TE OGH 2010/10/13 3Ob86/10h

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Veröffentlicht am 13.10.2010
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden und durch die Hofräte Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Alexander Isola als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der A***** mbH, AZ ***** des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz, Graz, Marburger Kai 47, vertreten durch Graf & Pitkowitz Rechtsanwälte GmbH in Graz, wider die beklagten Parteien 1. W***** GmbH & Co KG, 2. W***** GmbH & Co KG, 3. W***** GmbH & Co KG, 4. W***** GmbH & Co KG, alle *****, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 965.000 EUR, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. Jänner 2010, GZ 5 R 178/09x-23, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 9. September 2009, GZ 42 Cg 95/09z-18, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 4.387,82 EUR (darin enthalten 731,30 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger als Masseverwalter im Konkurs der Gemeinschuldnerin begehrt die Beklagten schuldig zu erkennen, der Konkursmasse den Fehlbetrag von 965.000 EUR aus einer am 17. September 2004 beschlossenen und im Firmenbuch eingetragenen Erhöhung des Stammkapitals von 35.000 EUR auf 1.000.000 EUR als Erstattungsanspruch nach den Grundsätzen des österreichischen Gesellschaftsrechts oder auf deliktischer Grundlage zu ersetzen. Die Erstbeklagte sei seit 2002 Alleingesellschafterin; die Passivlegitimation der Zweit-, Dritt- und Viertbeklagten ergebe sich daraus, dass die Erstbeklagte mit drei Spaltungs- und Übernahmeverträgen je vom 27. August 2008 Teile deren Vermögens auf die Zweit-, die Dritt- und die Viertbeklagte abgespalten habe. Nach § 133 des deutschen Umwandlungsgesetzes (dUmwG) würden die an der Spaltung beteiligten Rechtsträger gesamtschuldnerisch für Verbindlichkeiten des übertragenden Rechtsträgers haften, die vor dem Wirksamwerden der Spaltung begründet worden seien. Diese Haftung sei nicht mit dem zugeordneten Nettovermögen begrenzt. Zum 31. Dezember 2003 habe sich das in der Bilanz ausgewiesene Eigenkapital der Gemeinschuldnerin von 2.372.000 EUR aus dem Stammkapital von 35.000 EUR, einer nicht gebundenen Kapitalrücklage von 2.300.000 EUR und einem Bilanzgewinn von 37.000 EUR zusammengesetzt. Das Eigenkapital sei durch Neubewertung von Liegenschaften mit Aufdeckung stiller Reserven entstanden, wodurch die zuvor gegebene buchmäßige Überschuldung beseitigt werden konnte. Die Erstbeklagte habe aber nicht Gesellschafterin einer „35.000 EURO GmbH“ sein wollen. Im Herbst 2004 sei deshalb eine Erhöhung des Stammkapitals vorgenommen worden. Mit notariell beurkundetem Beschluss der Generalversammlung vom 17. September 2004 sei die Entnahme eines Betrags von 965.000 EUR aus der frei verfügbaren Kapitalrücklage des Jahres 2003 erfolgt, um rückwirkend zum Stichtag 31. Dezember 2003 eine Aufstockung des Nennwerts der Stammanteile auf 1.000.000 EUR durchzuführen. Die neuen Anteile seien von der Alleingesellschafterin durch Zuwachs zu den bestehenden Anteilen übernommen worden. Diese Kapitalerhöhung sei jedoch entgegen § 2 Abs 3 KapBG erfolgt, weil die im Jahresabschluss 2003 ausgewiesenen offenen Rücklagen einschließlich des Gewinnvortrags in Stammkapital umgewandelt wurden, obwohl ihnen in der Bilanz bereits Verluste gegenübergestanden seien. Bereits aus dem Zwischenabschluss zum 30. Juni 2004 habe sich ein Fehlbetrag von 1.336.000 EUR ergeben. Dieser habe sich im Zwischenabschluss vom 30. September 2004 noch auf 2.971.000 EUR erhöht. Die Kenntnis der Daten und Zahlen dieser Zwischenabschlüsse sei den Beteiligten zu unterstellen. Dennoch habe der Geschäftsführer gegenüber dem Firmenbuchgericht die Erklärung abgegeben, die zur Erhöhung vorgesehenen Rücklagen seien zum Zeitpunkt der Anmeldung der Kapitalerhöhung noch vorhanden und nicht durch Verluste geschmälert gewesen. Diese Erklärung sei unrichtig. Tatsächlich sei die Rücklage zwischen dem Bilanzstichtag 31. Dezember 2003 und der am 17. September 2004 erfolgten Anmeldung der Kapitalerhöhung aufgrund von Verlusten bereits vollständig verbraucht gewesen. Da es an einer entsprechenden Vermögensdeckung fehle, haften die Beklagten nach den Grundsätzen der Differenzhaftung analog § 10a GmbHG. Als Konsequenz des Hinzuwachsens der neuen Stammeinlage hätten die Beklagten in Höhe des Fehlbetrags eine Einlage in Geld zu leisten. Die Rechtsfolgen seien mit der Einbringung einer nicht werthaltigen Forderung gegen die Gesellschaft als Sacheinlage vergleichbar. Der Vorgang der Umbuchung von in Wahrheit nicht vorhandenen Rücklagen sei der Einbringung von nicht vorhandenen Gewinnansprüchen rechtsähnlich. In der mündlichen Streitverhandlung vom 14. Juli 2009 brachte der Kläger weiters vor, eine Differenzhaftung auf den Kapitalerhöhungsbetrag gründe sich auch darauf, dass die Erstbeklagte im Rahmen der Generalversammlung vom 17. September 2004 ausdrücklich erklärt habe, eine Stammeinlage von 1.000.000 EUR übernommen zu haben (AS 180).

