TE Vwgh Erkenntnis 2000/12/20 95/08/0111

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Veröffentlicht am 20.12.2000
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §25 Abs3;
AlVG 1977 §38;
B-VG Art130 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des J in B, vertreten durch Dr. Manfrid Lirk, DDr. Karl Robert Hiebl, Rechtsanwälte in Braunau, Stadtplatz 50/2, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 21. März 1995, Zl. B1-AlV- 7022-11-B/3331 290667/Braunau, betreffend Ersatz von Notstandshilfe gemäß § 25 Abs. 3 in Verbindung mit § 38 AlVG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Ursula W. bezog aufgrund eines beim Arbeitsamt Braunau gestellten Antrages ab dem 21. Dezember 1992 Notstandshilfe. Am 29. Juni 1993 erstattete sie die "Veränderungsmeldung", sie sei seit 1. Juni 1993 geringfügig beschäftigt.

Am 20. August 1993 langte beim Arbeitsamt Braunau eine "Arbeitsbescheinigung (gemäß § 46 Abs. 3 AlVG für Zwecke der Arbeitslosenversicherung)" ein. Darin war angegeben, Ursula W. sei beim Beschwerdeführer seit 1. Juni 1993 als Küchenhilfe beschäftigt und als Arbeiterin "versichert", aber nicht "arbeitslosenversichert". Ihr Entgelt werde monatlich abgerechnet und habe sowohl im Juni als auch im Juli 1993 je S 2.900,-- brutto betragen. Mit "Kurzinformation" vom 20. August 1993 teilte das Arbeitsamt Braunau dem Beschwerdeführer mit, die übersandte Arbeitsbescheinigung sei "nur für arbeitslosenversicherungspflichtige Dienstverhältnisse zu verwenden". Der Beschwerdeführer möge die beiliegenden "Lohnbescheinigungen für Aushilfsarbeiten" für Juni und Juli 1993 ausfüllen und retournieren.

Am 9. September 1993 langten beim Arbeitsamt Braunau drei mit 6. September 1993 datierte "Lohnbescheinigungen für Aushilfsarbeiten (zur Vorlage beim Arbeitsamt)" ein. Darin war im Einzelnen angegeben, an welchen Tagen Ursula W. in den Monaten Juni, Juli und August 1993 jeweils während bestimmter Uhrzeiten beim Beschwerdeführer als Küchenhilfe gearbeitet habe und welche Bruttoverdienste dies (unter rechnerischer Zugrundelegung eines Bruttostundenlohnes von S 60,--) bedeutet habe. Daraus ergaben sich Gesamtbeträge von S 2.880,-- für Juni und August 1993 und S 2.940,-- für Juli 1993. In den Bescheinigungen war jedoch angegeben, Ursula W. habe jeweils den monatlichen Fixbetrag von S 2.900,-- erhalten.

Am 12. Juli 1993 wurde die Auszahlung der Notstandshilfe an Ursula W. wegen der Gewährung einer Beihilfe nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz eingestellt. Ab dem 2. August 1993 wurde die Leistung wieder angewiesen.

Am 2. November 1993 langte beim Arbeitsamt Braunau eine mit 26. Oktober 1993 datierte weitere "Lohnbescheinigung für Aushilfsarbeiten" ein, worin - wieder unter Angabe der genauen Uhrzeiten - angeführt war, an welchen Tagen im Monat September 1993 Ursula W. beim Beschwerdeführer als Küchenhilfe gearbeitet habe. Es ergab sich (wieder unter Zugrundelegung eines Bruttostundenlohnes von S 60,--) ein Gesamtbetrag von S 3.060,--. Dass ein darunter liegendes Fixum ausgezahlt worden sei, war diesmal nicht angegeben.

Am 9. Dezember 1993 wurde ein Aktenvermerk darüber angelegt, dass Ursula W. seit Oktober 1993 keine Aushilfsarbeit mehr leiste.

Am 14. Februar 1994 langte beim Arbeitsamt Braunau eine Versicherungszeitenbestätigung der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse ein, worin für die Zeit vom 1. Juni 1993 bis zum 30. September 1993 eine Versicherungszeit aufgrund der Beschäftigung beim Beschwerdeführer angeführt war.

Mit Bescheid vom 25. Februar 1994 sprach das Arbeitsamt Braunau gegenüber Ursula W. aus, die ihr gewährte Notstandshilfe werde für die Zeit vom 1. Februar 1993 bis zum 11. Juli 1993 sowie ab dem 2. August 1993 eingestellt, weil das anzurechnende Einkommen ihres Lebensgefährten höher sei als die zustehende Notstandshilfe und Notlage daher nicht vorliege.

