TE OGH 2010/3/23 8Nc5/10t

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Veröffentlicht am 23.03.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter über den Antrag der S*****, auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der ***** J*****, infolge der Anzeige eines negativen Kompetenzkonflikts durch das Landesgericht Steyr, GZ 14 Se 118/09i-10, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Als das zur Entscheidung über die im Spruch genannte Konkursantragssache zuständige Gericht wird das Handelsgericht Wien bestimmt, dessen Beschluss vom 15. 9. 2009, GZ 38 Se 209/09a-4, aufgehoben wird.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

I. Die in den Sprengeln verschiedener Oberlandesgerichte gelegenen Gerichte haben jeweils rechtskräftig ihre örtliche Unzuständigkeit ausgesprochen, sodass die Voraussetzungen des § 47 JN für die Entscheidung des Kompetenzkonflikts durch den Obersten Gerichtshof gegeben sind.

II. Für das Konkursverfahren ist aus § 63 Abs 1 KO abzuleiten, dass der Gesetzgeber gerade der für die effektive und rasche Abwicklung des Konkursverfahrens bedeutsamen Nähe des Konkursgerichts zum Betriebsort besonderes Gewicht beigemessen hat. Daraus ist zu folgern, dass gemäß § 46 Abs 1 JN nur die die sachliche Zuständigkeit betreffende rechtskräftige Unzuständigkeitsentscheidung bindend ist, während - zumindest im Konkursverfahren - ein rechtskräftiger Beschluss auch des überweisenden Gerichts über die örtliche Unzuständigkeit dessen Überprüfung im Rahmen der Entscheidung eines negativen Kompetenzkonflikts nicht verhindert (8 Nc 35/04w, 8 Nc 15/06g).

III. Gemäß § 63 Abs 1 KO ist für das Konkursverfahren der Gerichtshof erster Instanz zuständig, in dessen Sprengel der Gemeinschuldner sein Unternehmen betreibt oder mangels eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Keiner der in dieser Gesetzesstelle normierten Anknüpfungspunkte liegt im Sprengel des Landesgerichts Steyr. Der einzige vom Handelsgericht Wien in seiner Unzuständigkeitsentscheidung für die Zuständigkeit des Landesgerichts Steyr ins Treffen geführte Umstand ist der damals gegebene Aufenthalt der Gemeinschuldnerin in Steyr. Mangels gegenteiliger Hinweise kann aber der (regelmäßig vorübergehende) Aufenthalt in einem Frauenhaus im Allgemeinen nicht als „gewöhnlicher Aufenthalt“ iSd § 63 KO qualifiziert werden, zumal eine solche Qualifikation eine dauerhafte, nicht nur vorübergehende Beziehung zwischen einer Person und ihrem Aufenthalt voraussetzt, die sich in einer bestimmten längeren Dauer und Beständigkeit des Aufenthalts äußert und sich auf objektiv überprüfbare Umstände persönlicher oder beruflicher Art gründet (Schumacher in Buchegger, InsR II/2, § 63 KO Rz 31). Davon kann aber hier nicht die Rede sein, was insbesondere dadurch unterstrichen wird, dass die Antragsgegnerin bereits seit einiger Zeit wieder - wie schon früher - im Sprengel des Handelsgerichts Wien wohnhaft ist.

IV. Wenngleich aus dem Akteninhalt nicht ersichtlich ist, ob das im Antrag genannte Unternehmen, dessen Standort jedenfalls in Wien war, noch betrieben wird, ist das Handelsgericht Wien daher örtlich zuständig, sodass sein Unzuständigkeitsbeschluss gleichzeitig mit seiner Bestimmung als zur Entscheidung über die Konkursantragssache zuständiges Gericht aufzuheben war (8 Nc 41/03a).

Textnummer

E93458

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0080NC00005.10T.0323.000

Im RIS seit

30.04.2010

Zuletzt aktualisiert am

17.11.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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