TE OGH 2011/2/17 11Os169/10b

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Veröffentlicht am 17.02.2011
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Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Februar 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Bergmann als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Cornel S***** und Ionut-Alexandru D***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Ionut-Alexandru D***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 30. September 2010, GZ 011 Hv 101/10s-40, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Seidl, des Angeklagten D***** und seinesVerteidigers Dr. Pohle zu Recht erkannt:

Spruch

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch Punkt III./ wegen des Vergehens der Begünstigung nach §§ 15, 299 Abs 1 StGB sowie in dem Ionut-Alexandru D***** betreffenden Strafausspruch aufgehoben und im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Ionut-Alexandru D***** wird von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe am 29. Juni 2010 in seiner polizeilichen Vernehmung als Beschuldigter den Cornel S*****, sohin eine Person, die eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen hat, der Verfolgung absichtlich zu entziehen versucht, indem er wahrheitswidrig angab, er habe die in den Punkten 1./ und 2./ der Angeklageschrift der Staatsanwaltschaft Wien vom 7. Juli 2010, AZ 405 St 217/10w, genannten Einbruchsdiebstähle vom 28. Juni 2010 nicht im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem Genannten, sondern mit einem unbekannten Täter namens „Zota“ verübt, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Für das ihm weiter zur Last liegende Verbrechen des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB wird der Angeklagte D***** nach dem zweiter Strafsatz des § 130 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Monaten verurteilt.

Die Vorhaftanrechnung wird dem Erstgericht vorbehalten.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte D***** auf diese Entscheidung verwiesen.

Ihm fallen die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Cornel S***** und Ionut-Alexandru D***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB (I./), Cornel S***** auch des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (II./) und Ionut-Alexandru D***** auch des Vergehens der Begünstigung nach §§ 15, 299 Abs 1 StGB (III./) schuldig erkannt.

Danach hat Ionut-Alexandru D***** in Wien

I./ im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) mit Cornel S***** nachgenannten Personen fremde bewegliche Sachen durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei sie die Diebstähle durch Einbruch in der Absicht begingen, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, indem sie jeweils die Schlosszylinder der Wohnungstüren abdrehten, und zwar

1./ am 28. Juni 2010 Carina P***** und Peter W***** einen MP3-Player iPod Nano 4GS im Wert von 160 Euro, einen MP3-Player, iPod Nano 3GS im Wert von 140 Euro, eine Digitalkamera Nikon Coolpix S 200 im Wert von 200 Euro, einen Laptop Sony Vaio, eine Digitalkamera Nikon Coolpix S3000 und einen Rucksack in einem jeweils nicht mehr festzustellenden Wert;

2./ am 28. Juni 2010 Erdogan Y***** eine Digitalkamera in nicht mehr feststellbarem Wert, einen Laptop Toshiba Satellit U400 im Wert von ca 800 Euro und eine Festplatte im Wert von ca 70 Euro;

3./ am 29. Juni 2010 Dragana H***** eine silberne Zigarettendose in einem nicht mehr festzustellenden Wert;

II./ …

III./ Ionut-Alexandru D***** am 29. Juni 2010 in seiner polizeilichen Vernehmung als Beschuldigter den Cornel S*****, sohin eine Person, die eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen hat, der Verfolgung absichtlich zu entziehen versucht, indem er wahrheitswidrig angab, er habe die im Punkt I./1./ und 2./ genannten Taten nicht im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit S*****, sondern mit einem unbekannten Täter namens „Zota“ verübt.

Rechtliche Beurteilung

Nur gegen den Punkt III./ des Schuldspruchs richtet sich die auf Z 4, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Ionut-Alexandru D*****, der - wie bereits die Generalprokuratur ausführt - aus dem letztgenannten Nichtigkeitsgrund Berechtigung zukommt.

Zutreffend weist der Beschwerdeführer in seiner Rechtsrüge (Z 9 lit b) darauf hin, dass die vom Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung gegenüber dem Zweitangeklagten D***** abgegebene Erklärung, „wenn der Erstangeklagte S***** wegen des zweiten Einbruches am 28. Juni 2010 mitverurteilt wird und Sie decken ihn, werde ich es nicht weiterverfolgen oder wegen Begünstigung ausdehnen“ (ON 39 S 27) mangels ausdrücklicher Erklärung des Vorbehalts späterer Verfolgung einen endgültigen Verfolgungsverzicht im Sinne des § 192 Abs 1 Z 1 StPO darstellt (Schroll, WK-StPO § 192 Rz 48, 49; einer Verfolgung nach Eintritt der vom Staatsanwalt aktuell gesetzten - im Übrigen sinnwidrigen - Bedingung stünde überdies § 263 Abs 2 StPO entgegen). Das Schöffengericht wäre daher verpflichtet gewesen, hinsichtlich der dennoch im Rahmen der Hauptverhandlung vorgenommenen Ausdehnung der Anklage in Richtung des - den identen Sachverhalt betreffenden - Vergehens der (versuchten) Begünstigung nach §§ 15, 299 Abs 1 StGB (ON 39 S 35) mit einem Freispruch gemäß § 259 Z 3 StPO vorzugehen, weil der vorangegangene Verfolgungsverzicht ein Verfolgungshindernis bildet. Der stattdessen ergangene Schuldspruch zu Punkt III./ war somit aufzuheben und im Hinblick darauf, dass der Verfolgungsverzicht ein in den Gründen des Prozessrechts liegendes Verfolgungshindernis ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 620 f; § 288 Rz 40 ff), gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst zu erkennen und der Angeklagte in diesem Punkt freizusprechen.

Somit erübrigt sich ein Eingehen auf die weiteren Beschwerdepunkte.

Bei der Strafneubemessung für den verbleibenden Schuldspruch nach §§ 127, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB war erschwerend die Tatwiederholung, mildernd der bisherige ordentliche Lebenswandel, die Schadensgutmachung durch teilweise Sicherstellung der Beute und das Geständnis.

Die aus dem Spruch ersichtliche Freiheitsstrafe ist unrechts- und schuldangemessen. Deren (teil-)bedingte Nachsicht verbot sich aus den vom Erstgericht treffend aufgezeigten präventiven Gründen (Missbrauch der Reisefreiheit zu kriminellen Zwecken).

Mit seiner Berufung war der Angeklagte D***** auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Vorhaftanrechnung obliegt dem Erstgericht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E96655

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0110OS00169.10B.0217.000

Im RIS seit

06.04.2011

Zuletzt aktualisiert am

17.03.2014
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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