Diesem Bescheid - der vorerst nicht mit einer Rückforderung verbunden wurde - war am 14. Dezember 1993 die Aufnahme einer Niederschrift mit Ursula W. vorausgegangen. Darin hatte diese angegeben, sie habe schon bei einer Veränderungsmeldung am 3. Februar 1993 (deren Inhalt nach der Aktenlage nur die Bekanntgabe einer neuen Adresse war) darauf hingewiesen, dass sie mit Josef S. im gemeinsamen Haushalt lebe.

Mit Schreiben vom 28. Februar 1994 wurde Ursula W. aufgefordert, sich wegen des Rückersatzes des Überbezuges in der Höhe von S 37.629,-- mit dem Arbeitsamt Braunau in Verbindung zu setzen.

Mit Schreiben vom 25. Februar 1994 trat das Arbeitsamt Braunau an den Beschwerdeführer heran. Ihm wurde - ohne Bezugnahme auf die fehlende Notlage der Leistungsbezieherin - mitgeteilt, diese sei während des Leistungsbezuges beim Beschwerdeführer arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Vom Beschwerdeführer sei daher ein Betrag von S 27.142,-- "rückzufordern".

Dieses Schreiben wurde namens des Beschwerdeführers dahingehend beantwortet, dass Ursula W. nur S 2.900,-- monatlich erhalten habe, worüber - abgesehen von den vier "Lohnbescheinigungen für Aushilfsarbeiten" - auch eine handschriftliche Abrechnung, ein Lohnzettel vom 7. Dezember 1993 sowie die Anmeldung bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse am 11. Juni 1993 und die offenbar im Oktober erstattete Abmeldung übermittelt wurden. In der Anmeldung vom 11. Juni 1993 war die Tätigkeit mit "Küchenhilfe" und das Entgelt mit S 2.900,-- monatlich angegeben worden.

Mit Schreiben vom 26. April 1994 teilte die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse dem Arbeitsamt Braunau mit, der Kollektivvertrag für das Hotel- und Gastgewerbe sehe vor, dass gastgewerbliche Arbeitnehmer, die kürzer als die Normalarbeitszeit beschäftigt würden, jedenfalls für vier Stunden täglich zu entlohnen seien, wobei der Mindeststundenlohn 1993 S 60,-- betragen habe. Ursula W. sei daher ein Monatslohn von S 4.160,-- (auf der Grundlage von 16 Wochenstunden) zugestanden.

Mit Bescheid vom 9. Mai 1994 verpflichtete das Arbeitsamt Braunau Ursula W. unter gleichzeitigem Widerruf der Leistung zur Rückzahlung von S 37.629,--, weil sie vom 1. Februar 1993 bis zum 11. Juli 1993 und vom 2. August 1993 bis zum 30. September 1993 Notstandshilfe bezogen habe, obwohl mangels Notlage kein Anspruch darauf bestanden habe.

Der von Ursula W. gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 15. Dezember 1994 teilweise statt, indem sie an Stelle eines Widerrufes und einer Rückforderung für die Zeiträume vom 1. Februar 1993 bis zum 11. Juli 1993 und vom 2. August 1993 bis zum 30. September 1993 nun einen Widerruf und eine Rückforderung im Gesamtbetrag von S 15.660,-- für den Zeitraum vom 1. Februar 1994 bis zum 31. Mai 1994 (gemeint jeweils: 1993) aussprach. In der Begründung dieser Entscheidung wurde im Wesentlichen ausgeführt, zwischen Ursula W. und Josef S. bestehe seit dem 1. Februar 1993 eine Lebensgemeinschaft, das anrechenbare Einkommen von Josef S. habe den Ursula W. zustehenden Anspruch auf Notstandshilfe überstiegen und der Anspruch sei somit "vom 1.2.1993 bis 31.7.1993" nicht gegeben gewesen. Vom 1. Juni 1993 bis zum 30. September 1993 sei Ursula W. aufgrund ihrer Beschäftigung beim Beschwerdeführer nicht arbeitslos gewesen. Ursula W. habe insoweit aber keinen Rückforderungstatbestand erfüllt, weil sie den Beginn der Tätigkeit rechtzeitig gemeldet habe und ihr "auch als pflichtbewusstem Dienstnehmer nicht zugemutet werden" könne (ergänze: zu wissen,) dass ihre Tätigkeit "aufgrund der speziellen Konstellation, bedingt durch den Kollektivvertrag für das Hotel- und Gastgewerbe, der Pflichtversicherung in der Vollversicherung sowie in der Arbeitslosenversicherung unterliegt". Von einer Rückforderung für die Zeiträume vom 1. Juni 1994 (gemeint: 1993) bis zum 11. Juli 1993 und vom 2. August 1993 bis zum 30. September 1993 werde "daher Abstand genommen". Ausführungen dazu, dass die Anspruchsvoraussetzung der Notlage während dieser Zeiträume gegeben gewesen wäre, enthielt diese Entscheidung nicht.

