TE Vwgh Erkenntnis 2011/3/15 2008/05/0171

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Veröffentlicht am 15.03.2011
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §134 Abs7;
BauRallg;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde des R S in Wien, vertreten durch Dr. Peter Stoff, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Neustiftgasse 3/4, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 26. Juni 2008, Zl. BOB-195/08, betreffend Zurückweisung eines Antrags auf Erlassung eines Bauauftrages (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 2. Oktober 2006 teilte der Beschwerdeführer dem Magistrat der Stadt Wien mit, dass er Miteigentümer der Liegenschaft GB O, EZ 2072, "sowie Inhaber der Parzelle" O, M 27 sei, und dass seit März bzw. August dieses Jahres auf dem Nachbargrundstück M 29 massive Aufschüttungen im Zusammenhang mit den Aushubarbeiten für einen Keller stattfänden; das Aushubmaterial werde nicht ordnungsgemäß entsorgt, sondern einfach auf dem Grundstück aufgeschüttet; es werde daher beantragt, nach § 60 Abs. 1 lit. g der Bauordnung für Wien (BO) bzw. nach § 16 des Wiener Kleingartengesetzes 1996 (Wr. KlGG) dem Inhaber der Liegenschaft 1130 Wien, M 29, die Beseitigung dieser Aufschüttung aufzutragen.

Im Zuge eines Schriftwechsels erging an den (damaligen) Rechtsvertreter des Beschwerdeführers folgendes Schreiben des Magistrats vom 26. April 2007:

"Sehr geehrter Herr Mag. H!

Zu ihrem Schreiben vom 15. März 2007 wird mitgeteilt, dass auf der oben angeführten Liegenschaft seit dem Antwortschreiben vom 12. Oktober 2006, Zahl: 44319-01/2005 bis zum heutigen Tag keine weiteren Bauführungen bzw. Geländeveränderungen stattgefunden haben.

Eine Stellungnahme der MA 42 an Ihre Rechtsanwaltkanzlei wird nicht erfolgen, da magistratsintern geklärt wurde, dass das Gebäude bzw. die Geländeveränderung keine Vorschriftswidrigkeit vom § 16 Abs. 2 Wiener Kleingartengesetz aufweist.

Die Wiener Bauordnung und der § 60 Abs. 1 lit. g BO kommt im Widmungsgebiet EKL-W nicht zur Anwendung.

Es besteht somit für die MA 42 und die MA 37 keine Vorschriftswidrigkeit und zur Folge keine weitere Veranlassung.

Diese Erkenntnis möge Ihrem Mandanten Herrn R S zur Kenntnis gebracht werden, dass seitens der MA 37/13 und der MA 42 kein Handlungsbedarf besteht und die Problematik als abgeschlossen zu werten ist."

Die gegen diese Erledigung erhobene Berufung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 27. September 2007 als unzulässig zurückgewiesen; die dagegen beim Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis vom 14. Dezember 2007, Zl. 2007/05/0274, als unbegründet abgewiesen, zumal diesem Schreiben kein Bescheidcharakter zukam.

Mit Schreiben vom 16. April 2008 stellte der Beschwerdeführer den Devolutionsantrag an die belangte Behörde, über seine Eingabe vom 2. Oktober 2006 zu entscheiden.

In der Folge wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Erlassung eines Bauauftrages zur Beseitigung der Aufschüttungen auf der Liegenschaft in Wien, KGV "H und Umgebung Gr. M", Parzellen 29, 31 und 31A, EZ 448, 2072 und 3633 der KG O, gemäß § 73 Abs. 2 AVG iVm § 129 Abs. 10 und § 134 Abs. 7 BO als unzulässig zurück.

Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, dass entsprechend dem Devolutionsantrag die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Antrag vom 2. Oktober 2006, über den der Magistrat der Stadt Wien nicht innerhalb der Entscheidungsfrist des § 73 AVG entschieden habe, auf die belangte Behörde übergegangen sei.

