TE OGH 2010/7/14 7Ob122/10g

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Veröffentlicht am 14.07.2010
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** F*****, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Plankel und andere Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen die beklagte Partei D***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Themmer, Toth & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 11.361,02 EUR (sA), über die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 26. März 2010, GZ 2 R 50/10b-11, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 13. Jänner 2010, GZ 41 Cg 61/09t-7, infolge Berufung des Klägers bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung lautet:

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger 10.754,02 EUR samt 4 % Zinsen seit 15. 9. 2009 binnen 14 Tagen zu bezahlen. Das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer 607 EUR samt 4 % Zinsen seit 15. 9. 2009 wird abgewiesen. Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 2.518,40 EUR (darin enthalten 312,90 EUR Umsatzsteuer und 641 EUR Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten erster Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Beklagte ist weiters schuldig, dem Kläger die mit 2.052,56 EUR (darin enthalten 177,76 EUR Umsatzsteuer und 986 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit 2.002,24 EUR (darin enthalten 128,04 EUR Umsatzsteuer und 1.234 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war vom 6. 2. 1997 bis 1. 1. 2006 bei der Beklagten mit einer Versicherungssumme von 30.886 EUR rechtsschutzversichert. Dem Versicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung (ARB 1994) zugrunde, die folgende, für den vorliegenden Rechtsstreit maßgebliche, Bestimmungen enthalten:

„Artikel 2

Was gilt als Versicherungsfall und wann gilt er als eingetreten?

[…]

3. In den übrigen Fällen gilt als Versicherungsfall der tatsächliche oder behauptete Verstoß des Versicherungsnehmers, Gegners oder eines Dritten gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften; der Versicherungsfall gilt in dem Zeitpunkt als eingetreten, in dem eine der genannten Personen begonnen hat oder begonnen haben soll, gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften zu verstoßen.

Bei mehreren Verstößen ist der erste, adäquat ursächliche Verstoß maßgeblich, wobei Verstöße, die länger als ein Jahr vor Versicherungsbeginn zurückliegen, für die Feststellung des Versicherungsfalles außer Betracht bleiben. […]

Artikel 6

Welche Leistungen erbringt der Versicherer?

[...]

7. Die Leistungspflicht des Versicherers ist begrenzt wie folgt:

7.1. Die Höchstgrenze der vom Versicherer in einem Versicherungsfall für den Versicherungsnehmer und die mitversicherten Personen zu erbringenden Leistungen bildet die im Zeitpunkt des Versicherungsfalles laut Vertrag gültige Versicherungssumme.

7.2. Bei mehreren Versicherungsfällen, die einen ursächlich zusammenhängenden, einheitlichen Vorgang darstellen, steht die Versicherungssumme nur einmal zur Verfügung. Ihre Höhe bestimmt sich nach dem Zeitpunkt des ersten Versicherungsfalles.

[…]

Artikel 23

Allgemeiner Vertrags-Rechtsschutz

[…]

2. Was ist versichert?

[…]

2.3. Im Betriebsbereich besteht Versicherungsschutz nur unter folgenden Voraussetzungen

2.3.1. sofern und solange die tatsächlichen oder behaupteten Forderungen und Gegenforderungen der Vertragsparteien (Gesamtansprüche) aufgrund desselben Versicherungsfalles im Sinne des Artikels 2.3. die vertraglich vereinbarte Obergrenze unabhängig von Umfang, Form und Zeitpunkt der Geltendmachung nicht übersteigen.

[...]“

Im Rahmen eines „Agentenvertrags“ samt „Zusatzvertrag für Führungsagenten“ erbrachte der Kläger für die A***** GmbH (im Folgenden A*****) von 1994 bis 30. 6. 2005 Vermittlungs- und Beratungsleistungen. Er führte gegen A***** folgende sieben - teils bereits rechtskräftig beendete, teils noch anhängige - Prozesse, für die ihm die Beklagte nach Maßgabe des Rechtsschutzversicherungsvertrags Deckungszusagen gab:

Im Verfahren 23 Cga 99/05d des Arbeits- und Sozialgerichts (ASG) Wien forderte der Kläger von A***** eine Entgeltzahlung mit der Begründung, er habe im Zeitraum Februar 2002 bis Juni 2004 auftrags- und weisungsgemäß Schulungstätigkeiten ausgeführt, zu deren Erbringung er aufgrund des Agentenvertrags und des Zusatzvertrags für Führungsagenten nicht verpflichtet gewesen wäre. Dem Kläger entstanden in diesem Prozess Kosten von 22.585,08 EUR, wovon ihm die Beklagte 6.707,04 EUR ersetzte.