Im Begleitschreiben der belangten Behörde an die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Braunau wurde diese aufgefordert, die Leistung für die zuletzt erwähnten (in diesem Schreiben nun zur Gänze in das Jahr 1994 verlegten) Zeiträume vom Beschwerdeführer "rückzufordern".

Mit Bescheid vom 16. Jänner 1995 entsprach die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Braunau dieser Aufforderung, indem sie aussprach, der Beschwerdeführer werde "gemäß §§ 46 Abs. 4 und 24 Abs. 2 in Verbindung mit § 25 Abs. 3" AlVG zum Rückersatz der von Ursula W. in den Zeiträumen vom 1. Juni 1993 bis zum 11. Juli 1993 und vom 2. August 1993 bis zum 30. September 1993 zu viel bezogenen Notstandshilfe in der Höhe von S 21.968,-- verpflichtet. Welchen der Tatbestände des § 25 Abs. 3 AlVG der Beschwerdeführer verwirklicht habe, war der Bescheidbegründung nicht zu entnehmen.

Der vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid nicht statt. In der Begründung dieser Entscheidung führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe die Beträge, die Ursula W. von ihm "erhalten" habe bzw. die an sie zur "Auszahlung" gekommen seien, mit je S 2.900,-- für Juni, Juli und August 1993 und S 3.060,-- für September 1993 angegeben. Von der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse habe das Arbeitsmarktservice 1994 in Erfahrung gebracht, Ursula W. habe Anspruch auf höhere - die Vollversicherung begründende - Entlohnung gehabt. Die Berufung des Beschwerdeführers sei nicht begründet, weil "aufgrund" der vom Beschwerdeführer ausgestellten Aushilfslohnbescheinigungen "davon auszugehen" gewesen sei, dass es sich um eine geringfügige Beschäftigung handle, was sich bei Überprüfung durch die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse als unrichtig herausgestellt habe. Gemäß § 46 Abs. 4 AlVG habe der Arbeitslose seinen Anspruch durch eine Bestätigung des Dienstgebers, zu deren Ausstellung dieser verpflichtet sei, nachzuweisen. Der Beschwerdeführer sei "in offensichtlicher Unkenntnis der kollektivvertraglichen Bestimmungen" der Ansicht gewesen, es liege eine geringfügige Beschäftigung vor, weshalb er "für den relevanten Zeitraum nur Lohnbescheinigungen und keine Arbeitsbescheinigungen ausgestellt" habe. Vom Dienstnehmer könne nicht erwartet werden, dass er über alle kollektivvertraglichen Sonderbestimmungen informiert sei. Dem Dienstgeber sei dies jedoch "sehr wohl zuzumuten". Wenn der Beschwerdeführer geltend mache, dass er sich keiner Schuld bewusst und nicht für die Auszahlung der Beträge an Ursula W. verantwortlich sei, so sei dem entgegenzuhalten, dass es bei der Tatbestandsalternative der "falschen Angaben" gemäß § 25 Abs. 3 AlVG nicht darauf ankomme, ob die dritte Person den unberechtigten Bezug vorsätzlich, grob fahrlässig oder auch nur leicht fahrlässig verursacht habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Gemäß § 25 Abs. 3 AlVG kann eine dritte Person zum Ersatz verpflichtet werden, wenn sie "eine ihr nach diesem Bundesgesetz obliegende Anzeige vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit unterlassen oder falsche Angaben gemacht und hiedurch einen unberechtigten Bezug verursacht hat".

Diese Bestimmung, die gemäß § 38 AlVG auch für die Notstandshilfe gilt, stimmt wörtlich mit § 25 Abs. 2 AlVG in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 502/1993 überein. Sie war schon im AlVG 1949, BGBl. Nr. 184, enthalten, wurde in den Gesetzesmaterialien damals aber nicht erläutert (§ 22 Abs. 2 AlVG 1949; vgl. 747 und 927 BlgNR V. GP).

