TE OGH 2010/3/4 13Os6/10x

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Veröffentlicht am 04.03.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. März 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Lässig, Dr. Nordmeyer und Mag. Hautz in Gegenwart des Rechtspraktikanten Mag. Romstorfer als Schriftführer in der Strafsache gegen Peter Z***** wegen des Verbrechens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 4. November 2009, GZ 18 Hv 114/09m-58, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Peter Z***** der Verbrechen der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB (1) sowie der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (2) und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (3) schuldig erkannt.

Danach hat er am 13. April 2009 in Velden und Villach Maria P*****

(1) auf solche Weise, dass es ihr besondere Qualen bereitete, die persönliche Freiheit entzogen, indem er ihr ein Handtuch überwarf und ein mit acetonhältiger Flüssigkeit getränktes Tuch gegen ihren Mund presste, sie sodann mit seinem Pkw an einen anderen Ort verbrachte, wobei er sie während der Fahrt mehrfach am Aussteigen hinderte, und sie schließlich nach dem Verlassen des Pkw durch Festhalten und Zubodenstoßen unter Anwendung weiterer Gewalt (2 und 3) an der Flucht hinderte,

(2) mit Gewalt und durch Drohung mit dem Tod zu Handlungen und Unterlassungen genötigt, indem er sie über einen Zaun hinweg an den Rand einer 100 m abfallenden Felswand zerrte, unter Todesdrohung versuchte, sie hinabzustoßen, wobei er wiederholt ihre sich festkrallenden Hände von Zweigen löste, und sie letztlich zu Boden riss, seine Hände auf ihr Gesicht presste und sie unter neuerlicher Todesdrohung zum Stillschweigen aufforderte, sowie

(3) durch die zu 1 und 2 beschriebenen Taten vorsätzlich am Körper verletzt, wobei sie Druckstellen, Prellungen, Schnittwunden sowie Rötungen erlitt.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 4, 5a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurden durch die Abweisung (ON 57 S 11) des Antrags auf Durchführung eines Ortsaugenscheins (ON 54 S 14) Verteidigungsrechte nicht verletzt:

Soweit der Beweisantrag darauf gerichtet war nachzuweisen, dass „es nicht möglich war, eine sich wehrende Person über den Zaun zu heben“, ließ er nicht erkennen, warum die begehrte Beweisaufnahme geeignet sei, eine Verbreiterung der insoweit durch die im Akt befindlichen Lichtbilder (ON 36 S 7, 9) geschaffenen Entscheidungsgrundlage zu bewirken, womit er auf eine im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung zielte (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330).

Das Beweisthema, „dass sich auf der Absturzseite auch keine kleinen Nadelbäume befinden“, bezog sich nicht auf schuld- oder subsumtionsrelevante Umstände.

Die den Antrag ergänzenden Beschwerdeausführungen haben aufgrund des im Nichtigkeitsbeschwerdeverfahren geltenden Neuerungsverbots auf sich zu beruhen.

Das Erstgericht berücksichtigt alle entscheidungswesentlichen Verfahrensergebnisse und legt die Erwägungen, aufgrund derer es die den Schuldspruch tragenden Feststellungen trifft, eingehend und mängelfrei dar (US 9 bis 16). Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) einzelne Ergebnisse des Beweisverfahrens isoliert herausgreift und auf dieser Basis den erstgerichtlichen Überlegungen anhand eigener Beweiswerterwägungen für den Beschwerdeführer günstige Schlüsse entgegenstellt, wendet sie sich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Soweit die Subsumtionsrüge (Z 10) bestreitet, dass der Beschwerdeführer als Nötigungsmittel Todesdrohungen eingesetzt habe (2), entfernt sie sich von den Konstatierungen des Erstgerichts (US 6, 8) und verfehlt solcherart den gerade darin gelegenen Bezugspunkt des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes.

Nicht an der Prozessordnung orientiert ist auch das Vorbringen, die Verletzung der Maria P***** (3) sei durch die Freiheitsentziehung (1) konsumiert, weil die Beschwerde die angestrebte rechtliche Konsequenz nicht aus dem Gesetz ableitet, sondern bloß behauptet (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 588).

Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass Verletzungen am Körper mit - auch qualifizierter - Freiheitsentziehung keineswegs typischerweise verbunden sind, aus welchem Grund Judikatur und herrschende Lehre insoweit von echter Konkurrenz ausgehen (Schmoller SbgK § 99 Rz 76).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E93718

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0130OS00006.10X.0304.000

Im RIS seit

28.05.2010

Zuletzt aktualisiert am

28.05.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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