TE UVS Tirol 2011/05/18 2011/15/0970-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.05.2011
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Gerold Dünser über die Berufungen von Herrn A. F., geb am XY, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. G. Gschnitzer, XY-Straße 1, I., gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 04.02.2011, Zl 2-AW44/5-2010, und

vom 04.02.2011, Zl 2-AW44/6-2010,

wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit den §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird den Berufungen Folge gegeben. Die angefochtenen Straferkenntnisse werden behoben und die Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis zur Zahl 2-AW44/5-2010 wurde dem Berufungswerber spruchgemäß Folgendes zur Last gelegt:

 

?Sie haben zumindest am 02.06.2010 um ca 16.15 Uhr (Zeitpunkt der Feststellung) bewusst auf Herrn B. K. eingewirkt und Herrn K. in der Durchführung der Grabungsarbeiten auf der Gp XY, KG S., sowie in der Durchführung der Grabungs- und Aufschüttungenarbeiten auf der Gp XY, KG S., (und somit auf einem Feuchtgebiet im Sinne des Tiroler Naturschutzgesetzes) bestärkt, indem Sie in Anwesenheit der Beamten der Polizeiinspektion Lans Herrn K. mündlich den Auftrag erteilten, die Baggerarbeiten fortzusetzen, da dieser bei Ihnen angestellt sei und von Ihnen bezahlt werde und Sie sich ansonsten selbst auf den Bagger setzen und die Arbeiten weiter durchführen würden. Ihre verbale Einwirkung auf Herrn K. hat dazu geführt, dass Herr K. die Grabungs- und Aufschüttungsarbeiten, ohne erforderliche naturschutzrechtliche Bewilligungen, vorgenommen hat.

 

Verwendung des Baggers auf Gp XY, KG S.:

Sie haben dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 45 (1) lit a iVm § 6 lit j Tiroler Naturschutzgesetz 2005, zuletzt geändert mit LGBl Nr 57/2007 iVm § 7 VStG

begangen.

 

Verwendung von Kraftfahrzeugen im Feuchtgebiet (Gp XY, KG S.), sowie Geländeabtragungen und Geländeaufschüttungen im Feuchtgebiet (Gp XY, KG S.):

Sie haben dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 45 (1) lit a iVm § 9 lit g Tiroler Naturschutzgesetz 2005, zuletzt geändert mit LGBl Nr 57/2007 iVm § 7 VStG

§ 45 (1) lit a iVm § 9 lit e Tiroler Naturschutzgesetz 2005, zuletzt geändert mit LGBl Nr 57/2007 iVm § 7 VStG begangen.

 

Gemäß

§ 45 (1) lit a iVm § 6 lit j  Tiroler Naturschutzgesetz 2005 iVm § 7 VStG

§ 45 (1) lit a iVm § 9 lit g Tiroler Naturschutzgesetz 2005 iVm § 7 VStG

§ 45 (1) lit a iVm § 9 lit e Tiroler Naturschutzgesetz 2005 iVm § 7 VStG

wird gegen Sie in Anwendung des § 47 Verwaltungsstrafgesetz 1991 eine Geldstrafe in der Höhe von

Euro 200,00

Euro 200,00

Euro 200,00

verhängt.

 

Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von jeweils 2 Tagen.?

 

Mit weiterem Straferkenntnis vom selben Tag zu Zahl 2-AW44/6-2010 wurde dem Berufungswerber Folgendes zur Last gelegt:

 

?Sie haben zumindest am 04.06.2010 um ca 14.27 Uhr (Zeitpunkt der Feststellung) mit einem Bagger auf der Gp XY, KG S., Grabungsarbeiten sowie auf der Gp XY, KG S., und somit auf einem Feuchtgebiet im Sinne des Tiroler Naturschutzgesetzes, Grabungsarbeiten und Aufschüttungen durchgeführt, ohne im Besitz der hierfür erforderlichen naturschutzrechtlichen Bewilligungen gewesen zu sein.

 

Verwendung des Baggers auf Gp XY, KG S.:

Sie haben dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 45 (1) lit a iVm § 6 lit j Tiroler Naturschutzgesetz 2005, zuletzt geändert mit LGBl Nr 57/2007

begangen.

