TE Vwgh Erkenntnis 2000/12/21 97/16/0404

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Veröffentlicht am 21.12.2000
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

FinStrG §35 Abs2;
FinStrG §37 Abs1 lita;
FinStrG §8 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des J in F, vertreten durch Dr. Herbert Grass, Rechtsanwalt in Deutschlandsberg, Hauptplatz 42/I, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 11. August 1997, Zl. RV2/1-6/97, betreffend Bestrafung wegen vorsätzlicher Abgabenhehlerei, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beauftragte im Herbst 1991 den X, 3 Oldtimerfahrzeuge der Marke MG-B aus den USA zu besorgen. Zwei der Fahrzeuge sollten für ihn, ein weiteres für seinen Bekannten P bestimmt sein. Die Organisation des Ankaufes, des Transportes und der Zollabfertigung oblag X alleine. X gab dem Beschwerdeführer Preise von rund S 50.000,-- pro Fahrzeug an. Der Beschwerdeführer leistete S 105.000,--, P S 35.000,-- Anzahlung an X, der restliche Kaufpreis sollte bei Übergabe der Fahrzeuge bezahlt werden. X erwarb daraufhin in den USA drei Fahrzeuge der Marke MG-B um einen Gesamtkaufpreis von USD 12.000,-- und führte diese nach Österreich ein. Bei der Verzollung legte X (der sich einer Spedition bediente) von der amerikanischen Verkäuferin ausgestellte Rechnungen, aus denen sich Kaufpreise von USD 340,--, 450,-- und 200,-- für die drei Fahrzeuge ergaben, vor. Dadurch kam es zu einer Verkürzung von Eingangsabgaben in Höhe von insgesamt S 97.348,--. Im Dezember 1991 übernahm der Beschwerdeführer alle drei Fahrzeuge von X. Anlässlich der Übergabe wurden dem Beschwerdeführer die Zollpapiere und die unterfakturierten Rechnungen übergeben. Der Betrag der ursprünglichen Anzahlung wurde als endgültiger Kaufpreis vereinbart. Der Beschwerdeführer behielt alle drei Fahrzeuge und zahlte daher den seinerzeit von P geleisteten Anteil an diesen zurück.

Mit Strafverfügung vom 29. Juni 1996 erkannte das Hauptzollamt Klagenfurt den Beschwerdeführer für schuldig, er habe im Jahr 1991 die drei PKW der Marke MG-B, hinsichtlich welcher von X anlässlich der Einfuhr aus den USA nach Österreich durch die Vorlage unterfakturierter Rechnungen zum Zwecke der Verzollung eine Verkürzung von Eingangsabgaben begangen worden sei, vorsätzlich an sich gebracht bzw. gekauft. Er habe dadurch das Finanzvergehen der vorsätzlichen Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 FinStrG begangen. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe von S 60.000,-- sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 35 Tagen verhängt. Weiters wurde auf den Verfall eines der PKW (der sich beim Beschwerdeführer befand) sowie Wertersatz (hinsichtlich der beiden anderen Fahrzeuge) erkannt. In der Begründung wertete das Hauptzollamt die vom Beschwerdeführer in seiner Einvernahme gemachten Angaben als bloße Schutzbehauptungen, zumal er spätestens nach Erhalt der Abfertigungspapiere die Manipulation des Kaufpreises zum Zwecke der Verzollung habe feststellen müssen.

Gegen die Strafverfügung erhob der Beschwerdeführer Einspruch, worin er ausführte, dass es zu einer Verkürzung von Abgaben durch X gekommen sei. Er habe dies allerdings zu keinem Zeitpunkt gewusst oder wissen müssen.

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung erließ das Hauptzollamt am 6. Dezember 1996 ein Erkenntnis, dessen Spruch dem der Strafverfügung entsprach. Die von X bewirkte Verkürzung wurde mit S 97.348,-- bemessen und neben dem Verfall des beim Beschwerdeführer befindlichen PKW wurde auch auf Wertersatz für diesen PKW erkannt, weil nicht feststand, ob der Verfall vollstreckbar sein werde. Das Hauptzollamt begründete den Bescheid im Wesentlichen damit, dass die Erfüllung des objektiven Tatbestandes auch vom Beschwerdeführer außer Streit gestellt worden sei. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer an X S 140.000,-- bezahlt habe, wenn er zugleich angenommen hätte, in den USA seien die Fahrzeuge um nur USD 990,-- erhältlich. Eine so hohe Handelsspanne anzunehmen, wenn der Wert pro Fahrzeug in deutschen Oldtimerzeitungen im schlechtesten Zustand mit DM 2.200,-- angegeben werde, widerspreche jeglicher Lebenserfahrung. Auch sei der Zustand von einem der PKW vom Beschwerdeführer als "durchaus annehmbar" bezeichnet worden, sodass dieser wohl mehr als DM 2.200,-- wert gewesen sei. Es sei daher davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer bei Übernahme der Fahrzeuge aufgefallen sei, dass von X bei der Verzollung unterfakturierte Rechnungen zu Grunde gelegt worden seien.

Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer Berufung. In dieser rügte er zunächst, dass das Hauptzollamt auf Grund falscher Beweiswürdigung zu der Feststellung gelangt sei, dass dem Beschwerdeführer die Abgabenhinterziehung aufgefallen sei bzw. er eine solche in Kauf genommen habe und trotzdem die damit belasteten Fahrzeuge übernommen habe. Der Kaufpreis von S 140.000,-

-habe sich erst ergeben, als dem Beschwerdeführer der desolate Zustand der Fahrzeuge klar geworden war. Der Beschwerdeführer habe die hohe Handelsspanne des X nur insoweit akzeptiert, als ein zivilrechtliches Vorgehen wegen dessen finanzieller Lage aussichtslos erschienen sei. Dem Beschwerdeführer sei gar nichts anderes übrig geblieben, als die S 140.000,-- als Kaufpreis zu akzeptieren. Die Anzahlung von S 140.000,-- sei ursprünglich bezahlt worden, weil X dem Beschwerdeführer Fotos von Fahrzeugen der Marke MG-B gezeigt habe, die in "halbwegs gutem" Zustand gewesen seien. Der Beschwerdeführer sei von X hintergangen worden. Die Aussage des Beschwerdeführers vor der erstinstanzlichen Behörde, einer der übernommenen PKW sei in annehmbaren Zustand gewesen, sei völlig aus dem Zusammenhang gerissen worden. Damit habe er nur sagen wollen, dass er als Hobbybastler im Stande gewesen sei, dieses Fahrzeug zu restaurieren. Vorsätzliches Handeln sei dem Beschwerdeführer somit nicht nachweisbar.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Der Beschwerdeführer habe selbst ausgesagt, dass ihm die Fakturierung für die Verzollung "wohl hinsichtlich der Höhe" aufgefallen sei. Dennoch habe er es unterlassen, die näheren Umstände der Anschaffung und Verzollung der streitgegenständlichen Fahrzeuge aufzuklären. Dass der Beschwerdeführer den in den Zollpapieren zu niedrig ausgewiesenen Kaufpreis resignierend in Kauf genommen habe, rechtfertige ihn nicht. Die große Differenz zwischen den Zollwerten und dem Kaufpreis hätten beim Beschuldigten Zweifel an der Richtigkeit der Zollerklärung hervorrufen müssen. Daran ändere auch das vom Beschwerdeführer vorgebrachte Argument, derartige Fahrzeuge seien in Deutschland im Schnitt um DM 2.200,-- erhältlich, nichts. Dass er im Glauben, von X hintergangen worden zu sein, die Kaufpreise in den Zollpapieren resignierend in Kauf genommen habe, sei, weil bloßes Motiv, unerheblich. Auch sein Vorbringen, die drei PKW hätten sich in desolatem Zustand befunden, könne den Beschwerdeführer nicht rechtfertigen. Er habe in der Einvernahme hinsichtlich eines Fahrzeuges wörtlich erklärt: "Der Zustand des PKW war durchaus annehmbar und ich habe das Fahrzeug für mich selbst hergerichtet."

Mit der vorliegenden Beschwerde beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten

und die Gegenschrift der belangten Behörde vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. Nr. 335/1975 macht sich der Abgabenhehlerei schuldig, wer vorsätzlich eine Sache, hinsichtlich welcher ein Schmuggel, eine Verzollungsumgehung, eine Verkürzung von Verbrauchsteuern (Branntweinaufschlag) oder von Eingangs- oder Ausgangsabgaben begangen wurde, oder Erzeugnisse aus Branntwein, hinsichtlich deren ein solches Finanzvergehen begangen worden ist kauft, zum Pfand nimmt oder sonst an sich bringt, verheimlicht oder verhandelt. Der Beschwerdeführer hat durch die Übernahme der drei Oldtimer, über deren Kaufpreis die Zollbehörden durch die Vorlage unterfakturierter amerikanischer Rechnungen vom Auftragnehmer X getäuscht wurden, wodurch es zu einer vorsätzlichen Hinterziehung von Eingangsabgaben (§ 35 Abs. 2 FinStrG) durch X kam, den objektiven Tatbestand des § 37 Abs. 1 lit. a. FinStrG erfüllt.

Die diesbezüglichen Feststellungen der belangten Behörde werden vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Er führt in der Beschwerde jedoch aus, er habe den Tatbestand nicht vorsätzlich verwirklicht. Nach § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich damit abfindet (Eventualvorsatz).

