TE UVS Wien 2011/07/14 04/G/21/4710/2011

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.07.2011
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr. Hollinger über die Berufung des Herrn Johannes W., vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 6. und 7. Bezirk, vom 04.04.2011, Zl. MBA 6/7 - S 102880/10, wegen Verwaltungsübertretung gemäß § 14 Abs 4 des Tabakgesetzes, BGBl. Nr. 431/1995, idgF iVm § 13c Abs 1 Z 3 und Abs 2 ad 1) Z 4 und ad 2) Z 7 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 5.7.2011 entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung insofern Folge gegeben, als das Straferkenntnis zu den Tatzeiten 2.9.2010 um 18.30 Uhr und 10.9.2010 um 19.05 Uhr behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt wird. Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die verletzten Rechtsvorschriften wie folgt zu lauten haben:

Zu Punkt 1): § 14 Abs 4 des Tabakgesetzes, BGBl. Nr. 431/1995, zuletzt geändert durch die Novelle BGBl. I Nr. 105/2007 (TabakG) iVm § 13 c Abs 1 Z 2 und Abs 2 Z 3 leg. cit. Zu Punkt 2): § 14 Abs 4 TabakG in Verbindung mit § 13 c Abs 2 Z 7 iVm § 13 b Abs 1, 2 und 3 leg. cit. In der Straffrage wird der Berufung insofern Folge gegeben, als anstelle der Geldstrafe von Euro 750,-- zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils Euro 250,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von je 2 Tagen 2 Stunden) verhängt werden. Dementsprechend verringert sich der erstinstanzliche Strafkostenbeitrag von Euro 75,-- auf zwei Mal Euro 25,-- = Euro 50,--.

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 6./7. Bezirk, vom 4.4.2011, Zl. MBA 06 - S 102880/10, enthält folgenden Spruch:

?Sie haben es als zur Vertretung nach außen Berufener, nämlich als unbeschränkt haftender Gesellschafter (§ 9 Abs 1 VStG) der W. Veranstaltungs KG zu verantworten, dass diese Kommanditgesellschaft insoferne gegen die Bestimmungen betreffend den Nichtraucherschutz gemäß § 13c Tabakgesetz verstoßen hat, als am 02.09.2010 um 18:30 Uhr, am 10.09.2010 um 19.05 Uhr, am 11.11.2010 um 19.00 Uhr im Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart einer Bar in Wien, R.-gasse, nicht dafür Sorge getragen wurde, dass

1) in den der Verabreichung von Speisen oder Getränken an Gäste dienenden Räumen des Gastgewerbebetriebes das Rauchverbot nicht eingehalten wurde, als an den meisten Tischen Aschenbecher aufgestellt waren und mehrere Gäste geraucht haben.

2) das Rauchverbot in den Gasträumen nicht durch den Rauchverbotshinweis ?Rauchen verboten? oder Rauchverbotssymbole in ausreichender Zahl und Größe überall gut sichtbar gekennzeichnet war, da diese gänzlich fehlten und unmittelbar beim Eingang zum Lokal eine Kennzeichnung als ?Abgetrennter Raucherraum im Lokal? angebracht war, obwohl das Rauchen verboten ist.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 14 Abs 4 des Tabakgesetzes, BGBl. Nr. 431/1995 idgF in Verbindung mit § 13c Abs 1 Z 3 und Abs 2 ad 1) Z 4 und ad 2) Z 7

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Euro 750,00, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen 5 Stunden,

gemäß § 14 Abs 4 Tabakgesetz

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen: Euro 75,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe. Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher Euro 825,00. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.

Die W. Veranstaltungs KG haftet für die mit diesem Bescheid über den zur Vertretung nach außen Berufenen, Herrn Johannes Willy W. verhängte Geldstrafe von EUR 750,00 und die Verfahrenskosten in der Höhe von EUR 75,00 sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs 7 VStG zur ungeteilten Hand.?