Die Beklagten wendeten ein, der in der Gewinn- und Verlustrechnung zum 31. Dezember 2004 ausgewiesene - und in den Zwischenbilanzen anteilig berücksichtigte - Jahresfehlbetrag von rund 2.400.000 EUR sei durch eine unterjährig eingestellte und laut Gewinn- und Verlustrechnung zur Gänze aufgelöste weitere Kapitalrücklage in Höhe von 3.801.000 EUR ausgeglichen worden. Dieser Ausgleich sei durch den Verzicht der Erstbeklagten auf Rückzahlung eines der Gemeinschuldnerin gewährten Darlehens über 2.217.000 EUR sowie durch die Zusage eines Gesellschafterzuschusses der Altgesellschafterin A***** GmbH an die Gemeinschuldnerin von 1.584.000 EUR erfolgt. Es wäre eine Kapitalrücklage in Höhe von 3.801.000 EUR gebildet worden, welche in der Gewinn- und Verlustrechnung zur Gänze aufgelöst worden sei. Selbst wenn der Ausgleich des Jahresfehlbetrags 2004 noch nicht zur Zeit der Durchführung der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln erfolgt gewesen sein sollte, wäre diese Situation durch einen späteren Ausgleich saniert worden. Außerdem bestehe schon deshalb keine „Differenzhaftung“ aus der nominellen Kapitalerhöhung, weil der Gesellschafter bei dieser Art der Kapitalerhöhung regelmäßig keine Einlageverpflichtung bzw Einlageschuld übernehme; es bestehe keine Zusage des Gesellschafters an die GmbH, Vermögen aus der Gesellschaftersphäre auf die GmbH zu übertragen. Da das Vermögen der GmbH bei der nominellen Kapitalerhöhung nicht vermehrt werde, gingen die Hinweise auf angeblich gleiche Rechtsfolgen wie bei der Überbewertung oder der fehlenden Werthaltigkeit einer Sacheinlage ebenso fehl, wie Vergleiche zur verdeckten Sacheinlage. Die Argumentation des Klägers beruhe allein auf einem alten und überholten Zitat einer Lehrmeinung, die sich nicht durchgesetzt und von der herrschenden Literatur abgelehnt worden sei. Die im abgeänderten Gesellschaftsvertrag enthaltene Formulierung „als Gesellschafter haben übernommen“ betreffe nur den bloß formellen Satzungsbestandteil, welcher deklarativ den Namen des Gesellschafters und dessen Stammeinlage nenne. Die Vollmacht der Erstbeklagten würde lediglich die (nominelle) Erhöhung des Stammkapitals aus Gesellschaftsmitteln umfassen. Eine ihr allenfalls zurechenbare Erklärung über eine Übernahme einer Stammeinlage sei nicht vorhanden (AS 180).

Das Erstgericht stellte folgenden Sachverhalt fest:

Die Erstbeklagte war seit 2003 Gesellschafterin der Gemeinschuldnerin. Um Verluste auszugleichen, wurden die im Eigentum der Gemeinschuldnerin befindlichen Liegenschaften um 12,6 Mio EUR aufgewertet, wodurch sich zum 31. Dezember 2003 ein positives Eigenkapital von 2.372.000 EUR bilanzieren ließ. Mit Stichtag 31. Dezember 2003 hatte die Gemeinschuldnerin an gebundenen Rücklagen 2.300.000 EUR und einen Bilanzgewinn von 37.482,74 EUR. Im Jahr 2004 traten laufend operative Verluste ein. Die zum 30. Juni 2004 erstellte Zwischenbilanz wies bereits einen Bilanzverlust von 1.298.828,54 EUR bei einem Verlustvortrag von 53.873,15 EUR auf. Den Gesellschaftern war 2004 klar, dass die Eigenkapitalquote der Gemeinschuldnerin auf Null ging und bereits im Juni 2004 die gebundene Kapitalrücklage aufgrund von Verlusten verbraucht war. Im Sommer trug sich der Geschäftsführer mit dem Gedanken, das Stammkapital von ursprünglich 35.000 EUR auf 1 Mio EUR aufzuwerten, um die Beteiligung bei größeren Ausschreibungen möglich zu machen. Die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln, nämlich aus der nach wie vor in der Bilanz ausgewiesenen gebundenen Kapitalrücklage wurde im September 2004 beschlossen und durchgeführt. Mit Stichtag 30. September 2004 wurde abermals eine Zwischenbilanz mit einem Bilanzverlust von mittlerweile 2.934.381,98 EUR bei einem Verlustvortrag von 37.000 EUR erstellt. Aufgrund dieser Zwischenbilanz teilte der Wirtschaftsprüfer der Gemeinschuldnerin in Ausübung der gesetzlichen Redepflicht mit, dass die Eigenmittelquote negativ sei und die formellen Voraussetzungen für die Vermutung eines Reorganisationsbedarfs nach URG vorlägen. Um das geforderte positive Testat des Wirtschaftsprüfers zu erreichen, verzichtete die Erstbeklagte vorläufig auf die Rückzahlung eines von ihr bereits 2003 gewährten Darlehens im Ausmaß von 2,217 Mio EUR. Dieses Darlehen war unter der Auflage gewährt worden, dass der Darlehensbetrag samt Zinsen erst zurückzuzahlen sei, wenn die Gemeinschuldnerin über vier Jahre hindurch operative Gewinne machen würde. 2005 lebte die Rückzahlungsverpflichtung des Darlehens im Ausmaß von knapp 400.000 EUR infolge eines in dieser Höhe erzielten operativen Gewinns der Gemeinschuldnerin auf. Rückzahlungen erfolgten allerdings nicht, weil bereits im Jahr 2006 wieder ein operativer Verlust von ca 1 Mio EUR eingetreten war. Im November 2003 war durch die Muttergesellschaft der Gemeinschuldnerin, die A***** GmbH, die Zusage eines Gesellschafterzuschusses von 1.580.000 EUR unter der Bedingung erfolgt, dass der Verkauf der Muttergesellschaft an ein drittes Unternehmen stattfinden werde. 2005 erfolgte der Verkauf der Muttergesellschaft, sodass von der Gemeinschuldnerin eine Forderung auf den ihr von dieser zugesagten Gesellschafterzuschuss bilanziert werden konnte. Abzüglich einer Gegenforderung von 300.000 EUR gelangte der Gesellschafterzuschuss auch dann tatsächlich zur Auszahlung. Die Muttergesellschaft der Erstbeklagten schoss der Gemeinschuldnerin im März 2007 über Aufforderung des Wirtschaftsprüfers im Rahmen der Erstellung der Jahresbilanz Ende 2006 weitere 1 Mio EUR zu; dies zu dem Zweck, dass die Gemeinschuldnerin ein positives Testat des Wirtschaftsprüfers erhielt.