 

Verwendung von Kraftfahrzeugen im Feuchtgebiet (Gp XY, KG S.), sowie Geländeabtragungen und Geländeaufschüttungen im Feuchtgebiet (Gp XY, KG S.):

Sie haben dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 45 (1) lit a iVm § 9 lit g Tiroler Naturschutzgesetz 2005, zuletzt geändert mit LGBl Nr 57/2007

§ 45 (1) lit a iVm § 9 lit e Tiroler Naturschutzgesetz 2005, zuletzt geändert mit LGBl Nr 57/2007 begangen.

 

Gemäß

§ 45 (1) lit a iVm § 6 lit j Tiroler Naturschutzgesetz 2005 iVm § 7 VStG

§ 45 (1) lit a iVm § 9 lit g Tiroler Naturschutzgesetz 2005 iVm § 7 VStG

§ 45 (1) lit a iVm § 9 lit e Tiroler Naturschutzgesetz 2005 iVm § 7 VStG

wird gegen Sie in Anwendung des § 47 Verwaltungsstrafgesetz 1991 eine Geldstrafe in der Höhe von

Euro 500,00

Euro 500,00

Euro 500,00

verhängt.

Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von jeweils 5 Tagen.?

 

Die Erstbehörde hat zunächst noch versucht, dem Berufungswerber die Straferkenntnisse via RSa zuzustellen. Nach den erfolgten Zustellversuchen wurde allerdings durch den Rechtsvertreter auf ein bestehendes Vollmachtsverhältnis sowie den Umstand hingewiesen, dass der Berufungswerber derzeit durch Aufenthalt in der Universitätsklinik von seiner sonstigen Zustelladresse ortsabwesend ist. Gleichzeitig wurde um Zustellung an den Rechtsvertreter ersucht. Diese Zustellung wurde am 18.02.2011 bewirkt. Gegen die Straferkenntnisse wurden sodann am 04.03.2011 und sohin rechtzeitig Rechtsmittel erhoben. In den Rechtsmitteln wird der Bestrafung entgegengetreten und die Behebung der angefochtenen Bescheide beantragt.

 

Auf Rückfrage bei der Erstbehörde wurde von dieser ergänzend ein Gutachten zur Frage vorgelegt, in wie weit es sich bei den hier gegenständlichen Flächen um Feuchtgebiete im Sinne der Bestimmungen des TNSchG 2005 handelt. Der Stellungnahme des naturkundefachlichen Amtssachverständigen Mag. F. vom 21.04.2011 sowie der fernmündlichen Nachfrage vom 27.04.2011 zu Folge handelt es sich beim Grundstück mit der Nummer XY, KG S., um ein Feuchtgebiet im Sinne des TNSchG 2005. Für das Grundstück mit der Nummer XY, ebenfalls KG S., trifft das nicht zu.

Weiters wurde der Auftraggeber der durchgeführten Arbeiten mit dem Bauern F. K. bekannt gegeben.

 

Unabhängig vom Vorbringen im Rechtsmittel kommt der Berufung aus folgenden Überlegungen Berechtigung zu:

Hier sei zunächst auf § 9 lit e TNSchG 2005 verwiesen welcher normiert, dass in Feuchtgebieten außerhalb geschlossener Ortschaften Geländeabtragungen und Geländeaufschüttungen sowie jede sonstige Veränderung der Bodenoberfläche naturschutzrechtlich bewilligungspflichtig ist.

Weiters bestimmt § 6 lit j TNSchG 2005, dass außerhalb geschlossener Ortschaften für die Verwendung von Kraftfahrzeugen außerhalb von Verkehrsflächen und eingefriedeten bebauten Grundstücken eine allgemeine Bewilligungspflicht besteht. Davon sieht das Gesetz bestimmte Ausnahmen vor, zu welchen gemäß § 6 lit j Z 2 TNSchG 2005 auch die Verwendung von Kraftfahrzeugen ?zur Ausführung von Vorhaben, für die eine naturschutzrechtliche Bewilligung vorliegt, im hierfür erforderlichen Ausmaß? zählt (vgl dazu die Ausführungen weiter unten).

 

Festgehalten wird, dass die Erstbehörde dem Berufungswerber nicht zur Last legt, dass die angeführten Grundstücke außerhalb geschlossener Ortschaften gelegen sind. Dabei handelt es sich jedoch um ein Tatbestandsmerkmal, das jedenfalls Bestandteil der im Spruch abzubildenden als erwiesen angenommenen Tat (§ 44a Z 1 VStG) ist.