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerechte Berufung des Beschuldigten, in welcher dieser eine volle Berufung erhebt und den Ausspruch über die Schuld als auch über die Strafe bekämpft. Als Berufungsgründe werden

1) wesentliche Verfahrensmängel 2) unrichtige Sachverhaltsfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und 3) unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht. Im Übrigen stützt sich der Einschreiter auf jeden erdenklichen weiteren Berufungsgrund. Er strebe primär an, dass das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt werde. Antragsgemäß führte der Unabhängige Verwaltungssenat Wien am 5.7.2011 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. An dieser Verhandlung nahm ein rechtsfreundlicher Vertreter für den Berufungswerber teil und es wurde Herr Gerald N. zeugenschaftlich einvernommen.

Folgendes wurde zu Protokoll gegeben:

Der Berufungswerber gibt an:

?Verwiesen wird auf das bisherige Vorbringen, verwiesen wird insbesondere auf Seite 4 der Berufung, erster Absatz, wonach im Kino ein ausreichend großer Nichtraucherbereich vorliegt. Beim Veranstaltungskino handelt es sich um einen einheitlichen Gewerbebetrieb und ist insbesondere das Mitnahme von Speisen und Getränken in den Nichtraucher-Kinobereich erlaubt. Der Nichtraucherbereich ist der Kinosaal. Dieser Saal kann mit Türen vom Raucherbereich (Gastronomiebereich mit Buffet und Foyer) abgeschlossen werden. Dieser Nichtraucherbereich ist entsprechend gekennzeichnet.?

Gerald N. gibt an:

?Ich war in der Lokalität im T.-Kino nach meinen Unterlagen am 11.11. und weiters noch einmal am 21.11.2010. Das T. stellt sich sowohl als Kino als auch als Gastronomieeinrichtung dar und zwar das Kinofoyer bildet eine räumliche Einheit mit der gastronomischen Einrichtung. Es gibt keinen abgetrennten Raucherraum so wie die Kennzeichnung vor dem Eingang hinweist. Der gesamte Bereich Kinofoyer, gastronomische Einrichtung und auch die Kinokasse, die sich in diesem Bereich befindet, schätze ich als größer als 50 m². Im gesamten Bereich ist das Rauchen gestattet, es wurde auch geraucht und ich habe Aschenbecher auf den Tischen gesehen. Lediglich ein kleiner Teil wird als Nichtraucherbereich ausgewiesen, dabei handelt es sich allerdings um drei oder vier Tische beim Eingangsbereich, ca. 1/6 der Fläche. Dieser Bereich ist allerdings nicht abgetrennt. Ich habe auch den Bw mittels E-mail darauf hingewiesen, dass es sich um einen Verstoß nach dem Tabakgesetz handelt. Ich war vor ein paar Tagen im T.-Kino und habe gesehen, dass sich an der Situation seit November nichts geändert hat.

Bei den Eingängen sind ein Raucher- und ein Nichtraucherpiktogramm mit dem Zusatztext:

?abgetrennter Raucherraum im Lokal? angebracht. Dies ist die Situation zur Zeit, im November meiner Erinnerung zufolge, waren die Piktogramme nur an einem Eingang angebracht.

Die Kennzeichnung innerhalb der Räumlichkeiten war folgendermaßen: Auf den Nichtrauchertischen befand sich ein durchsichtiger Plastikaufsteller mit einem Nichtraucherpiktogramm.

Zur Zeit habe ich im Bereich der Kinokasse mich umgeschaut und kein Nichtraucher- oder Raucherpiktogramm gesehen.?

In seinen Schlussausführungen brachte der Beschuldigtenvertreter vor, dass auf das bisherige Vorbringen verwiesen werde; verwiesen werde auf die in der Berufung dargelegten Argumente, die gegen eine Strafbarkeit spreche.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

Die bezughabenden Nomen haben folgenden Wortlaut:

§ 13b Tabakgesetz

(1) Rauchverbote gemäß den §§ 12 und 13 sind in den unter das Rauchverbot fallenden Räumen und Einrichtungen durch den Rauchverbotshinweis ?Rauchen verboten? kenntlich zu machen.

