TE OGH 2011/2/1 10Ob1/11m

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Veröffentlicht am 01.02.2011
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch und Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen M*****, geboren am 30. Juni 2007, vertreten durch das Land Wien als Jugendwohlfahrtsträger (Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie - Rechtsvertretung, Bezirk 21, 1210 Wien, Am Spitz 1), wegen Unterhaltsvorschuss, infolge Revisionsrekurses des Vaters D*****, unbekannten Aufenthalts, vertreten durch Dr. Gernot Nachtnebel, Rechtsanwalt in Wien, als Kurator, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 9. Februar 2010, GZ 42 R 96/10v-38, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 10. November 2009, GZ 2 PU 134/09p-24, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Das Erstgericht wies mit Beschluss vom 10. 11. 2009 (ON 24) den auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen gemäß § 4 Z 2 UVG gerichteten Antrag des durch den Jugendwohlfahrtsträger vertretenen Minderjährigen vom 4. 11. 2009 ab.

Das Rekursgericht änderte mit Beschluss vom 9. 2. 2010 (ON 38) die Entscheidung des Erstgerichts dahin ab, dass es dem Minderjährigen auf die Unterhaltsverpflichtung des Vaters für die Zeit vom 1. 11. 2009 bis 31. 10. 2012 Unterhaltsvorschüsse gemäß § 4 Z 2 UVG in Höhe von 105,40 EUR monatlich zuerkannte. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs gegen seine Entscheidung zulässig sei.

Innerhalb der Rechtsmittelfrist erhob die Mutter des Minderjährigen gegen diese Entscheidung per Fax ein „Einspruchsbegehren“ (ON 41), worin sie die Gewährung eines höheren Unterhaltsvorschusses begehrte. Weiters kündigte sie darin an, dass sie ihr Einspruchsbegehren bei ihrer für den 15. 4. 2010 anberaumten Einvernahme vor dem Erstgericht persönlich vorbringen werde. Im Protokoll über diese Einvernahme der Mutter des Minderjährigen findet sich dazu jedoch keine Aussage. Laut Verfügung des Erstgerichts vom 1. 4. 2010 wurde eine Kopie dieser Eingabe dem Jugendwohlfahrtsträger „zK“ übermittelt. Nach der Aktenlage erfolgte bisher keine weitere verfahrensmäßige Behandlung dieser Eingabe.

In der Folge erhob der für den Vater bestellte Kurator gegen den Beschluss des Rekursgerichts vom 9. 2. 2010 (ON 38) Revisionsrekurs. Diesen Revisionsrekurs legte das Erstgericht gemeinsam mit einer vom Jugendwohlfahrtsträger dazu erstatteten Revisionsrekursbeantwortung dem Obersten Gerichtshof im Wege des Rekursgerichts zur Entscheidung vor.

Rechtliche Beurteilung

Die Aktenvorlage ist verfrüht.

Über die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen hat das Pflegschaftsgericht im Verfahren Außerstreitsachen zu entscheiden (§ 10 UVG). Auch die Mutter als Zahlungsempfängerin ist Partei iSd § 2 Abs 1 AußStrG (vgl RIS-Justiz RS0120860 [T12]) und daher grundsätzlich rechtsmittellegitimiert. Ihre Rechtsmittellegitimation beschränkt sich allerdings auf ihre Eigenschaft als Zahlungsempfängerin. Mit der Bestellung des Jugendwohlfahrtsträgers zum alleinigen gesetzlichen Vertreter des Kindes verliert nämlich die bisher gesetzlich vertretungsbefugte Person ex lege ihre Vertretungsbefugnis in allen Unterhaltsfestsetzungs- und Unterhaltsvorschussangelegenheiten. Der obsorgeberechtigten Person steht somit in der Folge in allen Unterhaltsangelegenheiten kein Rechtsmittelrecht mehr zu (vgl Neumayr in Schwimann, ABGB³ I § 15 UVG Rz 7 f mwN).

Das Erstgericht wird daher der Mutter des Minderjährigen zu ihrem „Einspruchsbegehren“ vom 24. 3. 2010 (ON 41) Rechtsbelehrung zu erteilen haben. Wenn die Mutter nach einer solchen Rechtsbelehrung darauf bestehen sollte, dass ihre Eingabe als Revisionsrekurs gegen den Beschluss des Rekursgerichts vom 9. 2. 2010 zu verstehen sei, und sie ihr Rechtsmittel weiterhin aufrecht erhält, wird das Erstgericht der Revisionsrekurswerberin den Auftrag zu erteilen haben, ihr Rechtsmittel innerhalb zu bestimmender Frist durch die Unterfertigung eines Rechtsanwalts (vgl § 6 Abs 1 AußStrG) zu verbessern. In diesem Fall wird das Erstgericht den Akt nach Vorliegen der Revisionsrekursbeantwortungen der anderen Verfahrensparteien bzw nach fruchtlosem Verstreichen der Frist zur Revisionsrekursbeantwortung erneut dem Obersten Gerichtshof vorzulegen haben. Sollte das „Einspruchsbegehren“ der Mutter des Minderjährigen aber nicht als Rechtsmittel zu verstehen sein oder sollte dieses Rechtsmittel nach Rechtsbelehrung von der Mutter des Minderjährigen nicht mehr aufrecht erhalten werden, wird der Akt umgehend dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den Revisionsrekurs des Vaters wieder vorzulegen sein.

Schlagworte

Zivilrecht,Zivilverfahrensrecht,Unterhaltsrecht

Textnummer

E97396

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0100OB00001.11M.0201.000

Im RIS seit

07.06.2011

Zuletzt aktualisiert am

14.05.2013
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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