 

Weiters legt die Erstbehörde dem Berufungswerber im Straferkenntnis zur Zahl 2-AW44/5-2010 jeweils Übertretungen nicht als unmittelbarer Täter, sondern gemäß § 7 VStG, sohin durch Begehung in Form der Anstiftung oder Beihilfe, zur Last.

 

Wer vorsätzlich veranlasst, dass ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht, oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, unterliegt gemäß § 7 VStG der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist.

 

Für eine Tatanlastung unter Anwendung des § 7 VStG ist unabdingbare Voraussetzung, dass der Anstifter bzw Beitragstäter vorsätzlich gehandelt hat. Im Widerspruch dazu wirft die Erstbehörde dem Berufungswerber im Spruch nicht ausdrücklich vor, dass er vorsätzlich gehandelt habe; sie beschränkt sich hier vielmehr auf den Vorhalt, dass er ?bewusst? auf namentlich genannte Baggerfahrer ?eingewirkt? habe. Damit bringt sie aber noch nicht zum Ausdruck, dass sie dem Berufungswerber vorsätzliches Handeln zur Last legt, kann doch auch ein fahrlässiges Verhalten bewusst gesetzt werden (vgl etwa zur bewussten Fahrlässigkeit näher Fuchs, Österreichisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I7, S128). Schließlich ergibt sich auch aus der Begründung des angefochtenen Bescheides nichts anderes, führt sie doch auch dort aus, dass ?zumindest von fahrlässigem Verhalten auszugehen? sei.

 

Der Vorschrift des § 44 a lit a VStG (Anm: jetzt: Z 1) ist dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44 a lit a VStG genügt oder nicht genügt, mithin, ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig erscheinen lässt. (Hinweis auf E VS vom 13. Juni 1984, 82/03/0265)

 

Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt (Hinweis auf E vom 14.2.1985, 85/02/0013), sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis sein (E des VwGH in einem VS vom 03.10.1985, 85/02/0053).

 

Zumal sich schon aus dem Gesetzeswortlaut ergibt, dass die Durchführung besagter Maßnahmen nicht schlechthin der Genehmigungspflicht unterliegt sondern nur dann, wenn diese außerhalb geschlossener Ortschaften erfolgt, wird durch die Spruchformulierung § 44a Z 1 VStG verletzt. Weiters wird diese Bestimmung dadurch verletzt, dass dem Berufungswerber eine Tatbegehung gemäß § 7 VStG angelastet wird, ohne dass ihm eine vorsätzliche Begehung vorgeworfen wird.

 

Beiden Straferkenntnissen liegt weiters offensichtlich die Auffassung zu Grunde, dass unmittelbarer Täter einer Übertretung gemäß § 45 Abs 1 lit a TNSchG 2005 derjenige ist, der die Arbeiten vor Ort vornimmt.

 

Diese Auffassung ist für den hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht zutreffend. Vielmehr ergibt sich aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl etwa die E vom 26.04.2007, 2004/07/0105), dass ein Verstoß gegen eine, eine Bewilligungspflicht vorsehende, Verwaltungsvorschrift grundsätzlich in den verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortungsbereich desjenigen fällt, der einem (grundsätzlich befugten) Unternehmen den Auftrag dazu erteilt.

 

Weiters sei auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2010, 2008/07/0215, verwiesen, wonach der Begriff des ?Ausführens? eines bewilligungspflichtigen Vorhabens nach dem Tiroler Naturschutzgesetz nicht nur die konkrete Ausführung der Arbeiten umfasst, sondern auch all jene Akte, die erforderlich sind, um das Vorhaben zu realisieren, darunter also auch die Erteilung des Auftrages zur Herstellung des Vorhabens.

 

Grundsätzliche Ausführungen zu diesem Thema finden sich in Bezug auf das Tiroler Naturschutzgesetz in der Entscheidung vom 15.06.1992, Zl 91/10/0146. So führt der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis unter anderem Folgendes aus:

?Unklar und in sich widersprüchlich sind die Ausführungen des Beschwerdeführers, dass er nicht gemäß § 7 VStG strafrechtlich belangt werden könne, da er selbst nicht unmittelbar an der Wegherstellung beteiligt gewesen sei, sondern ein Erdbewegungsunternehmen hiefür beauftragt habe. § 7 VStG bezieht sich nicht auf den unmittelbaren Täter, sondern regelt Anstiftung und Beihilfe. Der Beschwerdeführer wurde aber nicht als Anstifter nach § 7 VStG bestraft. Im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses findet sich zwar die Wendung, der Beschwerdeführer habe die Errichtung des Weges veranlasst; diese Wendung kann aber trotz der an § 7 VStG gemahnenden Terminologie unschwer als Vorwurf der unmittelbaren Täterschaft gedeutet werden. § 38 Abs 1 lit a NSchG bedroht denjenigen mit Strafe, der ein nach den §§ 5, 6, 6a, 6b (Anm: die Regelungen des § 6b TNSchG zur damals geltenden Rechtslage finden sich nunmehr in § 9 TNSchG 2005) und 23a Abs 2 bewilligungspflichtiges Vorhaben ohne Bewilligung ausführt. Der Ausdruck ?Ausführen? erfasst im vorliegenden Zusammenhang aber nicht nur die Arbeiten am Weg, sondern auch all jene Akte, die erforderlich sind, um das Vorhaben zu realisieren, darunter auch die Erteilung des Auftrages zur Wegherstellung. Dies ergibt sich auch aus § 17 Abs 1 lit a NSchG, wonach dann, wenn ein bewilligungspflichtiges Vorhaben ohne Bewilligung ausgeführt wird, die Bezirksverwaltungsbehörde demjenigen, der dies veranlasst hat, die weitere Ausführung des Vorhabens zu untersagen hat. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber das ?Veranlassen? als eine Form der ?Ausführung? ansieht. Der Auftraggeber, im Beschwerdefall unbestritten der Beschwerdeführer, ist daher unmittelbarer Täter.?

 

Eine Rückfrage bei der Erstbehörde durch den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol hat ergeben, dass das Vorhaben im Auftrag des Bauern F. K. ausgeführt wurde. Unmittelbarer Täter der Vornahme von Geländemanipulationen im Feuchtgebiet war nach dieser Grundlage der Auftraggeber F. K. und nicht der Berufungswerber selbst.

 

Soweit ihm daher zur Last gelegt wird, dass er die Ausführung des Vorhabens durch Dritte veranlasst habe bzw dass er selbst unmittelbarer Täter der ihm angelasteten Übertretung gemäß § 9 lit e und lit g  TNSchG 2005 sei, so wird er von der Erstbehörde zu Unrecht als Täter in Beschlag genommen.

 

Zumal daher die angefochtenen Straferkenntnisse schon aus diesen Gründen zu beheben waren sei zum Vorwurf der Verwendung von Kraftfahrzeugen lediglich auf Folgendes hingewiesen:

 

Einganges sei festgehalten, dass eine Legaldefinition, was unter einem Kraftfahrzeug im Sinne des TNSchG 2005 zu verstehen ist, nicht besteht. Die grundsätzliche Genehmigungspflicht für die Verwendung von Kraftfahrzeugen außerhalb von Verkehrsflächen und eingefriedeten bebauten Grundstücken, welche außerhalb geschlossener Ortschaften gelegen sind, wurde durch das Gesetz vom 9. Mai 1990, mit dem das Tiroler Naturschutzgesetz geändert wurde, eingeführt. In den Erläuterungen dazu wird zum Begriff ?Kraftfahrzeug? Folgendes festgehalten:

 

?Der Begriff ?Kraftfahrzeug? ist hier weiter zu verstehen, als die im § 2 Abs 1 des Kraftfahrgesetzes 1967 enthaltene Definition. Danach sind Kraftfahrzeuge zur Verwendung auf Straßen bestimmte oder auf Straßen verwendete Fahrzeuge. Kraftfahrzeuge im hier verstandenen Sinn sind beispielsweise auch Motorschlitten und sonstige Spezialfahrzeuge sowie Autos oder Motorräder, die auf Straßen nicht verwendet werden dürfen. Der Bewilligungstatbestand ?Verwendung von Kraftfahrzeugen außerhalb von Verkehrsflächen und eingefriedeten bebauten Grundstücken? im Abs 1 lit j soll an die Stelle des Gesetzes über die Verwendung von Geländefahrzeugen außerhalb von Straßen mit öffentlichem Verkehr treten. Damit wird die Unterscheidung, ob ein Fahrzeug ein Geländefahrzeug im Sinne dieses Gesetzes ist oder nicht, aufgegeben. Wie bereits zu § 4 lit a erwähnt, ist der Begriff für Kraftfahrzeuge weiter als in der Definition im § 2 Z 1 des Kraftfahrgesetzes 1967.?

