TE Vwgh Erkenntnis 2001/1/24 2000/16/0562

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Veröffentlicht am 24.01.2001
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Index

32/07 Stempelgebühren Rechtsgebühren Stempelmarken;
33 Bewertungsrecht;

Norm

BewG 1955 §15 Abs1;
GebG 1957 §21;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der S Aktiengesellschaft in S, vertreten durch Dr. Hermann Graus, Rechtsanwalt in Innsbruck, Templstraße 8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 30. Juni 2000, Zl RV-450/1-T6/99, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bestandvertrag vom 18. Jänner 1973 vermieteten Heinrich und Karolina Fischer der Beschwerdeführerin auf die Dauer von 25 Jahren, das war vom 1. Dezember 1972 bis zum 30. November 1997, einen Teil der Liegenschaft EZ 334 der KG Nonntal um einen monatlichen Bestandzins von S 6.000,--. Mit einer Zusatzvereinbarung vom 26.11./10.12.1996 zwischen Hermann Kremsmayer, dem Rechtsnachfolger von Heinrich und Karolina Fischer, und der Beschwerdeführerin wurde der Bestandvertrag bis 30. November 2007 verlängert und der monatliche Bestandzins mit S 40.000,-- zuzüglich Umsatzsteuer vereinbart.

Mit Bescheid vom 10. Februar 1997 schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Innsbruck Rechtsgebühr von der Zusatzvereinbarung vom 26.11./10.12.1996 vor.

In einer Zusatzvereinbarung vom 9.9./2.10.1998 wurde zwischen Hermann Kremsmayer und der Beschwerdeführerin folgendes vereinbart:

"Zu Punkt II.

Der Bestandgeber räumt der Bestandnehmerin eine Option auf Verlängerung des Bestandvertrages um weitere 10 Jahre, das ist bis 30.11.2017, ein. Sollte diese Option daher von der Bestandnehmerin wahrgenommen werden, so endet dieses Bestandverhältnis am 30.11.2017 durch Ablauf der Zeit, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Das Optionsrecht ist durch die Bestandnehmerin mittels eingeschriebenen Briefes an den Bestandgeber auszuüben. Die Ausübung dieser Option gilt dann als rechtzeitig, wenn die Ausübungserklärung dem Optionsgeber bis zum 31.4.2007 nachweislich schriftlich zugegangen ist. Dieses Optionsrecht kann jedoch von der Bestandnehmerin frühestens zum 1.1.2007 ausgeübt werden, daher ist das Optionsrecht dann wirksam ausgeübt, wenn die schriftliche Ausübungserklärung dem Optionsgeber nach dem 31.12.2006, jedoch bis zum 31.5.2007 nachweislich schriftlich zugegangen ist.

Zu Punkt III.

Sollte die Bestandnehmerin die oben angeführte Option ausüben, vermehrt sich der monatliche Bestandzins ab 1.12.2007 um 35 % (fünfunddreißig Prozent) des für den Monat November 2007 unter Berücksichtigung der vereinbarten Wertsicherung geschuldeten Bestandzinses.

Mit Bescheid vom 25. November 1998 schrieb das Finanzamt von dem Vertrag vom 2. Oktober 1998 eine Rechtsgebühr von einem monatlichen Bestandzins von S 64.800,-- (um 35 % erhöhter Bestandzins zuzüglich Umsatzsteuer) und einer Vertragsdauer von zehn Jahren vor.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde die Auffassung vertreten, durch die Einräumung der Option sei ein "Vertragsverhältnis" nicht entstanden.

Gegen eine die Beschwerde als unbegründet abweisende Berufungsvorentscheidung wurde der Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt. In dieser Eingabe wurde ausgeführt, die Abgabenbehörde gehe davon aus, dass die Zusatzvereinbarung zusammen mit dem Mietvertrag vom 18. Jänner 1973 und der Zusatzvereinbarung vom 10. Dezember 1996 eine Einheit bildet. Dabei habe die Abgabenbehörde aber übersehen, dass lang andauernde Verträge höchstens mit dem 18-fachen des Jahreswertes zu bewerten seien. Gehe man demgegenüber davon aus, dass es sich bei dieser Zusatzvereinbarung um einen getrennt zu beurteilenden Vertrag handelt, dann liege eine reine Option vor, womit keine Gebühr anfalle.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung teilweise stattgegeben und die Rechtsgebühr herabgesetzt. Die belangte Behörde ging dabei davon aus, dass eine optionsweise herbeigeführte Vertragsverlängerung nicht den Abschluss eines neuen Mietvertrages, sondern die Verlängerung der ursprünglich befristeten Vertragsdauer bewirke. Die gegenständliche Option beziehe sich nach Ansicht der Berufungsbehörde allein auf die Zusatzvereinbarung vom 10. Dezember 1996 und das darin vereinbarte Mietverhältnis ab 1. Dezember 1997 mit einer Vertragsdauer von zehn Jahren. Bei der Ermittlung der Gebühr ging die belangte Behörde davon aus, dass zunächst eine Miete von S 48.000 auf zehn Jahre und sodann eine solche von S 64.800 auf weitere zehn Jahre vereinbart worden sei, was in zwanzig Jahren eine Gesamtmiete von S 13,536.000,-- ausmachte. Davon entfalle aliquot auf 18 Jahre eine Miete von S 12,182.400, wovon die belangte Behörde eine Gebühr von S 121.824,-- ermittelte, von welchem Betrag sie die bereits mit Bescheid vom 10. Februar 1997 festgesetzte Gebühr von S 57.224,-- abzog.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin insbesondere dadurch in ihren Rechten verletzt, dass die Zusatzvereinbarung vom 9.9./2.10.1998 einer Gebühr unterworfen worden ist.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Werden durch einen Zusatz oder Nachtrag zu einer bereits ausgefertigten Urkunde die darin beurkundeten Rechte oder Verbindlichkeiten ihrer Art oder ihrem Umfang nach geändert oder wird die vereinbarte Geltungsdauer des Rechtsgeschäftes verlängert, so ist dieser Zusatz oder Nachtrag gemäß § 21 GebG im Umfang der vereinbarten Änderung oder Verlängerung als selbstständiges Rechtsgeschäft gebührenpflichtig.

Für die Bewertung der gebührenpflichtigen Gegenstände gelten gemäß § 26 GebG grundsätzlich die Vorschriften des BewG 1955 mit der Maßgabe, dass bedingte Leistungen und Lasten als unbedingte, betagte Leistungen und Lasten als sofort fällige zu behandeln sind. Gemäß § 15 Abs 1 BewG darf der Gesamtwert von wiederkehrenden Nutzungen oder Leistungen das Achtzehnfache des Jahreswertes nicht übersteigen.

Die Beschwerdeführerin wendet sich zunächst gegen die Auffassung der belangten Behörde, die Option auf Vertragsverlängerung beziehe sich allein auf die Zusatzvereinbarung vom 26.11./10.12.1996. Mit dieser Vereinbarung vom 26.11./10.12.1996 wurde nicht nur der Bestandgegenstand infolge einer Neuvermessung des in Rede stehenden Grundstücks neu definiert, sondern auch die vereinbarte Geltungsdauer des Rechtsgeschäftes verlängert und schließlich der Bestandzins neu festgesetzt. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 21 GebG ist ein solcher Nachtrag aber als selbstständiges Rechtsgeschäft gebührenpflichtig. Nach den Materialien zu dieser Gesetzesstelle sollte damit klarstellend zum Ausdruck gebracht werden, dass bei allen Rechtsgeschäften, bei denen das durch sie begründete Rechtsverhältnis nach Ablauf einer vereinbarten Zeit beendet sein soll, die Verlängerung dieser vereinbarten Geltungsdauer neuerlich eine Gebührenschuld begründet. Die Verlängerung der vereinbarten Geltungsdauer sei gebührenrechtlich insoweit als Neuabschluss eines selbstständigen Rechtsgeschäftes zu behandeln und unterliege im Umfang der vereinbarten Änderung oder Verlängerung nach jener Tarifpost der Gebühr, der das geänderte Rechtsgeschäft unterlag (vgl Regierungsvorlage zur GebG-Novelle 1981, 549 BlgNR 15. GP).

Damit ist das Schicksal der Beschwerde aber bereits entschieden: Im Hinblick darauf, dass nach dem klaren Wortlaut des § 21 GebG, dessen Inhalt und Zweck in den Gesetzesmaterialien näher erläutert wird, selbst jede Verlängerung der vereinbarten Geltungsdauer gebührenrechtlich als selbstständiges Rechtsgeschäft zu betrachten ist, ist die Auffassung, die Höchstdauer wiederkehrender Leistungen im Sinne des dritten Satzes des § 15 Abs 1 BewG 1955 beziehe sich auf die gesamte Dauer des durch mehrere solche selbstständige Rechtsgeschäfte vermittelten Bestandverhältnisses, unzutreffend.

Damit gehen aber auch die Einwendungen der Beschwerdeführerin gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Berechnung der Gebühr ins Leere: Auch die Zusatzvereinbarung vom 9.9./2.10. 1998 -

zu Vertragsverlängerungen durch Optionsausübung, die im Ergebnis nichts anderes als die Beifügung einer (im Sinne des § 17 Abs. 4 GebG für die Entstehung der Gebührenschuld nicht maßgeblichen) Potestativbedingung bedeuten, wird auf die ständige hg Rechtsprechung, zuletzt die hg Erkenntnisse vom 19. Jänner 1994, Zl 93/16/0159 und vom 31. Mai 1995, Zl 94/16/0237, hingewiesen - war als Vertragsverlängerung im Sinne des § 21 GebG gleichfalls gebührenrechtlich selbstständig zu beurteilen. Die belangte Behörde ist demgegenüber von einer gesamten Geltungsdauer von 20 Jahren ab dem 1. Dezember 1997 ausgegangen und hat die Gebühr in einer im Gesetz nicht vorgezeichneten Weise nach einem Mischzins unter Einrechnung der vormals vorgeschriebenen Gebühr ermittelt. (Zur Ermittlung der Gebühr nach dem höchsten vereinbarten Bestandzins vgl im Übrigen das hg Erkenntnis vom 4. Juli 1990, Zl 89/15/0140). Durch diese Vorgangsweise der belangten Behörde wurde die Beschwerdeführerin aber nicht in ihren Rechten verletzt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 24. Jänner 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000160562.X00

Im RIS seit

14.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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