Mit Beschluss vom 21. Jänner 2008 wurde über die Gemeinschuldnerin der Konkurs eröffnet. Die 2003 aufgewerteten Liegenschaften konnten im Rahmen des Konkursverfahrens lediglich zur ungefähren Hälfte ihres Bilanzwertes verwertet werden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Rechtlich ging es davon aus, dass die Gesellschafter zum Zweck der von ihnen beschlossenen Kapitalerhöhung aus Gesellschaftermitteln eine bilanziell gebundene Kapitalrücklage durch Umbuchung in Stammkapital verwandelt haben. Diese Kapitalrücklage hätte auch an die Gesellschafter - steuerlich ungünstig - zuerst ausgeschüttet und von diesen als Stammkapital wieder eingezahlt werden können. Es sei dieser Vorgang daher so zu behandeln, als hätten die Gesellschafter selbst weiteres Stammkapital einbezahlt. Soweit die Kapitalrücklage nicht ausreichte, gleichsam also derartige Einzahlungen offen aushaften, treffe die Gesellschafter eine wie auch immer zu benennende Nachzahlungspflicht, vergleichbar mit jener nach § 10a GmbHG. Ob das Erhöhungskapital die Sphäre der Gesellschaft verlasse oder nicht, mache keinen Unterschied. § 10a GmbHG beziehe sich auf den Wert der Sacheinlage zum Zeitpunkt der Anmeldung, weshalb allein auf den Zeitpunkt der Stammkapitalerhöhung, somit den 17. September 2003 abzustellen sei. Da sich die Verpflichtung der Gesellschafter auf die Erhöhung des Stammkapitals beziehe, komme es auf Zuzahlungen diverser die Gemeinschuldnerin stützender Gelder nicht an. Die Gemeinschuldnerin habe nur durch „Kunstgriffe“, wie die Aufwertung der Liegenschaften, durch vorläufigen Verzicht auf Rückzahlung eines ihr gewährten Darlehens sowie durch Gesellschafterzuschüsse noch am Leben erhalten werden können, ohne je wieder ausreichend Eigenkapital zu erlangen um die Kapitalrücklage - zumindest im Nachhinein - abbilden zu können.

Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichts dahin ab, dass es das Klagebegehren abwies. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Rechtlich ging es davon aus, dass keine Ausschüttung und Neueinbringung von Eigenkapital in die Gesellschaft vorliege, sondern eine Kapitalerhöhung bzw Kapitalberichtigung von Rücklagen. Entsprechend der in der jüngeren österreichischen Lehre zum GmbHG vertretenen Auffassung sei eine Differenzhaftung abzulehnen, weil die Gesellschafter die Einlage nicht schulden. Zwar sei die Rechtslage umstritten, wenn sich - wie im vorliegenden Fall - im Nachhinein herausstelle, dass die umgewandelten Rücklagen - etwa aufgrund einer Überbewertung von Vermögensgegenständen - tatsächlich nicht in der erforderlichen Höhe vorhanden waren. Dennoch bestehe auch in diesen Fällen keine Einlagepflicht; § 10a GmbHG und die daraus resultierende Nachschusspflicht komme bei nicht ausreichend werthaltigen Sacheinlagen nicht zum Tragen. Es könne aber eine Haftung der Verwaltungsorgane und Abschlussprüfer bestehen, wenn Gläubiger, deren Ansprüche gegen die Gesellschaft erst nach der Kapitalberichtigung begründet wurden, im Vertrauen auf das erhöhte Stammkapital mit der Gesellschaft kontrahiert haben. Auf die Frage, welche rechtlichen Konsequenzen sich daraus ergeben, dass die Erstbeklagte Ende 2004 gegenüber der Gemeinschuldnerin auf die Rückzahlung eines Darlehens verzichtet und ein Altgesellschafter dieser einen Zuschuss gewährt habe, brauche nicht eingegangen zu werden. Mit ihrer Revision beantragt der Kläger die Abänderung dahin, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagten Parteien beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

I. Vorbemerkungen:

1. Die angestrebte Differenzhaftung bzw Einlageverpflichtung der Gesellschafter einer GmbH wegen Unterdeckung der durchgeführten nominellen Kapitalerhöhung stützt der Revisionswerber im Wesentlichen auf Kapitalaufbringungsvorschriften, die nach einem Teil der Lehrmeinungen analog anzuwenden seien. Dem Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsgrundsatz kommt im Recht der Kapitalgesellschaften vor allem zum Schutz der Gesellschaftsgläubiger überragende Bedeutung zu, um negative Auswirkungen des gesellschaftsrechtlichen Trennungsprinzips, wonach die Gesellschafter für Gesellschaftsschulden grundsätzlich nicht mit ihrem Privatvermögen haften, zu vermeiden. Die Aufbringung des Stammkapitals und die Erhaltungspflicht sind der Preis, den die Gesellschafter für ihre Haftungsfreiheit zu zahlen haben. Der Kapitalaufbringungsgrundsatz hat seine gesetzlichen Grundlagen ua im Erfordernis der Mindestkapitalausstattung (§ 6 GmbHG) und in den Bareinzahlungs- und Sacheinlagenvorschriften (§§ 6a, 10, 10a GmbHG), die auch für die effektive Kapitalerhöhung gelten (§ 52 Abs 6 GmbHG). Der Kapitalerhaltungsgrundsatz beruht vor allem auf dem Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 82 GmbHG).

2. Revisionsgegenstand ist die Frage, ob der Kapitalaufbringungsgrundsatz auch bei der Erhöhung des Stammkapitals aus Gesellschaftsmitteln (nominelle Kapitalerhöhung) nach dem Kapitalberichtigungsgesetz für den Fall zu gelten hat, dass die in der Bilanz ausgewiesenen, in Stammkapital umgewandelten Rücklagen und/oder Sacheinlagen nicht ausreichend werthaltig sind (Unterdeckung der Kapitalerhöhung). Das deutsche Gesellschaftsrecht der Kapitalgesellschaften ist - wie gleich aufzuzeigen sein wird - im hier maßgeblichen Bereich so ähnlich gestaltet, dass auch auf die in Deutschland in der Rechtsprechung des BGH und die im Schrifttum vertretenen Auffassungen einzugehen ist.

