TE OGH 2011/2/1 10ObS188/10k

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Veröffentlicht am 01.02.2011
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter DI Rudolf Pinter (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. KR Michaela Puhm (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei G*****, vertreten durch Mag. Dr. Johannes Winkler, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen Höhe der Alterspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28. September 2010, GZ 10 Rs 67/10m-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 2. Dezember 2009, GZ 35 Cgs 167/09v-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Das Revisionsverfahren wird bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über den vom Obersten Gerichtshof am 9. 2. 2010 in der Sozialrechtssache 10 ObS 178/09p gestellten Antrag auf Vorabentscheidung unterbrochen.

Nach Einlangen der Vorabentscheidung wird das Revisionsverfahren von Amts wegen fortgesetzt werden.

Text

Begründung:

Der am 10. 8. 1944 geborene Kläger bezieht von der beklagten Pensionsversicherungsanstalt eine Alterspension. Die Pensionshöhe betrug im Jahr 2007 605,37 EUR monatlich. Die beklagte Partei erhöhte im Zuge der Pensionsanpassung 2008 die Höhe der Pension ab 1. 1. 2008 um 1,7 % auf 615,66 EUR monatlich und ab 1. 11. 2008 um 3,4 % auf 636,59 EUR monatlich. Da der Kläger auch von der deutschen Rentenversicherung Bayern Süd eine Rente in Höhe von 217,55 EUR monatlich (Rentenanpassung 2008) bezieht, erhält er keine Ausgleichszulage.

Mit Eingabe vom 26. 11. 2008 beantragte der Kläger bei der beklagten Partei die bescheidmäßige Erledigung betreffend die Nachzahlung eines Betrags von 128,52 EUR für die Zeit vom 1. 1. 2008 bis 31. 10. 2008 und die Zahlung einer monatlichen Bruttopension von 647,67 EUR ab 1. 11. 2008. Die beklagte Partei hat über diesen Antrag des Klägers nicht entschieden.

