TE Vwgh Erkenntnis 2001/2/22 2000/04/0206

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Veröffentlicht am 22.02.2001
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §366 Abs1 Z2;
GewO 1994 §74 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des W in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 31. Oktober 2000, Zl. Senat-NK-99-035, betreffend Übertretung der GewO 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde dem Beschwerdeführer mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 31. Oktober 2000 zur Last gelegt, er habe es als gewerberechtlicher Geschäftsführer einer näher bezeichneten GesmbH zu verantworten, dass diese Gesellschaft in der Zeit vom 8. März 1999 bis zum 3. September 1999 eine näher beschriebene gewerbliche Betriebsanlage (ein Altreifenlager) ohne die dafür erforderliche Genehmigung betrieben habe, obwohl diese Anlage geeignet gewesen sei, die Nachbarn zu gefährden und zu belästigen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von S 25.000,-- (sieben Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, es sei durch die erwähnte GesmbH im Zusammenhang mit den von ihr ausgeübten Gewerbeberechtigungen zur verfahrensgegenständlichen Lagerung der Altreifen gekommen. Im Hinblick auf den Umfang der Lagerung im Ausmaß von 60.000 m3 seien die im Erstbescheid beschriebenen Gefährdungen bzw. Belästigungen der Nachbarn schon zufolge der damit verbundenen Brandgefahr möglich, auch wenn die nächsten bewohnten Grundstücke "einige 100 m" von der Anlage entfernt seien. Der Umstand, dass die GesmbH für die Lagerung der Altreifen im Besitz einer Baugenehmigung gewesen sei, könne den Beschwerdeführer nicht entschuldigen, zumal er durch Rückfrage bei der Bezirkshauptmannschaft hätte klären können, dass für die Reifenlagerung eine Betriebsanlagengenehmigung erforderlich sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht, der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht schuldig erkannt und dafür auch nicht bestraft zu werden verletzt. Er bringt hiezu im Wesentlichen vor, die belangte Behörde sei zu Unrecht von der Genehmigungsbedürftigkeit der in Rede stehenden Betriebsanlage ausgegangen. Dem baubehördlichen Bescheid liege nämlich die auf sachverständiger Basis gewonnene Auffassung zugrunde, es bestünden gegen das Altreifenzwischenlager bei Einhaltung von im Einzelnen genannten Auflagen aus bautechnischer und brandschutztechnischer Sicht keine Bedenken. Diese Auflagen seien - wie von der Baubehörde festgestellt worden sei - erfüllt worden, sodass in brandschutztechnischer Hinsicht keine Bedenken gegen die Anlage angezeigt gewesen seien. Die Anlage sei daher mangels Eignung, die Nachbarn durch Brandgefahr zu gefährden oder zu belästigen, nicht genehmigungspflichtig gewesen. Dass der baubehördliche Bescheid in der Folge als nichtig erklärt worden sei, könne dem Beschwerdeführer, der auf den rechtskräftigen Bescheid vertraut habe, nicht zur Last fallen. Schließlich sei die verhängte Strafe auch jedenfalls zu streng.

Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die gemäß dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit einer Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

Gemäß § 74 Abs. 1 GewO 1994 ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde (§§ 333, 334, 335) errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des Arbeitnehmer/innenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z. 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,

2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen. ...

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, kommt es bei der Beurteilung der Genehmigungspflicht einer gewerblichen Betriebsanlage nicht darauf an, ob von dieser Betriebsanlage tatsächlich die im Gesetz näher beschriebenen Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen ausgehen. Die Genehmigungspflicht der Anlage ist vielmehr bereits dann gegeben, wenn solche Auswirkungen nicht auszuschließen sind. Bereits die grundsätzliche Eignung einer Betriebsanlage, Gefährdungen, Belästigungen etc. im Sinne der zitierten Gesetzesbestimmung herbeizuführen, begründet demnach die Genehmigungspflicht dieser Anlage. Ob diese Gefährdungen, Belästigungen etc. im konkreten Fall von der Betriebsanlage auch tatsächlich ausgehen, ist sodann im Genehmigungsverfahren zu prüfen und - je nach dem Ergebnis dieser Prüfung - die Genehmigung nach § 77 GewO 1997 allenfalls unter Vorschreibung von Auflagen zu erteilen oder zu versagen (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 16. Dezember 1998, Zl. 98/04/0056 und vom 28. November 1995, Zl. 93/04/0049).

Davon ausgehend spricht der Umstand, dass die Baubehörde zur Auffassung gelangte, es bestünden gegen das verfahrensgegenständliche Altreifenlager aus brandschutztechnischer Sicht dann keine Bedenken, wenn bestimmte Auflagen eingehalten würden, nicht gegen, sondern vielmehr für die grundsätzliche Eignung dieser Betriebsanlage, zufolge der mit ihr verbundenen Brandgefahr zu Gefährdungen oder Beeinträchtigungen im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1994 zu führen; dass es die Baubehörde für notwendig erachtete, einer - ihrer Auffassung nach - konkret bestehenden Brandgefahr durch Auflagen entgegenzuwirken, zeigt gerade, dass entsprechende von der Anlage ausgehende Gefährdungen, Beeinträchtigungen etc. keineswegs von vorneherein auszuschließen sind. Mit dem Hinweis auf den baubehördlichen Bescheid vermag der Beschwerdeführer daher eine Rechtswidrigkeit der - näher begründeten - Annahme der belangten Behörde, die in Rede stehende Betriebsanlage sei im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1994 geeignet, zu den hier genannten Gefährdungen, Beeinträchtigungen etc. zu führen, nicht aufzuzeigen.

Schließlich tut der Beschwerdeführer auch mit dem Hinweis, die verhängte Strafe sei "jedenfalls zu streng", keinen Umstand dar, der geeignet wäre, die - näher begründete - Strafbemessung der belangten Behörde als rechtswidrig erscheinen zu lassen.

Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 22. Februar 2001

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2000040206.X00

Im RIS seit

28.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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