 

Das in den Erläuterungen erwähnte und mit besagter Novelle zum Tiroler Naturschutzgesetz abgeschaffte Gesetz über die Verwendung von Geländefahrzeugen außerhalb von Straßen mit öffentlichem Verkehr hat in seinem § 1 Abs 2 als Geländefahrzeug im Sinne dieses Gesetzes Fahrzeuge verstanden, die durch technisch freigemachte Energie angetrieben werden und die auf Grund ihrer Konstruktion oder Adaptierung für Fahrten außerhalb von Straßen mit öffentlichem Verkehr bestimmt sind. Als Beispiele wurden Motorschlitten, Pistenpflegegeräte und Geländeallzweckfahrzeuge angeführt. Von der in § 2 Abs 1 vorgesehenen Bewilligungspflicht für die Verwendung solcher Fahrzeuge außerhalb von Straßen mit öffentlichem Verkehr wurden unterschiedliche Ausnahmen normiert. Hier interessierend ist vor allem die in § 2 Abs 3 lit b vorgesehene Ausnahme für die Verwendung von Geländefahrzeugen im Rahmen eines ?Betriebes des Bauhaupt- oder Baunebengewerbes sowie des Bergbaues?. Vor diesem Hintergrund zeigt sich daher, dass auch Bagger grundsätzlich als Geländefahrzeuge im Sinne des Gesetzes über die Verwendung von Geländefahrzeugen außerhalb von Straßen mit öffentlichem Verkehr verstanden werden konnten. Zu Folge der zitierten Erläuterungen sind daher auch Bagger grundsätzlich als Kraftfahrzeuge im Sinne des TNSchG 2005 zu verstehen.

 

Weiters zu berücksichtigen gilt es, dass das Tiroler Naturschutzgesetz in seinem § 6 zu unterschiedlichen Tatbeständen Schwellenwerte vorsieht, bei deren Überschreiten eine naturschutzrechtliche Genehmigungspflicht eintritt. So ist etwa gemäß § 6 h TNSchG 2005 die Vornahme von Geländeabtragungen und Geländeaufschüttungen unter bestimmten Voraussetzungen dann nicht naturschutzrechtlich genehmigungspflichtig, wenn das Ausmaß 5.000 m2 berührte Fläche oder 7.500 m3 Volumen unterschreitet. Bei derartigen Vorhaben wollte der Gesetzgeber, soweit keine Sonderstandorte wie etwa Feuchtgebiete oder Gewässer berührt werden, offensichtlich dann von einer naturschutzrechtlichen Genehmigungspflicht absehen, wenn bestimmte Mengenschwellen unterschritten werden.

 

Gleich verhält es sich auch mit § 6 lit d TNSchG 2005, wonach der Neubau von Straßen und Wegen grundsätzlich nur dann naturschutzrechtlich genehmigungspflichtig ist, wenn dieser oberhalb einer Seehöhe von 1.700 m angelegt wird oder eine Länge von mehr als 500 m hat. Schließlich kennt auch die in § 6 lit a normierte allgemeine Genehmigungspflicht für die Errichtung von baulichen Anlagen eine Bagatellschwelle, wonach eine Genehmigungspflicht für bauliche Anlagen erst ab einer Größe von mehr als 2.500 m2 besteht.

 

Alle drei Vorhaben, die Errichtung eines Weges oder einer baulichen Anlage gleich wie die Durchführung von Geländeabtragungen und Geländeaufschüttungen, erfordern bei zeitgemäßer Betrachtung die Verwendung eines Baggers. Wenn nun jedoch, wie dies die Erstbehörde angenommen hat, bereits die Benutzung eines Baggers im Freiland außerhalb geschlossener Ortschaften und eingefriedeter bebauter Grundstücke in jedem Falle eine naturschutzrechtliche Bewilligungspflicht auslösen würde, so würde der vom Gesetzgeber in § 6 lit a, lit d lit h TNSchG 2005 vorgesehene Ansatz der Genehmigungsfreiheit bei Unterschreiten bestimmter Mengenschwellen konterkariert.