3. Dies tut auch der Revisionswerber, indem er für seinen Standpunkt der analogen Anwendung der Sacheinlagenvorschriften deutsche Lehrmeinungen (ua von Priester in der neunten Auflage des GmbHG-Kommentars von Scholz sowie von Hermanns in der ersten Auflage des GmbHG-Kommentars von Michalski) ins Treffen führt. Im Revisionsverfahren stellt er primär auf eine Differenzhaftung der Gesellschaft ab und releviert gestützt auf eine Änderung der Satzung in deren § 3, wonach die Erstbeklagte eine Stammeinlage von 1 Mio EUR übernommen habe, eine Einlageverpflichtung.

II. Zu den Unterschieden der Kapitalerhöhungsarten:

1. Nach österreichischem GmbH-Recht:

a) Die ordentliche oder effektive Kapitalerhöhung regelt § 52 GmbHG. Nach dessen Abs 1 setzt die Kapitalerhöhung eine Abänderung des Gesellschaftsvertrags (der Satzung) voraus. Gemäß § 52 Abs 6 GmbHG sind die Bestimmungen von § 6 (Regelung von Stammkapital und Stammeinlage), § 6a (Bareinzahlungsverpflichtung in der Höhe der Hälfte des Stammkapitals), § 10 (Mindestbareinlage; Geschäftsführerhaftung für falsche Angaben), § 10a (Haftung für den Fehlbetrag durch Einlageverpflichtung bei Überbewertung der Sacheinlage; diese Bestimmung entspricht § 9 dGmbHG) sinngemäß anzuwenden. Die Verpflichtung zur Leistung auf die neuen Stammeinlagen, womit der Gesellschaft neue Mittel zugeführt werden, beruht auf dem Zustandekommen eines Übernahmevertrags zwischen Übernehmer und Gesellschaft (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 52 Rz 23 mwN). Der Beschluss auf Erhöhung des Stammkapitals ist zum Firmenbuch anzumelden, sobald das erhöhte Stammkapital durch Übernahme der Stammeinlagen gedeckt und deren Einzahlung erfolgt ist (§ 53 Abs 1 GmbHG).

b) Das Kapitalberichtigungsgesetz regelt die Erhöhung des Stammkapitals von Gesellschaften mbH aus Gesellschaftsmitteln (nominelle Kapitalerhöhung, Kapitalberichtigung). Für die Erhöhung ist ein Mehrheitsbeschluss der Generalversammlung erforderlich (§ 2 Abs 1 KapBG). Grundlage ist nach Abs 2 leg cit der vorausgehende, festgestellte und mit einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk der Abschlussprüfer versehene Jahresabschluss. Nur die dort ausgewiesenen Rücklagen und Gewinnvorträge können umgewandelt werden. Stille Reserven sind also nicht umwandlungsfähig (Koppensteiner aaO Anh § 53 § 2 Rz 7). Gemäß § 3 Abs 1 leg cit hat der Geschäftsführer bei der Anmeldung der Kapitalerhöhung zur Eintragung im Firmenbuch zu erklären, dass nach seiner Kenntnis seit dem Stichtag des Jahresabschlusses bis zum Anmeldetag keine Vermögensverminderung eingetreten ist. Mit der Eintragung der Kapitalerhöhung im Firmenbuch ist das Nennkapital erhöht. Bei der Eintragung ist anzugeben, dass es sich um eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln handelt (§ 3 Abs 3 KapBG). Die neuen Anteilsrechte stehen den Gesellschaftern im Verhältnis ihrer Anteile am bisherigen Nennkapital kraft Gesetzes zu. Dadurch erhöhen sich die Geschäftsanteile (§ 75 Abs 2 GmbHG). Im Unterschied zur effektiven Kapitalerhöhung bleibt das Vermögen der Gesellschaft unverändert. Die Aktivseite der Bilanz wird nicht tangiert, auf der Passivseite werden Rücklagen in Stammkapital umgewandelt (Koppensteiner aaO Anh § 53 § 1 Rz 3). Ettmayer/Lahnsteiner beschreiben das Charakteristische der nominellen Kapitalerhöhung treffend wie folgt (Straube in Wiener Kommentar GmbHG § 1 KapBG Rz 3 bis 5):

„Auch aus dem vom österreichischen Gesetzgeber im Kurztitel verwendeten Ausdruck ‘Kapitalberichtigung’ geht hervor, dass bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nicht neues Kapital zugeführt, sondern dieses nur berichtigt wird.

Die Gesellschafter erhalten durch die Kapitalberichtigung allerdings auch nichts, was sie nicht schon zuvor hatten (vgl den insofern irreführenden Ausdruck ‘Gratisaktien’ im Aktienrecht), da sie an den Rücklagen schon bisher entsprechend ihren Geschäftsanteilen beteiligt waren. Der Wert der Geschäftsanteile bleibt unverändert, es erfolgt nur eine Erhöhung des Nennbetrags.

Obwohl der GmbH bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln kein neues Kapital zugeführt wird, so erhöht die Kapitalberichtigung doch die Kreditwürdigkeit der GmbH, da durch die bilanzmäßige Umwandlung von Rücklagen in Stammkapital ein erhöhtes Vermögen dem Zugriff der Gesellschafter entzogen und für die Gläubiger reserviert ist. Entsprechend erleiden die Gläubiger im Zuge einer nominellen Kapitalerhöhung keinen Nachteil, sondern erlangen einen Vorteil: die in Stammkapital umgewandelten Rücklagen können nicht mehr nach Belieben aufgelöst und ausgeschüttet, sondern nur mehr im Wege der Kapitalherabsetzung unter Einhaltung der Gläubigerschutzbestimmungen an die Gesellschafter ausgezahlt werden.“

2. Kapitalerhöhungen nach deutschem Recht (dGmbHG idgF des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen, MoMiG):

a) Die ordentliche (effektive) Erhöhung des Stammkapitals nach § 55 dGmbHG:

Hier werden der Gesellschaft neue Einlagen zugeführt. Es bedarf eines Gesellschafterbeschlusses (Kapitalerhöhungsbeschluss) und einer Satzungsänderung (§ 53), weil es um den zentralen Satzungsbestandteil des Stammkapitals geht. Die Erklärung der Übernahme der neuen Stammeinlagen ist von der Gesellschaft anzunehmen (Zulassungsbeschluss). Mit dem Zeitpunkt der Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister entstehen die neuen Geschäftsanteile. Die Kapitalerhöhung kann auch durch Sacheinlagen erfolgen (§ 56). Nach Abs 2 dieser Gesetzesstelle ist dabei § 9 anzuwenden. Dieser normiert die Differenzhaftung des übernehmenden Gesellschafters bei überbewerteten Sacheinlagen dahin, dass er in Höhe des Fehlbetrags eine Einlage in Geld zu leisten hat.

b) Die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln, nominelle Kapitalerhöhung (§ 57c bis o dGmbHG):

Bei dieser werden der Gesellschaft nicht neue Einlagen zugeführt. Es werden nur nicht nach den §§ 30 f dGmbHG zu Gunsten der Gläubiger gebundene, also freie (offene) Rücklagen aufgrund einer testierten Bilanz in Stammkapital (Haftkapital) umgebucht. Bei dieser Kapitalerhöhung bleibt zwar das Eigenkapital der Gesellschaft unverändert (es werden keine neuen Mittel zugeführt), das Stammkapital wird aber um den aus den Rücklagen umgebuchten Betrag erhöht. Auch hier ist ein satzungsändernder Erhöhungsbeschluss auf der Grundlage einer Bilanz (§ 57c Abs 3 dGmbHG) zu fassen. § 57d leg cit definiert die umwandlungsfähigen Kapital- und Gewinnrücklagen nach deren Ausweisung in der letzten Jahresbilanz (§ 57e). Die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln setzt voraus, dass das für die Deckung des Erhöhungsbetrags erforderliche Eigenkapital tatsächlich vorhanden ist. Die nominelle Kapitalerhöhung kann durch Bildung neuer Geschäftsanteile oder durch Erhöhung des Nennbetrags der Geschäftsanteile erfolgen (§ 57h). Der Erhöhungsbeschluss ist beim Handelsregister zur Eintragung anzumelden. Bei der Eintragung des Beschlusses ist anzugeben, dass es sich um eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln handelt (§ 57i Abs 4), dass also kein Zufluss neuer Mittel an die Gesellschaft erfolgt. Die inhaltliche Richtigkeit der Bilanz und ihre Vereinbarkeit mit Bilanzierungsgrundsätzen braucht das Registergericht nicht zu prüfen (§ 57i Abs 3), kann dies bei Zweifeln an der Richtigkeit des Bestätigungsvermerks der Abschlussprüfer aber tun (Ulmer in Ulmer, GmbHG Groß-Kommentar [2008] § 57i Rz 16 mwN).

III. Im Schrifttum werden für den Fall der Unterdeckung aufgrund unzureichender Rücklagen und fehlerhafter Bilanz unterschiedliche Ansichten vertreten:

1. a) Im deutschen Schrifttum treten für eine Einlagenverpflichtung der Gesellschafter und deren Differenzhaftung vor allem Priester (in Scholz, GmbHG10 § 57i Rz 21) und Hermanns (in Michalski, GmbHG² [2010] § 57i Rz 21) ein.

Priester räumt zwar ein, dass es Einlagepflichten bei der nominalen Kapitalerhöhung nicht gebe. Gleichwohl müsse wegen einer Vergleichbarkeit der Interessenlagen die in § 9 geregelte Differenzhaftung des Sacheinlegers entsprechend eingreifen. Diese Haftung sei nicht Ausfluss etwaiger Einlageverpflichtungen. Es liege deshalb auch kein Rückgriff auf die frühere Konstruktion der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln als Doppelmaßnahme vor. Vielmehr handle es sich um eine Haftung für die reale Deckung des Kapitals. Das rechtfertige die analoge Anwendung des § 9. Vorrangig seien allerdings Schadenersatzansprüche gegen Bilanzprüfer und Geschäftsführer. Die Gesellschafter könnten ihre Haftung dadurch vermeiden, dass sie das Stammkapital herabsetzten. Verpflichtet seien sie dazu freilich nicht. Unzureichend sei das bloße Stehenlassen von Gewinnen.

Hermanns vertritt die Ansicht, dass die Gesellschafter entsprechend § 9 verpflichtet seien, die Differenz der Unterdeckung durch ergänzende Einlage auszugleichen. Zwar sei es richtig, dass hiedurch eine bislang nicht bestehende Einlageverpflichtung begründet werde. Dies geschehe indes auch im unmittelbaren Anwendungsfall von § 9, indem der Gesellschafter eine von ihm nicht zugesagte Geldeinlage zu erbringen habe. Auch die Ausfallshaftung nach § 24 (dGmbHG) treffe die Gesellschafter ungeachtet der Frage, ob sie an der Kapitalerhöhung durch Übernahme von Einlagen teilgenommen haben. Dies belege, dass das Gesetz dem Gebot der realen Kapitalaufbringung Vorrang einräume vor dem Interesse der Gesellschafter, keine weitergehenden Einlagepflichten auferlegt zu bekommen. Richtigerweise seien die Gesellschafter daher im Falle einer Unterdeckung in Rechtsanalogie zu §§ 9 und 24 verpflichtet, die Unterdeckung im Wege der ergänzenden Bar- oder Sacheinlage zu beseitigen, sofern sie nicht das Stammkapital um die Differenz herabsetzten.

b) Überwiegend wird in der deutschen Lehre aber die Differenzhaftung abgelehnt:

Nach Lutter (in Lutter/Hommelhoff, GmbHG17 [2009] § 57i Rz 15) gebe es weder eine Ersatzeinlagepflicht noch eine Differenzhaftung der Gesellschafter, da es bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln weder Einlagen noch Übernahmeerklärungen gebe. Der Ausgleich werde hier durch § 30 (dGmbHG), der das Stehenlassen künftiger Gewinne bis zum Ausgleich des Verlusts erbringe, oder durch eine Kapitalherabsetzung erreicht.