Voraussetzung für die Annahme des bedingten Vorsatzes ist nicht ein Wissen um eine Tatsache oder um ihre Wahrscheinlichkeit im Sinne eines Überwiegens der dafür sprechenden Momente, sondern es genügt das Wissen um die Möglichkeit. Unter Möglichkeit ist im Falle der Abgabenhehlerei allerdings nicht das Bestehen eines abstrakten, in Anbetracht der allgemeinen Unsicherheit der menschlichen Erkenntnis zumeist möglichen letzten Zweifels an der Richtigkeit auch gründlich geprüfter Angaben des Verkäufers zu verstehen, sondern die Möglichkeit in einem konkreteren Sinn, wie sie etwa einem durch Bedenken erweckten Zweifel entspricht (vgl. hierzu etwa das hg. Erk. vom 28. April 1994, Zl. 93/16/0193). Ob Handlungen mit dem Ziel erfolgen, Abgaben zu verkürzen, beruht auf einem nach außen nicht erkennbaren Willensvorgang. Auf diesen kann nur aus dem Verhalten des Täters geschlossen werden, soweit es nach außen in Erscheinung tritt. Es sind dabei auch alle sonstigen Sachverhaltselemente zu würdigen. (vgl. hierzu etwa das hg. Erk. vom 17. September 1992, Zl. 91/16/0093).

Die belangte Behörde hat ihre Feststellung, der Beschwerdeführer habe von der Abgabenhinterziehung Kenntnis erlangt und ihre rechtliche Schlussfolgerung, sich damit abgefunden, insbesondere damit begründet, dass der Beschwerdeführer selbst zugegeben hat, ihm seien die niedrigen Kaufpreise in den ihm ausgehändigten Zollpapieren aufgefallen und er habe diese resignierend in Kauf genommen. Die hohe Differenz zwischen dem deklarierten Wert und dem von ihm bezahlten Kaufpreis hätten beim Beschwerdeführer Zweifel auslösen müssen. Wenn der Beschwerdeführer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nun vorbringt, er habe gar nicht an die Möglichkeit einer Abgabenhinterziehung gedacht oder denken müssen, so rügt er damit die Beweiswürdigung der belangten Behörde, weil sich die diesbezüglichen Schlussfolgerungen der Behörde als Ausfluss der Beweiswürdigung erweisen (siehe das schon zitierte hg. Erkenntnis vom 17. September 1992. Die Beweiswürdigung kann vom Verwaltungsgerichtshof nach ständiger Rechtsprechung jedoch nur dahingehend überprüft werden, ob der Sachverhalt genügend erhoben wurde und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig waren, dh. ob sie insbesondere den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen.

Die Sachverhaltsermittlungen und die daraus getroffenen Feststellungen der belangten Behörde, nämlich dass der Beschwerdeführer von der konkrete Möglichkeit einer Abgabenhinterziehung durch den Importeur wusste, stehen mit diesen Grundsätzen nicht im Widerspruch und sind daher als schlüssig und ausreichend anzusehen. Dem Beschwerdeführer ist darüber hinaus entgegenzuhalten, dass auch die Tatsache, dass sich der vom Geschäftsvermittler X in den USA bezahlte Preis (USD 12.000,--) und der vom Beschwerdeführer mit dem Zwischenhändler letztlich vereinbarte Preis von S 140.000,-- nahezu decken, dafür spricht, dass der Beschwerdeführer die tatsächlich bezahlten Kaufpreise kannte. Trotz des angeblich so schlechten Zustandes der Fahrzeuge unternahm er keinerlei Schritte, um eine Reduktion des Kaufpreises zu erreichen. Dass der Beschwerdeführer es unterließ, die Differenz zwischen erklärtem Zollwert und von ihm bezahlten Kaufpreis gegenüber X oder dem Zollamt aufzuklären, ist ein weiteres Sachverhaltselement, das zumindest ein Wissen des Beschwerdeführers um die konkrete Möglichkeit einer Hinterziehung von Eingangsabgaben als höchstwahrscheinlich erscheinen lässt. Dieses Wissen ist aber im Falle der Abgabenhehlerei für die Annahme eines bedingten Vorsatzes des Beschwerdeführers ausreichend.

Der Sachverhalt wurde von der belangten Behörde auch nicht, wie vom Beschwerdeführer behauptet, aktenwidrig angenommen. Die im Akt befindlichen Fotos zeigen Fahrzeuge, die sich komplett zerlegt in einer Werkstatt befinden. Über ihren Zustand lässt sich alleine durch die Aufnahmen, die auch keine Details zeigen, wenig aussagen. Die Aussage des Beschwerdeführers bei seiner Vernehmung vor Organen des damaligen Zollamtes Klagenfurt vom 5. August 1994 ist im angefochtenen Bescheid dem Akteninhalt entsprechend wiedergegeben worden.

Es lag somit weder die behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides noch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 21. Dezember 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1997160404.X00

Im RIS seit

02.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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