Auch im Verfahren 63 Cga 8/09g des Landesgerichts (LG) Linz (früher 7 Cga 176/08z des LG Linz) forderte der Kläger von A***** mit der gleichen Begründung ein Entgelt für Schulungstätigkeiten, die er bereits im Zeitraum April 1999 bis Dezember 2001 erbracht habe. Die Beklagte ersetzte ihm dafür Kosten von 607 EUR.

Im Verfahren 4 Cga 176/05p des ASG Wien erhob der Kläger gegen A***** eine Stufenklage zur Durchsetzung von Bonuszahlungen, die ihm aufgrund der Vergütungsordnung für Führungsagenten zustünden und zum 15. 7. 2003 und 15. 7. 2004 fällig geworden seien. Die Beklagte ersetzte ihm Kosten von 2.551 EUR.

Im Verfahren 17 Cga 263/05p des ASG Wien erhob der Kläger gegen A***** eine weitere Stufenklage zur Durchsetzung von Provisionsansprüchen für die Jahre 2001, 2002 und 2003, die ihm aufgrund des Agentenvertrags gebührten. Die Beklagte ersetzte ihm dafür Kosten von 10.717,74 EUR.

Im Verfahren 7 Cga 85/09v des LG Linz (vorher 36 Cga 38/09w des LG Linz und 5 Cga 272/05p des ASG Wien) forderte der Kläger von A***** 6.705,30 EUR mit der Begründung, es handle sich um anteilige, im Zeitraum Jänner 2002 bis März 2004 aufgelaufene Bürokosten, die A***** auf ihn überwälzt habe. Diese Vorgangsweise sei sittenwidrig und unzulässig, weil die Rechtsposition des Klägers der eines Angestellten entsprochen oder zumindest geähnelt habe. Die Beklagte ersetzte dem Kläger hier Kosten von 2.545,85 EUR.

Im Verfahren 9 Cga 122/08p des ASG Wien erhob der Kläger gegen A***** eine weitere Stufenklage zur Durchsetzung von Provisionsansprüchen für die Betreuung von Kunden im Zeitraum 1. 7. bis 31. 12. 2005, wobei er sich insbesondere auf Bereicherungsrecht und Geschäftsführung ohne Auftrag stützte. Die Beklagte ersetzte dem Kläger dafür Kosten von 2.069,52 EUR.

Schließlich machte der Kläger im Verfahren 7 Cga 142/08z des LG Linz (ursprünglich 17 Cga 137/08d des ASG Wien) gegen A***** diverse Ansprüche aus dem von ihm behaupteten Arbeitsverhältnis geltend (Sonderzahlungen, Urlaubsersatzleistung, Überstundenentgelt, Fahrtkosten, Kosten für Büromaterialien/Laptop/Controlling/Schulungen, Refundierungen von Sozialversicherungsbeiträgen und Einkommenssteuern). Die Beklagte ersetzte ihm hier Kosten von 5.687,85 EUR.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt der Kläger von der Beklagten eine Versicherungsleistung von 11.361,02 EUR. Von den im erstgenannten Prozess insgesamt aufgelaufenen Kosten von 22.585,08 EUR habe er einen Selbstbehalt von 20 % (= 4.517,02 EUR) zu tragen. Von den verbleibenden 18.068,06 EUR habe ihm die Beklagte nur 6.707,04 EUR ersetzt, womit sich eine Forderung in Höhe des Klagsbetrags ergebe.

Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen. Allen Prozessen zwischen dem Kläger und A***** liege ein einheitlicher Lebenssachverhalt zugrunde. Gegenstand der rechtlichen Auseinandersetzung sei das komplexe Verrechnungssystem der A*****. Da entgegen der Ansicht des Klägers ein einheitlicher Versicherungsfall im Sinn des Art 6.7.2. ARB 1994 gegeben sei, sei ihre Haftung mit der Versicherungssumme von 30.886 EUR begrenzt, die bereits erschöpft sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Den bereits eingangs wiedergegebenen, unstrittigen Sachverhalt beurteilte es rechtlich dahin, es liege ein einheitlicher Versicherungsfall vor; die Rechtsstreitigkeiten aus den einzelnen Verträgen zwischen dem Kläger und A***** seien zur Ermittlung der Obergrenze des Art 23.2.3.1. ARB 1994 zusammenzurechnen.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts. Zwar sei dessen Argumentation, der Anspruch des Klägers scheitere an Art 23.2.3.1. ARB 1994, nicht stichhältig. Keine der Parteien habe ein Vorbringen in Richtung der Überschreitung einer vertraglich vereinbarten Streitwertgrenze erstattet. Der Kläger habe aber bereits im Zeitpunkt der Einleitung des allerersten, vor dem ASG Wien zu 23 Cga 99/05d geführten Verfahrens erkennen können, dass A***** nicht nur die Zahlung des dort geforderten Entgelts verweigert habe, sondern auch die Erfüllung aller anderen Ansprüche ablehnen werde, die der Kläger in weiterer Folge ebenfalls gerichtlich geltend gemacht habe. Alle diese Forderungen seien damals nach dem Prozessstandpunkt des Klägers bereits zur Gänze oder zumindest teilweise fällig gewesen. Der Umstand, dass der Kläger in diesen Prozessen unterschiedliche Streitgegenstände releviere, könne nicht darüber hinweg täuschen, dass er all diese Ansprüche aus seiner mit 30. 6. 2005 beendeten Zusammenarbeit mit A***** abgeleitet habe. Insofern handle es sich um gleichartige, in ein und demselben Lebenssachverhalt wurzelnde Forderungen. Es liege daher nur ein einziger Versicherungsfall im Sinn des Art 2.3. ARB 1994 vor, weshalb die Versicherungssumme von 30.886 EUR gemäß Art 6.7.1. ARB 1994 die Haftungshöchstgrenze bilde. Da die Beklagte bereits Kosten in dieser Höhe ersetzt habe, sei das Klagebegehren unberechtigt.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil keine höchstgerichtliche Judikatur zur Rechtsfrage existiere, unter welchen Voraussetzungen mehrere unterschiedliche Verstöße gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften, die ein rechtsschutzversicherter Dienstnehmer seinem ehemaligen Dienstgeber vorwerfe, als einheitlicher Versicherungsfall im Sinn des Art 2.3. ARB 1994 einzustufen seien.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Klägers, der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht und beantragt, das angefochtene Urteil in klagsstattgebendem Sinn abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in der Revisionsbeantwortung, das Rechtsmittel ihres Prozessgegners entweder zurück- oder abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und (zum wesentlichen Teil) berechtigt.

Der Revisionswerber wendet sich gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, es liege nur ein einziger Versicherungsfall im Sinn des Art 2.3. ARB 1994 vor, weshalb die Versicherungssumme von 30.886 EUR für alle von ihm gegen A***** angestrengten Verfahren insgesamt die Haftungshöchstgrenze bilde. Mangels eines entsprechenden Vorbringens des Klägers in erster Instanz habe das Berufungsgericht die Parteien mit seiner Rechtsansicht überrascht; dadurch sei das Berufungsverfahren mangelhaft geblieben. Es liege auch ein „ursächlich zusammenhängender, einheitlicher Vorgang“ im Sinn des Art 6.7.2. ARB 1994 nicht vor, da den einzelnen Prozessen des Klägers gegen A***** jeweils unterschiedliche Ereignisse/Lebensvorgänge zugrunde lägen. Demnach habe die Beklagte noch eine restliche Versicherungsleistung in Höhe des Klagsbetrags zu erbringen.

