TE OGH 2010/12/21 8Ob142/10f

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.12.2010
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden und den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner, sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Insolvenzsache der Gemeinschuldnerin A***** Gesellschaft mbH, zuletzt: *****, über den Revisionsrekurs der Gemeinschuldnerin und den außerordentlichen Revisionsrekurs der Gläubigerin B***** AG, *****, beide vertreten durch Dr. Heinz-Peter Wachter, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 7. Oktober 2010, GZ 28 R 187/10s-276, womit infolge Rekurses der Gemeinschuldnerin der Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 27. Juli 2010, GZ 9 S 34/09m-232, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1.) Der Revisionsrekurs der Gemeinschuldnerin wird zurückgewiesen.

2.) Der außerordentliche Revisionsrekurs der Gläubigerin wird gemäß § 252 IO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Mit Beschluss vom 18. 5. 2009 eröffnete das Erstgericht das Konkursverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin. Die einschreitende Gläubigerin ist deren Alleingesellschafterin. Die Gemeinschuldnerin und die Gläubigerin beantragten am 21. 5. 2010 gemäß § 119 Abs 5 KO die Ausscheidung von Schadenersatzansprüchen gegen den im Verfahren bestellten Masseverwalter und deren Überlassung an die Gemeinschuldnerin zur Durchsetzung.

Das Erstgericht wies diese Anträge ab. Der Gemeinschuldner sei nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs während des Konkursverfahrens zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen, die aus Pflichtverletzungen des Masseverwalters oder des Konkursgerichts abgeleitet werden, legitimiert. Er könne allerdings, wenn ihm die Forderung nicht zur freien Verfügung überlassen wurde, nur Zahlung in die Konkursmasse verlangen, worauf allenfalls auch von Amts wegen zu erkennen sei. Die Gemeinschuldnerin könne daher einen allfälligen Anspruch jedenfalls geltend machen. Der Alleingesellschafterin und Gläubigerin der Gemeinschuldnerin fehle überdies die Aktivlegitimation zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aus Pflichtwidrigkeiten des Masseverwalters im Zusammenhang mit der Einbringlichmachung von der Gesellschaft gemäß § 119 Abs 5 KO überlassenen Forderungen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Gemeinschuldnerin mit der Maßgabe nicht Folge, dass es den Antrag der Gemeinschuldnerin und der Gläubigerin auf Ausscheidung von Schadenersatzansprüchen gemäß § 119 Abs 5 KO zurückwies. Es lehnte die Rechtsprechung, wonach der Schuldner während des Konkursverfahrens zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen, die aus Pflichtverletzungen des Masseverwalters oder des Konkursgerichts abgeleitet werden, legitimiert sei, ab. Ein durch eine pflichtwidrige Handlung des Masseverwalters eine Verminderung der Konkursmasse bewirkender Schaden könne während des Konkursverfahrens nur im Rechnungslegungsverfahren gemäß den §§ 121, 122 KO geltend gemacht werden, nicht aber von den einzelnen Konkursgläubigern oder vom Gemeinschuldner. Schadenersatzforderungen gegen den Masseverwalter könnten daher nicht Gegenstand einer Antragstellung nach § 119 Abs 5 KO sein, weshalb der Antrag der Gemeinschuldnerin zurückzuweisen sei. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR überschreite und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Den Rekurs der Gläubigerin wies das Rekursgericht zurück. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige, und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Ein Antrag gemäß § 119 Abs 5 KO könne vom Masseverwalter, dem Gemeinschuldner oder von den Mitgliedern des Gläubigerausschusses gestellt werden, nicht jedoch von einem einzelnen Konkursgläubiger. Dieser könne einen Ausscheidungsbeschluss lediglich anregen. Mangels Erledigungsanspruchs stehe ihm im Fall der Abweisung des Antrags kein Rekursrecht zu. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs der Gemeinschuldnerin und der außerordentliche Revisionsrekurs der Gläubigerin.

Rechtliche Beurteilung

1.) Zum Revisionsrekurs der Gemeinschuldnerin:

Nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO iVm § 252 IO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der angefochtene Beschluss zur Gänze bestätigt worden ist. Auch eine bloße Maßgabebestätigung, etwa in Form der Zurückweisung eines in erster Instanz abgewiesenen Antrags, ist dann grundsätzlich eine Bestätigung iSd § 528 Abs 2 Z 2 ZPO, wenn die Rechtsfolge beider Varianten unterschiedslos ist (1 Ob 277/02w; 6 Ob 99/07p; Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 528 Rz 119). Dies ist hier der Fall: Inhaltlich gehen beide Instanzen davon aus, dass Schadenersatzforderungen gegen den Masseverwalter nicht Gegenstand einer Antragstellung nach § 119 Abs 5 KO sein können, weil die Gemeinschuldnerin solche Ansprüche auf einem anderen Weg geltend machen müsse. Dass die Vorinstanzen diesen anderen Weg unterschiedlich beurteilen, ist nicht entscheidend, weil der für die Beurteilung maßgebende Gegenstand der vorliegenden Entscheidung die - übereinstimmend verneinte - Frage ist, ob der Gemeinschuldnerin der Antrag nach § 119 Abs 5 KO offensteht. Angesichts dieser Übereinstimmung und der damit unterschiedslosen Rechtsfolgen der erst- und der zweitinstanzlichen Entscheidung ist die Rekursentscheidung im Sinne der dargestellten Rechtslage eine bestätigende, ohne dass es auf die Frage nach der Entscheidungsform (Ab- oder Zurückweisung) ankommt (1 Ob 277/02w). Der Revisionsrekurs der Gemeinschuldnerin erweist sich damit als jedenfalls unzulässig. Der damit nicht im Einklang stehende Zulassungsausspruch des Rekursgerichts gilt als nicht beigesetzt (vgl RIS-Justiz RS0042369).

2.) Zum außerordentlichen Revisionsrekurs der Gläubigerin:

Nach ständiger Rechtsprechung hat der einzelne Konkursgläubiger im Verwertungsverfahren kein Individualmitwirkungsrecht und daher auch keine Rechtsmittelbefugnis (SZ 69/124 = 8 Ob 2085/96t unter ausdrücklicher Ablehnung der Vorentscheidung 2 Ob 619/86 = MietSlg 38.869; RIS-Justiz RS0102114; RS0065261). Der Konkursgläubiger kann daher auch die Ausscheidung einer Forderung gemäß § 119 Abs 5 KO nur anregen, nicht aber im Sinn eines Erledigungsanspruchs beantragen (RIS-Justiz RS0102114, zuletzt - diese Rechtsprechung auch ausdehnend auf den Fall der Wiedereinbeziehung schon ausgeschiedener Vermögensgegenstände - 8 Ob 80/02a). Mit dem bloßen Verweis auf ältere Entscheidungen, die durch diese Rechtsprechung überholt sind (Kodek in Bartsch/Pollak/Buchegger, InsolvenzrechtIV § 119 Rz 215 FN 544), zeigt die Revisionsrekurswerberin keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.

Schlagworte

10 Konkurs- und Ausgleichssachen,Zivilverfahrensrecht

Textnummer

E95981

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2010:0080OB00142.10F.1221.000

Im RIS seit

18.01.2011

Zuletzt aktualisiert am

26.11.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten