TE UVS Wien 2012/09/18 06/FM/40/2096/2012

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Veröffentlicht am 18.09.2012
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr. Schmid über die Berufung des Herrn Dr. Robert K., vertreten durch Rechtsanwälte - Gesellschaft mbH, vom 2.2.2012 gegen das Straferkenntnis der Finanzmarktaufsicht vom 19.1.2012, Zl. FMA-KL23 5304.100/0002-LAW/2011, wegen Übertretungen des § 13 Absatz 1 und 2 KMG iVm § 16 Ziffer 5 KMG, BGBl. Nr. 625/1991 jeweils in der Fassung BGBl. I Nr. 78/2005, nach durchgeführter Verhandlung am 12.9.2012 entschieden und verkündet:

SPRUCH

Gemäß § 66 Absatz 4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren gemäß § 45 Absatz 1 Ziffer 3 VStG eingestellt.

Der Berufungswerber hat gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Im Straferkenntnis vom 19.1.2012 wird dem Berufungswerber als Beschuldigten Folgendes zur Last gelegt:

?1. Sie sind seit 01.01.1997 Mitglied des Vorstandes der M. BANK AG mit der Geschäftsanschrift B.-markt, Wien.

Sie haben in der Funktion des Vorstandes der M. BANK AG als gem. § 9 Abs. 1 VStG nach außen vertretungsbefugtes Organ zu verantworten, dass die M. BANK AG es an ihrem Unternehmenssitz

a. im Zeitraum jedenfalls von Beginn 2006 bis dato

betreffend das erstmalige Angebot der Aktien der S. Entertainment AG (vormals S. Holding AG), mit Sitz in Wien, welches zu einem Emissionserlös von EUR 10.000.001 führte und

b. im Zeitraum jedenfalls vom 21.06.2006 bis dato

betreffend das erstmalige Angebot der Aktien der S. Entertainment AG (vormals S. Holding AG), mit Sitz in Wien, welches zu einem Emissionserlös von EUR 7.700.000 führte

unterlassen hat, die Oesterreichische Kontrollbank Aktiengesellschaft (?OeKB?) als Meldestelle des Emissionskalenders über den Emittenten, den voraussichtlichen Zeitpunkt der Emission, das Gesamtvolumen, die Stückelung und jene Umstände, die gemäß § 3 KMG eine Ausnahme von der Prospektpflicht begründen, in Kenntnis zu setzen.

Diese Meldepflicht besteht auch dann, wenn kein öffentliches Angebot oder sonst keine Prospektpflicht gegeben ist, etwa weil die Prospektausnahme des § 3 Abs.1 Z 9 KMG (Mindestinvestition 50.000 Euro) in Anspruch genommen wurde.

2. Die M. BANK AG haftet gem. § 9 Abs. 7 VStG für die über Sie verhängte Geldstrafe und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 13 Abs. 1 und 2 KMG iVm § 16 Z 5 KMG BGBl. Nr. 625/1991 jeweils in der Fassung BGBl. I Nr. 78/2005

Geldstrafe von für 1.a.) 300 Euro für 1.b.) 300 Euro gesamt sohin 600 Euro

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

für 1.a) Sechs Stunden für 1.b) Sechs Stunden

gesamt sohin 12 Stunden

Freiheitsstrafe von ----

Gemäß §§ Für 1.a) und für 1.b.) § 16 Z 5 KMG BGBl. Nr. 625/1991 idF. BGBl. I Nr. 78/2005 Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

60 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe. Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 660 Euro.?

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte sowie die zwei weiteren Vorstandmitglieder frist- und formgerecht Berufung erhoben. Am 12.9.2012 fand vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien eine mündliche Verhandlung statt, anlässlich welcher der Vertreter der Berufungswerber und die Vertreter der Finanzmarktaufsicht gehört und der Zeuge Mag. Peter G. einvernommen wurde. Das Verhandlungsprotokoll lautet auszugsweise:

Der Berufungswerbervertreter bringt vor:

?In Ergänzung des bisherigen Berufungsvorbringens, auf das ich ausdrücklich verweise, wurde als Beweis dafür, dass die S. Aktien bis längstens September 2006 Kunden der M. Bank angeboten wurden, Herr Mag. G. mitgebracht und wird dessen Einvernahme beantragt.?