Die damit aufgeworfenen Fragen, ob die Beklagte dadurch, dass sie das Vorliegen eines einheitlichen Versicherungsfalls behauptete, auch ein Vorbringen in Richtung des Vorliegens eines einzigen Versicherungsfalls im Sinn des Art 2.3. ARB 1994 erstattet oder sich durch ausdrückliche Anführung des Art 6.7.2. ARB 1994 in diesem Zusammenhang auf diese Bestimmung beschränkt hat und ob die Parteien durch die Rechtsmeinung des Berufungsgerichts, es liege nur ein einziger Versicherungsfall vor, überrascht wurden, können dahingestellt bleiben. Beide die Leistungspflicht des Versicherers beschränkenden Voraussetzungen (das Vorliegen eines einzigen Versicherungsfalls oder mehrere Versicherungsfälle, die im Sinn des Art 6.7.2. ARB 1994 einen ursächlich zusammenhängenden, einheitlichen Vorgang darstellen) liegen nämlich hier nicht vor:

Nach der Definition des Art 2.3. ARB 1994 gilt als Versicherungsfall der tatsächliche oder behauptete Verstoß des Versicherungsnehmers, des Gegners oder eines Dritten gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften. Verstoß ist „das Handeln gegen eine gesetzliche oder vertragliche Rechtspflicht oder das Unterlassen eines rechtlich gebotenen Tuns“ (Lafenthaler in Kronsteiner/Lafenthaler, Erläuterungen zu den Musterbedingungen über die Rechtsschutz-Versicherung [ARB], 49; vgl Maier in Harbauer, Rechtsschutzversicherung7 § 14 ARB 75 Rn 40 mwN). Im Prozess 23 Cg 99/05d des ASG Wien, für den die klagsgegenständliche restliche Versicherungsleistung begehrt wird, forderte der Kläger ein Entgelt für Schulungstätigkeiten, das ihm von A***** vorenthalten worden sei. Den behaupteten Verstoß von A***** als Gegnerin des Klägers als Versicherungsnehmer der Beklagten und damit den Versicherungsfall stellt somit das Unterbleiben der Zahlung eines angeblich geschuldeten Entgelts bei Fälligkeit dieser spezifischen Leistungspflicht dar (vgl Obarowski in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts- Handbuch § 37 Rn 358 mwN). Mit Ausnahme des Verfahrens 63 Cga 8/09g des Landesgerichts Linz (dazu später) werden demgegenüber in allen anderen vom Kläger gegen A***** geführten Verfahren Verstöße geltend gemacht, die mit dem den hier gegenständlichen Versicherungsfall bildenden Verstoß in keinem Zusammenhang stehen. Es geht dabei um Bonuszahlungen für Führungsagenten, Durchsetzung von Provisionsansprüchen, auf den Kläger überwälzte Bürokosten und diverse weitere Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis zu A*****, die aus anderen Rechtsgründen als die Schulungsentgelte gefordert werden. Das Berufungsgericht hat eine Gleichartigkeit dieser Fälle darin erblickt, dass alle Ansprüche in der mit 30. 6. 2005 beendeten Zusammenarbeit des Klägers mit A***** und damit „in ein- und demselben Lebenssachverhalt“ wurzelten. Der Umstand allein, dass es sich um Forderungen des Klägers aus demselben arbeitsrechtlichen Verhältnis handelt, bewirkt aber im Hinblick darauf, dass die in den anderen Prozessen geltend gemachten Forderungen aus anderen Lebenssachverhalten abgeleitet und aus anderen Rechtsgründen erhoben werden, keineswegs, dass etwa nur ein einziger Verstoß (in Form eines Dauerdelikts) und damit nur ein einziger Versicherungsfall vorläge. Von einem Gesamtkonzept, aufgrund dessen dem Kläger von vornherein klar gewesen sein könnte oder müsste, dass A***** alle seine Zahlungsforderungen nicht befriedigen werde, kann nach den Sachverhaltsfeststellungen des Erstgerichts entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts keine Rede sein. Insofern sind Anhaltspunkte für einen „Dauerverstoß“ von A***** nicht vorhanden. Ein zeitliches und ursächliches Zusammenhängen der A***** vom Kläger vorgeworfenen Verstöße mit dem klagsgegenständlichen Versicherungsfall ist demnach zu verneinen. Entscheidend ist dabei nicht ein zeitlicher und ursächlicher Zusammenhang zwischen den verschiedenen Prozessen, sondern zwischen den einzelnen Versicherungsfällen im Sinn des Art 2.3. ARB 1994, die ihrerseits die Prozesse des Klägers gegen A***** ausgelöst haben (vgl Bauer in Harbauer, Rechtsschutzversicherung7 ARB 94/2000 § 2 Rn 258 mwN; Prölss/Armbrüster in Prölss/Martin VVG27 § 2 ARB 75 Rn 34). Die Zusammenfassung mehrerer zeitlich und ursächlich zusammenhängender Versicherungsfälle zu einem einheitlichen „Leistungsfall“, der die Leistungspflicht des Rechtsschutzversicherers bis zur Höchsthaftungssumme nur einmal auslöst, ist dann gerechtfertigt, wenn mehrere Versicherungsfälle im Sinn des Art 2.3. ARB 1994 einem Geschehensablauf entspringen, der nach der Verkehrsauffassung als ein einheitlicher Lebensvorgang aufzufassen ist (Bauer aaO mwN). Dies trifft im vorliegenden Fall nicht zu.

