu den vorgenommenen Feststellungen gekommen sei, entziehe sich einer inhaltlichen Kontrolle.

Dem ist grundsätzlich zu entgegnen, dass die belangte Behörde als Berufungsbehörde im Rahmen des § 66 Abs. 4 AVG - wie dies im Übrigen auch aus der Begründung des angefochtenen Bescheides eindeutig hervorgeht - der Argumentation der Disziplinarkommission zur Gänze gefolgt ist und sich daher darauf beschränken durfte, nach Überprüfung der Argumente der Verfahrensparteien auf Grund der Ergebnisse der Berufungsverhandlung die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zu bestätigen. Dazu ist es nicht erforderlich, dass die belangte Behörde eigene Argumente an die Stelle der von der Behörde erster Instanz verwendeten setzt, sondern es genügt, dass sie auf die zutreffenden Überlegungen der Behörde erster Instanz verweist (vgl. dazu die in Walter/Thienel,

Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I, 1998, 2. Auflage unter E 58ff zu § 60 AVG abgedruckte hg. Judikatur). Auch der Verwaltungsgerichtshof kann nicht erkennen, wie die Beschwerdeführerin zur Ansicht gelangt, der Sachverhalt, d.h. die sachverhaltsmäßige Grundlage der rechtlichen Beurteilung, sei strittig gewesen, zumal der sie im Verwaltungsverfahren vertretende G in der Berufungsverhandlung vor der belangten Behörde ausdrücklich darauf hingewiesen hat, "dass die Berufungspunkte gar nicht bestritten würden, sondern lediglich neue Begründungen für das Fehlverhalten vorgebracht werden". Auch geht aus dem Protokoll über die Berufungsverhandlung bei der belangten Behörde hervor, dass nach Erörterung der der Beschwerdeführerin unter Punkt 2 des angefochtenen Bescheides zum Vorwurf gemachten Dienstpflichtverletzung, nämlich die Verletzung der Aufsichtspflicht und deren ernster Bedeutung, der Vertreter der Beschwerdeführerin "dieser Argumentation in vollem Ausmaß folgt" und lediglich geltend gemacht hat, der Schulleiter hätte sich in diesem Falle quasi "verschwiegen". Im gesamten Verwaltungsverfahren hat die Beschwerdeführerin erkennbar - und wie die belangte Behörde offenbar der Kürze halber zusammengefasst hat - lediglich bestritten, dass die ihr zum Vorwurf gemachten Handlungen als schwer wiegende Verletzungen ihrer Dienstpflichten und nicht - wie sie meint - als lediglich zu vernachlässigende geringfügige Verfehlungen zu qualifizieren seien. Eine Notwendigkeit zur Ergänzung des Sachverhaltes ergibt sich insbesondere auch nicht aus dem Berufungsvorbringen. Die Beschwerdeführerin gesteht im Übrigen in der Beschwerde selbst zu, dass das ihr im Punkt 2 des angefochtenen Bescheides zum Vorwurf gemachte Telefonat unter Verlassen des Klassenzimmers kein dienstliches Gespräch war. Die daran geknüpften weiteren Überlegungen gehören aber bereits in den Bereich der rechtlichen Beurteilung. Auch trifft Die Meinung der Beschwerdeführerin nicht zu, die belangte Behörde sei hinsichtlich der verabsäumten bzw. verspäteten Krankmeldungen von einer "Beweislastumkehr" zu Lasten der Beschwerdeführerin ausgegangen. Vielmehr steht fest, dass der objektive Tatbestand einer "unverzüglichen" Benachrichtigung der zuständigen Dienstbehörde von ihrer Verhinderung (und im Übrigen nicht nur von ihrer "Abwesenheit") erfüllt ist, da tatsächlich weder am 9. noch am 10. September 1996, sondern erst am 11. September 1996 eine Meldung erfolgte. Aus welchem Grunde aber diese Krankmeldung erst verspätet, das heißt nicht "unverzüglich", erfolgt ist, hat derjenige unter Beweis zu stellen, der das Vorliegen einer gerechtfertigten Ausnahme von dieser Meldepflicht behauptet. Ebenso wenig kann sich die Beschwerdeführerin dadurch in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt erachten, wenn der vom Disziplinaranwalt (und nicht von ihr) beantragte Zeuge X nicht einvernommen wurde, zumal sie selbst in der Beschwerde verabsäumt, die Relevanz dieses von ihr behaupteten angeblichen Verfahrensmangels darzulegen.

