TE Vwgh Erkenntnis 2000/12/19 98/12/0218

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Veröffentlicht am 19.12.2000
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Index

63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;
63/02 Gehaltsgesetz;

Norm

BDG 1979 §138 Abs1 idF 1994/550;
BDG 1979 §138 Abs2 idF 1994/550;
BDG 1979 §138 Abs3 idF 1998/I/123;
BDG 1979 §138 Abs3 Z1 idF 1997/I/061;
BDG 1979 §138 Abs5 idF 1994/550;
GehG 1956 §39 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde des  G, vertreten durch Mag. Walter Brunner, Rechtsanwalt in 8190 Birkfeld, Oberer Markt 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom 3. Juli 1998, Zl. GZ. 27 1200/1- I/11/98, betreffend Anrechnung von Zeiten auf die Zeit der Ausbildungsphase gemäß § 138 Abs. 3 BDG 1979, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Beamter der Verwendungsgruppe A seit 1. März 1996 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist die Finanzlandesdirektion für Steiermark (im Folgenden kurz FLD), bei der er in einer Geschäftsabteilung als Bereichsleiter verwendet wird.

Soweit dies aus der Sicht des Beschwerdefalles von Bedeutung ist, weist der Beschwerdeführer folgende "Vortätigkeiten" vor seinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis auf:

a) Tätigkeit als Rechtspraktikant in der Zeit vom 1. März 1992 bis einschließlich 28. Februar 1993 (Dauer: 1 Jahr);

b) Tätigkeit als Vertragsbediensteter des Bundes (Entlohnungsschema I, Entlohnungsgruppe a) im (damaligen) Bundesministerium für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz in der Zeit vom 13. Dezember 1993 bis einschließlich 27. Mai 1994 (Dauer: 5 Monate und 15 Tage);

c) Tätigkeit als (zunächst befristet, ab 1. April 1995 unbefristet eingestellter) Vertragsbediensteter des Bundes (Entlohnungsschema I, Entlohnungsgruppe a) im Finanzdienst in der Zeit vom 6. Juni 1994 bis einschließlich 29. Februar 1996 (zunächst bei einem Finanzamt im Bereich der FLD, seit 9. Dezember 1995 nach Ablegung der Dienstprüfung für die Verwendungsgruppe A/Finanzdienst in der FLD; Dauer: 1 Jahr, 8 Monate und 25 Tage).

Auf Grund seiner Optionserklärung vom 23. Dezember 1996 hat der Beschwerdeführer rückwirkend zum 1. März 1996 (Zeitpunkt der Begründung seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses) seine Überleitung gemäß § 254 Abs. 1 BDG 1979 in die Besoldungsgruppe der Beamten des Allgemeinen Verwaltungsdienstes (Funktionszulagenschema) bewirkt.

Mit Bescheid der FLD vom 29. September 1997 wurden dem Beschwerdeführer von Amts wegen die oben unter a) und c) genannten Vordienstzeiten im Gesamtzeitraum von insgesamt 2 Jahren, 8 Monaten und 25 Tagen gemäß § 138 Abs. 3 BDG 1979 auf die Ausbildungsphase angerechnet.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung, mit welcher der Beschwerdeführer den Antrag "auf Zustimmung der Anrechnung" auf die oben unter b) genannte Vordienstzeit gemäß § 138 Abs. 3 Z. 1 BDG 1979 stellte, wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 2. Dezember 1997 als unzulässig zurückgewiesen (Überschreitung des Verfahrensgegenstandes). Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde blieb erfolglos (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 25. März 1998, 98/12/0033).

Anlässlich der Zurückweisung der Berufung durch die belangte Behörde wurde die FLD ersucht, dem Beschwerdeführer mitzuteilen, dass die für die Anrechnung von Zeiten auf die Ausbildungsphase zuständige Sektion des Bundesministeriums für Finanzen der Anrechung des vorher unter b) genannten Zeitraumes seiner Verwendung nicht zugestimmt habe, weil "keine gleichartige Tätigkeit im Sinn des Rundschreibens des Bundeskanzleramtes, GZ 928.250/1-II/5/96, vom 20. Mai 1996 ausgeübt" worden sei.

Anlässlich der Kenntnisnahme dieser Mitteilung ersuchte der Beschwerdeführer am 10. Dezember 1997 um "diesbezügliche bescheidmäßige Absprache".

