TE OGH 2010/4/28 14Os56/10g

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Veröffentlicht am 28.04.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. April 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig und Mag. Hautz in Gegenwart des Rechtspraktikanten Mag. Romstorfer als Schriftführer in der Strafsache gegen Selvad A***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung, AZ 36 Hv 24/10i (früher 32 HR 53/10h) des Landesgerichts Wiener Neustadt, über die Grundrechtsbeschwerde des Selvad A***** gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Beschwerdegericht vom 25. März 2010, AZ 21 Bs 98/10f (ON 64), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

 

Selvad A***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.

Text

G r ü n d e :

Über Selvad A***** wurde über Antrag der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt am 21. Februar 2010 die Untersuchungshaft verhängt (ON 28).

Nach der am 25. Februar 2010 eingebrachten Anklageschrift (ON 41) hat Selvad A***** am 23. Dezember 2008 in Brunn am Gebirge im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit zwei Mittätern durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung einer Schreckschusspistole, somit einer Waffe, Gewahrsamsträgern eines Lebensmittelmarkts 96.953,73 Euro Bargeld mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz durch näher beschriebenes arbeitsteiliges Vorgehen weggenommen bzw abgenötigt.

Mit Beschluss des Vorsitzenden des Jugendschöffengerichts des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 12. März 2010, GZ 36 Hv 34/10i-55, wurde ein Enthaftungsantrag des Selvad A***** abgewiesen und die Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit a und lit b StPO fortgesetzt.

Das Oberlandesgericht Wien gab mit dem angefochtenen Beschluss der dagegen erhobenen Beschwerde ausgehend von der anklagekonform angenommenen dringenden Verdachtslage nicht Folge und ordnete die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus dem schon vom Erstgericht angenommen Haftgrund an.

In seiner Grundrechtsbeschwerde bestreitet Selvad A***** mit der Behauptung, das Oberlandesgericht Wien habe die nach § 46a Abs 2 iVm § 35 Abs 1 zweiter Satz JGG gebotene strengere Subsidiaritätsprüfung unterlassen, die Verhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft.

Rechtliche Beurteilung

Bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist zunächst auf die Bedeutung der Sache und die zu erwartende Strafe abzustellen (§ 173 Abs 1 zweiter Satz StPO). Nur für im Zeitpunkt der Haftentscheidung (Verhängung oder Fortsetzung) noch junge Erwachsene hat nach § 46a Abs 2 JGG die strengere Verhältnismäßigkeitsprüfung des § 35 Abs 1 zweiter Satz JGG, wonach überdies auf die mit der Untersuchungshaft verbundenen Nachteile für die Persönlichkeitsentwicklung und für das Fortkommen des jungen Erwachsenen Bedacht zu nehmen ist, zu erfolgen. Dies ergibt sich entgegen den Beschwerdeausführungen schon aus dem eindeutigen Wortlaut des § 46a Abs 2 JGG, der auf den Zeitpunkt der Verfahrenshandlung abstellt (vgl Schroll in WK² JGG § 35 Rz 10 und § 46a Rz 8; Kirchbacher/Rami, WK-StPO § 173 Rz 11). Nachdem der Beschwerdeführer im Entscheidungszeitpunkt das 21. Lebensjahr bereits vollendet hatte, war eine solche - wie das Oberlandesgericht zutreffend ausführte - nicht vorzunehmen.

Im Hinblick auf die vom Oberlandesgericht berücksichtigte (BS 4 und 6) Bedeutung der Sache und auf den in Frage kommenden Strafrahmen (Freiheitsstrafe von einem bis zu fünfzehn Jahren; § 143 erster Strafsatz StGB iVm § 36 dritter Satz erster Fall StGB) kann von einer Unverhältnismäßigkeit im Sinne des § 173 Abs 1 zweiter Satz StPO keine Rede sein.

Ergänzungen der Grundrechtsbeschwerde (zur bisher nicht angesprochenen Annahme des Haftgrundes der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit a und b StPO) in der gemäß § 24 StPO erstatteten Äußerung des Beschwerdeführers sind unbeachtlich, weil sie gegen die von § 285 Abs 1 erster Satz StPO iVm § 10 GRBG verlangten Einmaligkeit der Ausführung der Beschwerdegründe verstoßen (vgl für viele 14 Os 59/09x).

Selvad A***** wurde somit im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb die Grundrechtsbeschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen war.

Schlagworte

Grundrechtsbeschwerden,Strafrecht

Textnummer

E93803

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0140OS00056.10G.0428.000

Im RIS seit

09.06.2010

Zuletzt aktualisiert am

09.06.2010
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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