(2) Anstatt des Rauchverbotshinweises gemäß Abs 1 können die Rauchverbote auch durch Rauchverbotssymbole, aus denen eindeutig das Rauchverbot hervorgeht, kenntlich gemacht werden.

(3) Die Rauchverbotshinweise gemäß Abs 1 oder die Rauchverbotssymbole gemäß Abs 2 sind in ausreichender Zahl und Größe so anzubringen, dass sie überall im Raum oder der Einrichtung gut sichtbar sind.

(4) In Betrieben gemäß § 13a Abs 1 ist kenntlich zu machen, ob in den der Verabreichung von Speisen oder Getränken an Gäste dienenden Räumen Rauchverbot gilt oder nicht, oder, sofern Rauchverbot nicht gilt, das Rauchen vom Inhaber gestattet wird oder nicht. In Räumen, in denen geraucht werden darf, hat die Kennzeichnung überdies den Warnhinweis ?Rauchen gefährdet Ihre Gesundheit und die Gesundheit Ihrer Mitmenschen? zu enthalten und ist die Kennzeichnung in ausreichender Größe und Zahl so anzubringen, dass sie überall im Raum gut sichtbar und der Warnhinweis gut lesbar ist.

(5) Die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend wird ermächtigt, Näheres über Inhalt, Art und Form der Kennzeichnung durch Verordnung festzulegen.

§ 13c Tabakgesetz

(1) Die Inhaber von

1. Räumen für Unterrichts- oder Fortbildungszwecke oder für schulsportliche Betätigung gemäß § 12,

2.

Räumen eines öffentlichen Ortes gemäß § 13,

3.

Betrieben gemäß § 13a Abs 1,

haben für die Einhaltung der Bestimmungen der §§ 12 bis 13b einschließlich einer gemäß § 13b Abs 4 erlassenen Verordnung Sorge zu tragen.

(2) Jeder Inhaber gemäß Abs 1 hat insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass

1.

in einem Raum gemäß § 12 Abs 1 nicht geraucht wird;

2.

in einem Raum gemäß § 12 Abs 2, soweit Rauchverbot gilt, nicht geraucht wird;

3.

in den Räumen eines öffentlichen Ortes, soweit nicht die Ausnahme gemäß § 13 Abs 2 zum Tragen kommt, nicht geraucht wird;

              4.              in den Räumen der Betriebe gemäß § 13a Abs 1, soweit Rauchverbot besteht oder das Rauchen gemäß § 13a Abs 4 nicht gestattet werden darf, weil für den Betrieb ein Kollektivvertrag gemäß § 13a Abs 4 Z 1 bis 4 nicht gilt, nicht geraucht wird;

              5.              in jenen Räumen der Betriebe gemäß § 13a Abs 1, in denen das Rauchverbot wegen Vorliegens einer der Voraussetzungen gemäß § 13a Abs 2 oder 3 nicht gilt, das Rauchen nur gestattet wird, wenn für den Betrieb ein Kollektivvertrag gemäß § 13a Abs 4 Z 1 bis 4 gilt;

              6.              die Bestimmungen des § 13a Abs 4 Z 4 oder Abs 5 hinsichtlich Jugendlicher oder werdender Mütter eingehalten werden,

              7.              der Kennzeichnungspflicht gemäß § 13b oder einer gemäß § 13 Abs 5 erlassenen Verordnung entsprochen wird.

§ 14 Tabakgesetz

(1) Wer

1.

Tabakerzeugnisse entgegen § 2 in Verkehr bringt,

2.

gegen die Meldepflicht gemäß § 8 verstößt oder

3.

entgegen § 11 Werbung oder Sponsoring betreibt, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 7 260 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 14 530 Euro zu bestrafen.