In den - bisher nur vereinzelten - Entscheidungen, in denen sich der Verwaltungsgerichtshof mit ihr auseinander zu setzen hatte, wurde zunächst dem Erfordernis der Verursachung des unberechtigten Bezuges durch die unterlassene Anzeige oder die falschen Angaben des Dritten über die Voraussetzung eines bloßen Kausalzusammenhanges hinaus die Bedeutung beigemessen, der unberechtigte Bezug dürfe nicht "primär" auf Verfahrensverstößen der Behörde beruhen (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 28. Juni 1994, Zl. 93/08/0197, und vom 31. Mai 2000, Zl. 97/08/0586). In weiterer Folge wurde - anknüpfend an Erwägungen in einem zu § 25 Abs. 1 AlVG ergangenen Erkenntnis vom 23. Oktober 1986, Zl. 86/08/0158 - vor allem ausgeführt, die positive Gebrauchnahme von dem der Behörde eingeräumten Ermessen ("kann ... zum Ersatz verpflichtet werden") komme nur dann als im Sinn des Gesetzes gelegen in Betracht, wenn ein Rückforderungstatbestand gegenüber dem Leistungsbezieher nicht erfüllt oder aus tatsächlichen Gründen nicht durchsetzbar sei (Erkenntnis vom 30. September 1994, Zl. 91/08/0194, Slg. Nr. 14.128/A, mit Hinweis darauf, dass eine Ermessensausübung im Sinne einer Heranziehung des Leistungsbeziehers und des Dritten "je zur Hälfte" nicht zulässig sei; Erkenntnis vom 5. September 1995, Zl. 92/08/0041). Die Frage, ob es eines Widerrufes bzw. einer rückwirkenden Berichtigung der Bemessung gegenüber dem Leistungsempfänger bedürfe, bevor der Dritte herangezogen werden kann, wurde offen gelassen (Erkenntnis vom 28. Juni 1994, Zl. 93/08/0197; vgl. auch das Erkenntnis vom 31. Mai 2000, Zl. 97/08/0586). Dabei wurde aber klargestellt, dass einem Widerruf gegenüber dem Leistungsempfänger keine erweiterte Rechtskraftwirkung gegenüber dem zum Ersatz herangezogenen Dritten zukomme (Erkenntnis vom 5. September 1995, Zl. 92/08/0041).

Die primäre Voraussetzung der Ersatzpflicht, nämlich die Voraussetzung einer unterlassenen Anzeige oder falscher Angaben des Dritten, wirft nach dem Gesetzeswortlaut vor allem die Frage auf, ob die damit verbundenen, sprachlich aber nur auf den Fall der unterlassenen Anzeige bezogenen weiteren Voraussetzungen einer Obliegenheit "nach diesem Bundesgesetz" und eines groben Verschuldens nicht auch für die "falschen Angaben" gelten sollen. Auch diese Frage - auf die in dem Erkenntnis vom 28. Juni 1994, Zl. 93/08/0197, Bezug genommen wurde - musste bisher nicht beantwortet werden.

Im vorliegenden Fall ist zunächst nicht erkennbar, inwieweit die am 9. September 1993 (für die Monate Juni bis August 1993) und am 2. November 1993 (für den Monat September 1993) eingelangten "Lohnbescheinigungen" für die Auszahlung der Leistungen an Ursula W. ursächlich waren. Aus dem Leistungsakt und jedenfalls den Feststellungen der belangten Behörde geht nicht hervor, dass mit der Auszahlung der Leistungen jeweils zugewartet wurde, bis die Lohnbescheinigung für den betreffenden Monat vorlag. Auf den Inhalt der Anmeldung bei der Gebietskrankenkasse als (fallbezogen offenbar ausscheidende) Ursache für den Leistungsbezug stützt sich die angefochtene Entscheidung nicht. Eine Heranziehung des Beschwerdeführers scheint danach schon unter dem Gesichtspunkt der Ursächlichkeit im engeren Sinn - wenn überhaupt - nur für den Monat August 1993 in Betracht zu kommen, sofern die Leistung für diesen Monat beim Einlangen der ersten drei "Lohnbescheinigungen" noch nicht ausgezahlt war.

Darüber hinaus braucht auf die Voraussetzungen einer allfälligen Ersatzpflicht des Beschwerdeführers - und somit auf die teils unrichtigen, teils zweifelhaften Annahmen der belangten Behörde, bei den "Lohnbescheinigungen" habe es sich um "Bestätigungen" gemäß § 46 Abs. 4 AlVG gehandelt, die Angaben darin seien "falsch" gewesen und es komme nicht auf ein Verschulden an - nicht eingegangen zu werden. Die belangte Behörde hat nämlich von ihrem Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht, wenn sie den Beschwerdeführer wegen "falscher Angaben" vorrangig zum Ersatz einer Leistung heranzog, die der Leistungsbezieherin nach den Ermittlungsergebnissen der belangten Behörde auch aus einem ganz anderen - dem Beschwerdeführer gegenüber nicht erwähnten - Grund, der mit "falschen Angaben" des Beschwerdeführers nichts zu tun hatte, nicht zustand. In einem Fall wie dem vorliegenden hätte die belangte Behörde - unter Offenlegung des Sachverhaltes gegenüber dem Beschwerdeführer - im angefochtenen Bescheid begründen müssen, dass und weshalb eine Rückforderung der Leistung von der Leistungsempfängerin auch unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Notlage nicht durchsetzbar sei.

Der angefochtene Bescheid war schon deshalb, weil dies nicht geschehen ist, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. Dezember 2000

Schlagworte

Ermessen besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1995080111.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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