Nach Ulmer (in Ulmer, GmbHG Groß-Kommentar § 57i Rz 30) sei die Frage, ob die Gesellschafter für den Fehlbetrag anteilig analog §§ 9, 24 haften oder ob die Unterbilanz nur entweder durch eine vereinfachte Kapitalherabsetzung nach § 58a oder durch nach § 30 (dGmbHG) einzubehaltende Gewinne auszugleichen sei, im Sinne einer Ablehnung der Differenzhaftung der Gesellschafter zu entscheiden. Gegen eine Differenzhaftung der Gesellschafter spreche der auf Umwandlung von Rücklagen in Stammkapital gerichtete Normzweck des § 57c und das Fehlen jeder Art von Übernahmeerklärungen oder sonstigen Einlagepflichten im Fall der nominellen Kapitalerhöhung. Diese das Rechtsinstitut kennzeichnende Rechtsgrundlage stehe auch der Heranziehung des Rechtsgedankens der Differenzhaftung (§§ 9, 24) entgegen. Die gegenteilige Ansicht von Priester bedeute der Sache nach einen Rückfall in die schon seit dem KapErhG 1959 überwundene Theorie der nominellen Kapitalerhöhung als Doppelmaßnahme (mit Letzterem meint Ulmer die Umwandlung freier Rücklagen in Haftkapital nicht als Einheit zu begreifen, sondern als Doppelmaßnahme, bestehend aus der Ausschüttung der Rücklagen als Gewinne an die Gesellschafter und die Einbringung der daraus resultierenden Gesellschafterforderungen als Sacheinlagen).

Die Ablehnung der Differenzhaftung (auch Unterbilanzhaftung) wird im deutschen Schrifttum überwiegend vertreten (etwa auch von Roth in Altmeppen/Roth, GmbHG6 § 57i Rz 13), was auch Hermanns (aaO) einräumt.

c) In der zum deutschen Aktienrecht ergangenen Entscheidung vom 12. März 2007, II ZR 302/05 (BHGZ 171, 293), gelangte der BGH zum Rechtssatz, dass bei einer Verschmelzung von Aktiengesellschaften im Wege der Aufnahme mit Kapitalerhöhung der übernehmenden Gesellschaft die Aktionäre der beteiligten Rechtsträger im Falle einer Überbewertung des Vermögens des übertragenden Rechtsträgers grundsätzlich keine verschuldensunabhängige Differenzhaftung treffe. Eine Differenzhaftung widerspreche dem Grundsatz, dass Aktionäre, welche ihre Einlagepflicht erfüllten oder Aktien derivativ gutgläubig, lastenfrei erworben hätten, keine weiteren Einlageleistungen schuldeten, sie insbesondere nicht durch Mehrheitsbeschluss zu solchen Leistungen verpflichtet werden könnten. Aus der Begründung dieser gewiss nicht einschlägigen Entscheidung des BGH ist hier aber doch die Aussage zum als Beispiel angeführten Fall der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln im Fall der Überbewertung von Gesellschaftsvermögen hervorzuheben. Dort könne - nach der deklarierten Ansicht des BGH - die Gesellschaft nicht Einlagen von Aktionären nachfordern, weil Einlagepflichten nicht durch Hauptversammlungsbeschluss, sondern nur durch Übernahmeerklärungen begründet werden könnten (Rz 12 der Entscheidung des BGH).

2. Auch im österreichischen Schrifttum werden unterschiedliche Ansichten vertreten:

a) Reich-Rohrwig (in Das österreichische GmbH-Recht [1983], 500) bejaht eine verschuldensunabhängige Differenzhaftung der Gesellschafter ebenso wie dies im Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts von Kastner/Doralt/Nowotny, 310 FN 27 vertreten wird.

b) Die gegenteilige und überwiegende Meinung findet sich bei Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ Anh § 53 § 3 KapBG Rz 6, mit der wesentlichen Begründung, dass die Gesellschafter die Einlage nicht schuldeten. Diese Auffassung wird auch für Kapitalberichtigungen von Aktiengesellschaften von mehreren Autoren vertreten, ua Nagele (in Jabornegg/Strasser, AktG Anh § 173 § 2 KapBG Rz 10), Tichy (in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG Anh § 17 § 2 KapBG Rz 18). Ettmayer/Lahnsteiner (in Wiener Kommentar zum GmbH-Gesetz, Anh KapBG Rz 20) begründen dies neben der mangelnden Einlagepflicht mit dem Argument, dass der GmbH durch die Unterdeckung der Kapitalberichtigung keine Vermögenswerte entzogen werden.

IV. Der erkennende Senat hält die referierten, eine Differenzhaftung und Einlageverpflichtung der Gesellschafter bejahenden Meinungen für nicht überzeugend begründet. Die Gegenargumente wiegen schwerer:

1. Eine Rechtsanalogie zu den Sachgründungsvorschriften setzt voraus, dass dem Gesetzgeber bei der Normierung der nominellen Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln ein planwidriger Fehler unterlaufen wäre, ihm also unterstellt werden könnte, dass er für den nicht bedachten Fall, dass die zur Umwandlung (Kapitalberichtigung) herangezogenen Rücklagen nicht ausreichend werthaltig sind, die Regeln über die effektive Kapitalerhöhung, also auch diejenigen über die Sacheinlagen, angewendet wissen wollte. Gegen eine Gesetzeslücke kann schon primär eingewendet werden, dass der Gesellschaft mit der nominellen Kapitalerhöhung keine neuen Mittel zugeführt werden sollen, eine unzureichende Rücklage nur zu einer bilanziellen Unterdeckung führt und der Gesellschaft dadurch keinerlei Schaden entsteht (mit Ausnahme allenfalls der Eintragungskosten im Firmenbuch). Die Unterbilanz kann in der Folge durch Stehenlassen von Gewinnen ausgeglichen werden. Der Gesetzgeber hat den zu beurteilenden Fall nicht geregelt, hätte aber mit guten Gründen auch die Anordnung treffen können, dass bei einer Unterdeckung der nominellen Kapitalerhöhung diese umgehend im Wege einer einfachen Kapitalberichtigung zurückzunehmen wäre.

