TE OGH 2010/1/28 8ObA5/10h

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Veröffentlicht am 28.01.2010
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras und die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner sowie die fachkundigen Laienrichter MR Dr. Peter Ladislav und Franz Kisling als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei S***** E*****, vertreten durch Nusterer & Mayer Rechtsanwälte OG in St. Pölten, gegen die beklagte Partei *****, S***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Taufner, Rechtsanwalt in Melk, wegen 615,18 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. November 2009, GZ 7 Ra 98/09x-19, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Die Klägerin, die eine Fachschule für gewerbliche Berufe besuchte, war während der Ferienzeit vom 1. bis 31. Juli 2008 im Hotel- und Gastgewerbebetrieb der Beklagten beschäftigt. Die Entscheidung über die Klagsforderung hängt allein davon ab, ob dieses Beschäftigungsverhältnis rechtlich als befristetes (Ferial-)Dienstverhältnis oder als echtes Volontariat zu qualifizieren war. Während das Erstgericht aufgrund des festgestellten Sachverhalts zur letztgenannten Ansicht gelangte und das Klagebegehren abwies, änderte das Berufungsgericht die Entscheidung im klagsstattgebenden Sinn ab und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig.

Die dagegen erhobene außerordentliche Revision der Beklagten hält die Voraussetzungen für die Zulassung des Rechtsmittels für gegeben, weil dem Berufungsgericht eine krasse Fehlbeurteilung des Sachverhalts unterlaufen sei. Darüber hinaus sei es im Dienste der Einheitlichkeit der Rechtsprechung geboten, in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs eine deutliche Leitlinie für die Abgrenzung zwischen Volontariat und Dienstverhältnis zu etablieren.

Die Ausführungen der Beklagten sind aber weder geeignet eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufzuzeigen, noch die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts als verfehlt darzulegen.

Rechtliche Beurteilung

Die Frage, ob ein Dienstverhältnis oder ein Volontariat zu Ausbildungszwecken vorliegt, kann - wie auch die Revisionswerberin selbst zugesteht - stets nur für den jeweiligen Einzelfall beurteilt werden (RIS-Justiz RS0029510).

Sowohl zur Definition der Begriffe Volontär und Praktikant (RIS-Justiz RS0074214, RS0123958, RS0029510; Radner in Mazal/Risak, Das Arbeitsrecht, Kap I Rz 94 f; Preiss in ZellKomm § 1 BAG Rz 2) als auch zu den Kriterien der Abgrenzung dieser primär vom Lern- und Ausbildungszweck charakterisierten Vertragsformen von einem Arbeitsverhältnis enthält die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs eine Fülle von Kriterien, die jeweils nicht einzeln, sondern nur im Rahmen einer Gesamtbeurteilung des Sachverhalts anzuwenden sind. Das Vorliegen eines Volontariats ist im Zweifel nicht zu vermuten (RIS-Justiz RS0029510).

Der Revisionswerberin ist durchaus zuzustimmen, dass in der Realität des Arbeits- und Wirtschaftslebens kaum jemals sämtliche Merkmale eines Volontariats feststellbar sein werden, etwa weil auch subjektiv zu bloßen Lernzwecken verrichtete Tätigkeiten gleichzeitig für den Unternehmer nützlich sein können. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung kommt den einzelnen Kriterien daher nur mitbestimmender Charakter zu. Überwiegen insgesamt die wesentlichsten Indizien für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses (hier: keine schulische Pflichtpraxis, erklärter Zweck, etwas Geld verdienen zu wollen, feste Dienstzeit, eine üblicherweise von Arbeitnehmern verrichtete Tätigkeit unter Anweisung und nach betrieblichen Erfordernissen, Entlastung der Geschäftsführerin von ansonsten notwendiger eigener Mithilfe) dann steht dieser Gesamtbeurteilung nicht entgegen, dass gleichzeitig auch einzelne Merkmale eines bloßen Volontariats vorgelegen haben mögen (Aneignung von praktischer Erfahrung neben dem Schulunterricht; keine zwingende betriebliche Notwendigkeit einer Hilfskraft).

Die außerordentliche Revision ist daher mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Textnummer

E93197

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:008OBA00005.10H.0128.000

Im RIS seit

27.02.2010

Zuletzt aktualisiert am

14.01.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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