Der Zeuge Mag. Peter G. gab Folgendes zu Protokoll:

?Der Zeuge gibt über Befragen des Verhandlungsleiters an:

Ich bin heute über Anfrage des Herrn Dr. Ke. als Zeuge erschienen und bin bereit auch ohne Erhalt einer Zeugenladung heute auszusagen. Ich habe ca. 15 Jahre für die M. Bank AG gearbeitet. Meine Tätigkeit dort habe ich im März/April 2008 beendet. Ich war bei der M. Bank als Direktor beschäftigt und als Produktverantwortlicher für das Angebot der Aktien S. Entertainment AG zuständig. Wenn ich gefragt werde ob ich mich heute noch an dieses Produkt und an das damalige Angebot erinnern kann, gebe ich an:

Ja, ich kann mich daran deshalb noch erinnern, weil es auch zivilrechtliche Verfahren in diesem Zusammenhang noch gibt. Meines Wissens gab es 3 Tranchen des gegenständlichen Produktes. Mit dem ersten Angebot im Frühjahr 2005 war ich nicht befasst. Die zweite Tranche erfolgte zum Jahreswechsel 2005/2006 und die Dritte im Mai/Juni 2006. Es handelte sich um keine öffentlichen Angebote. Das Angebot ging an ausgewählte Interessenten die Interesse an einem Investment in der Höhe von mindestens 50.000 Euro hatten. Zur Dauer des Angebotes gefragt erkläre ich den Vorgang wie folgt: Seitens der S. AG wurden wir angesprochen ob wir noch vor Börsegang des Unternehmens an einer Kapitalerhöhung durch gezielte Angebote an ausgewählte Kunden mitwirken wollen. Wir haben uns das Produkt und den Markt angesehen und haben in den Monaten Mai und Juni 2006 die angesprochene Zielgruppe kontaktiert und ein Angebot unterbreitet. Beabsichtigt war wie gesagt die Kapitalerhöhung vor Börsegang, welcher im Juli/August 2006 geplant war. Letztlich ist es zu diesem Börsegang nicht gekommen. Unser Angebot hat jedenfalls im Juni 2006 geendet. Ab Juli 2006 wäre ein Erwerb dieses Produktes nur durch Umplatzierung möglich gewesen. In der M. Bank liegen die Unterlagen auf, bis wann das letzte Angebot im Juni 2006 abgeschlossen wurde.

Für eine etwaige Meldung an den Emissionskalender war ich damals nicht zuständig. Die gesamte rechtliche Beratung dieser Angebote wurde von einer externen Anwaltskanzlei betreut.

Wenn ich gefragt werde, was unter Umplatzierung zu verstehen ist, gebe ich an:

darunter ist der Erwerb von Aktien von einem Kunden zum Anderen zu verstehen. Der Verkauf seitens der M. Bank fand nach Abschluss unseres Angebotes nicht mehr statt.?

Im Anschluss an die Verhandlung wurde die Entscheidung verkündet.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

Feststellungen und Beweiswürdigung:

Zum Jahreswechsel 2005/2006 und im Mai/Juni 2006 bot die M. Bank AG Aktien der S. Entertainment AG (bis 30.6.2006 S. Holding AG) ausgewählten Kunden zum Erwerb an. Als Interessenten kamen Kunden in Frage, die bereit waren zumindest 50.000 Euro zu investieren. Ein öffentliches Angebot gab es nicht. Der Erwerb dieser Aktien bei der M. Bank AG war längstens bis Ende Juni 2006 möglich. Die M. Bank AG hat diese Emissionen nicht an die Österreichische Kontrollbank AG (ÖKB) als Meldestelle des Emissionskalenders gemeldet. Der Beschuldigte war im Zeitraum Ende 2005 bis Ende Juni 2006 Vorstand der M. Bank AG.

Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt und den glaubhaften Ausführungen des Zeugen Mag. G. in der Berufungsverhandlung vor dem UVS. Nach Auskunft der ÖKB (Herr RA Dr. R.) ist eine Meldung an den Emissionskalender auch noch nach Angebotslegung möglich. Eine Meldung nach Abschluss des Angebotes wird nicht mehr in den Emissionskalender aufgenommen (siehe ho Aktenvermerk vom 9.8.2012).

Rechtliche Beurteilung:

Die maßgebliche Bestimmung des Kapitalmarktgesetztes lautet:

?§ 13. (1) Wer Wertpapiere oder Veranlagungen erstmals anzubieten beabsichtigt, hat die Meldestelle ehestmöglich über den Emittenten, den voraussichtlichen Zeitpunkt der Emission, das Gesamtvolumen, die Stückelung, die Laufzeit und, im Falle öffentlicher Angebote, die sonstigen Konditionen, sowie gegebenenfalls über jene Umstände, die gemäß § 3 eine Ausnahme von der Prospektpflicht begründen, in Kenntnis zu setzen; einzelne Angaben, die erst kurz vor der Zeichnungsfrist festgelegt werden können, dürfen nachgereicht werden. Bei den Angaben über die für die Ausnahme von der Prospektpflicht maßgeblichen Umstände ist der entsprechende Ausnahmetatbestand nach § 3 oder anderen bundesgesetzlichen Bestimmungen ausdrücklich anzugeben. Der Anbieter hat weiters zum Zwecke der eindeutigen Identifikation der zu meldenden Emission im Falle von Wertpapieren oder verbrieften Veranlagungen gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 die von der Oesterreichischen Kontrollbank Aktiengesellschaft (inländische ISIN Vergabestelle) oder einer ausländischen ISIN Vergabestelle vergebene ISIN oder eine gleichwertige Identifikation bekannt zu geben.

(2) Die Meldepflicht nach Abs. 1 gilt nicht für Wertpapiere oder Veranlagungen nach § 3 Abs. 1 Z 4 bis 6, 10, 12 und 13.

(3) Die Meldestelle hat die gemäß Abs. 1 erhaltenen Meldungen monatlich in Form einer Vorschau anonymisiert zu veröffentlichen. Die Meldestelle hat das Veröffentlichungsorgan und jede Änderung desselben im Amtsblatt zur Wiener Zeitung bekanntzugeben. Sie hat Anfragen von Emittenten über geplante Emissionsvorhaben anonymisiert zu beantworten.

(4) Wenn die Meldestelle aus den gemäß Abs. 1 erhaltenen Meldungen begründete Zweifel daran hat, daß entgegen den gemäß Abs. 1 übermittelten Angaben über einen Ausnahmetatbestand von der Prospektpflicht bei einer Emission ein solcher Ausnahmetatbestand gegeben ist, so hat sie den Anbieter auf diesen Umstand hinzuweisen. Hat die Meldestelle aus den gemäß Abs. 1 erhaltenen Meldungen den begründeten Verdacht einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung gemäß § 15 Abs. 1 Z 1 dadurch, daß ein öffentliches Angebot ohne den gemäß § 2 erforderlichen Prospekt erfolgt ist, so hat sie hierüber unverzüglich die FMA in Kenntnis zu setzen.

(5) Schadenersatzansprüche können aus dem Umstand, daß Mitteilungen an die FMA gemäß Abs. 4 fahrlässig zu Unrecht erfolgt sind oder unterlassen wurden, nicht erhoben werden.?

Seitens des Berufungswerbers blieb die Unterlassung der Meldung über die beabsichtigte Emission an die ÖKO als Meldestelle des Emissionskalenders nach § 13 KMG unbestritten. Geltend gemacht wird das Vorliegen der Verfolgungsverjährung. Nach § 31 Absatz 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist.