2. Gegen eine planwidrige Gesetzeslücke spricht die Definition der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln, bei der der Gesellschaft keine zusätzlichen Mittel zugeführt werden. Wegen Unterdeckung der nur nominellen Erhöhung des Stammkapitals die Gesellschafter zu einer effektiven Kapitalerhöhung zu verhalten, müsste mit einem vom Gesetzgeber übersehenen Rechtsschutzdefizit begründbar sein. Die Vermögenswerte der Gesellschaft und der Wert der Geschäftsanteile werden durch eine nominelle Kapitalerhöhung nicht verändert. Die Gläubiger der Gesellschaft erleiden durch eine inhaltlich falsche Kapitalerhöhung (wegen Überbewertung der Rücklagen) gegenüber dem vor der Kapitalerhöhung bestehenden Zustand keinen Schaden. Ein solcher könnte nur durch die infolge der Kapitalberichtigung irrig angenommenen höheren Kreditwürdigkeit der Gesellschaft entstehen, wenn diese in der Folge zahlungsunfähig wird und die Gläubiger mit einer „kleinen GmbH“ nicht kontrahiert hätten. Der Schaden entstünde aber (zunächst) nicht der Gesellschaft sondern den Gläubigern, die nach Schadenersatzrecht gegen den Geschäftsführer oder Abschlussprüfer vorgehen können und sich auf deren unrichtige Angaben im Zuge der nominellen Kapitalerhöhung berufen können, allenfalls auch gegen den Gesellschafter, wenn ihm eine rechtswidrige Mitwirkung (etwa durch Weisung an den Geschäftsführer) bei der bilanziell unrichtigen nominellen Kapitalerhöhung vorgeworfen werden kann.

3. Wenn mit Gläubigerschutzinteressen argumentiert wird, ist auf die Gläubigerinformation im Firmenbuch hinzuweisen. In der Eintragung der Kapitalerhöhung ist anzugeben, dass es sich um eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln handelt. Die Gläubiger sind also auch hier wie bei jeder Jahresbilanz und die dort ausgewiesene Bewertung des Gesellschaftsvermögens auf die Richtigkeit der Bilanzzahlen und des Testats der Abschlussprüfer angewiesen. Ein Anspruch der Gesellschaft auf effektive Erhöhung des Stammkapitals wegen Unrichtigkeit der Bilanz und gestützt auf den Kapitalerhaltungsgrundsatz sowie eine Analogie zu den Sacheinlagevorschriften wurde mit gutem Grund bisher noch nicht vertreten. Den Gläubigerinteressen dienen die Vorschriften über die Herabsetzung des Stammkapitals (§§ 54 ff GmbHG).

4. Im Ergebnis läuft die angestrebte Analogie entgegen den Wertungen des § 72 GmbHG auf eine Nachschusspflicht ohne Deckung in der Satzung hinaus.

5. Das leitet über zum gewichtigen Argument, dass es für eine Bejahung einer Differenzhaftung und Einlageverpflichtung an entsprechenden Übernahmeerklärungen der Gesellschafter mangelt. Bei der Kapitalerhöhung wird ausdrücklich offengelegt, dass sie aus Gesellschaftsmitteln erfolgt, also keine Erhöhung des Gesellschaftsvermögens stattfindet. Nur wegen möglicher künftiger Vertrauensschäden von Gläubigern, die mit dem Kapitalerhöhungsbeschluss und der Satzungsänderung deklarierte Absicht der Gesellschafter, keine zusätzlichen Einlagen leisten zu wollen, aus schadenersatzrechtlichen Erwägungen ins Gegenteil zu verkehren und die analoge Anwendung von Sacheinlagevorschriften zu fordern, ignoriert die fehlende Ähnlichkeit der beiden Arten der Kapitalerhöhung und überspannt den Kapitalaufbringungsgrundsatz. In diesem Zusammenhang überzeugt das Argument Hermanns (aaO) nicht, dass der Gesetzgeber mit der Ausfallshaftung nach § 24 dGmbHG eine Zahlungspflicht auch des Gesellschafters vorsehe, der an der effektiven Kapitalerhöhung nicht teilnehme (also keine Einlageverpflichtung übernommen hat). In diesem Fall liegt immerhin ein Kapitalerhöhungsbeschluss der übrigen Gesellschafter samt Übernahmeerklärungen vor. Die Ausfallshaftung des der Kapitalerhöhung nicht zustimmenden Gesellschafters beruht hier auf den gesetzlichen Mehrheitsvoraussetzungen für den Beschluss auf Kapitalerhöhung. Bei der nominellen Kapitalerhöhung hingegen gibt kein einziger Gesellschafter zu einer zusätzlichen Einlage aus Gesellschaftervermögen eine Verpflichtungserklärung ab. Im Gegensatz zu Hermanns, der von einer im Analogieweg (zu den §§ 9 und 24 dGmbHG) begründeten Einlageverpflichtung ausgeht, spricht Priester (aaO) nur von einer Haftung für die reale Deckung des Kapitals und schwächt dies weiters insofern ab, dass Schadenersatzansprüche gegen Geschäftsführer und Bilanzprüfer vorrangig seien und die Gesellschafter überdies ihre Haftung durch eine Herabsetzung des Stammkapitals vermeiden könnten. Solange letzteres nicht erfolgt, führt seine Ansicht aber wohl doch zu einer im Gesetz nicht normierten Einlageverpflichtung der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft. Eine solche einzuführen, um möglichen künftigen Schäden von Gläubigern vorzubeugen, bedeutete aber - wie schon ausgeführt - eine Überspannung des Kapitalaufbringungsgrundsatzes und eine Besserstellung gegenüber der vorherigen Rechtsposition der Gläubiger vor der nominellen Kapitalerhöhung. Durch diese wird im Ergebnis nur eine schon bestehende bilanzielle Überbewertung fortgeschrieben.

6. Der Gesellschaft gegenüber könnten die Gesellschafter auch nach den zitierten, eine Analogie zu den Sacheinlagevorschriften befürwortenden Autoren nur subsidiär zur Zahlung des Fehlbetrags verpflichtet sein:

Auch Hermanns geht (aaO § 57i Rz 21) von der den Gesellschaftern offen stehenden Möglichkeit aus, „das Stammkapital um die Differenz herabzusetzen“, womit der falsche, durch die nominelle Kapitalerhöhung herbeigeführte Eindruck einer höheren Kreditwürdigkeit der Gesellschaft beseitigt werden könnte. Solange noch kein Vertrauensschaden von Gläubigern entstanden ist oder ein solcher von den Schadensverursachern (Geschäftsführer und Abschlussprüfer) ersetzt wird, ist ein vom Gesetzgeber übersehenes Rechtsschutzdefizit der Gesellschaft gegenüber ihren Gesellschaftern nicht erkennbar. Vor Eintritt eines Gläubigerschadens und vor Inanspruchnahme der Gesellschaft durch diese trifft sie nur ein hypothetisches Risiko. Dieses rechtfertigt noch nicht, die nur eine nominelle Kapitalerhöhung beschließenden Gesellschafter zu einer realen Kapitalaufbringung zu verpflichten.