Mit der am 5. 6. 2009 beim Erstgericht eingebrachten Säumnisklage begehrt der Kläger, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihm für den Zeitraum vom 1. 1. 2008 bis 31. 10. 2008 einen Betrag von 128,52 EUR nachzuzahlen und ihm ab 1. 11. 2008 eine Pension in Höhe von 647,67 EUR brutto monatlich zu bezahlen. Seine Pension sei im Zuge der Pensionsanpassung 2008 unzulässigerweise nicht um den Fixbetrag von 21 EUR brutto monatlich oder zumindest um 2,81 %, sondern nur um 1,7 % erhöht worden. Er hätte somit vom 1. 1. 2008 bis 31. 10. 2008 Anspruch auf eine monatliche Bruttopension von 626,37 EUR gehabt, weshalb ihm für diesen Zeitraum noch ein restlicher Betrag von 128,52 EUR zustehe. Ab 1. 11. 2008 habe er Anspruch auf eine monatliche Bruttopension von 647,67 EUR, da die richtigerweise auf 626,37 EUR zu erhöhende monatliche Bruttopension Ausgangsbasis für die weitere Pensionserhöhung hätte sein müssen. Die für die Pensionsanpassung 2008 in § 634 Abs 10 ASVG normierte Regelung, wonach höhere Pensionen eine höhere Aufwertung erfahren als solche unter 747 EUR monatlich, sei gemeinschaftsrechtswidrig, weil dadurch die in der Regel niedrigeren Teilpensionen von Wanderarbeitnehmern prozentuell geringer erhöht worden seien als Pensionen von Personen, die ausschließlich in Österreich berufstätig gewesen seien. Es dürfe dabei nämlich keine Rolle spielen, ob sich das Gesamteinkommen eines Pensionisten aus einer ASVG-Pension und einer ausländischen Pension oder aus einer ASVG-Pension und einer Ausgleichszulage zusammensetze.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, die Pensionsanpassung 2008 sei im Zusammenhang mit der überproportionalen Anhebung der Ausgleichszulagenrichtsätze als „Gesamtpaket“ zu betrachten. Ob sich der Gesetzgeber bei der Umsetzung der außerordentlichen Pensionserhöhung noch im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraums bewegt habe, sei vom Verfassungsgerichtshof zu entscheiden.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, dem Kläger die Alterspension in der - bisher bereits gewährten - Höhe von 615,66 EUR monatlich für den Zeitraum vom 1. 1. 2008 bis 31. 10. 2008 und in der Höhe von 636,59 EUR ab 1. 11. 2008 zu zahlen. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren des Klägers wies es ab. In seiner rechtlichen Beurteilung verwies das Erstgericht auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 24. 9. 2009, G 165/08 und andere, wonach die Pensionserhöhung 2008 nicht verfassungswidrig sei. Auch eine Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Pensionsanpassung 2008 liege nicht vor. Der Pensionsanspruch des Klägers sei entsprechend den Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 unter Berücksichtigung der vom Kläger in Deutschland erworbenen Versicherungszeiten nach dem in Art 46 der VO 1408/71 normierten pro-rata-temporis-Prinzip berechnet worden. Die bloße Anpassung einer derart berechneten Pensionsleistung habe - anders als eine Neuberechnung einer Pensionsleistung - gänzlich unabhängig von den Beitragsmonaten bzw den sich allfällig daraus ergebenden Pensionsleistungen aus einem anderen Mitgliedstaat zu erfolgen. Die Anpassung der Pensionshöhe sei daher allein nach den innerstaatlichen Vorschriften vorzunehmen gewesen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers keine Folge. Es teilte im Wesentlichen die Rechtsansicht des Erstgerichts. Die außerordentliche Pensionserhöhung 2008 sei als ein Tatbestand für eine bloße Anpassung der Pension iSd Art 51 Abs 1 VO 1408/71 und nicht für eine Neuberechnung der Pension iSd Art 51 Abs 2 VO 1408/71 anzusehen und somit ohne Einbeziehung der deutschen Rente vorzunehmen gewesen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision gegen seine Entscheidung zulässig sei, weil keine Rechtsprechung zur Frage der Gemeinschaftsrechtskonformität der außerordentlichen Pensionsanpassung 2008 im Hinblick auf den Bezieher einer Teilpension iSd VO 1408/71 vorliege.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig.

Der Kläger wiederholt auch in seinen Revisionsausführungen seine Bedenken gegen die Gemeinschaftsrechtskonformität der außerordentlichen Pensionserhöhung 2008 in Bezug auf ehemalige Wanderarbeitnehmer. Wie Frauen seien auch Wanderarbeitnehmer in der Gruppe der Bezieher von Kleinstpensionen deutlich überproportional vertreten, weshalb die außerordentliche Pensionserhöhung 2008 nicht nur Frauen, sondern auch ehemalige Wanderarbeitnehmer unzulässig diskriminiere. Durch die außerordentliche Pensionserhöhung 2008 seien erstmals die niedrigsten Einkommen auch prozentuell am geringsten erhöht worden. Hätte der Kläger sein gesamtes Erwerbsleben in Österreich verbracht, hätte er also nur eine österreichische Pension im Umfang der beiden bestehenden österreichischen und deutschen Teilpensionen bezogen, wäre seine österreichische Pension durch die außerordentliche Pensionserhöhung 2008 stärker erhöht worden. Um eine unzulässige Benachteiligung von Wanderarbeitnehmern in ihrem Freizügigkeitsrecht zu verhindern, sei es daher erstmals notwendig, auch die ausländische Pension in die Berechnung der Erhöhung der österreichischen Pension einzubeziehen.

