TE Vwgh Erkenntnis 2001/2/21 2000/08/0175

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Veröffentlicht am 21.02.2001
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

ABGB §7;
ASVG §5 Abs1 Z2;
B-VG Art140;
GSVG 1978 §2 Abs1 Z1;
GSVG 1978 §25 Abs4 Z1;
GSVG 1978 §25a Abs1 lita idF 1998/I/139;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des H in Innsbruck, vertreten durch Dr. Josef Klaunzer und Dr. Alfons Klaunzer, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Anichstraße 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 11. März 1999, Zl. Vd-SV-1006- 1-8/2/Fü, betreffend Beitragsgrundlage gemäß § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. a GSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien , Wiedner Hauptstraße 84-86), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der vorliegenden Beschwerde samt Beschwerdeergänzung und dem beigeschlossenen Bescheid ergibt sich folgender unbestrittener Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer erwarb am 5. Februar 1998 die Gewerbeberechtigung "Versicherungsagent". Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Beitragsgrundlage des Beschwerdeführers aufgrund dessen Antrages gemäß § 25a Abs. 1 Z. 1 lit. a GSVG in der Pensionsversicherung für das Jahr 1998 mit S 13.761,-- (und damit in Höhe der Mindestbeitragsgrundlage) festgesetzt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung dieser Beschwerde mit Beschluss vom 25. September 2000, B 740/99, abgelehnt und sie unter einem dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat. Die Ablehnung wird - in Erwiderung der vom Beschwerdeführer vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Rechtsinstitut der Mindestbeitragsgrundlage - damit begründet, es sei nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht unsachlich, für Personen, die eine nach dem GSVG versicherungspflichtige Erwerbsbetätigung aufnehmen, trotz eingetretener Versorgung nach dem ASVG eine Beitragspflicht nach dem GSVG vorzusehen (Hinweis auf VfSlg. 12.739/1991), ferner dass eine gesetzliche Pflichtversicherung auch dann keine verfassungsrechtlichen Bedenken aufzuwerfen vermöchte, wenn es zu keinem Rentenanfall kommt (Hinweis auf VfSlg. 6015/1969 und 7047/1973) und das Rechtsinstitut der Mindestbeitragsgrundlage darin seinen sachlichen Grund finde, dass der Sozialversicherungsschutz der selbstständigen Erwerbstätigen auch bei Auftreten von Verlusten aufrecht bleibe (Hinweis auf VfSlg. 15.517/1999, Seite 555).

In seiner vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 2 VwGG erstatteten Beschwerdeergänzung erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt, dass er für seine Tätigkeit "Versicherungsagentur in der Zeit Februar bis Oktober 1998 nicht der Versicherungspflicht nach dem GSVG" unterliege. Er erhebt darin ausdrücklich die an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerdebegründung zu seiner Begründung vor dem Verwaltungsgerichtshof. Er macht nähere Ausführungen unter Hinweis auf Regelungen des ASVG und des BSVG, aber auch des § 4 Abs. 1 Z. 5 GSVG und wendet sich gegen das Rechtsinstitut der Mindestbeitragsgrundlage. Das Gesetz weise eine Gesetzeslücke auf, die durch Analogie zu schließen sei, nämlich dass bei einer Beitragsgrundlage von nicht mehr als der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 1 Z. 2 ASVG auch im GSVG Versicherungspflicht nicht bestehe. Im Übrigen wendet sich der Beschwerdeführer gegen die aus dem Ablehnungsbeschluss seiner Meinung nach hervorgehenden Rechtsauffassungen des Verfassungsgerichtshofes.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 25a Abs. 1 lit a GSVG in der für den hier strittigen Zeitraum vom 1. Jänner bis 31. Dezember 1998 maßgeblichen Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 139/1998, ist als vorläufige monatliche Beitragsgrundlage, wenn eine Pflichtversicherung nach dem GSVG im drittvorangegangenen Jahr nicht bestanden hat, u.a. für die gem. § 2 Abs. 1 Z. 1 bis 3 GSVG Pflichtversicherten die monatliche Beitragsgrundlage gem. § 25 Abs. 4 Z. 1 GSVG heranzuziehen.

Gemäß § 25 Abs. 4 Z. 1 GSVG beträgt die Beitragsgrundlage (ua) für Pflichtversicherte gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 bis 3 GSVG mindestens S 13.761,--.

Die Pflichtversicherung des Beschwerdeführers aufgrund seiner Tätigkeit als Versicherungsagent und Inhaber eines diesbezüglichen Gewerbescheins gründet sich - soweit sie im Jahre 1998 bestanden hat - unstrittig auf § 2 Abs. 1 Z. 1 GSVG. Daraus ergibt sich als zwingende Rechtsfolge die Anwendung des § 25a Abs. 1 lit a iVm § 25 Abs. 4 Z. 1 GSVG und damit der genannten Mindestbeitragsgrundlage als vorläufige Beitragsgrundlage. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann daher von einer "Lücke im Gesetz", die im Wege der Analogie zu schließen wäre, nicht die Rede sein. Sollte der Beschwerdeführer mit dieser Argumentation aber in Wahrheit meinen, dass die Norm - soweit sie für ihn wirksam wird - verfassungswidrigerweise zu weit gefasst und daher - im Sinne seiner Argumentation - verfassungskonform dahin teleologisch zu reduzieren sei, dass eine Mindestbeitragsgrundlage dann und insoweit nicht festzusetzen sei, wenn das Einkommen eine Grenze, welche der Geringfügigkeitsgrenze des analog heranzuziehenden § 5 Abs. 1 Z. 2 ASVG entspricht, nicht überschreitet, so setzt eine solche Auffassung das Zutreffen der vom Beschwerdeführer vertretenen Prämisse der Verfassungswidrigkeit der Norm gedanklich voraus, weil es ansonsten von vornherein an jeglicher Berechtigung einer Reduzierung der Geltungsweite des Gesetzes im Verhältnis zum Gesetzeswortlaut fehlte (vgl. dazu Bydlinski in Rummel I2, § 7 Rz 7; vgl. etwa auch das Erkenntnis vom 8. Mai 1990, Zl. 90/08/0069). Soweit der Beschwerdeführer aber verfassungsrechtliche Bedenken vorträgt, vermag diese der Verwaltungsgerichtshof aus den gleichen Gründen nicht zu teilen, wie sie auch im Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 25. September 2000, B 740/99, bereits zum Ausdruck gekommen sind.

Da somit schon die vorliegende Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 21. Februar 2001

Schlagworte

Auslegung Gesetzeskonforme Auslegung von Verordnungen Verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen VwRallg3/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000080175.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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