TE Vwgh Erkenntnis 2001/1/24 2000/16/0641

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Veröffentlicht am 24.01.2001
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Index

yy41 Rechtsvorschriften die dem §2 R-ÜG StGBl 6/1945 zuzurechnen
sind;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
20/06 Konsumentenschutz;
21/03 GesmbH-Recht;
32/06 Verkehrsteuern;

Norm

ABGB §861;
ABGB §862a;
GmbHG §76 Abs2;
KSchG 1979 §6 Abs1 Z3;
KVG 1934 §17;
KVG 1934 §18 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2000/16/0642

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerden der a AG, vormals a S AG in Langenfeld/BRD, vertreten durch Hule & Heinke, Rechtsanwälte KEG in Wien I, Goldschmiedgasse 5, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Kärnten 1) vom 22. August 2000, GZ. RV 179/1-5/98 und 2) vom 23. August 2000, GZ. RV 180/1-5/98, beide betreffend Börsenumsatzsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

H und R R (beide mit dem Wohnsitz in S/BRD) waren an der A S GmbH (mit dem Sitz in F) mit je einem Geschäftsanteil von S 4,320.000,--

Nennbetrag beteiligt.

Beide Gesellschafter richteten, jeweils vertreten durch MMag. R M) im Wege zweier Notariatsakte (errichtet je am 12.12.1997 vor Mag. W P als Substitut des öffentlichen Notars Dr. J H in Wien) an die Beschwerdeführerin (die ihren Sitz in Deutschland hat) Abtretungsanbote mit (auszugsweise) folgenden gleichen Wortlauten:

"II.

Herr ... bietet hiemit diesen seinen vorbezeichneten Geschäftsanteil der a S Aktiengesellschaft mit dem Sitz in Deutschland und der Geschäftsanschrift H, D-L, im folgenden Übernehmerseite genannt, zur Übernahme um den Abtretungspreis von DM 6,800.000,-- (Deutsche Mark sechs Millionen achthunderttausend) an.

...

V.

Die Erklärung der Annahme des Anbotes ist rechtzeitig und ordnungsgemäß, wenn es in Form eines Notariatsaktes bis spätestens 31.1.1998 (einunddreißigsten Jänner eintausendneunhundertachtundneunzig) von der a S Aktiengesellschaft angenommen wird und zwar einschließlich dieses Tages und wenn die notarielle Annahmeerklärung mit eingeschriebenem Brief (mit Rückschein) spätestens an diesem Tag an die a S Aktiengesellschaft in Deutschland abgesendet wird.

VI.

Die Abtretung des Geschäftsanteiles gilt als mit der Zustellung der notariellen Annahmeerklärung an die a S Aktiengesellschaft mit dem Sitz in Deutschland und der Geschäftsanschrift H, D-L, als wirksam zu Stande gekommen.

Dieses Datum ist auch der Stichtag der Abtretung.

Mit der Anteilsübertragung gehen alle mit dem Anteil verbundenen Gewinnansprüche aus bisher nicht ausgeschütteten Gewinnen auf den Erwerber über.

..."

Die Beschwerdeführerin, jeweils vertreten durch Dr. M J (ebenfalls Adresse Wien) nahm im Wege zweier Notariatsakte vom 17. Dezember 1997 (ebenfalls errichtet durch den oben genannten Notariatssubstituten in Wien) die Abtretungsanbote an, wobei die Punkte IV. der Annahmeerklärungen jeweils lauten wie folgt:

"IV.

Die Übernehmerseite erklärt hiemit, das vorgenannte Anbot innerhalb offener Frist vollinhaltlich anzunehmen.

Die Abtretung des Geschäftsanteiles gilt als mit der Zustellung der notariellen Annahmeerklärung an die a S AG dem Sitz in Deutschland unter der Geschäftsanschrift H, D-L, als wirksam zustande gekommen. Dieses Datum ist auch der Stichtag der Abtretung."

Mit Noten vom 22. Dezember 1997 teilte der genannte Notariatssubstitut dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Klagenfurt (im Folgenden kurz: Finanzamt) mit, dass er am 17. Dezember 1997 je eine Ausfertigung der Annahmeerklärungen an die Geschäftsführung der Beschwerdeführerin gesandt habe.

Das Finanzamt forderte daraufhin mit Bescheiden vom 25. März 1998 Börsenumsatzsteuer an, wogegen die Beschwerdeführerin jeweils mit der Begründung berief, das Geschäft sei jeweils zwischen Ausländern im Ausland abgeschlossen worden. Die Verträge seien erst mit der Zustellung der Annahmeerklärung in Deutschland zustande gekommen.

Gegen die daraufhin ergangenen abweislichen Berufungsvorentscheidungen des Finanzamtes stellte die Beschwerdeführerin unter Aufrechterhaltung ihrer Rechtsmeinung jeweils Anträge auf Entscheidung über die Berufungen durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Die belangte Behörde wies die Berufungen jeweils als unbegründet ab und erachtete die Anschaffungsgeschäfte als im Inland zu Stande gekommen.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Verwaltungsgerichtshofbeschwerden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich jeweils in ihrem Recht auf Börsenumsatzsteuerfreiheit verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten der Verwaltungsverfahren vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden als unbegründet beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und darüber erwogen:

Der auf den Beschwerdefall noch anzuwendende Teil III (Börsenumsatzsteuer) des Kapitalverkehrsteuergesetzes regelt in seinem § 17 Folgendes:

"(1) Der Börsenumsatzsteuer unterliegt der Abschluss von Anschaffungsgeschäften über Wertpapiere, wenn die Geschäfte im Inland oder unter Beteiligung wenigstens eines Inländers im Ausland abgeschlossen werden.

(2) Inländer sind Personen, die im Inland ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt, eine gewerbliche Niederlassung oder eine ständige Vertretung haben. So weit Personen Geschäfte durch ihre ausländische Niederlassung abschließen, gelten sie nicht als Inländer.

(3) Geschäfte, die durch Briefwechsel, Telegramm, Fernsprecher oder Funkspruch zwischen einem Ort des Inlandes und einem Ort des Auslandes zu Stande gekommen sind, gelten als im Ausland abgeschlossen."

Gemäß § 18 Abs. 1 leg. cit. sind Anschaffungsgeschäfte entgeltliche Verträge, die auf den Erwerb des Eigentums an Wertpapieren gerichtet sind.

Der steuerpflichtige Tatbestand "Anschaffungsgeschäft" ist bereits mit Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages erfüllt, aus dem der obligatorische Anspruch auf Übereignung des Wertpapiers entsteht. Das dingliche Erfüllungsgeschäft (im vorliegenden Fall die Abtretung der Geschäftsanteile) ist für die Besteuerung nicht von Bedeutung (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 31. März 1999, Zl. 98/16/0215; 29. März 1993, Zl. 91/15/0049, 0050, und vom 5. März 1990, Zl. 98/15/0125, je mwN). Aus diesem Grund sind alle auf Punkt VI. der getroffenen Vereinbarung gestützten Beschwerdeausführungen nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide aufzuzeigen, weil sich dieser Vertragspunkt auf das Zustandekommen der Abtretung und damit des Verfügungsgeschäftes bezieht.

Der Notariatsaktpflicht des § 76 Abs. 2 GmbHG unterliegt bereits das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1992, Zl. 91/15/0072, 0073 mwN), wobei es zulässig ist, Anbot und Annahme in gesonderten Notariatsakten zu errichten.

In einem solchen Fall ist die Frage, wann und wo das Rechtsgeschäft zustande kommt, nach den allgemeinen Regeln des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen (vgl. dazu insbesondere das hg. Erkenntnis vom 23. November 1967, Zl. 1207/66, Slg. NF 3684/F).

Nach den genannten allgemeinen Bestimmungen des bürgerlichen Rechts kommt bei einem Vertrag unter Abwesenden das Geschäft im Wege von Anbot und Annahme dort zustande, wo die Annahmeerklärung des Oblaten dem Offerenten zukommt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 25. September 1997, Zl. 96/16/0197, Slg. NF 7217/F).

Von der aus § 862a ABGB abgeleiteten Empfangstheorie (siehe z. B. Rummel in Rummel ABGB I3 Rz 2 zu § 862a ABGB) können die Parteien aber abweichen und (ausgenommen bei Verbrauchergeschäften; § 6 Abs. 1 Z. 3 KSCHG) anders lautende Vereinbarungen über das Wirksamwerden von Willenserklärungen treffen (vgl. dazu insbesondere Apathy in Schwimann, Praxiskommentar zum ABGB2, V Rz 1 zu § 862a ABGB sowie Koziol/Bollenberger in Koziol/Welser, Bürgerliches Recht I11 100).

Eine solche Vereinbarung haben die Vertragsparteien im vorliegenden Fall im Wege der unverändert angenommenen Anbotserklärung getroffen, indem dort unter Pkt. V. festgelegt wurde, dass die Annahme des Anbotes durch die Absendung der Annahmeerklärung erfolgt. Diese Absendung erfolgte nach Inhalt der Bekanntgabe des vertragserrichtenden Notarsubstituten jeweils am 17. Dezember 1997 in Wien und ist damit nach dem maßgeblichen Parteiwillen das Titelgeschäft jeweils im Inland zustande gekommen. Aus diesem Grund liegt auch kein Vertragsabschluss durch Briefwechsel iS des § 17 Abs. 3, erster Fall KVG vor, weshalb auch die auf diese Bestimmung gestützten Beschwerdeausführungen von vornherein ins Leere gehen.

Da sich sohin die angefochtenen Bescheide in jeder Richtung als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit erweisen, waren die Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich (im Rahmen des gestellten Begehrens) auf die §§ 47ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.

Wien, am 24. Jänner 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000160641.X00

Im RIS seit

14.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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