TE UVS Steiermark 2012/06/26 30.14-9/2012

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.06.2012
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Merli über die Berufung des Herrn W P, geb. am, K, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 09.01.2012, GZ: BHDL-15.1-8254/2011, wie folgt entschieden:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 09.01.2012, GZ: BHDL-15.1-8254/2011, wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 29.09.2011, um 09.15 Uhr, in der Gemeinde Gb, auf der B, Strkm, als Lenker des PKWs mit dem Kennzeichen während der Fahrt ohne Benützung einer Freisprecheinrichtung im Sinne der Verordnung vom 11.05.1999, BGBl Nr. II/152/1999 telefoniert. Dies sei bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs 5 StVO festgestellt worden. Obwohl ihm dies angeboten worden sei, habe er die Zahlung einer Organstrafverfügung verweigert.

 

Dadurch habe der Berufungswerber eine Verwaltungsübertretung gemäß § 102 Abs 3, 5. Satz KFG begangen und verhängte die belangte Behörde über den Berufungswerber gemäß § 134 Abs 3c KFG eine Geldstrafe von ? 60,00 (im Uneinbringlichkeitsfall 20 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe).

 

Die belangte Behörde stützte den Strafbescheid auf die Anzeige des GI J F der Polizeiinspektion St vom 29.09.2011 und den Angaben des Meldungslegers als Zeuge im Ermittlungsverfahren. GI J F sei am 29.09.2011 im Zuge der Verkehrsüberwachung mit dem Dienstmotorrad auf der B von Stainz kommend, Richtung Lannach unterwegs gewesen. Bei StrKm, dort wo sich die Abzweigung nach Pi befinde, sei ihm der Berufungswerber mit seinem Kraftfahrzeug entgegen gekommen. In der Begegnungssituation habe GI J F, der auf Grund der vor ihm fahrenden Fahrzeuge sehr langsam mit einer Fahrgeschwindigkeit zwischen 50 und 60 km/h gefahren sei, aus einer Entfernung von ca. 3 m eindeutig beobachtet, dass der Berufungswerber mit der linken Hand ein Handy an das linke Ohr gehalten habe. Auf Grund dieser dienstlichen Wahrnehmung habe GI J F sein Dienstmotorrad gewendet und sei dem Berufungswerber gefolgt. Die Anhaltung habe bei der M-Tankstelle in St stattgefunden. Noch während GI J F nach dem Absteigen vom Motorrad den Helm abgenommen und die Handschuhe ausgezogen habe, sei ihm der Berufungswerber bereits entgegengekommen. Konfrontiert mit der Beobachtung habe der Berufungswerber erwidert Holts euer Geld woanders, er besitze kein Handy und würde er nicht diskutieren. Der Beamte soll ihn anzeigen, alles andere würde der Anwalt machen. Das Handy selbst habe der Zeuge nicht im Auto gesehen, da er nicht zum Kraftfahrzeug gegangen sei. Die Behauptung des Berufungswerbers, die Anschuldigungen des Beamten seien unwahr und nicht nachvollziehbar, sei unglaubwürdig, weil vom Berufungswerber gar nicht angeführt worden sei, aus welchem Grunde die vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht nachvollziehbar sei. Es seien auch keine Zeugen genannt worden, welche zu den Behauptungen Aussagen tätigen hätten können. Erkundungsbeweise seien von der Behörde nicht aufzunehmen. Die Angaben des Zeugen GI F, dessen Aufmerksamkeit in der damaligen Situation ausschließlich auf die Beobachtung des gegenständlichen Vorganges gerichtete gewesen sei, sei für die belangte Behörde beweisbildend gewesen. Die Behauptungen des Berufungswerbers müssen als Schutzbehauptung gewertet werden.

 

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Berufungswerber das Rechtsmittel der Berufung. Er brachte im Wesentlichen vor, die Tat nicht begangen zu haben. Die belangte Behörde habe es unterlassen, alle ihn entlastenden Beweismittel und Tatsachen zu erheben bzw. zu berücksichtigen. Beweiserhebungen und Feststellungen am genannten Tatort hätten ergeben, dass die Angaben des GI F überhaupt nicht der Wahrheit entsprechen könnten. Darüber hinaus habe die belangte Behörde ohne weitere Anhörung seiner Person entschieden und ihm damit die Möglichkeit einer persönlichen Stellungnahme genommen. Der Berufungswerber beantragte die Zuziehung eines gerichtlich beeideten Sachverständigen, zum Beweise dafür, dass die Angaben des GI F nicht der Wahrheit entsprechen können, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor Ort und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens aus den oben genannten Gründen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark ist bei seiner Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen:

 

Die Bestimmung, gegen die der Berufungswerber verstoßen haben soll, lautet wie folgt:

 

Gemäß § 102 Abs 3 5. Satz KFG ist dem Lenker während des Fahrens das Telefonieren ohne Benützung einer Freisprecheinrichtung verboten. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat unter Bedachtnahme auf die Verkehrssicherheit und den Stand der Technik durch Verordnung die näheren Vorschriften bezüglich der Anforderungen für Freisprecheinrichtungen festzulegen. Freisprecheinrichtungen müssen den Anforderungen der Produktsicherheitsbestimmungen für Freisprecheinrichtungen entsprechen.