Mit Bescheid der FLD vom 22. Dezember 1997 wurde dieser Antrag des Beschwerdeführers um Anrechnung der Zeit als Vertragsbediensteter des Entlohnungsschemas I, Entlohnungsgruppe a, beim (damaligen) Bundesministerium für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz vom 13. Dezember 1993 bis 27. Mai 1994 auf die Ausbildungsphase gemäß § 138 Abs. 3 BDG 1979 abgewiesen. Begründend führte die FLD aus, dass der Beschwerdeführer in der genannten Vortätigkeit in einer Rechtsabteilung tätig gewesen sei, in deren Zuständigkeit vor allem das Krankenanstaltenrecht und die Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten gefallen seien. Nach seinen eigenen Angaben sei er "u.a. mit der Erteilung von Rechtsauskünften und mit der Beantwortung von Anfragen aus dem In- und Ausland beschäftigt" gewesen. Weiters habe er an der Ausarbeitung von Gesetzen und Verordnungen auf dem Gebiet des Gesundheitswesens mitgearbeitet. Mit 1. März 1996 sei er in das öffentlichrechtliche Dienstverhältnis als Beamter des Allgemeinen Verwaltungsdienstes, Verwendungsgruppe A 1 im Planstellenbereich des Bundesministeriums für Finanzen, Untergliederung Finanzlandesdirektionen ernannt worden und werde seither als Bereichsleiter einer Geschäftsabteilung der Finanzlandesdirektion verwendet. Als Bereichsleiter dieser Abteilung sei er vor allem mit der Rechtsmittelerledigung auf dem Gebiet der Besteuerung von Körperschaften befasst. Dieser Arbeitsplatz sei der Funktionsgruppe 1 zuzuordnen. Unabhängig von der Zuordnung des Arbeitsplatzes zu einer Funktionsgruppe oder zur Grundlaufbahn seien die Beamten des Allgemeinen Verwaltungsdienstes am Beginn des Dienstverhältnisses bis zum Abschluss der Ausbildungsphase in die Grundlaufbahn einzustufen. Als Ausbildungsphase gelten in der Verwendungsgruppe A 1 die ersten vier Jahre des Dienstverhältnisses. Einer Anrechnung der strittigen Zeit beim Bundesministerium für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz auf die Ausbildungsphase gemäß § 138 Abs. 3 Z. 1 BDG 1979 habe die belangte Behörde nicht zugestimmt, weil die Verwendung des Beschwerdeführers bei jenem Bundesministerium bezogen auf die nunmehr ausgeübte Tätigkeit (in der Finanzverwaltung) zwar gleichwertig, jedoch nicht gleichartig sei und daher auch für seine derzeitige Verwendung nicht von besonderer Bedeutung sei. Diese Zeit sei somit auch nicht geeignet, die erforderliche Ausbildungszeit ganz oder teilweise zu ersetzen. Daher sei sein Ansuchen um Anrechnung dieser Zeit auf die Ausbildungsphase abzuweisen gewesen.

