TE OGH 2009/12/17 13Os131/09b

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Veröffentlicht am 17.12.2009
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Dezember 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fuchs und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Kurz als Schriftführerin in der Strafsache gegen Hermann H***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB sowie einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Hermann H***** und Ing. Walter P***** gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 24. April 2009, GZ 18 Hv 99/08d-65, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Hermann H***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB (A, B), Ing. Walter P***** des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 und 15 StGB (A) schuldig erkannt.

Danach haben sie in Klagenfurt und an anderen Orten mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz, Hermann H***** überdies in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung schwerer Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, andere durch Täuschung über Tatsachen zu vermögensschädigenden Handlungen verleitet und dies versucht, wobei die herbeigeführte und intendierte Schadenssumme bezüglich beider 50.000 Euro überstieg, indem

(A) Hermann H***** und Ing. Walter P***** im einverständlichen

Zusammenwirken

I) in der Zeit vom 6. März 2002 bis zum 16. Jänner 2006 in

zahlreichen Angriffen Siegfried W***** durch Vortäuschen einer sicheren und gewinnbringenden Anlagemöglichkeit sowie der Erbringung für diesen vorteilhafter Leistungen im Sinn einer gewinnorientierten Umstrukturierung seiner Landwirtschaft zur Zahlung von insgesamt rund 118.000 Euro bewegten und durch die Vorspiegelung eines von ihm zu verantwortenden Verschuldens am Scheitern eines im Rahmen der angestrebten Umstrukturierung angeblich geplanten Projekts zu verschiedenen vermögensschädigenden Handlungen im Gegenwert von jedenfalls 1 Mio Euro zu verleiten versuchten,

II) und III) in der Zeit vom 20. Dezember 2001 bis zum 24. Oktober 2005 in zahlreichen Angriffen durch Vortäuschen sicherer und gewinnbringender Anlagemöglichkeiten sowie der Erbringung vorteilhafter Leistungen mehrere Geschädigte zur Zahlung von insgesamt etwa 196.000 Euro verleiteten, und

(B) Hermann H***** am 21. Februar 2006 Siegfried W***** durch die Vorgabe, von einer bereits verbücherten Pfandrechtsforderung 390.000 Euro als Sicherstellung für einen Kredit abtreten zu wollen, zur Unterfertigung einer auf diese Summe als Höchstbetrag lautenden Pfandrechtsurkunde bewegte, wodurch dieser im Wege der Realisierung des Pfandrechts um zumindest rund 112.000 Euro am Vermögen geschädigt werden sollte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von beiden Angeklagten aus Z 4, 5 und 9 lit a, von Ing. Walter P***** überdies aus Z 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden gehen fehl.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Hermann H*****:

Die in der Verfahrensrüge (Z 4) angesprochenen Beweisanträge wies das Erstgericht ohne Verletzung von Verteidigungsrechten ab (ON 64 S 35 f):

Der Antrag auf zeugenschaftliche Vernehmung von Herbert und Constanze R***** sowie Rudolf und Dorothea D***** zum Beweis dafür, dass „bei der Zeichnung der Projektbeteiligungen vollständig und wahrheitsgemäß aufgeklärt wurde und keine darüber hinausgehenden Zusagen gemacht wurden" (ON 64 S 34), ließ nicht erkennen, warum die begehrte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lasse und zielte solcherart auf eine im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung.

Das Begehren, Maximilian und Maria W***** sowie Dr. Eugen K***** zum Nachweis „der freiwilligen Abgabe des Veräußerungs- und Belastungsverbots, welches in keinem Zusammenhang mit der vom Zeugen W***** geschilderten Drucksituation aus den vermeintlichen Täuschungshandlungen des Erstangeklagten resultierte und keinen wie immer gearteten Zusammenhang mit der Unterfertigung von Schuldanerkenntnissen und der Pfandurkunde hatte", als Zeugen zu befragen (ON 64 S 34), ließ die erforderliche logische Verknüpfung zwischen dem Ziel der Beweisführung und dem Verfahrensziel vermissen (Lässig, Das Rechtsschutzsystem der StPO und dessen Effektuierung durch den OGH, ÖJZ 2006/25, 406 [408]). Im Übrigen stellte auch dieser Antrag den Konnex zwischen den angebotenen Beweismitteln und dem Beweisthema nicht her.

Auch die Forderung, einen Sachverständigen aus dem Fachgebiet der „Unternehmensberatung und Organisation" zum Beweis dafür beizuziehen, dass „das Unternehmen des Erstangeklagten H***** sorgfältig geplant und nach wirtschaftlichen Grundsätzen organisiert war", und zur „Aufklärung über die Angemessenheit der vom Erstangeklagten abgerechneten Dienstleistungen im Rahmen seines Unternehmens der M***** H*****" (ON 64 S 34 iVm ON 42 S 62) wird den dargelegten Erfordernissen prozessordnungskonformer Antragstellung nicht gerecht. Hinzu kommt, dass dieses Beweisbegehren schon im Hinblick auf das angebotene Beweismittel fehlging. Sachverständige sind nämlich gerichtlich bestellte Beweispersonen, die auf einem bestimmten Wissensgebiet besondere Sachkunde haben, die dem Gericht fehlt (Hinterhofer, WK-StPO § 125 Rz 6), wogegen die hier angesprochene Fragestellung gerade nicht nach einem besonderen Fachwissen verlangt. Das die Anträge ergänzende Beschwerdevorbringen hat aufgrund des im Nichtigkeitsbeschwerdeverfahren bestehenden Neuerungsverbots auf sich zu beruhen.