 

Zur Klärung des strittigen Sachverhaltes fand am 12.06.2012 vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark eine Berufungsverhandlung statt, in der der Berufungswerber als Partei vernommen und der Meldungsleger GI J F als Zeuge zur Sache befragt worden ist. Aufgrund der Ergebnisse des durchgeführten Ermittlungsverfahrens werden folgende Feststellungen getroffen:

 

Der Berufungswerber lenkte am 29.09.2011, um 09.15 Uhr den Pkw VW Bora (Limousine) mit dem Wechselkennzeichen, in der Gemeinde Gb, auf der B. Dass der Berufungswerber bei dieser Fahrt bei StrKm mit einem Handy ohne Freisprecheinrichtung telefoniert hat, ist aus folgenden Gründen nicht erwiesen:

 

Aufgrund der vom Zeugen beigebrachten Lichtbilder zur angegebenen Tatörtlichkeit war vorerst festzustellen, dass die B eine Fahrbahn mit Gegenverkehr ist und sich bei StrKm in Fahrtrichtung Graz eine Linksabbiegespur befindet. Es gilt dort die 100 km/h-Beschränkung für Freilandstraßen.

 

Der Meldungsleger GI F gab als Zeuge an, dass er an der besagten Straßenstelle mit dem Motorrad zwischen 60 und 70 km/h gefahren sei und in der Begegnung mit dem Berufungswerber gesehen habe, wie dieser als Lenker des in Rede stehenden Fahrzeuges mit der linken Hand mit einem Handy telefoniert habe. Die Beobachtungsdistanz habe in der Begegnungssituation etwa 5 m betragen. Unter telefonieren verstand der Zeuge, dass der Berufungswerber ein Handy beim linken Ohr gehalten habe. An Gesprächsbewegungen des Mundes konnte sich der Zeuge nicht erinnern. Wie schnell der Berufungswerber gefahren sei, konnte der Zeuge nicht angeben. Die Amtshandlung nach der Anhaltung des Berufungswerbers sei durch das aggressive Verhalten des Berufungswerbers kurz gewesen. Dieser habe das Telefonieren mit dem Handy vehement bestritten, gleichzeitig habe er sich auf keine Diskussion einlassen wollen. Er habe nur gemeint, er besitze kein Handy. Er - der Zeuge GI F - habe auch kein Handy gesehen, wobei der Zeuge (abweichend zu seinen Angaben vor der belangten Behörde) in der Verhandlung angab, zumindest von Weitem in das Fahrzeug des Berufungswerbers geschaut zu haben.

 

Den Angaben des Zeugen GI J F hielt der Berufungswerber entgegen, er telefoniere im Fahrzeug immer mit einem Bluetooth-System. Die Freisprecheinrichtung bestehe aus Lautsprecher und Mikrofon. Beide Teile seien in einem Gerät integriert. Dieses Gerät verfüge über eine Funkverbindung mit dem Handy im Fahrzeug. Das Bluetooth-System ermögliche es ihm, ohne die Benützung der Hände im Fahrzeug zu telefonieren. Dieses Gerät (Bluetooth-System) habe er während der ganzen Fahrt am Ohr. Bei der in Rede stehenden Fahrt habe er mit Sicherheit kein Handy in der linken Hand gehabt und auch nicht mit einem solchen am Ohr telefoniert. Was gewesen sein könnte ist, dass er unbewusst mit der linken Hand auf sein linkes Ohr gegriffen habe, um den Stöpsel des Bluetooth-Systems stärker in sein Ohr hineinzudrücken, weil dieser Stöpsel des Öfteren locker werde und herauszurutschen drohe. Um den Stöpsel wieder festzumachen, sei es notwendig, diesen anzufassen und ihn wieder richtig zu justieren.

 

Der Berufungswerber legte weiters einen Einzelverbindungsnachweis zum A1 Smart Handy mit der Rufnummer vor, aus der hervorgeht, dass er am 29.09.2011, in der Zeit zwischen 08.10 und 17.05 Uhr mit diesem Handy insgesamt 12 Telefonate geführt hat, wobei drei Telefonate im engeren zeitlichen Umfeld des präsumtiven Tatzeitpunktes 09.15 Uhr liegen (08.59 Uhr, 09.06 Uhr, 09.24 Uhr). Aus einer weiteren Detailinformation zu einem Handy A1 Smart 150 mit der Rufnummer gehen für den Abrechnungszeitraum 21.10.2011 bis 20.11.2011 nur zwei Gesprächsverbindungen zur Nachtzeit hervor.

 

Bei der bestehenden Beweislage genügen die Angaben des Meldungslegers nicht, um dem Berufungswerber die in Rede stehende Verwaltungsübertretung mit der im Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit nachzuweisen. Wie der Zeuge selbst bei seiner Einvernahme erwähnte, komme es deshalb zu ganz wenigen Anzeigen wegen des Telefonierens ohne Freisprecheinrichtung, weil manche Leute ohnehin zugeben, telefoniert zu haben bzw. ihm aus Anlass der Anhaltung glaubhaft darlegen können, dass dies nicht der Fall gewesen sei. Meistens könne man dies auch an Ort und Stelle klären. Im vorliegenden Fall ist es aber auf Grund des Verhaltens des Berufungswerbers weder zu einem klärenden Gespräch zwischen ihm und dem Zeugen gekommen, noch hat der Zeuge im Fahrzeug des Berufungswerbers Nachschau gehalten, ob sich überhaupt ein Handy im Fahrzeug befunden hat bzw. ob der Berufungswerber ein Handy bei sich trug.

 

Es war daher im Zweifel zu Gunsten des Berufungswerbers der bekämpfte Bescheid zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Vor diesem Entscheidungshintergrund erübrigen sich Ausführungen zur rechtlichen Beurteilung.

Schlagworte
Freisprecheinrichtung; Bluetooth-System; Lautsprecher; Mikrofon; Ohr; Handy; Funkverbindung
Zuletzt aktualisiert am
18.09.2012
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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