2. Zur geltend gemachten Verletzung des rechtlichen Gehörs:

Unter diesem Gesichtspunkt macht die Beschwerdeführerin geltend, die belangte Behörde habe zwar gemäß § 93 Abs. 1 LDG eine Berufungsverhandlung durchgeführt, jedoch die Beschwerdeführerin entgegen der Bestimmung des Abs. 5 leg. cit. nicht als Beschuldigte einvernommen. Richtig sei zwar, dass sie zur Verhandlung vor der Disziplinarkommission nicht erschienen, sondern lediglich vertreten worden sei, sie sei jedoch bei der mündlichen Berufungsverhandlung vor der belangten Behörde anwesend gewesen, sodass diese Gelegenheit gehabt hätte, ihre förmliche Einvernahme nachzuholen.

Zunächst ist darauf zu verweisen, dass die von ihr zitierte Bestimmung des § 93 LDG 1984 zwar das Verfahren vor der Disziplinarkommission regelt, nicht jedoch jenes vor der belangten Behörde. Eine Vernehmung des Beschuldigten durch diese Behörde sieht das Gesetz nicht vor. Auch legt die Beschwerdeführerin im konkreten Fall nicht dar, welches konkrete Ergebnis ihre Befragung gebracht hätte; sie zeigt damit die Relevanz des von ihr behaupteten Verfahrensmangels nicht auf. Das rechtliche Gehör der Beschwerdeführerin wurde auf jeden Fall durch die Erteilung einer umfassenden Vollmacht und Entsendung eines Vertreters zur Verhandlung vor der Disziplinarkommission gewahrt, zumal dieser in der Verhandlung ihren Standpunkt vorzutragen in der Lage war und dies auch tat. Sollte das Ergebnis dieser Bemühungen nicht zur Gänze ihren Erwartungen entsprochen haben, ist sie darauf zu verweisen, dass der Vertretene in der Regel das Risiko der Vertretung zu tragen hat. Eine Verletzung des Rechtes auf Parteiengehör ist aus diesen Gründen nicht erkennbar.

3. Insoweit die Beschwerdeführerin die Verletzung des amtswegigen Untersuchungsgrundsatzes geltend macht, ist auf das bereits zu Punkt 1 Gesagte zu verweisen.

4. Zur Rechtsrüge:

Zunächst ist der Beschwerdeführerin darin Recht zu geben, dass der Vorhalt der belangten Behörde, der Schwerpunkt ihrer Berufungsausführungen habe sich auf den den Gegenstand des erstinstanzlichen Teilfreispruches bildenden Vorwurf (29. Februar 1996) bezogen, unrichtig ist, weil es sich bei dem an diesem Tage abzuhaltenden Unterricht einmal um einen Vormittagsunterricht (Freispruch in Hinblick auf eine Verspätung), davon zu trennen im weiteren aber um Nachmittagsunterricht (Vorwurf der Vernachlässigung der Aufsichtspflicht) gehandelt hat. Dieser Irrtum der belangten Behörde vermag aber nichts daran zu ändern, dass die Beurteilung der der Beschwerdeführerin zur Last gelegten Verfehlungen zutreffend ist und im Einklang mit der Rechtslage steht.

Als Tatsachensubstrat verbleiben (im Tatsächlichen unbekämpft gebliebene und zum Teil erhebliche) Verspätungen, das Führern eines privaten Telefonates während des Unterrichts, mehrfaches weisungswidriges Verhalten betreffend die Vorlage der Wochenberichte - zu diesem Faktum wird auch in der Beschwerde nichts mehr vorgebracht - und die verspätete Meldung von Krankenständen (die als solche offenbar von der Dienstbehörde nicht bezweifelt wurden).

