TE Vwgh Erkenntnis 2001/1/31 99/09/0159

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Veröffentlicht am 31.01.2001
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Flendrovsky, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. Michael Drexler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hörlgasse 4/5 gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice vom 24. Juni 1999, Zl. LGSW/Abt. 10/13113/1870597/1999, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die vorliegende Beschwerde ist gegen einen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice (belangte Behörde) vom 24. Juni 1999 gerichtet, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für einen namentlich genannten Staatsangehörigen Bangladeshs gemäß § 4 Abs. 6 Z. 1 und 3 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales zu § 13a Z.3 AuslBG, BGBl. II Nr. 411/1998, abgewiesen wurde.

Der angefochtene Bescheid wurde nach Wiedergabe der Rechtslage und Feststellung der Überschreitung der Landeshöchstzahl 1999 für das Bundesland Wien im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den Ausländer als "Küchenhilfe und Abwäscher" beantragt habe. Der Ausländer befinde sich lt. Meldezettel seit 10. Jänner 1997 in Österreich und sei noch nicht legal beschäftigt gewesen. Vor dieser Zeit seien lediglich Meldezeiten vom 19. September 1991 bis 5. Jänner 1995 vorgelegen; für den Zeitraum vom 2. Juli 1994 bis 25. Jänner 1996 habe ein rechtmäßiger Aufenthaltstitel gefehlt. Der Ausländer habe sich daher nicht fünf Jahre ununterbrochen rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten und gehöre damit nicht dem Personenkreis des § 4 Abs. 6 Z. 1 (§ 4b Abs. 1 oder lt. Verordnung zu § 12a Abs. 2) AuslBG an. Der Regionalbeirat habe die Überschreitung der Bundeshöchstzahl nicht befürwortet, auch lägen keine der in § 4 Abs. 6 Z. 3 lit. b bis e AuslBG genannten Gründe für eine weitere Überschreitung der Landeshöchstzahl vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes beantragt wird.

Der Beschwerdeführer erachtet sich sowohl unter dem Aspekt einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens bzw. der Bescheidbegründung als auch unter dem Aspekt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit dadurch in seinen Rechten verletzt, dass die belangte Behörde es unberücksichtigt gelassen habe, dass der Verfassungsgerichtshof die Bestimmungen über die Landeshöchstzahlen aufgehoben habe; auch liege in Wahrheit nur eine "scheinbare" Überziehung der Landeshöchstzahl vor, weil unzutreffender Weise auch "Assoziationstürken" und andere EU-Bürger in die Berechnung der Höchstzahlen miteinbezogen worden seien, was dem EU-Gemeinschaftsrecht widerspreche. Der Regionalausschuss sei gar nicht befragt worden, sodass eine negative Stellungnahme nicht vorliegen könne. Es sei auch unrichtig, wenn die belangte Behörde einen ununterbrochenen Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet durch den erforderlichen Zeitraum zur Voraussetzung gemacht habe, insgesamt aber habe sich der beantragte Ausländer länger als fünf Jahre in Österreich aufgehalten. Auch sei unberücksichtigt geblieben, dass es sich bei dem beantragten Ausländer um eine "Schlüsselkraft" zur Erhaltung von Arbeitsplätzen, Ersatzkraftstellungen seien nicht zur Zufriedenheit erfolgt. Im Übrigen sei der erstinstanzliche Bescheid lediglich in Vertretung für die Leiterin dieser Behörde gefertigt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat die Versagung der vom Beschwerdeführer beantragten Beschäftigungsbewilligung auf § 4 Abs. 6 Z. 1 und 3 AuslBG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 78/1997 in Zusammenhalt mit der Landeshöchstzahlenverordnung für 1999 des Bundesministers für Arbeit und Soziales (BGBl. II Nr. 411/1998) gestützt.

Nach § 4 Abs. 6 AuslBG dürfen über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung festgelegter Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) hinaus Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn

1. der Antrag für einen im § 4b Abs. 1 Z 3 bis 9 genannten oder einen von einer Verordnung gemäß § 12a Abs. 2 erfassten Ausländer eingebracht wird und

2.

die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und

3. a)

der Regionalbeirat einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet oder b) die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer oder als nachweislich qualifizierte Arbeitskraft im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege, notwendig ist oder

              c)              überbetriebliche gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern oder d) die Voraussetzungen des § 18 gegeben sind oder e) die Beschäftigung auf Grund einer Verordnung gemäß § 9 des Fremdengesetzes 1997 erfolgen soll.

