TE Vwgh Beschluss 2000/12/19 2000/05/0014

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Veröffentlicht am 19.12.2000
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §10 Abs1;
AVG §63 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde 1. der WP-RM Liegenschaftsverwertungs GesmbH in Wien IV, Favoritenstraße 7,

2. des Mag. Johannes Mansbart in Perchtoldsdorf und 3. des Dipl. Ing. Harald Pallausch in Perchtoldsdorf, alle Beschwerdeführer anlässlich der Beschwerdeführung vertreten durch Schönherr, Barfuss, Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien I, Tuchlauben 13, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 13. Dezember 1999, Zl. MD-VfR - B XIX - 33 und 36/99, den Beschluss gefasst:

Spruch

1. Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin wird als gegenstandslos geworden erklärt und das diesbezügliche Verfahren eingestellt.

2. Die Beschwerde des Zweit- und des Drittbeschwerdeführers wird zurückgewiesen.

Begründung

Zu 1.:

Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin wurde mit Schriftsatz der Erstbeschwerdeführerin vom 4. Mai 2000 zurückgezogen. Der Schriftsatz wurde vom alleinigen Geschäftsführer der Erstbeschwerdeführerin, wie sich aus einem vom Verwaltungsgerichtshof eingeholten Firmenbuchauszug ergibt, unterfertigt. Damit traten die Wirkungen des § 33 Abs. 1 VwGG ein.

Zu 2.:

Aus der Beschwerde, den mit der Beschwerde vorgelegten Urkunden und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender

Sachverhalt:

Die K-WohnhauserrichtungsgmbH, deren Geschäftsführer der Zweitbeschwerdeführer und deren Prokurist der Drittbeschwerdeführer ist, hat in Wien XIX ein Wohnhaus mit Eigentumswohnungen errichtet. Die K. verkaufte einen 115/8953stel Anteil an der Liegenschaft an Mag. A. Im Punkt IX 7 dieses Kaufvertrages bevollmächtigte der Käufer den Zweit- und den Drittbeschwerdeführer unwiderruflich bis zur Vollbeendigung sämtlicher Bauvorhaben auf der vertragsgegenständlichen Liegenschaft, den Käufer vor der Baubehörde oder anderen Behörden im Zusammenhang mit allen die Liegenschaft und Nachbarliegenschaften betreffenden Angelegenheiten zu vertreten. Im Punkt XV 7 verpflichtete sich (auch) der Käufer, die in diesem Vertrag übernommenen Rechte und Pflichten auf seinen Rechtsnachfolger zu überbinden.

In der Folge verkaufte Mag. A. seinen Liegenschaftsanteil zur Gänze an die Erstbeschwerdeführerin. Auf die Überbindungsverpflichtung im Kaufvertrag zwischen der K. und Mag. A wurde in dieser Vereinbarung ausdrücklich Bezug genommen. Die Erstbeschwerdeführerin als Käuferin übernahm sämtliche Rechte und Pflichten aus jenem Vertrag mit der Verpflichtung zur weiteren Überbindung auf weitere Rechtsnachfolger.

In der Folge hat die Erstbeschwerdeführerin mehrere Eingaben an die Baubehörde gemacht, die zu Bescheiden des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37/19, vom 14. Juni 1999 und vom 8. Juli 1999 führten. Gegen diese Bescheide hat die Erstbeschwerdeführerin jeweils Berufung erhoben, worüber mit dem hier angefochtenen Bescheid in der Weise entschieden wurde, dass die erstinstanzlichen Bescheide behoben wurden.

Vor Erlassung des angefochtenen Bescheides vom 13. Dezember 1999, nämlich mit Schreiben vom 10. Dezember 1991, erging an die belangte Behörde ein von den Beschwerdeführervertretern gefertigter Schriftsatz. In diesem Schriftsatz wird im Kopf zunächst die Erstbeschwerdeführerin als Berufungswerber bezeichnet, weiters ausgeführt, dass der Berufungswerber durch den Zweit- und den Drittbeschwerdeführer vertreten sei und diese durch die Beschwerdeführervertreter vertreten seien. Der Schriftsatz wird mit "Berufungsverzicht" tituliert und es wird in ihm zunächst auf die gegen den Bescheid vom 8. Juli 1999 mit Schriftsatz vom 14. Juli 1999 von der Erstbeschwerdeführerin erhobene Berufung verwiesen. Inhaltlich wird dargetan, dass die Zweit- und Drittbeschwerdeführer sich auf ein aufrechtes Vollmachtsverhältnis gegenüber der Erstbeschwerdeführerin auf Grund der beiden oben genannten Kaufverträge berufen können. Sie seien nach wie vor berechtigt, die Erstbeschwerdeführerin im baubehördlichen Verfahren zu vertreten und es sei ihnen daher auch möglich, die gegenständliche Berufung zurück zu ziehen. Es lägen auch keine einander widersprechenden Erklärungen zwischen Vollmachtgeber und Vollmachtnehmer vor, weil der Bevollmächtigte ein zeitlich nachgelagertes Recht der Zurückziehung der Berufung ausübe. Zusammenfassend wird ausgeführt, dass der Zweit- und der Drittbeschwerdeführer nach wie vor bevollmächtigte Vertreter der Erstbeschwerdeführerin seien und als solche rechtsverbindlich einen Berufungsverzicht abgeben und die seitens der Erstbeschwerdeführerin erhobene Berufung gegen den Bescheid vom 8. Juli 1999 zurückzögen.

Ein inhaltlich gleich lautender Schriftsatz betrifft die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 14. Juni 1989.

Im angefochtenen Bescheid wurde auf diesen Berufungsverzicht nicht Bedacht genommen. Er erging allein an die Erstbeschwerdeführerin als Berufungswerberin zu Handen eines anderen Rechtsvertreters, als es hier die Beschwerdeführervertreter sind.

Die Zweit- und Drittbeschwerdeführer sind aus nachstehenden Erwägungen zur Beschwerdeerhebung vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht legitimiert:

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges. Diese Bestimmung lässt erkennen, dass die Beschwerde nur unter Berufung auf eine eigene, gegen den Staat - als Träger der Hoheitsgewalt - gerichtete Interessenssphäre des Beschwerdeführers erhoben werden kann; fehlt es an der Behauptung, in einer eigenen Interessenssphäre verletzt zu sein, oder überhaupt an der Möglichkeit einer derartigen Verletzung, dann bedarf es zur Beschwerdeerhebung, außer in den bundesverfassungsgesetzlich vorgesehenen Fällen, einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung (ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seit seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 2. Juli 1981, Slg. Nr. 10.511/A).

Gemäß § 63 Abs. 4 AVG ist eine Berufung nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach der Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Berufung verzichtet hat. Die Zurückziehung einer bereits erhobenen Berufung ist nichts anderes als ein nachträglicher Berufungsverzicht. Es gilt für die Zurückziehung der Berufung daher das selbe wie für den Berufungsverzicht (Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren I2, 1154). Daraus folgt aber zunächst, dass nur von der Partei, die Berufung erhoben hat, diese Berufung auch zurückgezogen werden kann; das Gesetz bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass ein Dritter die von der Partei erhobene Berufung zurückziehen könnte.

Aus den vorgelegten Schriftsätzen vom 10. Dezember 1999 lässt sich auch nicht entnehmen, dass ein Dritter die Berufung zurückgenommen hätte. Vielmehr verweisen der Zweit- und Drittbeschwerdeführer schon im Kopf dieser Eingabe auf ihr Vertretungsverhältnis; inhaltlich wird ausführlich unter Hinweis auf Judikatur und Lehre das aufrechte Vollmachtsverhältnis dargetan. Die Erklärung: "Als bevollmächtigte Vertreter der Berufungswerberin geben wird im eingangs bezeichneten Verfahren rechtsverbindlich den nachfolgenden Berufungsverzicht ab und ziehen gegenständlich die seitens der" (Beschwerdeführerin) "erhobene Berufung gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien ... zurück" kann nur dahingehend verstanden werden, dass der Zweit- und der Drittbeschwerdeführer nicht im eigenen Namen aufgetreten sind, sondern ausschließlich als Vertreter der Erstbeschwerdeführerin. Dazu kommt, dass der angefochtene Bescheid über Berufungen der Erstbeschwerdeführerin abgesprochen hat und ausschließlich an die Erstbeschwerdeführerin gerichtet war.

Nach der Beschwerdeschrift erachten sich der Zweit- und der Drittbeschwerdeführer in ihrem Recht verletzt, "ihren Vollmachtgeber im Verwaltungsverfahren vertreten zu dürfen". Begründend wird ausgeführt, dem Zweit- und den Drittbeschwerdeführer erwachse gemäß § 1009 ABGB in Verbindung mit § 10 AVG aus dem Bevollmächtigungsvertrag ein gegenüber Dritten einfach gesetzlich gewährleistetes Recht, den Vollmachtgeber im Verwaltungsverfahren zu vertreten; dieses Recht sei durch die Vorgangsweise der belangten Behörde verletzt worden.

Dabei verkennen diese Beschwerdeführer zunächst, dass ein gewillkürter Parteienvertreter aber im Verwaltungsverfahren weder Beteiligter noch Partei ist (siehe die Nachweise bei Walter-Thienel, a.a.O, 294). Gemäß § 10 Abs. 1 AVG können die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter sich durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen. Schon aus diesem Einleitungssatz erhellt die Berechtigung der Partei bzw. des Beteiligten, sich eines Vertreters zu bedienen; aus § 10 AVG kann aber keinesfalls entnommen werden, dass dem Vertreter selbst ein eigenes, von ihm durchsetzbares Recht auf Vertretung des Vollmachtgebers zustehe. Allein der Vollmachtgeber kann geltend machen, dass Handlungen seines Vertreters unbeachtet geblieben wären.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 22. April 1994, Zl. 93/02/0250, die Beschwerde eines Rechtsanwaltes mangels Berechtigung zur Erhebung zurückgewiesen, der eine Berufung zwar im eigenen Namen, doch im Interesse seines Mandanten, den er nicht habe eruieren können, erhoben hat; durch die Zurückweisung dieser Berufung konnte er nicht in einem eigenen subjektiven Recht verletzt sein.

Schließlich vermag auch der Verweis im § 10 Abs. 2 AVG, wonach Zweifel über Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen seien, die gewünschte Rechtsposition des Zweit- und des Drittbeschwerdeführers nicht herbei zu führen.

Auch hier fehlt es somit an der Möglichkeit, dass der Zweit- und der Drittbeschwerdeführer in ihrer eigenen Interessenssphäre verletzt wurden. Mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung war die Beschwerde des Zweit- und des Drittbeschwerdeführers daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 19. Dezember 2000

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION Stellung des Vertretungsbefugten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000050014.X00

Im RIS seit

02.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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