Gemäß § 31 Absatz 2 leg cit beträgt die Verjährungsfrist sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat. Bei Verwirklichung des Tatbestandes des § 13 KMG läge eine Verwaltungsübertretung gemäß § 16 KMG vor. Für diesen Fall sieht § 17d leg cit eine Verfolgungsverjährungsfrist von 18 Monaten vor.

Zwischen den Parteien ist strittig, ob es sich bei der zu beurteilende Verwaltungsübertretung um ein Unterlassungsdelikt mit der Wirkung eines Dauerdelikts handelt. Wäre § 13 in Verbindung mit § 16 KMG als Unterlassungsdelikt mit der Wirkung eines Dauerdelikts anzusehen, bei dem nicht nur die Herbeiführung eines rechtswidrigen Zustandes, sondern auch die Aufrechterhaltung desselben pönalisiert ist, denn hätte die Verjährungsfrist erst ab dem Zeitpunkt zu laufen begonnen, ab dem die Unterlassung beendet ist (vgl zB VwGH vom 31.1.2003, 99/02/0337). Die jüngere Rechtsprechung differenziert bei Unterlassungsdelikten zwischen solchen, bei denen die versäumte Handlung noch nachgeholt werden kann und solchen, bei denen dies nicht mehr möglich oder dem Gesetzeszweck nicht mehr entsprechen würde. So hat der VwGH beispielsweise wie folgt entschieden (vgl Erkenntnis vom 20.5.20120, 2008/07/0083):

?Bei dieser Übertretung handelt es sich um ein Unterlassungsdelikt, der Beschwerdeführer hat jeweils ein ihm von der Rechtsordnung aufgetragenes Verhalten unterlassen. Demnach beginnt die Verjährungsfrist gemäß § 31 Abs 2 VStG erst ab dem Zeitpunkt zu laufen, ab dem die Unterlassung beendet ist. Die Verjährung beginnt daher solange nicht, als die Verpflichtung zum Handeln besteht und die Handlung noch nachgeholt werden kann.? (Hervorhebung durch den UVS). Nach dem Tatbild des § 13 Absatz 1 KMG hat ein Emittent, der Wertpapiere oder Veranlagungen erstmals anzubieten beabsichtigt, der Meldestelle, dh der ÖKB, eine Meldung mit bestimmten Informationen zu übermitteln. Diese Verpflichtung entsteht im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die beabsichtigte Emission, also zeitlich deutlich vor dem Angebot. Der Kapitalmarkt soll frühzeitig über künftige Emissionen informiert werden. Mit tatsächlicher Angebotseröffnung wird die Emission auch ohne Emissionskalender bekannt. Die festgestellte Praxis der ÖKB, auch Meldung nach Angebotseröffnung anzunehmen erscheint sinnvoll. Nachvollziehbar ist auch, dass eine Veröffentlichung im Emissionskalender nach Beendigung des Angebots unterbleibt, da der Emissionskalender ja über künftige Angebote informieren soll. Für die M. Bank AG hätte daher die Verpflichtung zur Meldung an die Meldestelle bis Ende Juni 2006 bestanden. Mit Beendigung des Angebots Ende Juni 2006 hat die Verpflichtung zum Handeln aufgehört, weil die Handlung (die Meldung) nicht mehr sinnvoll nachgeholt werden konnte. Das strafbare Verhalten (die Unterlassung) hat mit diesem Zeitpunkt geendet.

Die Verjährungsfrist hat mit Ende Juni 2006 (das genaue Datum festzustellen kann diesfalls unterbleiben) zu laufen begonnen und hat Ende Dezember 2007 geendet. Nach der unstrittigen Aktenlage fand die erste Verfolgungshandlung (in Form einer Strafverfügung) im Oktober 2011 statt. Diese Verfolgungshandlung fand nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist statt und liegt daher ein Umstand im Sinne des § 45 Absatz 1 Ziffer 3 VStG vor, der die Verfolgung ausschließt. Das Straferkenntnis war daher zu beheben und das Strafverfahren einzustellen.

Zuletzt aktualisiert am
19.10.2012
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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