TE OGH 2011/3/8 12Os167/10s

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Veröffentlicht am 08.03.2011
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Der Oberste Gerichtshof hat am 8. März 2011 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Fischer als Schriftführerin in der Strafsache gegen H***** wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 15 Abs 1, 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 16. Juni 2010, GZ 013 Hv 115/09p-40, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen, auch in Rechtskraft erwachsene Freisprüche dieses Angeklagten enthaltenden Urteil wurde H***** von dem wider ihn erhobenen Vorwurf, zu einem noch festzustellenden Zeitpunkt nach dem 22. September 2004 versucht zu haben, F***** zu veranlassen, Beamte unter Übergabe eines F***** zur Verfügung gestellten Bargeldbetrags von 8.000 Euro dazu zu bestimmen, dass diese mit dem Vorsatz, den Staat in seinem konkreten Recht auf Berechnung und Zuweisung einer Pension in der gesetzlichen Höhe an Personen, die die gesetzlichen Anforderungen erfüllen, zu schädigen, ihre Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbrauchen, indem sie in der automationsunterstützten Datenverwaltung Änderungen hinsichtlich seiner Person vornehmen, um zu bewirken, dass mit Bescheid ein früherer Pensionsantritt unter Bezug des ASVG-Höchstsatzes ermöglicht werde, wobei es beim Versuch geblieben sei, weil F***** in betrügerischer Absicht den Bargeldbetrag H***** herausgelockt und tatsächlich keine Verbindungen zu Beamten unterhalten habe, die über diese Befugnis verfügten, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Die Staatsanwaltschaft bekämpft diesen Freispruch mit einer auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Das Erstgericht stellte - soweit im Rechtsmittelverfahren von Bedeutung - folgenden Sachverhalt fest:

Anlässlich eines privaten Besuchs erzählte F***** dem als Exekutivbeamten tätigen (US 1) Angeklagten, er hätte Beziehungen zu mehreren höheren Mitarbeitern der BVA („Pensionsversicherungsanstalt der Beamten“), welche zusammen in der Lage wären, Manipulationen im Computersystem vorzunehmen. Nach Durchführung dieser Manipulationen könnten die betroffenen Personen zu einem früheren Zeitpunkt, zB infolge Krankheit, ohne Abschläge in Pension gehen. Darüber gäbe es dann einen offiziellen Ausdruck der BVA. Für die Durchführung dieser Manipulationen wären 8.000 Euro an diese Personen zu bezahlen.

Der Angeklagte übergab daraufhin noch im September 2004 dem F***** 8.000 Euro, damit dieser für den Angeklagten eine solche Manipulation veranlasse. Entsprechend den Angaben des F***** ging er davon aus, dass diese Manipulationen durch Mitarbeiter der BVA durchgeführt würden. Zur Bestätigung der Durchführung erhielt der Angeklagte von F***** einen angeblich von der BVA stammenden Ausdruck, wonach der Angeklagte im Jahr 2013 wegen Berufsunfähigkeit mit einem Pensionsbezug von monatlich 2.127 Euro netto in Pension werde gehen können. Dabei handelte es sich um eine Fälschung.

F***** hatte dem Angeklagten unter Vorspiegelung falscher Tatsachen den Bargeldbetrag von 8.000 Euro in der Absicht herausgelockt, sich selbst dadurch unrechtmäßig zu bereichern und den Angeklagten in diesem Umfang ohne jegliche Gegenleistung zu schädigen. F***** war zu keinem Zeitpunkt willens und in der Lage, seine gegenüber dem Angeklagten gemachten Versprechungen in die Tat umzusetzen; er verfügte nicht über die erforderlichen Kontakte.

Im September 2004 kamen der (richtig:) BVA keine Befugnisse im Zusammenhang mit der Abwicklung von Beamtenpensionen zu. Dafür war damals noch das Bundespensionsamt (BPA) zuständig. Erst mit 1. Jänner 2007 wurden der BVA die Agenden des BPA übertragen (US 6 f).

In rechtlicher Hinsicht gingen die Tatrichter von einem absolut untauglichen Versuch der Bestimmung zum Missbrauch der Amtsgewalt aus, weil entsprechend dem von ihnen für maßgeblich erachteten Tatplan des F***** der Angeklagte diesem 8.000 Euro übergeben sollte, ohne dafür die versprochene Gegenleistung - zu deren Erbringung F***** mangels der hiezu erforderlichen Kontakte gar nicht in der Lage gewesen wäre - je zu erhalten.

Die Staatsanwaltschaft bringt im Rahmen ihrer Rechtsrüge (Z 9 lit a) das Vorliegen eines Feststellungsmangels in Ansehung der subjektiven Tatseite vor.

              Nach den Konstatierungen des Schöffengerichts ging der als Exekutivbeamter arbeitende Angeklagte davon aus, dass die von ihm intendierten Manipulationen am Computersystem von Mitarbeitern der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) durchgeführt werden würden (US 7 oben, 10 unten). Die in der BVA tätigen Bediensteten hatten zum Tatzeitpunkt jedoch keine Befugnisse im Zusammenhang mit der Abwicklung von Beamtenpensionen (US 6 f; vgl das BPA-Gesetz, BGBl 758/1996 - außer Kraft getreten mit Ablauf des 31. Dezember 2006, Art 1 § 15 Abs 2 BPAÜG, auf der Basis von BGBl I 89/2006). Eine dem (unmittelbaren) Täter nicht zukommende Befugnis kann jedoch von diesem auch nicht missbraucht werden (E. Fuchs/Jerabek, Korruption und Amtsmissbrauch3 § 302 Rz 14). Den nach dem Tatplan des Angeklagten unter Einschaltung des F***** zum Missbrauch der Amtsgewalt zu bestimmenden Mitarbeitern der BVA mangelte es an den für die Ausführung des genannten Sonderdelikts erforderlichen persönlichen Eigenschaften und Verhältnissen (§ 14 Abs 1 StGB). Der Versuch, sie unter Einschaltung des F***** zum Missbrauch der Amtsgewalt zu bestimmen, erweist sich daher als absolut untauglich (§ 15 Abs 3 StGB; vgl Leukauf/Steininger Komm3 § 15 Rz 31).

              Indem die Staatsanwaltschaft die Feststellung dahin gehend einfordert, dass sich der Bestimmungsvorsatz des Angeklagten auch auf Beamte des - für die Pensionsgewährung damals zuständigen - Bundespensionsamts bezogen hat, weicht sie von dem im Urteil festgestellten Tatsachensubstrat (US 7 und 10) ab und verfehlt auf diese Weise die Anfechtungskriterien des geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes.

Gleiches gilt für das in den Konstatierungen keine Deckung findende Vorbringen, aufgrund der bloß laienhaften Kenntnis der Behördenzuständigkeit hätte der Bestimmungsvorsatz des Angeklagten einen größeren Personenkreis umfasst.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Schlagworte

Strafrecht

Textnummer

E96944

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2011:0120OS00167.10S.0308.000

Im RIS seit

30.04.2011

Zuletzt aktualisiert am

17.03.2014
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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