In seiner Berufung hielt der Beschwerdeführer dem entgegen, dem Wortlaut des § 138 BDG 1979 könne nicht entnommen werden, dass die in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft zurückgelegten Zeiten gleichartig und gleichwertig sein müssten. Es werde lediglich darauf abgestellt, ob die ausgeübte Tätigkeit für die nunmehrige Verwendung von besonderer Bedeutung oder dazu geeignet sei, die erforderliche Ausbildungszeit ganz oder teilweise zu ersetzen. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass die FLD in ihrem ursprünglichen Antrag vom 31. Jänner 1997 auch für die nunmehr strittige Zeit selbst dieses Kriterium als erfüllt angesehen habe. Ratio legis der Besoldungsreform 1994 sei es, die Flexibilität und Mobilität der öffentlich Bediensteten zu fördern. Mit der von der Behörde eingeschlagenen Vorgangsweise wäre aber der vorgegebene Gesetzeszweck vereitelt, denn durch die Nichtanrechnung des strittigen Zeitraumes auf die Ausbildungsphase werde der Beschwerdeführer gleichsam "bestraft", zumal es für die Ablegung der Dienstprüfung für den Allgemeinen Verwaltungsdienst nicht ausschlaggebend sei könne, ob die Grundausbildung ausschließlich im Rahmen der Verwaltungsakademie des Bundes oder ausschließlich im Rahmen des Bildungszentrums der Finanzverwaltung absolviert werde. Auch wenn man auf die keineswegs dem Gesetz zu entnehmende Argumentation im angefochtenen Bescheid eingehe, so sei des Weiteren zu erwidern, dass der derzeitige Arbeitsplatz der Funktionsgruppe 1 zuzuordnen sei, der damalige Arbeitsplatz in einer Zentralstelle nach heutigen Maßstäben in einer höheren Funktionsgruppe einzustufen und somit sogar als höherwertig anzusehen sei. Wenn im Bescheid weiters die Gleichartigkeit der Tätigkeiten in Abrede gestellt werde, weil er nunmehr vor allem Rechtsmittel erledige, so werde dabei übersehen, dass zum Aufgabengebiet eines Bereichsleiters in einer Fach- und Rechtsmittelabteilung einer Finanzlandesdirektion ebenso "die schriftliche und auch fernmündliche Beantwortung von Fragen von Abgabenpflichtigen und steuerlichen Vertretern sowie gutachterliche Äußerungen und Stellungnahmen zu Entwürfen von Gesetzen, Verordnungen, Doppelbesteuerungsabkommen uä" gehörten, sodass sich eine nicht unbeträchtliche Überschneidung der (beiden) Tätigkeitsfelder ergebe. Da die im Dienstverhältnis zum "(damaligen) BMGSK" erworbenen Kenntnisse sehr wohl für die derzeitige Verwendung von besonderer Bedeutung, für ihn als Beamten aber auch für die Hoheitsverwaltung von Vorteil und darüber hinaus geeignet gewesen seien, die erforderliche Ausbildungszeit ganz oder teilweise zu ersetzen, stelle er nochmals den Antrag "auf Zustimmung der Anrechnung" der strittigen Vordienstzeit auf die Ausbildungszeit gemäß § 138 Abs. 3 Z. 1 BDG 1979 idF BGBl. I Nr. 61/1997.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 3. Juli 1998 wies die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG die Berufung ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Begründend führte sie nach Darstellung des bisherigen Verwaltungsgeschehens und der Rechtslage aus, dem erstinstanzlichen Bescheid sei zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer beim (damaligen) Bundesministerium für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz in einer (bestimmten) Rechtsabteilung tätig und dort vor allem mit Rechtsauskünften, Beantwortung von Anfragen und Ausarbeitung von Gesetzen und Verordnungen auf dem Gebiet des Gesundheitswesens, des Krankenanstaltenrechts und der Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten befasst gewesen sei. Nunmehr stehe er im Bereich der FLD als Bereichsleiter einer Geschäftsabteilung in Verwendung. Es handelte sich bei beiden Verwendungen um zwei grundverschiedene Fachbereiche, was auch durch die gesonderte Grundausbildungsverordnung, die für den Finanzdienst durch die Verordnung des Bundesministeriums für Finanzen mit BGBl. Nr. 816/1992 angeordnet worden sei, zum Ausdruck gebracht werde. Nach Abs. 3 des § 138 BDG 1979 könnten bestimmte Vorverwendungen, also Zeiten, die der "pragmatisierte" Bedienstete unmittelbar vor Beginn des Dienstverhältnisses als Beamter in einem anderen Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft zurückgelegt habe, auf die Zeit der Ausbildungsphase angerechnet werden. Dies jedoch nur dann, wenn mit diesen Verwendungen eine tatsächliche Praxis nachgewiesen werde, die der nunmehrigen Verwendung hinsichtlich der Art und Qualität zumindest gleichkomme. Dies sei dann der Fall, wenn der Beamte auf dem betreffenden Arbeitsplatz tätig gewesen sei - was im vorliegenden Fall nicht zutreffe - oder auch dann, wenn er beim Bund eine gleichartige und zumindest gleichwertige Tätigkeit ausgeübt habe. Der zweite Tatbestand sei hinsichtlich der gleichwertigen Tätigkeit beim Bund erfüllt, weil der Beschwerdeführer als "VB I/a beim (damaligen) BMGSK in der Rechtsabteilung" in Verwendung gestanden sei. Jedoch liege im vorliegenden Fall die geforderte Gleichartigkeit nicht vor, weil der Beschwerdeführer mit der Erteilung von Rechtsauskünften und mit der Beantwortung von Anfragen auf dem Gebiet des Gesundheitswesens befasst gewesen sei. Sein Zuständigkeitsbereich sei vor allem im Krankenanstaltenrecht und in der Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten gelegen. Dies werde durch die für die jeweils inhaltlich verschiedenen Verwendungen gesondert angeordneten Verordnungen über die Grundausbildung für die Verwendungsgruppe A untermauert. Da der Zweck der Ausbildungsphase der Praxisschöpfung und dem Erwerb von Kenntnissen diene, die den Beschwerdeführer befähigten, die nunmehrige Verwendung als Bereichsleiter mit dem Aufgabengebiet der Rechtsmittelerledigung der Besteuerung von Körperschaften in der vollen Bandbreite auszuüben, könne einer Anrechnung der Zeit vom 13. Dezember 1993 bis 27. Mai 1994 auf die Zeit der Ausbildungsphase nicht in Betracht gezogen werden, auch wenn die Verwendung in diesem Zeitraum als gleichwertig zu beurteilen sei. Die "VB I/a-Zeit im BMGSK" sei somit mangels Gleichartigkeit - es handle sich um zwei grundverschiedene Fachbereiche - nicht von besonderer Bedeutung und sei nicht dazu geeignet, die erforderliche Ausbildungszeit auch nur teilweise zu ersetzen. Da daher einer Anrechnung der vom Beschwerdeführer beantragten Zeit auf die Ausbildungsphase die Zustimmung nicht erteilt werden könne, sei die Berufung abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Zu dieser Gegenschrift erstattete der Beschwerdeführer

unaufgefordert eine Replik.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

A. Rechtslage

§ 138 BDG 1979, der durch das Besoldungsreform-Gesetz 1994, BGBl. Nr. 550, im Zusammenhang mit der Schaffung des neuen Funktionszulagenschemas (hier: im allgemeinen Verwaltungsdienst nach den §§ 136 ff BDG 1979) eingeführt wurde und sich nur auf Beamte im neuen Funktionszulagenschema bezieht, lautet in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung (Zustimmungskompetenz im Abs. 3 auf Grund der Novelle BGBl. I, Nr. 61/1997, Abs. 3 Z. 2 in der Fassung der diesbezüglich am 1. Juli 1998 in Kraft getretenen Novelle BGBl. I Nr. 123/1998):

"Ausbildungsphase

§ 138. (1) Unabhängig von der Zuordnung des Arbeitsplatzes zu einer Funktionsgruppe oder zur Grundlaufbahn sind die Beamten des Allgemeinen Verwaltungsdienstes am Beginn des Dienstverhältnisses bis zum Abschluss der Ausbildungsphase in die Grundlaufbahn einzustufen.

(2) Als Ausbildungsphase gelten

1.

in den Verwendungsgruppen A 1 und A 2 die ersten vier Jahre,

2.

in der Verwendungsgruppe A 3 die ersten beiden Jahre und

3.

in den Verwendungsgruppen A 4 und A 5 das erste Jahr des Dienstverhältnisses.

(3) Mit Zustimmung des Bundesministers für Finanzen können

1. Zeiten, die der Beamte unmittelbar vor Beginn des Dienstverhältnisses in einem anderen Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft zurückgelegt hat,

2. Zeiten in einem Ausbildungsverhältnis nach § 12 Abs. 2 Z 4 lit. b, c oder d des Gehaltsgesetzes 1956 und

3. Zeiten einer Tätigkeit oder eines Studiums, die nach § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 zur Gänze für die Festsetzung des Vorrückungsstichtages berücksichtigt worden sind,

auf die Zeit der Ausbildungsphase angerechnet werden, soweit sie für die Verwendung des Beamten von besonderer Bedeutung und dazu geeignet sind, die erforderliche Ausbildungszeit ganz oder teilweise zu ersetzen.

(4) In der Ausbildungsphase sind Beamte nicht zu Vertretungstätigkeiten heranzuziehen, solange nicht zwingende Gründe eine Ausnahme erfordern. Probeweise Verwendungen auf wechselnden Arbeitsplätzen gelten nicht als eine Vertretungstätigkeit.

(5) Die Abs. 1 bis 4 sind auf Beamte, die im Wege eines Ausschreibungsverfahrens mit einer Leitungsfunktion betraut sind, nicht anzuwenden."

Das Erfordernis des unmittelbaren Vorangehens eines "anrechnungsfähigen" Dienstverhältnisses nach § 138 Abs. 3 Z. 1 BDG 1979 entfiel erst auf Grund des Art. II Z. 4 des Vertragsbedienstetenreformgesetzes, BGBl. I Nr. 10/1999, der gemäß § 278 Abs. 33 BDG 1979 am 1. Jänner 1999 in Kraft getreten ist und daher im Beschwerdefall auf Grund der zeitlichen Lagerung nicht anzuwenden ist.

Die EB zur RV zum Besoldungs-Reformgesetz, 1577 Blg Sten Prot NR 18.GP, führen auf Seite 166 f zu § 138 u. a. Folgendes aus:

"In der ersten Zeit des Dienstverhältnisses (Ausbildungsphase) ist vom Beamten noch nicht die vollwertige Ausübung aller Aufgaben eines höher als der Grundlaufbahn zugeordneten Arbeitsplatzes zu erwarten. Diesem Umstand wird üblicherweise durch innerorganisatorische Maßnahmen Rechnung getragen. Für diese Zeit soll daher auch keine Funktionszulage, sondern ausschließlich das Gehalt der Grundlaufbahn gebühren.

...

Abs. 3 sieht die Möglichkeit vor, bestimmte Vorwendungen auf die Ausbildungsphase anzurechnen. Dies jedoch nur dann, wenn mit diesen Vorverwendungen eine Praxis nachgewiesen wird, die der nunmehrigen Verwendung hinsichtlich der Art und Qualität zumindest gleichkommt. Dies ist zB dann der Fall, wenn der Beamte bereits als Vertragsbediensteter auf dem betreffenden Arbeitsplatz tätig war, oder auch dann, wenn er beim Bund oder einer anderen inländischen Gebietskörperschaft eine gleichartige und zumindest gleichwertige Tätigkeit ausgeübt hat. Abs. 3 Z. 2 berücksichtigt darüber hinaus Zeiten der Gerichtspraxis und der nach dem Ärztegesetz 1984 zur ärztlichen Berufsausübung vorgeschriebenen praktischen Tätigkeit an einer zugelassenen Ausbildungsstätte.

Die Anrechnung auf die Ausbildungsphase unterscheidet sich von der nach § 11 Abs. 3 vorgesehenen Einrechnung in die Zeit des provisorischen Dienstverhältnisses. Zweck der Ausbildungsphase sind die Praxisschöpfung und der Erwerb von Kenntnissen, die den Beamten befähigen, auch hervorgehobene Verwendungen in ihrer vollen Bandbreite auszuüben, während es Zweck des - einheitlich mit einer Dauer von sechs Jahren festgelegten - provisorischen Dienstverhältnisses ist, die Eignung für die Übernahme in ein unkündbares Dienstverhältnis nachzuweisen.

Diesem unterschiedlichen Zweck trägt auch der Umstand Rechnung, dass Zeiten, die nicht bei einer inländischen Gebietskörperschaft zurückgelegt worden sind, aber wegen ihrer besondere Bedeutung für die nunmehrige Verwendung gemäß § 12 Abs. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 zur Gänze für die Ermittlung des Vorrückungsstichtages berücksichtigt wurden, in das provisorische Dienstverhältnis nur bis zum Höchstausmaß von zwei Jahren eingerechnet werden können, während diese Obergrenze für die Anrechnung auf die Ausbildungsphase nicht gilt.

..."

B. Beschwerdeausführungen

1. Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer im Wesentlichen geltend, die Auffassung der belangen Behörde, die vorliegende Vorverwendung könne nur dann auf die Zeit der Ausbildungsphase eines Beamten angerechnet werden, "wenn er beim Bund eine gleichartige und zumindest gleichwertige Tätigkeit ausgeübt hat", stehe mit dem Gesetzeswortlaut nicht im Einklang, der jeden Hinweis auf die Maßgeblichkeit dieser Kriterien vermissen lasse. Diese Auffassung sei auch mit dem Gesetzeszweck der Besoldungsreform (größere Mobilität und Flexibilität der Beamten) nicht vereinbar. § 138 BDG 1979 ermächtige nur zu einer Ermessensentscheidung bezüglich des Ausmaßes der Anrechung bei Vorliegen der beiden Tatbestandsmerkmale (besondere Bedeutung und Eignung zum Ersatz der Ausbildungszeit), also zu einem Auswahlermessen. Dies folge aus einer verfassungskonformen Auslegung (Art 18 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 130 Abs. 2 B-VG):

Die beiden im Bereich der Gebundenheit zu beurteilenden Tatbestandsvoraussetzungen ließen nämlich für das "Ob" der Anrechnung keinen Raum für weitere Kriterien (wie zB Gleichartigkeit und Gleichwertigkeit), die als Ermessensdeterminanten in Betracht kämen. Ihnen komme eine Doppelrolle zu: im gebundenen Bereich, ob überhaupt eine Anrechnung vorzunehmen sei und im Ermessensbereich bezüglich des Ausmaßes der Anrechnung (Hinweis auf das zu § 75 Abs. 3 BDG 1979 in der Fassung vor der 1. BDG-Novelle 1997, BGBl. I Nr. 61, ergangene hg. Erkenntnis vom 24. September 1997, 97/12/0178). Der Erkenntnis- und Erfahrungszugewinn des Beschwerdeführers aus seiner Tätigkeit als Vertragsbediensteter im damaligen "BMGSK", der ihm zweifelsohne bei seinem Wechsel in den Finanzdienst zugute gekommen sei, sei sehr wohl von besonderer Bedeutung und auch geeignet, die Ausbildungszeit zu ersetzen, wie er bereits in seiner Berufung dargelegt habe.

Die Willkür der Behörde zeige sich auch darin, dass sie ihm die Gerichtspraxis nach § 138 Abs. 3 Z 2 BDG 1979 auf die Ausbildungsphase angerechnet habe, obwohl diese Tätigkeit im Ressortbereich des Bundesministeriums für Justiz - folge man ihrer jetzigen Argumentation - (in Bezug auf seine nunmehrige Verwendung im Finanzdienst) zwar gleichwertig, aber sicher weniger gleichartig sei als eine (andere) Tätigkeit in der Hoheitsverwaltung. Da aber offensichtlich die Gerichtszeit für die (jetzige) Tätigkeit des Beschwerdeführers (im Finanzdienst) die beiden Kriterien nach § 138 Abs. 3 BDG 1979 erfülle, müsse dies umso eher für seine Zeit als VB I/a beim damaligen "BMGKS" gelten.

Aber selbst wenn die Auslegung des § 138 leg. cit. durch die belangte Behörde zutreffend sein sollte, liege eine Gleichartigkeit beider Tätigkeiten vor. Die Behörde gehe nämlich offensichtlich davon aus, dass er in seiner aktuellen Verwendung ausschließlich Rechtsmittel im Zusammenhang mit der Besteuerung von Körperschaften erledige. Sie lasse dabei völlig sein Berufungsvorbringen außer acht, in dem er aufgezeigt habe, worin eine nicht unbeträchtliche Überschneidung beider Arbeitsbereiche bestehe.

Der Hinweis auf die verschiedenen Ausbildungsverordnungen könne gleichfalls den angefochtenen Bescheid nicht tragen. Für den Verwaltungsdienst sei es nicht von Bedeutung, ob die Dienstprüfung im Rahmen der Verwaltungsakademie des Bundes oder im Bildungszentrum der Finanzverwaltung abgelegt werde: Bei einem Ressortwechsel eines Beamten zB aus dem Bereich des (damaligen) BMGKS in die Finanzverwaltung oder umgekehrt gehe der "Beamtenstatus" nicht verloren. Es erscheine in jedem Fall nicht einsichtig, dass eine rechtliche Tätigkeit in einem Ministerium nicht geeignet sei, die Qualifikation einer Ausbildungszeit für eine rechtliche Tätigkeit in einer FLD zu erfüllen.