Diesen Ausführungen ist Folgendes entgegenzuhalten:

1. Auf den Kläger als ehemaligen Wanderarbeitnehmer, der während seiner Berufstätigkeit unbestritten Versicherungszeiten in der österreichischen und deutschen Pensionsversicherung erworben und deshalb eine österreichische und eine deutsche Pension bezieht, haben noch die Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 Anwendung zu finden, weil die neue Koordinierungsverordnung (EG) Nr 883/2004 erst seit 1. 5. 2010 in Geltung steht (vgl RIS-Justiz RS0125933).

2. Wichtigste Koordinierungsregel des Europäischen Sozialrechts im Bereich des Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenpensionsrechts ist die Regelung über die Zusammenrechnung der Versicherungszeiten. Danach sind zur Feststellung der für den Anspruch auf eine Pension erforderlichen Wartezeit nicht nur die Versicherungszeiten, die der Versicherte im Staat der Antragstellung erworben hat, sondern sämtliche Versicherungszeiten, die dieser in anderen Mitgliedstaaten zurückgelegt hat, zu berücksichtigen (vgl Art 45 VO 1408/71).

2.1 Für die Frage der Berechnung der gebührenden Pensionsleistung sieht Art 46 VO 1408/71 vor, dass der zuständige Träger bei der Pensionsberechnung einen Unterschied danach zu machen hat, ob der Leistungsberechtigte die Anspruchsvoraussetzungen bereits allein mit den jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften des Trägers erfüllt oder nicht. Im ersten Fall berechnet der zuständige Träger den Betrag der Pension zunächst ausschließlich nach den innerstaatlichen (hier: österreichischen) Vorschriften, das heißt nur unter Berücksichtigung der nach österreichischem Recht anrechenbaren Zeiten. Dann erfolgt eine zwischenstaatliche Berechnung nach dem sogenannten „pro-rata-temporis-Verfahren“: Es wird zunächst der theoretische Betrag errechnet, der sich nach innerstaatlichen Vorschriften ergeben würde, wenn alle auch in sonstigen Mitgliedstaaten verbrachten Versicherungszeiten im jeweiligen Staat (hier: Österreich) zurückgelegt worden wären. In einem zweiten Schritt wird dieser theoretische Betrag in dem Verhältnis aufgeteilt, in dem die eigenen (österreichischen) Zeiten zu sämtlichen mitgliedstaatlichen Versicherungszeiten stehen. Ist diese Teilrente höher als die innerstaatliche (österreichische) Rente, wird diese Teilrente gezahlt. Es können also Wanderarbeitnehmer durch ihre Wanderungsbewegungen höhere Rentenleistungen erlangen als Arbeitnehmer, die nur in einem Mitgliedstaat gearbeitet haben (vgl Egger, Das Arbeits- und Sozialrecht der EG und die österreichische Rechtsordnung [1998] 216). Im zweiten Fall berechnet der zuständige Träger die Pension allein nach dem „pro-rata-temporis-Verfahren“.

2.2 Da die Feststellung der Leistung auch durch den leistungszuständigen (ausländischen) Versicherungsträger allein aufgrund der für ihn maßgebenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften erfolgt, kann es andererseits aber auch vorkommen, dass man infolge von Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten aus ungünstigeren Pensionsversicherungssystemen insgesamt eine geringere Gesamtpension erhält als wenn man dieselben Zeiten nur in Österreich erbracht hätte (vgl K. Mayr, Pensionsberechnung bei mehrstaatlichen Versicherungszeiten - Entscheidungsanmerkung zu DRdA 1999/42, 311 [315]).

2.3 Die teilweise Bevorzugung oder auch Benachteiligung von Wanderarbeitnehmern gegenüber anderen Arbeitnehmern ist nicht Folge der Auslegung von Gemeinschaftsrecht, sondern des Fehlens eines gemeinschaftlichen Sozialversicherungssystems oder der mangelnden Vereinheitlichung der bestehenden nationalen Systeme; beides kann durch die derzeit in Kraft befindliche schlichte Koordinierung nicht behoben werden. Da das Gemeinschaftsrecht somit kein einheitliches Sozialrecht schafft, sondern das Sozialrecht der Mitgliedstaaten grundsätzlich unberührt lässt, trifft auch die Ansicht, dass aus dem Grundsatz der Freizügigkeit zwingend abzuleiten sei, dass eine österreichische und eine deutsche Teilpension insgesamt nicht niedriger sein dürfen als eine inländische Pension, wenn der Versicherte sämtliche Versicherungszeiten in Österreich erworben hätte, nicht zu (10 ObS 133/01h = SSV-NF 15/76).

2.4 Die Anpassung bzw Neuberechnung der nach Art 46 VO 1408/71 festgestellten Renten bemisst sich ausschließlich nach Art 51 Abs 1 bzw 2 VO 1408/71. Die Anwendung der mitgliedstaatlichen Vorschriften über die Leistungsanpassung auch auf Leistungen, die unter Berücksichtigung der VO 1408/71 geschuldet werden, ist bereits in Art 11 VO 1408/71 geregelt. Art 51 VO 1408/71 bestimmt ergänzend hiezu, in welchen Fällen lediglich eine Anpassung vorzunehmen ist und in welchen Fällen eine Neuberechnung der Leistungen nach Art 46 VO 1408/71 zu erfolgen hat. Nach Art 51 Abs 1 VO 1408/71 erstrecken sich bloße Leistungsanpassungen, insbesondere die Anpassung der Renten im Hinblick auf den Anstieg der Lebenshaltungskosten oder die Änderung des Lohnniveaus, auch auf die nach Art 46 VO 1408/71 festgestellten Teilleistungen, ohne dass es einer Neuberechnung der Rentenleistung bedarf. Bei allen anderen (nicht lediglich durch bloße Anpassungsgründe bedingten) Änderungen, die die Höhe der Leistung beeinflussen, ist eine Neuberechnung nach Art 46 VO 1408/71 vorzunehmen. Art 51 Abs 2 VO 1408/71 nennt ausdrücklich Änderungen des Feststellungsverfahrens oder der Berechnungsmethode (Schuler in Fuchs, Europäisches Sozialrecht4 384 f mwN).

3. Im vorliegenden Fall haben bereits die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt, dass es sich bei der durch die außerordentliche Pensionserhöhung 2008 vorgenommenen Erhöhung der österreichischen Teilpension des Klägers um eine bloße Anpassung der Leistung iSd Art 51 Abs 1 VO 1408/71 handelt, welche keine Neuberechnung der Leistung nach Art 46 VO 1408/71 erforderlich macht (vgl dazu zuletzt 10 ObS 130/09d = SSV-NF 23/83 mit einer ausführlichen Darstellung der Judikatur des EuGH). Die Richtigkeit dieser Rechtsansicht der Vorinstanzen wird auch vom Kläger nicht in Zweifel gezogen.

3.1 Der Kläger als ehemaliger Wanderarbeitnehmer erachtet sich aber dadurch gegenüber einem vergleichbaren Arbeitnehmer, der sein gesamtes Erwerbsleben in Österreich verbracht hat, als benachteiligt, dass dessen höhere Pension durch die außerordentliche Pensionserhöhung 2008 prozentuell stärker erhöht worden sei als seine geringere österreichische Teilpension.