(2) Tabakerzeugnisse, die den Gegenstand einer nach Abs 1 strafbaren Handlung bilden, sind einzuziehen, es sei denn, es ist gewährleistet, dass sie nicht unter Verletzung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und seiner Verordnungen in Verkehr gebracht werden.

(3) Wird in einem Verwaltungsstrafverfahren rechtskräftig festgestellt, dass der Hersteller oder Importeur von Tabakerzeugnissen die Vorschriften der §§ 3 bis 7 oder der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen nicht eingehalten hat, so hat er auch die Kosten der im betreffenden Fall durchgeführten Überwachungs- und Untersuchungsmaßnahmen zu tragen.

(4) Wer als Inhaber gemäß § 13c Abs 1 gegen eine der im § 13c Abs 2 festgelegten Obliegenheiten verstößt, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach einer anderen Verwaltungsstrafbestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 2000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 10 000 Euro zu bestrafen.

(5) Wer an einem Ort, an dem gemäß den §§ 12 Abs 1 oder 2, 13 Abs 1 oder 13a Abs 1 Rauchverbot besteht oder an dem das Rauchen vom Inhaber nicht gestattet wird, raucht, begeht, sofern der Ort gemäß § 13b Abs 1 bis 4 oder einer gemäß § 13b Abs 4 erlassenen Verordnung gekennzeichnet ist und die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach einer anderen Verwaltungsstrafbestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 100 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 1 000 Euro zu bestrafen.

Zu den Tatzeiten 2.9.2010 um 18.30 Uhr und 10.9.2010 um 19:05 Uhr:

Folgendes ist aktenkundig:

Bei der Erstbehörde langte am 8.11.2010 die Anzeige eines anonymen Absenders wegen Verletzung des Tabakgesetzes ein, wonach im T.-Kino in Wien, R.-gasse am 2.9.2010 von 18.30 Uhr bis 18.40 Uhr und am 10.9.2010 um

19.05 Uhr festgestellt werden musste, dass in der von der W. Veranstaltungs KG Bar des T.-Kino auch nach Ablauf der langen Übergangsfrist überall geraucht werden durfte, obwohl dieses Lokal größer als 50 m² sei. Der Rauch der zahlreichen Raucher sei überall, es gebe überall Aschenbecher des Lokales, es stinke auch überall. Dafür gebe es den angekündigten abgetrennten Raucherraum nicht. Es werde daher jedenfalls systematisch gegen das Rauchverbot gemäß § 13a Abs 1 TabakG verstoßen.

Dazu ist auszuführen:

Gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn u.a. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht erwiesen werden kann. Nach den auch im Verwaltungsstrafverfahren zufolge § 24 VStG geltenden Grundsätzen der Erforschung der materiellen Wahrheit (§ 37 erster Satz AVG) und der Amtswegigkeit (§ 39 Abs 2 AVG) hat die Behörde dem Täter grundsätzlich den objektiven Tatbestand von sich aus nachzuweisen. Bestreitet der Beschuldigte - wie im gegenständlichen Fall - den objektiven Tatbestand eines Ungehorsamsdeliktes gesetzt zu haben, so trifft die Beweislast in dieser Hinsicht die Behörde. Zu einer Umkehrung der Beweislast gemäß § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG kommt es nur dann, wenn der objektive Tatbestand eines Ungehorsamsdeliktes feststeht, der Täter jedoch lediglich das Vorliegen eines Verschuldens in Abrede stellt (vgl. VwGH 3.12.1990, 90/19/0108). Im vorliegenden Fall liegt im Hinblick darauf, dass lediglich die anonyme Anzeige einer Person vorhanden ist, welche sichtlich nicht bereit ist, in einem Verfahren zeugenschaftlich einvernommen zu werden, keinesfalls ein gesichertes objektives Beweisergebnis dafür vor, dass die dem Berufungswerber angelasteten Verwaltungsübertretungen am 2.4.2009 tatsächlich verwirklicht wurden. Die Anzeigenangaben sind der bei der gegebenen Sachlage erforderlichen Überprüfung durch unmittelbare Beweisaufnahme vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien im Rahmen einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht zugänglich. Durch die Anonymität der Person, welche die Anzeige eingebracht hat, wird aber der Grundsatz verletzt, dass es im rechtsstaatlichen Strafverfahren keine geheimen Beweismittel gibt, keine Ausnahme duldet, die auf die in Anonymität gehaltenen Gewährsleute hinausliefe (vgl. VwGH 16.1.1984, 83/10/0238, Slg. N.F. Nr. 11.285/A, nur Rechtssatz; 13.9.1991, 91/18/0065).