2. Die Beschwerde ist im Ergebnis berechtigt.

2.1. Im Beschwerdefall ist ausschließlich die Frage strittig, ob dem Beschwerdeführer die Zeit seiner Tätigkeit im damaligen Bundesministerium für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz als Vertragsbediensteter des Entlohungsschemas I, Entlohnungsgruppe a (Rechtsauskünfte, Beantwortung von Fragen und Legistik auf dem Gebiet des Gesundheitswesens, Krankenanstaltenrechts und der Bekämpfung übertragbarer Krankheiten) - im Folgenden auch strittige Vorverwendung genannt - auf die Zeit seiner Ausbildungsphase als Beamter in seiner jetzigen Verwendung (Bereichsleiter einer Geschäftsabteilung einer FLD mit dem Schwerpunkt Rechtsmittelerledigung betreffend Besteuerung von Körperschaften) nach § 138 Abs. 3 BDG 1979 angerechnet werden kann oder nicht. Strittig ist dabei insbesondere die Auslegung der beiden Anrechnungsvoraussetzungen des letzten Halbsatzes dieser Bestimmung, die für alle in den Z. 1 bis 3 taxativ genannten Vorverwendungen, die für eine Anrechnung überhaupt in Betracht kommen, gelten.

2.2. Von den Vorverwendungen nach § 138 Abs. 3 Z. 1 bis 3 BDG 1979 kommt im Beschwerdefall von vornherein nur die Z. 1 in Betracht.

Es kann dahingestellt bleiben, wie das Wort "unmittelbar" in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung der Z. 1 letztlich auszulegen ist (vgl. dazu die Ausführungen im AB zum Vertragsbedienstetenreformgesetz, 1561 Blg Sten Prot NR 20. GP, Seite 26 zu Art. II Z. 4, der dieses Erfordernis ersatzlos aufhob). Selbst wenn damit bloß ein zeitlicher Zusammenhang zum Ausdruck gebracht werden sollte, stünde dies der Anwendbarkeit dieser Bestimmung im Beschwerdefall nicht entgegen. Auf Grund der bloß kurzen Zeitspanne, die zwischen dem hier strittigen ersten Dienstverhältnis zum Bund (das am 27. Mai 1994 geendet hat) und dem dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis unmittelbar vorangegangenen zweiten Dienstverhältnis zum Bund (das zwischen dem 6. Juni 1994 bis zum Beginn des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses am 1. März 1996 bestanden hat) liegt und der Identität des Dienstgebers besteht nämlich nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshof zwischen den beiden Vertragsbedienstetenverhältnissen ein "Fortsetzungszusammenhang", der die Anwendbarkeit des § 138 Abs. 3 Z. 1 BDG 1979 (in der hier maßgebenden Fassung) auch für die strittige (erste) Vorverwendung nicht ausschließt.

Sollte mit dem Wort "unmittelbar" aber ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen der Vorverwendung nach Z. 1 (in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung) und der aktuellen Verwendung im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis gemeint (gewesen) sein, wäre dies ohnehin durch den letzten Satzteil des Abs. 3 erfasst (dessen Auslegung hier strittig ist) und begründete kein zusätzlichen Ausschlusskriterium für die der Z. 1 zu unterstellenden Fälle.

2.3. Im Beschwerdefall ist es für den Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens auch ohne Bedeutung, dass die Ausbildungszeit des Beschwerdeführers auf Grund der bereits erfolgten Anrechnung von Zeiten bestimmter Vorverwendungen auf Grund des rechtskräftigen Bescheides der FLD vom 29. September 1997 (im Ausmaß von 2 Jahren 8 Monaten und 25 Tagen) jedenfalls bereits am 5. Mai 1997 und damit vor der Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides, der die Zeit einer weiteren (strittigen) Vorverwendung betrifft, geendet hat. Im Fall einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides könnte es nämlich im fortgesetzten Verfahren zu einer weiteren Anrechnung nach § 138 Abs. 3 BDG 1979 kommen, die seine Ausbildungsphase zu einem früheren Zeitpunkt als bisher enden lassen würde. Dies würde sich im Beschwerdefall (der Beschwerdeführer wurde bereits in der Ausbildungsphase auf einem Arbeitsplatz, der der Funktionsgruppe 1 zugeordnet ist, verwendet) wegen des früheren Entfalls der nach § 39 Abs. 2 GG mit der Ausbildungsphase verbundenen besoldungsrechtlichen Folgen zu Gunsten des Beschwerdeführers dahin auswirken, dass ihm im Ausmaß der weiteren Anrechnung ein Anspruch auf Funktionszulage nach § 30 Abs. 1 GG zustünde. Für diesen möglichen vermögensrechtlichen Anspruch käme im Beschwerdefall eine Verjährung selbst dann nicht in Betracht, wenn man den Lauf der Verjährungsfrist bereits mit dem Zeitpunkt der anspruchsbegründenden Leistungserbringung (hier: im ersten Halbjahr 1997) beginnen ließe, da der Beschwerdeführer - selbst unter dieser Annahme - jedenfalls bereits durch die rechtzeitige Geltendmachung der Anrechnung der hier strittigen (weiteren) Vorverwendung nach § 138 Abs. 3 BDG 1979 (hier: Ende 1997) den sich daraus (im Falle der Erfolges) ergebenden besoldungsrechtlichen Anspruch (im Sinne des § 13b Abs. 1 GG) geltend gemacht hat. Es kann daher die (abschließende) Klärung der Frage dahingestellt bleiben, ab wann die Frist für die Verjährung eines Anspruches nach § 30 Abs. 1 GG bei der im Beschwerdefall gegebenen Konstellation zu laufen beginnt und wie sich eine allenfalls eingetretene Verjährung eines mit der Anrechnung nach § 138 Abs. 3 BDG 1979 verbundenen besoldungsrechtlichen Anspruches auf ein verwaltungsgerichtliches Verfahren, das den dienstrechtlichen "Anrechnungsstreit" betrifft, auswirken würde.