Die Mängelrüge (Z 5), die pauschal behauptet, das Erstgericht habe die Aussagen der Zeugen Mag. Klaus S*****, Mag. Peter U*****, Dr. Hans-Dieter Se***** und Dipl.-Ing. Hermann Da***** nicht hinreichend gewürdigt (Z 5 zweiter Fall), führt nicht aus, auf welche konkreten, in der Hauptverhandlung vorgekommenen Depositionen sie sich stützt, und verfehlt solcherart die gesetzmäßige Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes.

Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass selbst das - ohne Bezugnahme auf die Aktenlage vorgetragene - Vorbringen, aus diesen Aussagen ergäbe sich, dass die Geschäftsbedingungen, zu denen der Beschwerdeführer kontrahiert habe, nicht sittenwidrig gewesen seien, ebenso wie der Umstand, dass Siegfried W***** „aus Anlass der Errichtung des Notariatsaktes vom 1. 8./5. 8. bzw. 13. 10. 2005 die Richtigkeit und Angemessenheit seiner Verbindlichkeit gegenüber dem Erstangeklagten anerkannt" habe, nicht erkennen lässt, welche dem Schuldspruch zu Grunde liegenden entscheidenden Tatsachen hiedurch - erörterungsbedürftig iSd § 270 Abs 2 Z 5 StPO - in Frage gestellt sein sollen.

Der Einwand der Rechtsrüge (Z 9 lit a), die angefochtene Entscheidung enthalte keine ausreichenden Feststellungen zur subjektiven Tatseite, legt nicht dar, welche über die insoweit getroffenen (US 43 bis 45) hinausgehenden Konstatierungen zur rechtsrichtigen Subsumtion erforderlich seien, und entzieht sich demnach einer meritorischen Erledigung.

Ein Feststellungsmangel ist gegeben, wenn nicht durch Feststellungen geklärte Indizien auf die Sachverhaltsgrundlage für eine andere Lösung der Rechtsfrage in dem Sinn hinweisen, dass bei Konstatierung dieser indizierten Tatsachengrundlage die bejahte Tatbestandsmäßigkeit infolge Vorliegens einer negativen Tatbestandsvoraussetzung verneint, die verneinte bejaht, eine andere Subsumtion vorgenommen worden wäre oder ein bestimmter nicht angewendeter Ausnahmesatz zur Anwendung käme (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 611). Demgegenüber erschöpft sich das unter diesem Titel erstattete Vorbringen darin, den Urteilskonstatierungen ohne jeden Bezug zu den Verfahrensergebnissen anderslautende Behauptungen entgegenzusetzen. Die Forderung nach der Feststellung, Siegfried W***** sei vom Beschwerdeführer nicht „unter Druck gesetzt" worden, lässt darüber hinaus mit Blick auf den hier aktuellen Tatbestand des gewerbsmäßigen schweren Betrugs keine Subsumtionsrelevanz erkennen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Ing. Walter P*****:

Hinsichtlich der Verfahrensrüge (Z 4), welche die Abweisung (ON 64 S 35 f) des Antrags auf Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet „der Unternehmensberatung und Organisation" (ON 64 S 35 iVm ON 64 S 34) releviert, sei zunächst auf die diesbezüglichen Darlegungen zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten H***** verwiesen.

Die Richtigkeit der Begründung für eine abweisliche Entscheidung steht nicht unter Nichtigkeitssanktion, womit der darauf bezogene Einwand auf sich zu beruhen hat (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 318). Das den Antrag ergänzende Beschwerdevorbringen ist mit Blick auf das im Nichtigkeitsbeschwerdeverfahren geltende Neuerungsverbot unbeachtlich.

Zum Ansatz der Mängelrüge (Z 5), die Aussagen der Zeugen Mag. S*****, Mag. U*****, Dr. Se***** und Dipl.-Ing. Da***** seien nicht hinreichend erörtert worden (Z 5 zweiter Fall), wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die Überlegungen zum inhaltsgleichen Einwand der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten H***** verwiesen.

Grundvoraussetzung für die gesetzeskonforme Darstellung der Tatsachenrüge (Z 5a) ist die Herleitung der nach dem Rechtsmittelstandpunkt gegebenen erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zu Grunde liegenden entscheidenden Tatsachen aus dem in der Hauptverhandlung vorgekommenen Beweismaterial oder solchen Beweismitteln, die so rechtzeitig zum Akt gekommen sind, dass sie in der Hauptverhandlung noch hätten vorkommen können und rechtens hätten vorkommen dürfen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 481), welchem Erfordernis die Beschwerde nicht entspricht.

Die Erklärung der Rechtsrüge (Z 9 lit a), sich auf die Ausführungen der Mängelrüge zu stützen, orientiert sich nicht an den Kriterien des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes.

Die Einwände fehlender Feststellungen zur subjektiven Tatseite und zu den vom Schuldspruch A/I/3 umfassten Täuschungshandlungen des Beschwerdeführers lassen die gebotene Auseinandersetzung mit den insoweit getroffenen Konstatierungen (US 43 bis 45; 25 f) vermissen. Aus welchem Grund Feststellungen darüber erforderlich sein sollen, ob sich Siegfried W***** durch den Beschwerdeführer „getäuscht fühlte", leitet die Beschwerde nicht aus dem Gesetz ab.

Auch das substratlose Ersetzen der Urteilskonstatierungen durch gegenteilige Behauptungen wird den gesetzlichen Vorgaben für die Rüge aus Z 9 lit a nicht gerecht.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Anmerkung

E9279513Os131.09b

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2009:0130OS00131.09B.1217.000

Zuletzt aktualisiert am

18.02.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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