Es war daher nach dem Grundsatz ?in dubio pro reo? spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Tatzeit 11.11.2010, um 19.00 Uhr:

Mit E-Mail vom 12.11.2010 gab der in der mündlichen Verhandlung gehörte Zeuge Gerald N. dem Magistratischen Bezirksamt für den 6./7. Bezirk ua folgende Beobachtungen bekannt, die er im T.-Kino, R.-gasse, Wien, am 11.11.2010, um 19.00 Uhr hinsichtlich Verstoßes gegen das Tabakgesetz gemacht hatte:

?Das ?T.? ist sowohl ein Kino als auch eine Bar. Beim Eingang ist ein Raucherpiktogramm und ein Nichtraucherpiktogramm mit dem Zusatztext ?Abgetrennter Raucherraum im Lokal? angebracht. Es gibt aber keinen abgetrennten Raucherraum! Ein paar Tische sind für Nichtraucher reserviert, die Mehrheit der Tische jedoch für Raucher. Als Kinobesucher ist man gezwungenermaßen dem Tabakrauch ausgesetzt, da die Kino-Kasse im Raucherbereich der Bar untergebracht ist. Auch der Vorraum zu den Kinosälen ist räumlich verbunden mit dem Bar-Bereich. Ein Kino ist aber nach dem Tabakgesetz ein Raum eines öffentlichen Ortes und es gilt daher absolutes Rauchverbot.?

Aus dieser Anzeige in Zusammenhalt mit der Zeugenaussage des Herrn N. in der mündlichen Verhandlung steht fest, dass das ?T.-Kino? sowohl aus einem Kino, als auch aus einer Gastronomieeinrichtung (Bar) besteht. Das Kino-Foyer bildet eine räumliche Einheit mit der gastronomischen Einrichtung und auch mit der Kino-Kassa, die sich in diesem Bereich befindet. Es wurde geraucht; Aschenbecher standen auf den Tischen. Lediglich ein kleiner Teil wurde als Nichtraucherbereich ausgewiesen, wobei es sich lediglich um 3 oder 4 Tische beim Eingangsbereich handelte, die aber nicht baulich abgetrennt waren. Dieser Sachverhalt wird vom Berufungswerber nicht bestritten. Beim Eingang in das T.-Kino war ein Raucherpiktogramm (Rauchende Zigarette auf grünem Hintergrund) und ein Nichtraucherpiktogramm (durchgestrichene rauchende Zigarette auf rotem Hintergrund) angebracht mit dem Zusatztext ?abgetrennter Raucherraum im Lokal?. Auch dies wird vom Berufungswerber nicht bestritten. Wie der Berufungswerber selbst in seinem schriftlichen Rechtsmittel und in der mündlichen Verhandlung vorbringt, handelt es sich somit beim ?T.-Kino? um einen sogenannten ?Mischbetrieb? (vom Berufungswerber als ?einheitlicher Gewerbebetrieb? bezeichnet), d.h. um einen Betrieb, der neben seiner (Haupt)Tätigkeit (im gegenständlichen Fall ?Veranstaltungskino?) auch gastgewerbliche Rechte ausübt (hier: Gastgewerbe in der Betriebsart ?Bar?).