2.4. Die belangte Behörde hat die Versagung der Anrechnung der strittigen Vorverwendung im Wesentlichen damit begründet, dass sie in einem grundlegend anderen Fachbereich als dem, der die nunmehrige Verwendung (Finanzdienst) zuzuordnen ist, erbracht wurde und sie mangels Gleichartigkeit nicht von besonderer Bedeutung und nicht dazu geeignet sei, die erforderliche Ausbildungszeit auch nur teilweise zu ersetzen.

§ 138 Abs. 3 BDG 1979 sieht vor, die innerhalb derselben Verwendungsgruppe vom Gesetzgeber auf Grund einer typischen Durchschnittsbetrachtung einheitlich (schematisch) nach Abs. 2 leg. cit. für die erste Zeit des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses festgelegte Ausbildungsphase (hier: bei der Verwendungsgruppe A 1 die ersten vier Jahre im öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis) unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles durch Anrechnung bestimmter Vorverwendungen zu verkürzen. Die Anrechnung der nach Z 1 bis 3 anrechnungsfähigen Vorverwendungszeiten kann nur insoweit erfolgen, als

sie

a)

für die Verwendung des Beamten von besonderer Bedeutung und

b)

dazu geeignet sind, die erforderliche Ausbildungszeit ganz oder teilweise zu ersetzen.

Mit dem zweiten Erfordernis steht der Zweck der Ausbildungsphase nach § 138 Abs. 1 und 2 BDG 1979 in Zusammenhang. Dieser besteht darin, es dem Beamten am Beginn seiner Laufbahn im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zu ermöglichen, auf dem ihm aktuell zugewiesenen Arbeitsplatz jene Kenntnisse und Erfahrungen zu erwerben, die ihn nach ihrem Abschluss befähigen, auch höherwertige Arbeitplätze innerhalb seiner Verwendungsgruppe (d.h. Arbeitsplätze, die einer Funktionsgruppe und nicht bloß der Grundlaufbahn zugeordnet sind) vollwertig zu erfüllen. Diese Bestimmungen ermöglichen es der Dienstbehörde aber auch, den Beamten - wie im Beschwerdefall - bereits in der Zeit seiner Ausbildungsphase auf einem einer Funktionsgruppe zugeordneten Arbeitsplatz zu verwenden, ohne dass dies allerdings (den Fall nach § 138 Abs. 5 BDG 1979 ausgenommen) die sonst damit verbundenen besoldungsrechtlichen Ansprüche auslöst (vgl. dazu § 39 Abs. 2 GG). Zeiten von Vorverwendungen (hier: nach § 138 Abs. 3 Z. 1 BDG 1979), die durch ihre Anrechnung die Dauer der Ausbildungsphase nach § 138 Abs. 2 BDG 1979 ganz oder teilweise ersetzen sollen, müssen daher zu jenem Ergebnis führen, das ansonst typischerweise in der in der vorgesehenen Ausbildungsphase zurückgelegten Ausbildungszeit erzielt werden soll.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes beziehen sich die EB zur RV zum Besoldungsreform-Gesetz 1994 primär auf diese Voraussetzung, wenn sie - wenn auch mit anderen Worten - ausführen, die Anrechnungsfähigkeit sei nur gegeben, wenn mit der Vorverwendung eine Praxis nachgewiesen werde, "die der nunmehrigen Verwendung hinsichtlich der Art und Qualität zumindest gleichkommt". Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hat sich daher die belangte Behörde mit ihrem tragenden Argument (mangelnde Gleichartigkeit), das sie im Übrigen auf die beiden in § 138 Abs. 3 BDG 1979 vorkommenden Kriterien bezogen hat, nicht eines weiteren in dieser Bestimmung nicht genannten Anrechnungskriteriums bedient. Es ist daher auch nicht weiter auf die Ausführungen des Beschwerdeführers einzugehen, ob und inwieweit § 138 Abs. 3 BDG 1979 eine Ermessensbestimmung ist.

Zutreffend ist aber die Rüge, soweit sie im Ergebnis darauf hinausläuft, die Behörde sei von einem zu engen Begriff der "Gleichartigkeit" ausgegangen.

Schon der obzitierten Wendung aus den EB zur RV zum Besoldungsreform-Gesetz 1994 ("der Art und Qualität zumindest gleichkommt") lässt sich das von der Behörde vertretene enge Begriffsverständnis, das ausschließlich auf den gleichartigen "Fachbereich" abstellt, nicht zwingend entnehmen. Auch die beiden in den EB genannten Beispiele stützen nicht die Auffassung der belangten Behörde, macht doch das zweite Beispiel klar, dass es jedenfalls im Vergleich mit der aktuellen Verwendung nicht auf idente fachliche Aufgabenstellungen in der Vorverwendung ankommt.