Die Beschwerdeausführungen richten sich zunächst gegen die von der belangten Behörde ihrer Entscheidung zugrundegelegte Feststellung der Überschreitung der Landeshöchstzahl für Wien und gegen die Gesetzmäßigkeit der Landeshöchstzahlenverordnung für 1999. Insoweit sich der Beschwerdeführer dabei auf die Assoziationsfreizügigkeit türkischer Staatsangehöriger bezieht, übersieht er, dass ein nach dem Assoziationsabkommen EWG-Türkei maßgebender Sachverhalt bzw. ein die Grenzen des Mitgliedstaates Österreich überschreitender Bezug im Beschwerdefall nicht vorliegt (vgl. insoweit auch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 16. Jänner 1997, Rs.C-134/1995, in EuGH Slg. I 1997, 195). Die Erteilung bzw. Versagung einer Erlaubnis zur Beschäftigung eines Staatsangehörigen Bangladeshs durch einen inländischen Arbeitgeber betrifft keinen gemeinschafts- bzw. europarechtlich erfassten Bereich, bleibt es doch einem Mitgliedstaat auch nach dem EU-Betritt unverändert überlassen, die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer aus Nichtmitgliedstaaten bzw. aus Nichtvertragstaaten eines Assoziationsabkommens (hier: EWG-Türkei) durch inländische Arbeitgeber ohne Verletzung von Gemeinschaftsrecht eigenständig zu regeln. Dass der Beschwerdeführer weder einen Arbeitnehmer aus einem anderen Mitgliedstaat der EU noch einen türkischen Staatsangehörigen zu beschäftigen beabsichtigt, ist nicht strittig, daher fehlt im Beschwerdefall schon ein Anknüpfungspunkt zu einem vom Assoziationsabkommen EWG-Türkei erfassten Sachverhalt im Bereich der Assoziationsfreizügigkeit. Es war daher auch nicht "gemeinschaftsrechtswidrig", wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall den sich aus § 13b AuslBG für Landeshöchstzahlen ergebenden Berechnungs- bzw. Anrechnungsmodus ihrer Entscheidung zugrundelegte. Im Übrigen wird zur Frage der Berücksichtigung der dem Anwendungsbereich des ARB Nr. 1/80 unterfallenden türkischen Staatsangehörigen bei der Feststellung der Überschreitung der Landeshöchstzahlen auf die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 18. November 1998, Zl. 98/09/0156, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen, auf welches bereits die belangte Behörde zutreffend Bezug genommen hatte.

Insoweit der Beschwerdeführer behauptet, die Landeshöchstzahlenverordnung für 1999 sei "verfassungswidrig", und - erkennbar - auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26. Februar 1997, V 110/96-6 u.a. (betreffend die Bundeshöchstzahl 1995) verweist, lässt er außer acht, dass die Aufhebung die Bundeshöchstzahl und nicht - wie in der Beschwerde behauptet - die Landeshöchstzahl betraf und jene in einem Verhältnis zur Gesamtzahl der unselbständig beschäftigten und arbeitslosen Inländer und Ausländer festzusetzen ist (§ 12a AuslBG), während die sich für Landeshöchstzahlen aus § 13b AuslBG ergebenden Kriterien andere sind bzw. davon abweichen. Aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, mit dem die Gesetzwidrigkeit der Bundeshöchstzahl 1995 ausgesprochen wurde, ergibt sich daher nicht, dass auch die Landeshöchstzahlenverordnung 1999 aus den in diesem Erkenntnis dargelegten Gründen gesetzwidrig sei (vgl. auch hierzu das bereits genannte hg. Erkenntnis vom 18. November 1998, Zl. 98/09/0156).

Erstmals in der Beschwerde wird vom Beschwerdeführer die Behauptung aufgestellt, der beantragte Ausländer sei im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 3 lit b AuslBG eine zur Erhaltung (inländischer ?) Arbeitsplätze erforderliche "Schlüsselkraft". Anhaltspunkte für eine derartige Annahme ergeben sich in Hinblick auf den als "Küchenhilfe und Abwäscher" beantragten Ausländer aus dem Akteninhalt nicht, so dass die verneinende Einschätzung der belangten Behörde schon aus diesem Grunde nicht rechtswidrig erscheint, abgesehen davon, dass es sich bei dieser Behauptung um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG nicht zu beachtende Neuerung handelt.

Auch die vom Beschwerdeführer aufgestellte Behauptung, der Regionalbeirat sei nicht ins Verfahren einbezogen worden und habe sich nicht (negativ) geäußert, ist in Hinblick auf den Vermerk OZl. 5 des Verwaltungsaktes tatsachenwidrig. Es ist vielmehr vom Vorliegen einer negativen Stellungnahme dieses Gremiums auszugehen.

Insoweit der Beschwerdeführer schließlich rügt, der erstinstanzliche Bescheid sei lediglich "für" die Leiterin dieser Behörde gefertigt worden, ist darauf zu verweisen, dass der gemäß § 24 Abs. 2 Arbeitsmarktservicegesetz - AMSG 1994, BGBl. Nr. 313/1994, soweit der regionalen Geschäftsstelle behördliche Funktion zukommt, zuständige Leiter (bzw. die Leiterin) der regionalen Geschäftsstelle nach § 23 Abs. 3 leg. cit. im Interesse einer raschen und zweckmäßigen Geschäftsbehandlung die ihm (bzw. ihr) nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zustehenden Befugnisse hinsichtlich bestimmter Angelegenheiten auf Träger von bestimmten Funktionen oder namentlich bezeichnete Mitarbeiter seiner (ihrer) Geschäftsstelle zur selbständigen Erledigung übertragen kann. Der Leiter (bzw. die Leiterin) der Geschäftsstelle behält jedoch auch bei einer Übertragung die Verantwortung für die ordnungsgemäße Erledigung der Angelegenheiten.

Die Fertigung des erstinstanzlichen Bescheides "für die Leiterin..." entspricht den Erfordernissen des § 18 Abs. 2 AVG, so dass ein von der belangten Behörde aufzugreifender Mangel des erstinstanzlichen Bescheides nicht gegeben war.

Aus den oben dargelegten Gründen kann eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht erkannt werden. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 31. Jänner 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1999090159.X00

Im RIS seit

20.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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