Das Rauchverbot gilt gemäß TabakG generell in allen Räumen ?öffentlicher Orte?. Nach der Definition im Tabakgesetz ist unter ?öffentlicher Ort? jeder Ort zu verstehen, der von einem nicht von vornherein beschränkten Personenkreis ständig oder zu bestimmten Zeiten betreten werden kann. Darunter fallen beispielsweise Geschäftslokale, Einkaufszentren, Kinos, Reisebüros, Fitnessbetriebe, Büroräume oder ähnliche Räume mit Kundenverkehr.

Als Ausnahme vom Rauchverbot können in Einrichtungen, die über eine ausreichende Anzahl von Räumlichkeiten verfügen, Räume bezeichnet werden, in denen das Rauchen gestattet ist. Es muss aber gewährleistet sein, dass der Tabakrauch nicht in dem vom Rauchverbot erfassten Bereich dringt und das Rauchverbot dadurch nicht umgangen wird (siehe § 13 Abs 2 TabakG).

Für den Gastronomiebetrieb im T.-Kino, welcher unbestrittenermaßen in offener Verbindung mit dem Kino-Foyer, dem Kinokassenbereich und der Vorräumlichkeit zum Kinosaal steht, gilt somit Rauchverbot, da es sich um keine räumlich abgetrennte Einheit handelt. Die Einrichtung eines abgetrennten Raucherraumes nach § 13 Abs 2 TabakG wäre möglich, ist jedoch nicht umgesetzt worden. Aus dem Regelungszusammenhang der §§ 13 und 13a des TabakG ergibt sich, dass für Räume öffentlicher Orte, wie etwa einem Kino das Rauchverbot gilt und die gastronomiespezifischen Ausnahmeregelungen nur für Räume öffentlicher Orte gelten, die der Ausübung des Gastgewerbes vorbehalten sind.

Für Bereiche im Kino, in denen ohne Abteilung zum sonstigen Kinobereich das Gastgewerbe ausgeübt wird, finden die Ausnahmebestimmungen für Gastronomiebetriebe keine Anwendung. Das Kino-Foyer und das nicht von ihm räumlich getrennte Gastronomielokal sind somit im Sinne des § 13 Abs 1 TabakG ein Raum des öffentlichen Ortes Kino, in dem der Nichtraucherschutz im Sinn der Bestimmungen des § 13 leg. cit. uneingeschränkt gilt.

Das bedeutet, dass der Sonderbestimmung des § 13a des TabakG für Gastronomiebetriebe in Kinos nur dann Anwendung finden, wenn der für die Ausübung des Gastgewerbes vorgesehene Bereich räumlich vollständig vom Kino-Foyer getrennt ist. Dies liegt dann vor, wenn der Gastronomiebereich derart vom Foyer getrennt ist, dass dieser von der Decke bis zum Boden von festen Wänden (aus Mauer, Glas etc.) umschlossen ist und bei geschlossenen Eingangstüren durch Wände und Decke kein Rauch in das Foyer dringen kann. Es muss auch gewährleistet sein, dass die Türen verschlossen sind und nur zum Ein- und Ausgehen von Gästen oder Personal geöffnet werden. All das ist aber gegenständlich - wie oben dargelegt - nicht vorhanden, weshalb absolutes Rauchverbot gilt und es unerheblich ist, dass die Raumfläche sowie die Anzahl der Sitzplätze im Kinobereich, in dem das Rauchen verboten ist, überwiegt und dies auch entsprechend gekennzeichnet ist. Durch den Umstand, dass es gestattet ist, die an der Bar angebotenen Getränke und kleinen Speisen in das Kino zur Filmaufführung mitzunehmen, wird aus dem Kinosaal keineswegs ein räumlich abgetrennter Bereich der Gastronomieeinrichtung ?Bar?. Da somit § 13a und insbesonders § 13 Abs 3 TabakG nicht zur Anwendung kommen (und im Übrigen auch von der Erstbehörde zu Recht nicht angewendet wurden) erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit den vom Berufungswerber aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Zu Punkt 2) des Straferkenntnisses ist auszuführen, dass § 13a TabakG vorschreibt, auf welche Weise Rauchverbote in Räumen öffentlicher Orte zu kennzeichnen sind:

Das Rauchverbot ist durch den Rauchverbotshinweis ?Rauchen verboten? oder durch Rauchverbotssymbole, aus denen eindeutig das bestehende Rauchverbot hervorgeht, kenntlich zu machen. Die Hinweise oder Symbole sind in ausreichender Zahl und Größe so anzubringen, dass sie überall im Raum oder der Einrichtung klar ersichtlich sind. Dies bedeutet, dass alle Räume, in denen nach § 13 TabakG Rauchverbot herrscht, gekennzeichnet sein müssen (z.B. Foyer).

Diese Kennzeichnungspflicht herrscht somit hier im gesamten Kinobereich. Die Kennzeichnung der Kinosäle mit ?Rauchverbot? ist hier nicht ausreichend. Das Rauchverbot muss jedenfalls überall sichtbar und erkennbar angebracht sein; die Kennzeichnung mit einem ?Raucherpiktogramm und dem Zusatz ?abgetrennter Raucherraum im Lokal? ist völlig unzulässig und insgesamt auch unrichtig, da - wie oben ausführlich dargelegt - kein abgetrennter Raucherraum eingerichtet wurde. Der objektive Tatbestand der dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen erweist sich daher in beiden Fällen als gegeben.

Zur subjektiven Tatseite - somit zum Verschulden - ist Folgendes auszuführen:

Bei gegenständlichen Verwaltungsübertretungen handelt es sich um Ungehorsamsdelikte, weil zum Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört und die Verwaltungsvorschrift über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden nichts bestimmt (vgl. VwGH 27.3.1990, 89/04/0226). In einem solchen Fall ist gemäß § 5 Abs 1 VStG Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Das bedeutet, dass der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, was in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismittel bzw. die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen hat. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. VwGH 6.11.1974, 1779/73), sind allgemein gehaltene Behauptungen nicht geeignet, die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens an einer angelasteten Verwaltungsübertretung als erbracht anzusehen. Ein Vorbringen, welches mangelndes Verschulden glaubhaft gemacht hätte, wird vom Berufungswerber nicht erstattet. Der Berufungswerber musste durch die zahlreichen Publikationen und Aussendungen anlässlich der Novellierung des Tabakgesetzes (siehe die vom Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend herausgegebenen Informationsblätter ?Nichtraucherschutz in Räumen öffentlicher Orte sowie in Räumen mit bestimmter Zweckwidmung? sowie ?Nichtraucherschutz in der Gastronomie? oder die von der Wirtschaftskammer herausgegebenen Merkblätter, alles im Internet nachzulesen) über die gesetzlichen Vorschriften informiert seien. Gerade der von der Wirtschaftskammer Österreich herausgegebene Frage- und Antwortkatalog zum Tabakgesetz im Bereich Gastronomie und Hotellerie gibt auf die Frage ?Gilt das Rauchverbot auch für Gastronomiebetriebe in öffentlichen Einrichtungen? die eindeutige Antwort ?Für Gastronomiebetriebe in öffentlichen Einrichtungen, wie etwa Einkaufszentren, Kinos,

Theater, Tankstellen, Supermärkten, Bahnhöfen, öffentlichen Gebäuden, ... gilt das