Triftige Argumente zur Entschuldigung der mehrfachen und nicht unbeträchtlichen Verspätungen wurden von der Beschwerdeführerin nicht ins Treffen geführt. Insbesondere lässt die Beschwerdeführerin jegliches plausible Argument vermissen, warum sie auch nach langer Abwesenheit vom Schuldienst nicht in der Lage gewesen sein sollte, bei den hierfür zuständigen Organen den tatsächlichen Zeitpunkt des Dienstantritts rechtzeitig ausfindig zu machen. Gerade dieser Umstand würde eine erhöhte Informationsverpflichtung indizieren. Der Versuch, den Schulleiter (im letzten Moment) privat telefonisch zu erreichen, erscheint jedenfalls weder zielführend noch ausreichend.

Die belangte Behörde hat des Weiteren bereits im Einklang mit der Rechtslage darauf verwiesen, dass es von jedem Beamten zu verlangen ist, pünktlich zum Dienstantritt zu erscheinen und Straßen- oder Witterungsverhältnisse nur in Ausnahmefällen geeignet sind, Verspätungen zu rechtfertigen. Warum die Beschwerdeführerin hinsichtlich ihrer Verspätung am 29. April 1996 nach fünf Minuten Wartezeit einen 40-minütigen Umweg auf sich nahm, ohne zumindest zu versuchen, von unterwegs ihre Dienststelle telefonisch von einer voraussichtlichen Verspätung in Kenntnis zu setzen, erklärt sie nicht. Zum Faktum 17. Juni 1996 wurde überhaupt kein Vorbringen erstattet. Eine nachträgliche Entschuldigung für diese Verspätung mag den üblichen Umgangsformen entsprechen, kann jedoch nicht nachträglich exkulpieren. Die belangte Behörde hat im Übrigen bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass es zwar einzelne entschuldbare Fehlleistungen geben kann, die in ihrer Einzelheit keinen Anlass zu disziplinärer Verfolgung bieten, dass es aber im Hinblick auf die zahlreichen diesbezüglichen Anstände bei der Beschwerdeführerin nicht mehr vertretbar scheint, über dieses gehäuft auftretende Fehlverhalten hinwegzusehen. Dem Versuch der Beschwerdeführerin, jedes von ihr gesetzte Fehlverhalten isoliert zu sehen und jedes einzelne als einmalige und damit "verzeihbare" Entgleisung hinzustellen, vermag nicht zu verfangen.

Auch betreffend die der Beschwerdeführerin zum Vorwurf gemachte Verletzung der Aufsichtspflicht durch - wenn auch nur kurzfristiges - Verlassen des Klassenraumes mit dem Ziel, ein - zugestandenermaßen - privates Telefonat zu führen, ist aus der Argumentation der Beschwerdeführerin nichts für sie zu gewinnen, weil damit nicht erklärt wird, aus welchem Grunde sie dieses offenbar dringliche Telefonat ausgerechnet während der Unterrichtszeit, und nicht etwa in einer der Pausen absolvieren oder eine dritte Person mit der Führung dieses Telefonates vertretungsweise beauftragen hätte können.

Insoweit die Beschwerdeführerin die Strafbemessung zu bekämpfen sucht, erweist sich die Beschwerde ebenfalls als erfolglos. Sie kann mit ihren Argumenten nicht darüber hinwegkommen, dass es sich bei den im Beschwerdefall inkriminierten Vorfällen um mehrfache Wiederholungen eines Tatbildes handelt und gerade dadurch eine mit der Stellung der Beschwerdeführerin als Landeslehrerin unvereinbare Nachlässigkeit den ihr obliegenden Dienstpflichten gegenüber deutlich wird. Gerade auch wegen der Gefahr eines Autoritätsverlustes ihren Schülern gegenüber wäre von ihr ein vorbildliches dienstliches Verhalten gefordert gewesen. Es kann daher keine Rede davon sein, die der Beschwerdeführerin zur Last gelegten Handlungen hätten keine bzw. nur unbedeutende Folgen gehabt, ihr Verschulden sei bloß gering. Unter Bedachnahme auf den Unrechtsgehalt der Dienstpflichtverletzungen kann die Höhe der verhängten Strafe nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie erweist sich insgesamt als nicht berechtigt, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 19. Dezember 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999090119.X00

Im RIS seit

09.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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