TE Vwgh Beschluss 2001/3/6 2001/01/0029

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Veröffentlicht am 06.03.2001
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §28 Abs5;
VwGG §34 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über den Antrag des EK in W, geboren am 10. Februar 1973, vertreten durch Dr. Michael Drexler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hörlgasse 4/5, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung von Mängeln der unter der hg. Zl. 2000/01/0421 protokollierten Beschwerde, den Beschluss gefasst:

Spruch

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird stattgegeben.

Begründung

Mit hg. Beschluss vom 21. Dezember 2000, Zl. 2000/01/0421, stellte der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren über die Beschwerde des Antragstellers gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 30. August 2000 betreffend Asylgewährung und Feststellung nach § 8 AsylG mit der Begründung ein, der Antragsteller sei der am 20. Oktober 2000 an ihn ergangenen Aufforderung, den Mangel der gegen den vorbezeichneten Verwaltungsakt eingebrachten Beschwerde zu beheben, nicht fristgerecht nachgekommen. Die fehlende vollständige Bescheidausfertigung sei zwar vorgelegt worden, die zurückgestellte Beschwerde sei jedoch nicht wieder vorgelegt worden.

In dem innerhalb offener Frist nunmehr gestellten Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand führt der Antragsteller aus, dass die sehr zuverlässige Sekretärin des Rechtsfreundes des Antragstellers die aufgetragene Vorlage geschrieben, in die Postausgangsmappe gelegt und auftragsgemäß die drei seitens des Verwaltungsgerichtshofes zurückgestellten Bescheidbeschwerden in Urschrift zur diktierten aufgetragenen Vorlage gelegt habe. Weiters habe sie in das Postausgangsbuch zur aufgetragenen Vorlage den dazugehörigen Bescheid der belangten Behörde in Fotokopie gelegt. Der Rechtsfreund des Antragstellers habe die Vollständigkeit der vorgelegten Unterlagen überprüft, die aufgetragene Vorlage unterfertigt und angeordnet, die Verbesserung mit Einschreibezettel zur Post zu bringen. Bei der Einkuvertierung dürfte die zuverlässige Sekretärin, welcher ein solcher Fehler noch nie passiert sei, die Beschwerden in dreifacher Ausfertigung auf den umfangreichen Rechtsakt eines anderen Klienten gelegt und die einkuvertierte Verbesserung samt Bescheidkopie zur Post getragen haben.

Des Weiteren bemerkt der Antragsteller, dass die Vorgangsweise des Verwaltungsgerichtshofes bei nur Fehlen einer einzigen Urkunde den gesamten Verwaltungsakt dem Rechtsfreund zurückzuschicken, nicht dem Prinzip der Raschheit und Kostenersparnis gerecht und dadurch auch die Gefahrenquelle, einen Fehler zu machen, erhöht werde. Daher regt der Antragsteller an, den Anlassfall dazu zu benützen, die Praxis, nämlich den gesamten Verwaltungsakt an den Rechtsfreund zu retournieren, was aus Sicht des Rechtsfreundes völlig überflüssig sei, zu überdenken und diese Vorgangsweise, welche nur eine Gefahrenquellenerhöhung darstelle, dahingehend umzustellen, dass der Verwaltungsakt im Falle des Fehlens einer Unterlage beim Verwaltungsgerichtshof verbleibe.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei (vgl. beispielsweise den hg. Beschluss vom 21. April 1998, Zl. 98/18/0107, m.w.N.). Das Verschulden von Kanzleikräften stellt für den Rechtsanwalt dann ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis i.S.d. obigen Ausführungen dar, wenn der Rechtsanwalt der ihm zumutbaren und nach der Sachlage gebotenen Überwachungspflicht gegenüber seinen Kanzleikräften nachgekommen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der Rechtsanwalt lediglich rein technische Vorgänge beim Abfertigen von Schriftstücken ohne nähere Beaufsichtigung einer verlässlichen Kanzleikraft überlassen kann und dass ein Versehen einer solchen Kanzleikraft bei dieser Tätigkeit kein Verschulden des Rechtsanwaltes begründet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 1998, Zl. 98/03/0152, m.w.N.). Auf Grund des durch eine vorgelegte eidesstättige Erklärung der Sekretärin bescheinigten Sachverhaltes geht der Verwaltungsgerichtshof im Lichte der angeführten Judikatur davon aus, dass die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorliegen (vgl. den hg. Beschluss vom 29. September 2000, Zlen. 99/02/0054, 2000/02/0267).

Soweit der Antragsteller die hg. Übung bemängelt, dem Verbesserungsauftrag den gesamten Verwaltungsakt (gemeint wohl die eingebrachte Beschwerde) zur Wiedervorlage beizulegen, so ist ihm zu erwidern, dass sich der Verwaltungsgerichtshof in dieser Hinsicht am Gesetzeswortlaut orientiert, wonach mangelhafte Beschwerden "zur Behebung der Mängel unter Anberaumung einer kurzen Frist zurückzustellen" sind (§ 34 Abs. 2 VwGG). Es mag zutreffen, dass dies in erster Linie auf diejenigen Fälle, in denen der Form- oder Inhaltsmangel dem Beschwerdeschriftsatz selbst anhaftet, zugeschnitten sein dürfte, doch ist dem Gesetzestext eine Differenzierung in Bezug auf den Inhaltsmangel des § 28

Abs. 5 VwGG (Fehlen der anzuschließenden Ausfertigung, Gleichschrift oder Kopie des angefochtenen Bescheides) nicht entnehmbar.

Wien, am 6. März 2001

Schlagworte

Auslegung Diverses VwRallg3/5 Mängelbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:2001010029.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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