3.2 Wie aber bereits zu Punkt 2.2 näher dargelegt wurde, kann aufgrund des Fehlens eines gemeinschaftlichen Sozialversicherungssystems für alle Mitgliedstaaten bzw des Fehlens einer Vereinheitlichung der bestehenden nationalen Sozialversicherungssysteme eine teilweise Bevorzugung oder auch Benachteiligung von Wanderarbeitnehmern gegenüber anderen Arbeitnehmern nicht zur Gänze ausgeschlossen werden. Entscheidend ist im gegenständlichen Fall, dass bei der hier vorliegenden bloßen Anpassung der Leistung iSd Art 51 Abs 1 VO 1408/71 durch die außerordentliche Pensionserhöhung 2008 die österreichische und die deutsche Teilpension des Klägers in ihrem Schicksal weiterhin getrennt bleiben und diese erst im Falle einer anderweitig erforderlichen Neuberechnung iSd Art 51 Abs 2 VO 1408/71 wieder verbunden werden (vgl Schuler in Fuchs, Europäisches Sozialrecht4 385 mwN). Die außerordentliche Pensionserhöhung 2008 betrifft daher ausschließlich die österreichische Teilpension des Klägers und es hat sich daher auch die Höhe dieser Pensionsanpassung ausschließlich an der Höhe dieser österreichischen Teilleistung zu orientieren. Die vom Kläger begehrte Einbeziehung seiner deutschen Pensionsleistung bei der außerordentlichen Pensionserhöhung 2008 kommt somit nicht in Betracht. Die deutsche Pensionsleistung des Klägers führt daher bei der außerordentlichen Pensionserhöhung 2008 genauso wenig zu einer stärkeren Erhöhung der österreichischen Teilpension des Klägers wie sie bei allfälligen früheren Pensionsanpassungen, bei denen in der Regel die niedrigeren Pensionseinkommen stärker erhöht wurden als die höheren Pensionseinkommen, zu einer geringeren Erhöhung der österreichischen Teilpension des Klägers geführt haben kann.

3.3 Der Umstand, dass die von der beklagten Partei vorgenommene Erhöhung der österreichischen Teilpension des Klägers den innerstaatlichen Rechtsvorschriften entspricht, wird auch vom Kläger nicht in Abrede gestellt.

4. Dennoch ist die Rechtssache derzeit noch nicht im Sinne einer Bestätigung der angefochtenen Entscheidung des Berufungsgerichts spruchreif.

Der Oberste Gerichtshof hat mit Beschluss vom 9. 2. 2010 in der vergleichbaren, ebenfalls die Pensionsanpassung 2008 betreffenden Sozialrechtssache 10 ObS 178/09p dem Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art 267 AEUV Fragen im Zusammenhang mit der Auslegung der Richtlinie 79/7/EWG zur Vorabentscheidung vorgelegt. Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft Fragen im Zusammenhang mit einer möglichen mittelbaren Diskriminierung weiblicher Kleinstpensionsbezieherinnen mit Pensionen unter dem damaligen Ausgleichszulagenrichtsatz von 747 EUR monatlich durch die außerordentliche Pensionserhöhung 2008. Sollte sich aber das mit dem Begehren des Klägers im vorliegenden Fall inhaltlich übereinstimmende Begehren dieser weiblichen Kleinstpensionsbezieherinnen nach einer über das gesetzlich vorgesehene Ausmaß hinausgehenden Pensionserhöhung für 2008 nach Vorliegen der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union letztlich als berechtigt erweisen, wird auch bei männlichen Kleinstpensionsbeziehern wie dem Kläger zur allfälligen Vermeidung einer unmittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts auf das Ergebnis dieses Vorabentscheidungsverfahrens gegebenenfalls Bedacht zu nehmen sein. Die im erwähnten Vorabentscheidungsersuchen gestellten Fragen können daher auch für den hier zu beurteilenden Fall maßgeblich sein (in diesem Sinne auch 10 ObS 10/09g), weshalb es zweckmäßig und geboten erscheint, mit der Entscheidung über die Revision des Klägers bis zur Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union zuzuwarten und das Revisionsverfahren zu unterbrechen. Dies ist prozessökonomisch sinnvoll, weil der Oberste Gerichtshof in allen Rechtssachen von der allgemeinen Wirkung der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union auszugehen und diese daher auch auf andere Fälle als den unmittelbaren Anlassfall anzuwenden hat (vgl RIS-Justiz RS0110583).

Schlagworte

Sozialrecht

Textnummer

E96500

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:010OBS00188.10K.0201.000

Im RIS seit

17.03.2011

Zuletzt aktualisiert am

17.10.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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