 

Diese Genehmigungsfreiheit im Einzelfall könnte auch nicht dadurch gewährleistet werden, dass für den verwendeten Bagger, der ja üblicherweise bei einem Erdbauunternehmer abwechselnd an unterschiedlichen Standorten eingesetzt wird, eine ?generelle? Ausnahmegenehmigung gemäß § 6 lit j TNSchG 2005 eingeholt würde, sieht doch § 43 Abs 5 TNSchG 2005 dazu vor, dass in einem Antrag auf Erteilung einer Genehmigung gemäß § 6 lit j TNSchG 2005 überdies der beabsichtigte Verwendungszweck und Einsatzbereich des Fahrzeuges anzugeben ist. Da diese Antragserfordernisse zu den sonstigen hinzutreten, somit etwa gemäß § 45 Abs 2 TNSchG 2005 der Nachweis am Eigentum des betroffenen Grundstückes oder die Zustimmung des Grundeigentümers erforderlich ist, kann als ?Einsatzbereich? im Sinne des § 43 Abs 5 TNSchG 2005 auch schon alleine aus praktischen Gründen nicht das gesamte Landesgebiet oder etwa ein politischer Bezirk bezeichnet werden.

 

Zusammenfassend sei daher nochmals darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber wie aufgezeigt offensichtlich auch Bagger als Kraftfahrzeuge im Sinne des § 6 lit j TNSchG 2005 verstanden wissen wollte; insofern kann der aufgezeigte Wille des Gesetzgebers der naturschutzrechtlichen Genehmigungsfreiheit der angeführten Vorhaben nur im Wege einer teleologisch extensiven Interpretation der in § 6 lit j Z 2 TNSchG normierten Ausnahmeregelung gewährleistet werden:

So ist demnach nicht nur die Verwendung von Kraftfahrzeugen zur Ausführung von Vorhaben, für die eine naturschutzrechtliche Bewilligung vorliegt, im hiefür notwendigen Ausmaß, von der allgemeinen Genehmigungspflicht ausgenommen, sondern darüber hinaus auch die Verwendung von Kraftfahrzeugen für die Umsetzung einer Maßnahmen, die zu Folge des Unterschreitens einer der in § 6 TNSchG 2005 normierten Mengenschwellen gerade noch nicht naturschutzrechtlich genehmigungspflichtig ist. Auch diese Ausnahme wird beschränkt durch das dafür notwendige Ausmaß; es erstreckt sich sohin auf die Verwendung der für die Umsetzung des Vorhabens tatsächlich erforderlichen Kraftfahrzeuge; außerdem muss jene Art der Nutzung gewählt werden, die die Interessen des Naturschutzes am wenigsten beeinträchtigt.

 

Schließlich sei zur gesonderten Bestrafung der Übertretung nach § 9 lit g neben § 9 lit e TNSchG 2005 nochmals darauf hingewiesen, dass bei zeitgemäßer Betrachtung die Ausführung von Geländeabtragungen und -aufschüttungen den Einsatz eines Baggers erfordert. Insofern sei zur Vermeidung einer im Sinne des Art 4 des 7. ZP zur EMRK rechtswidrigen Doppelbestrafung auf die diesbezügliche höchstgerichtliche Judikatur verwiesen (vgl dazu etwa zuletzt VfGH 02.07.2009, VfSlg 18.833 unter Berücksichtigung der Entscheidung des EGMR zur Beschwerdesache S. Z. gegen Russland, Urteil vom 10.2.2009, Bsw 14939/03).

 

Demnach besteht eine gesonderte Strafbarkeit für das Verwenden eines Baggers für die rechtswidrige Durchführung von Geländeabtragungen und -aufschüttungen in einem Feuchtgebiet nur dann, wenn sie sich nicht auf ?the same essential elements? bezieht. Vor diesem Hintergrund wäre daher jedenfalls darzulegen, weshalb bei einem Tatvorwurf der Übertretung nach § 45 Abs 1 lit a iVm § 9 lit e TNSchG 2005 für den weiteren Tatvorwurf der Übertretung nach § 45 Abs 1 lit a iVm § 9 lit g TNSchG 2005 ein gesonderter Unrechtsgehalt verbleibt, der eine gesonderte Bestrafung rechtfertigt.

 

Insgesamt waren die Straferkenntnisse daher zu beheben und auf Grund des Umstandes, dass die Erstbehörde in vorliegenden Fällen verkannt hat, dass als eigentlicher Täter jeweils der Auftraggeber zu werten war, die wider den Berufungswerber dazu geführten Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen.

Schlagworte
Täter iSd §45 Abs 1 lit a TNSchG 2005; Auftraggeber; Ausführender; Ausnahme gem § 6 lit j Z 2 TNSchG 2005
Zuletzt aktualisiert am
07.06.2011
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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