Mangels eines ursächlichen Zusammenhangs der Schadensereignisse (BGH VersR 1990, 301) liegen auch die Voraussetzungen einer Haftungsbeschränkung nach Art 6.7.2. ARB 1994 nicht vor. Dies auch dann, wenn man mit Prölss-Armbrüster aaO nicht - wie die herrschende Meinung - darauf abstellen wollte, ob die Versicherungsfälle alle einem nach der Verkehrsanschauung einheitlichen Lebensvorgang entspringen, sondern darauf, ob infolge des Eintritts des ersten Versicherungsfalls oder eines davor liegenden Umstands die Gefahr der eingetretenen Versicherungsfälle erhöht wurde und daher das Zusammentreffen der Versicherungsfälle die Realisierung der mit einem Umstand verbundenen besonderen Gefahr darstellt. Auch in diesem Sinn ist nämlich der erforderliche Zusammenhang zwischen den weiteren Versicherungsfällen mit jenem, aus dem der Kläger seinen Anspruch ableitet, nicht gegeben.

Anders verhält es sich allein mit dem das Verfahren 63 Cga 8/09g des LG Linz betreffenden Versicherungsfall. Diesem liegt wie dem klagsgegenständlichen die Forderung eines Entgelts für Schulungstätigkeiten zugrunde, die der Kläger in einem anderen Zeitraum erbracht haben soll. Diesbezüglich besteht im Gegensatz zu den anderen Prozessen ein Zusammenhang im Sinn des Art 6.7.2. ARB 1994, da beide Versicherungsfälle eine gemeinsame Ursache haben und einem einheitlichen Lebensvorgang angehören. In beiden Fällen wurden dem Kläger von A***** Entgeltszahlungen verweigert, die von ihm aus demselben Rechtsgrund für verschiedene, aufeinander folgende Zeiträume gefordert wurden. Nach der genannten Bestimmung steht daher die Versicherungssumme für diese beiden Versicherungsfälle nur einmal zur Verfügung. Die von der Beklagten für den Versicherungsfall 63 Cga 8/09g LG Linz erbrachte Leistung von 607 EUR ist daher bei der Berechnung der (Rest-)Forderung des Klägers aus dem klagsgegenständlichen Versicherungsfall zu berücksichtigen.

Damit errechnet sich die dem Kläger gebührende (restliche) Versicherungsleistung bezüglich des Verfahrens 23 Cga 99/05d ASG Wien mit 10.754,02 EUR. Dieser Betrag ist dem Kläger daher in teilweiser Stattgebung seiner Revision zuzusprechen und das Mehrbegehren von 607 EUR abzuweisen.

Die Kostenentscheidungen gründen sich auf §§ 43 Abs 2, 50 Abs 1 ZPO. Der Kläger ist nur mit etwa 5 %, also mit einem verhältnismäßig geringfügigen Teil seiner Forderung unterlegen, dessen Geltendmachung besondere Kosten nicht veranlasst hat. Demnach steht ihm der Ersatz seiner gesamten Kosten sowohl des erstinstanzlichen als auch des Rechtsmittelverfahrens auf Basis des Streitwerts der durchgesetzten Ansprüche zu (RIS-Justiz RS0116722). Da zwischen dem zugesprochenen Betrag von 10.754,02 EUR und der Forderung von 11.361,02 EUR kein Tarifsprung besteht, gebühren dem Kläger die von ihm jeweils richtig verzeichneten Kosten.

Schlagworte

9 Vertragsversicherungsrecht,

Textnummer

E94697

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0070OB00122.10G.0714.000

Im RIS seit

10.09.2010

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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