TE OGH 2010/7/22 8ObA42/10z

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Veröffentlicht am 22.07.2010
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch die Hofräte Hon.-Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei J***** J*****, vertreten durch Knirsch-Braun-Fellner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei G***** GmbH, *****, vertreten durch Graf & Pitkowitz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 5.017,98 EUR brutto sA, über den Rekurs der klagenden Partei (Rekursinteresse: 2.039,05 EUR) gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 3. März 2010, GZ 8 Ra 11/10m-32, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit seinem in der Verhandlung vom 1. 7. 2009 verkündeten Urteil gab das Erstgericht der Klage auf Zahlung von Überstundenentgelten mit einem Teil von 2.039,05 EUR brutto samt Zinsen statt und wies das Mehrbegehren ab. Noch ehe die Anmeldung einer Berufung durch die Parteien erfolgte oder diesen eine Protokollabschrift zugestellt wurde, fertigte das Erstgericht ein „gekürztes“ Urteil aus, das den Streitteilen am 3. 8. 2009 zugestellt wurde.

Die Beklagte meldete am 10. 8. 2009 Berufung gegen dieses Urteil an. Die Berufungsanmeldung der Beklagten wurde mit Beschluss des Erstgerichts vom 20. 8. 2009 zurückgewiesen. Am 31. 8. 2009 erhob die Beklagte Rekurs gegen diesen Beschluss. „Ausschließlich für den Fall“, dass das Rekursgericht diesem Rekurs nicht Folge gebe, erhob die Beklagte Berufung gegen das Urteil des Erstgerichts. Rekurs und Berufung wurde den Rechtsvertretern des Klägers am 8. 9. 2009 zugestellt.

Mit Beschluss vom 27. 11. 2009 wies das Rekursgericht den Rekurs der Beklagten als unzulässig zurück. Dieser Beschluss wurde den Rechtsvertretern des Klägers am 21. 12. 2009 zugestellt. Am 14. 1. 2010 brachte der Kläger die Berufungsbeantwortung ein.

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Berufungsgericht in der Hauptsache der Berufung Folge und hob das im Umfang der Abweisung des Klagebegehrens von 2.978,48 EUR sA unbekämpft in Rechtskraft erwachsene Urteil des Erstgerichts im klagestattgebenden Teil und in der Kostenentscheidung als nichtig auf. Das Berufungsgericht wies die Berufungsbeantwortung als verspätet zurück.

Rechtlich führte es aus, dass die Nichtigkeit gemäß § 477 Abs 1 Z 9 ZPO sich nur auf den klagestattgebenden Teil des Urteils beziehe, sodass das Erstgericht in diesem Umfang eine neuerliche Entscheidung zu treffen haben werde. Auch bei Eventualberufungen beginne die Frist zur Erstattung der Berufungsbeantwortung mit der Zustellung der Eventualberufung. Diese sei am 8. 9. 2009 erfolgt, sodass die erst am 14. 1. 2010 eingebrachte Berufungsbeantwortung verspätet sei.

Allein gegen den Beschluss auf Zurückweisung der Berufungsbeantwortung richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem Antrag, ihn aufzuheben.

Die Beklagte beteiligte sich nicht am Rekursverfahren.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist unzulässig.

I. Der Beschluss, mit dem eine Berufungsbeantwortung als verspätet zurückgewiesen wird, ist dem Beschluss auf Zurückweisung der Berufung gleichzuhalten und deshalb analog § 519 Abs 1 Z 1 ZPO grundsätzlich anfechtbar (Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 519 Rz 78; RIS-Justiz RS0117039).

II. Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist jedoch das Rechtsschutzinteresse des Rechtsmittelwerbers (E. Kodek in Rechberger ZPO³ vor § 461 Rz 9). Die Beschwer muss sowohl bei Einlangen des Rechtsmittels als auch im Zeitpunkt der Rechtsmittelentscheidung vorhanden sein. Sie fehlt, wenn die Entscheidung nur mehr theoretisch-abstrakte Bedeutung hätte (RIS-Justiz RS0002495).

III. Dies ist hier der Fall, weil der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts mangels eines Ausspruchs gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO unanfechtbar ist (Zechner aaO § 519 Rz 46). Das Recht zur Erstattung einer Rechtsmittelbeantwortung ist nicht Selbstzweck (vgl 10 Ob 5/06t). Auch die angestrebte Behebung des Zurückweisungsbeschlusses würde nichts mehr daran ändern, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts ohne Berücksichtigung der Berufungsbeantwortung des Beklagten ergangen ist (2 Ob 110/07a). Einer meritorischen Entscheidung über den Rekurs käme somit nur mehr theoretisch-abstrakte Bedeutung zu. Das Interesse an einer für den Kläger günstigeren Kostenentscheidung allein begründet nach ständiger Rechtsprechung keine Beschwer (RIS-Justiz RS0002396).

Der Revisionsrekurs war daher mangels Beschwer als unzulässig zurückzuweisen.

Schlagworte

11 Arbeitsrechtssachen,

Textnummer

E94692

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:008OBA00042.10Z.0722.000

Im RIS seit

11.09.2010

Zuletzt aktualisiert am

30.09.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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