Dazu kommt die -  soweit dies aus der Sicht des Beschwerdefalles von Bedeutung ist - von § 138 Abs. 3 Z. 2 BDG 1979 erfasste Rechtspraktikantenzeit, für deren Anrechnung (ebenso wie für die Z. 1 und 3) gleichfalls der letzte Halbsatz dieser Bestimmung gilt. Nichts deutet darauf hin, dass die Anrechenbarkeit der Gerichtspraxis bei juristischen Verwendungen in der Verwendungsgruppe A 1 nur als marginale Randerscheinung in Betracht kommen soll, was aber angesichts der doch sehr verschiedenartigen Aufgaben im Bereich der Verwaltung der Fall wäre, stellte man auch hier auf das Erfordernis eines gleichartigen Fachbereiches ab. Zutreffend hat die belangte Behörde in der Gegenschrift ausgeführt, dass die Rechtspraktikantenzeit dazu diene, während dieser Zeit allgemeine Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erwerben, um juristische Tätigkeiten - auch in verschiedenen Sachgebieten - auszuüben und sie daher aus diesem Grund dem Beschwerdeführer zur Gänze angerechnet worden sei. Damit sind aber die beiden in § 138 Abs. 3 letzter Halbsatz BDG 1979 genannten Kriterien (die für die Z. 1 bis 3 gleichermaßen gelten) auch unter diesem Gesichtspunkt eines "allgemeinen" Ausbildungszweckes erfüllt. Zwar teilt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, dass dieser "allgemeine Ausbildungszweck" bei der Gerichtspraxis zweifellos im Vordergrund steht. Er ist aber mit jeder anderen juristischen Verwendung am Beginn eines Dienstverhältnisses zu einer Gebietskörperschaft ebenfalls verbunden und eine keineswegs zu vernachlässigende Größe, zumal die Absolvierung der Gerichtspraxis (jedenfalls im Bundesbereich) kein allgemeines Anstellungserfordernis für eine Verwendung in der Verwaltung ist und auch eine bloß teilweise Anrechnung der Vorverwendung in Betracht kommt.

Dazu kommt, dass der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren unter Anführung konkreter Beispiele auf eine seiner Meinung nach nicht unbeträchtliche Überschneidung seiner Tätigkeiten in der strittigen Vorverwendung und auf seinem nunmehrigen Arbeitsplatz in der Finanzverwaltung (u.a. was die Legistik betrifft) hingewiesen hat. Ob dies zutrifft, wurde von der belangten Behörde nicht weiter geprüft, weil dies auf Grund ihrer Rechtsansicht nicht erheblich war.

Zur Beurteilung der beiden Voraussetzungen nach dem letzten Halbsatz des § 138 Abs. 3 BDG 1979 ist es aber erforderlich, dass ein konkreter Vergleich zwischen der Vorverwendung und der nunmehrigen Tätigkeit im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis während der Ausbildungsphase vorgenommen wird. Dabei ist einerseits an Hand der tatsächlichen Verrichtungen des Beschwerdeführers in der Vorverwendung das dort erworbene Ausmaß der (allgemeinen und speziellen) Fähigkeiten und Kenntnisse festzustellen und hierauf zu klären, ob sein Verwendungserfolg in seiner nunmehrigen tatsächlichen Tätigkeit am Beginn seines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses insgesamt oder in nicht unwesentlichen Teilbereichen über dem eines Beamten ohne einer derartigen Vorverwendung lag und ob die Vorverwendung für diesen Verwendungserfolg in der nunmehrigen Tätigkeit maßgebend war. Von besonderer Bedeutung ist die Vorverwendung dann, wenn der durch sie verursachte Erfolg der Verwendung in der nunmehrigen Tätigkeit ohne sie nur in einem beträchtlich geringeren Ausmaß gegeben wäre.

Das zweite Kriterium nach § 138 Abs. 3 BDG 1979 setzt gleichfalls einen Vergleich voraus, und zwar zwischen den konkret erworbenen Kenntnissen und Erfahrungen in der Vorverwendung einerseits und den in der Ausbildungszeit typischerweise in der nunmehrigen Verwendung zu erwerbenden Kenntnissen und Erfahrungen andererseits, für deren Ermittlung auch auf Ausbildungsvorschriften zurückgegriffen werden kann. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Grundausbildungsverordnung für die Verwendungsgruppe A (Finanzdienst), BGBl. Nr. 816/1992, auch im Ausbildungslehrgang vorzutragende Gegenstände (vgl. dazu Punkt 1 und 2 der Anlage der Gegenstände zu § 5 Abs. 2) nennt, in denen der Beschwerdeführer in seiner strittigen Vorverwendung allenfalls besondere Kenntnisse erworben haben könnte.

Die belangte Behörde hat es im Beschwerdefall auf Grund ihrer fehlerhaften Rechtsansicht unterlassen, derartige konkrete Erhebungen anzustellen, die eine hinreichende Überprüfung ermöglichen, ob zumindest eine der beiden Voraussetzungen nach § 138 Abs. 3 BDG 1979 nicht gegeben ist. Ausführungen in der Gegenschrift können eine fehlende Bescheidbegründung nicht ersetzen.

Aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 und 49 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 19. Dezember 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998120218.X00

Im RIS seit

14.02.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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