Rauchverbot, sofern keine bauliche Trennung von den öffentlich zugänglichen Bereichen vorliegt. Offene Gastronomiebereiche (in welchen das Rauchen erlaubt ist) in öffentlichen Einrichtungen sind daher nicht zulässig?. Insbesonders musste der Berufungswerber auch durch das ?Rundschreiben der Fachgruppe der Lichtspieltheater Juli 2007? der Wirtschaftskammer Wien ?Die Kinos, Fachgruppe Wien der Lichtspieltheater und Audiovisionsveranstalter? über das Rauchverbot und die Kennzeichnungspflicht des Rauchverbotes informiert worden sein (auch nachzulesen im Internet). Bei trotzdem vorhandenen Unklarheiten wäre der Berufungswerber verpflichtet gewesen, bei den zuständigen Behörden (Magistratische Bezirksämter) zwecks Klärung der Rechtslage nachzufragen.

Es ist daher auch vom Vorliegen der subjektiven Tatseite auszugehen. Der Berufung war somit in der Schuldfrage keine Folge zu geben. Von der vom Berufungswerber in seinem schriftlichen Rechtsmittel beantragten Lokalaugenschein konnte Abstand genommen werden, da ohnedies von den Angaben des Berufungswerbers zur örtlichen Situation ausgegangen wurde und der Sachverhalt, wie vom Zeugen Gerald N. geschildert, unbestritten blieb.

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist die Grundlage der Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß Abs 2 leg. cit. sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen, die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Zu Unrecht hat die Erstbehörde eine einheitliche Geldstrafe in der Höhe von 750,-- Euro festgesetzt, ob zwar sie dem Berufungswerber - dies zu Recht - zwei unterschiedliche Verwaltungsübertretungen zur Last gelegt hat. Es musste daher diese einheitliche Geldstrafe in zwei Geldstrafen geteilt werden, wobei der Umstand Berücksichtigung finden musste, dass der Berufung zu zwei Tatzeiten Folge gegeben wurde.

Die nunmehr verhängten zwei Geldstrafen erweisen sich aber aus folgenden Gründen als durchaus angemessen und keineswegs zu hoch:

Die Taten schädigten in nicht unerheblichem Ausmaß das als sehr bedeutend einzustufende und im Übrigen durch die Strafdrohung geschützte öffentliche Interesse an einem umfassenden Nichtraucherschutz, worunter auch die Pflicht zur Kennzeichnung des Rauchverbotes fällt, weshalb der objektive Unrechtsgehalt der Taten an sich, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, nicht als geringfügig angesehen werden kann.

Das Ausmaß des Verschuldens kann in Anbetracht der offensichtlich außer Achtlassung der objektiv gebotenen und dem Berufungswerber zuzumutenden Sorgfalt nicht als geringfügig angesehen werden (weswegen auch § 21 VStG nicht zur Anwendung kommen kann), da weder hervorgekommen noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen ist, dass die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschriften durch den Berufungswerber eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung des Straftatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kommt dem Berufungswerber nicht mehr zu Gute. Erschwerungsgründe sind nicht hervorgekommen. Der Berufungswerber hat es unterlassen, seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bekanntzugeben. Diese mussten daher eingeschätzt werden. Anhaltspunkte dafür, dass der Berufungswerber in ungünstigen finanziellen Verhältnissen lebt, sind nicht hervorgetreten. Aufgrund des Alters des Berufungswerbers und dessen berufliche Stellung ist von durchschnittlichen Einkommensverhältnissen auszugehen. Zu Gunsten des Berufungswerber wurde Vermögenslosigkeit angenommen. Sorgepflichten konnten mangels Hinweises bei der Strafbemessung keine Berücksichtigung finden.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und auf den jeweils bis zu Euro 2.000,-- reichenden gesetzlichen Strafsatz, erweisen sich die verhängten Geldstrafen nunmehr als durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal im Verfahren keine besonderen Milderungsgründe hervorgetreten sind.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zuletzt aktualisiert am
09.08.2011
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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