Dem Beschwerdeführer würde als Miteigentümer der benachbarten Liegenschaft in Wien, EZ 2072 der KG O, unter den in § 134 Abs. 3 BO normierten Voraussetzungen Parteistellung in einem Baubewilligungsverfahren betreffend die verfahrensgegenständliche Liegenschaft zukommen. Daraus folge aber nicht, dass dem Beschwerdeführer hinsichtlich dieser benachbarten Liegenschaft ein Antragsrecht auf Erlassung eines Bauauftrages zustehe. Weder aus der BO noch aus dem AVG ergebe sich ein solches Antragsrecht auf Erlassung eines Bauauftrages zur Beseitigung konsenswidriger Baumaßnahmen, wie es vom Beschwerdeführer geltend gemacht worden sei. Vielmehr handle es sich bei der Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages um einen Verwaltungsakt, der lediglich von Amts wegen zu ergehen habe und auf dessen Erlassung niemandem ein Rechtsanspruch zustehe. Die Entscheidung, ob die Erlassung eines Bauauftrages erforderlich sei, sie ausschließlich von der Behörde zu beurteilen. Der Antrag des Beschwerdeführers der Erlassung des baupolizeilichen Auftrages sei daher - ohne auf das konkrete Vorbringen inhaltlich näher eingehen zu müssen - als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer erklärt in seiner Darstellung des Sachverhalts, er sei grundbücherlicher Miteigentümer der Liegenschaft EZ 2072; dabei handle es sich um ein näher bezeichnetes Kleingartenareal, wobei dem Beschwerdeführer die Parzelle Nr. 27 zur Bewirtschaftung zugewiesen sei. Die beanstandeten Bauarbeiten fänden auf der Nachbarparzelle Nr. 29, welche gleichfalls zur Kleingartenanlage gehöre, statt. Weder aus dieser Darstellung, noch aus dem angefochtenen Bescheid lässt sich eindeutig entnehmen, ob der Beschwerdeführer Miteigentümer der Liegenschaft ist, auf der die beanstandeten Aufschüttungsarbeiten stattfinden sollen, oder (Mit-)Eigentümer einer benachbarten Liegenschaft.

Nach § 129 Abs. 10 BO sind Abweichungen von den Bauvorschriften zu beheben und es ist der vorschriftswidrige Bau, für denen eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt worden ist, zu beseitigen.

§ 134 BO, der die Parteistellung nach diesem Gesetz regelt, normiert in seinem Abs. 7 wie folgt:

"(7) Sofern es sich um einen von Amts wegen erlassenen Bescheid handelt, ist die Person Partei, die hiedurch zu einer Leistung, Unterlassung oder Duldung verpflichtet wird. Alle sonstigen Personen, die hiedurch in ihren Privatrechten oder Interessen betroffen werden, sind Beteiligte (§ 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes)."

Ausdrücklich wird einem - von einem antragstellenden Bauwerber verschiedenen - (Mit-)Eigentümer einer Liegenschaft Parteistellung gemäß § 134 Abs. 3 BO nur im Baubewilligungsverfahren und im Verfahren zur Bewilligung von unwesentlichen Abweichungen von Bebauungsvorschriften eingeräumt.

Ausgehend von dieser Gesetzeslage hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, dass niemandem, also auch nicht dem Nachbarn oder dem Grundeigentümer, ein Anspruch auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages zukommt (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. April 1990, Zl. 89/05/0164, vom 22. Jänner 1991, Zl. 90/05/0195, sowie vom 23. Jänner 1996, Zl. 95/05/0327, mwH, sowie Moritz, Bauordnung für Wien, 4. Auflage, 2009, S 347). Einige Bauordnungen (vgl. nochmals das Erkenntnis Zl. 95/05/0327, mwH) gestehen dem Nachbarn einen Rechtsanspruch auf Erteilung eines baubehördlichen Auftrages dann zu, wenn das ohne Baubewilligung errichtete Bauwerk dessen subjektivöffentlichen Rechte verletzt. Die hier anzuwendende Rechtslage nach der Bauordnung für Wien schränkt jedoch ausdrücklich die Parteistellung bei von Amts wegen zu erlassenden Bescheiden - wie Aufträgen nach § 129 Abs. 10 BO - auf solche Personen ein, die hiedurch zu einer Leistung, Unterlassung oder Duldung verpflichtet werden. Das ist hier nicht der Fall.

Insoweit der Beschwerdeführer aus den Erkenntnissen Zl. 89/05/0164 und Zl. 90/05/0195 Gegenteiliges abzuleiten versucht, geht sein Vorbringen fehl. Der Beschwerdeführer vermag nicht aufzuzeigen, dass ihm als Nachbarn bzw. Miteigentümer ein Rechtsanspruch auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages iSd § 129 Abs. 10 BO betreffend sein Nachbargrundstück zustünde. Auf dem Boden des Gesagten hat die belangte Behörde seinen Antrag auf Erlassung eines solchen Auftrags ohne Rechtsirrtum zurückgewiesen.

Bei diesem Ergebnis kann der Beschwerdeführer schließlich mit seinem Vorbringen, dass der in Rede stehenden Geländeaufschüttung § 16 Abs. 2 Wr. KlGG entgegenstünde, nichts gewinnen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 15. März 2011

Schlagworte

Baurecht Baubefehl Polizeibefehl baupolizeilicher AuftragBaurecht NachbarIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2011:2008050171.X00

Im RIS seit

07.04.2011

Zuletzt aktualisiert am

21.04.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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