Der erkennende Senat lehnt daher aus den dargelegten Gründen die im deutschen Schrifttum vertretene Mindermeinung ab, dass bei fehlender Deckung des Erhöhungsbetrags (infolge Überbewertung von Rücklagen) die Gesellschafter bei einer nominellen Kapitalerhöhung analog den Sacheinlagevorschriften (in Österreich §§ 6a, 10, 10a und 52 GmbHG) zur Zahlung des Fehlbetrags verpflichtet wären.

V. An diesem Ergebnis vermögen die nun zu behandelnden weiteren Revisionsargumente nichts zu ändern:

1. Das Vorbringen des Revisionswerbers, hier läge ohnehin eine Übernahmserklärung der Erstbeklagten im Generalversammlungsbeschluss vom 17. September 2004 vor, womit § 3 der Satzung (Bestimmung über Stammkapital und Stammeinlagen) abgeändert und dort erklärt wurde, dass die Erstbeklagte als Gesellschafterin „eine Stammeinlage im Nominalbetrag von 1.000.000,-- EUR“ übernommen hat, ist nicht stichhältig. Die Kapitalerhöhung ist eine im Firmenbuch einzutragende Änderung der Satzungsbestimmung über das Stammkapital samt der Information für die Gläubiger, dass es sich um eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln handelt (§ 3 Abs 3 KapBG). Dadurch wird der Eindruck vermieden, dass der Gesellschaft zusätzliches Vermögen zugeführt werde. Die Rechtsfolge des mit der Eintragung im Firmenbuch abgeschlossenen Kapitalerhöhungsvorgangs ist nach Abs 4 leg cit, dass die neuen Anteilsrechte den Gesellschaftern im Verhältnis ihrer Anteile am bisherigen Nennkapital kraft Gesetzes zustehen. Die Wortwahl des Gesetzgebers „neue Anteilsrechte“ ist zwar missverständlich, nach dem Gesetzeszweck aber klar dahin zu verstehen, dass keine neuen Anteilsrechte entstehen (§ 75 Abs 2 GmbHG) sondern sich nur der bestehende Geschäftsanteil erhöht (so zutreffend Koppensteiner aaO Anh § 53 § 3 KapBG Rz 5). Mit der durch den Generalversammlungsbeschluss geänderten Formulierung des § 3 der Satzung wird daher nur der gesetzlichen Rechtsfolge der nominellen Kapitalerhöhung Rechnung getragen. Eine Übernahmeerklärung der Gesellschafterin zur realen Kapitalaufbringung ist daraus nicht ableitbar. Sie wäre mit dem Wesen der nominellen Kapitalerhöhung und der gegebenen Gläubigerinformation unvereinbar.

2. Auf eine vom Revisionswerber relevierte unterschiedliche Rechtslage bei der Kapitalerhöhung einer Aktiengesellschaft im Vergleich zu derjenigen einer GmbH braucht aufgrund der dargelegten Erwägungen zum GmbH-Recht nicht näher eingegangen werden. Die gegebene Begründung bedarf keiner zusätzlichen, aus dem Schrifttum zum Aktienrecht abgeleiteten Unterstützung, wo ausgeführt wird, dass die Gesellschafter einer AG (die Aktionäre) keine Differenzhaftung bei Überbewertung bilanzieller Vermögenswerte trifft.

3. Zum Revisionsvorbringen, dass die Alleingesellschafterin trotz ihrer Information, dass die in der Bilanz zum 31. Dezember 2003 ausgewiesenen Rücklagen real nicht mehr vorhanden gewesen wären, dennoch eine Kapitalberichtigung (nominelle Kapitalerhöhung) beschlossen habe, wodurch wesentlich schlechter informierte Gläubiger getäuscht worden seien, ist auf die schon gegebene Begründung sowie darauf zu verweisen, dass nicht einmal ein schon eingetretener Gläubigerschaden und ein Durchschlagen desselben auf die Gesellschaft behauptet wird. Dass die auf falschen Bilanzdaten fußende nominelle Kapitalerhöhung für die später eingetretene Insolvenz ursächlich gewesen wäre, wird nicht erläutert.

4. Mit dem Hinweis auf das Verbot einer Unterpari-Emmissionsvereinbarung wird nur neuerlich eine zwingende Kapitalaufbringungsnorm (§ 6 GmbHG) releviert, ohne ein weiteres Argument für eine analoge Anwendung vorzutragen.

5. Mit seinen abschließenden Ausführungen zum „Schütt-aus-Hol-zurück-Verfahren“ versucht der Revisionswerber kursorisch seine Ansicht über die Notwendigkeit einer realen Aufbringung des erhöhten Stammkapitals zu belegen. Damit verfolgt er den in der früheren deutschen Rechtsprechung vertretenen, durch die deutsche Gesetzgebung längst überholten Gedanken, die Kapitalerhöhung sei eine Doppelmaßnahme (Gewinnausschüttung mit nachfolgender Einlage) wieder zu beleben (vgl zur historischen Entwicklung in Deutschland Lutter aaO § 56 Rz 14 ff; Ulmer aaO Vor § 57c Rz 6 ff). Der langjährige Streit ist längst im Sinne der Einheitstheorie entschieden (Ulmer aaO § 57c Rz 2; Priester aaO § 57i Rz 21 und Vor § 57c Rz 1). Eine Gewinnausschüttung mit anschließender Einlage durch den Gesellschafter erfolgt bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln gerade nicht. Bei Unterdeckung von einer fiktiven Gewinnausschüttung auszugehen bedeutete eine im Gesetz nicht vorgesehene Rechtsfolge mit Strafcharakter. Für falsche Angaben von Gesellschaftern oder Geschäftsführern zum Zwecke der Eintragung in das Handelsregister steht in Deutschland die Strafnorm des § 82 dGmbHG zur Verfügung.

6. Dass in den Folgejahren kein Verlustausgleich erfolgt sei (die Revision entfernt sich zu diesem Thema teilweise vom festgestellten Sachverhalt), ändert an der schon gegebenen Begründung zur Ablehnung einer im Wege einer Analogie anzunehmenden Differenzhaftung nichts.

Der Revision ist aus den dargelegten Gründen nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Textnummer

E95310

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0030OB00086.10H.1013.000

Im RIS seit

08.11.2010

Zuletzt aktualisiert am

26.02.2016
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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