TE Vwgh Erkenntnis 2001/3/9 97/02/0067

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Veröffentlicht am 09.03.2001
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §103 Abs2;
VStG §31 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §32 Abs1;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Sellner, über die Beschwerde der M in B, vertreten durch Dr. Robert Krepp, Rechtsanwalt in Wien I, Stadiongasse 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 7. Jänner 1997, Zl. UVS-03/P/43/05094/96, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Behörde erster Instanz vom 22. November 1996 wurde die Beschwerdeführerin für schuldig befunden, sie habe es als vom (namentlich genannten) Zulassungsbesitzer bekannt gegebene Verantwortliche und somit als Vertretung des Zulassungsbesitzers eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges unterlassen, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 21. Februar 1996, zugestellt am 12. März 1996, innerhalb der Frist von zwei Wochen eine richtige Auskunft dahin zu erteilen, wer das genannte Kraftfahrzeug an einem näher beschriebenen Ort abgestellt habe, sodass es dort am 21. Dezember 1995 um 18.09 Uhr gestanden sei. Die Beschwerdeführerin habe dadurch eine Verwaltungsübertretung des § 103 Abs. 2 KFG begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 7. Jänner 1997 mit der Maßgabe keine Folge, dass die Tatumschreibung wie folgt zu lauten hatte:

"Sie haben es als vom Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges (Kennzeichen), Herrn H.M., bekannt gegebene auskunftspflichtige Person unterlassen, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 21.2.1996, zugestellt am 12.3.1996, innerhalb der Frist von zwei Wochen eine richtige Auskunft zu erteilen, wer das genannte Fahrzeug in Wien 6., (Adresse), abgestellt hat, sodass es dort am 21.12.1995 um 18.09 Uhr gestanden ist."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde

an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

§ 103 Abs. 2 KFG lautet:

"Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zur führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

Die Beschwerdeführerin bringt u.a. vor, hinsichtlich des wesentlichen Tatbestandselementes, dass sie als vom Zulassungsbesitzer bekannt gegebene "auskunftspflichtige Person" die in Rede stehende Unterlassung zu verantworten habe, sei keine rechtzeitige Verfolgungshandlung im Sinne des § 31 Abs. 1 und 2 VStG gesetzt worden. Damit ist die Beschwerdeführerin im Recht:

Nach der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 19. Juni 1991, Zl. 90/03/0164) bildet es ein wesentliches Tatbestandselement des § 103 Abs. 2 KFG, wenn einem Beschuldigten die Verletzung der dort normierten Auskunftspflicht "als Zulassungsbesitzer" zur Last gelegt wird, sodass es einen Verstoß gegen § 44a Z. 1 VStG darstellt, wenn diese Eigenschaft nicht im Spruch des Straferkenntnisses aufscheint. Auch hat der Gerichtshof im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 16. Jänner 1987, Slg. Nr. 12 375/A, klargestellt, dass eine Verfolgungshandlung im Zusammenhang mit einer Übertretung gemäß § 103 Abs. 2 KFG den Vorwurf an den Beschuldigten umfassen muss, diese Übertretung in seiner Eigenschaft als "Zulassungsbesitzer" des Kraftfahrzeuges verantworten zu müssen.

Diese Überlegungen gelten auch in einem allfälligen Strafverfahren gegen jene Person, welche nach Benennung durch den Zulassungsbesitzer (weil dieser die verlangte Auskunft nicht erteilen kann) die Auskunftspflicht trifft, sodass nicht nur diese Eigenschaft als "Auskunftspflichtiger" im Sinne des § 44a Z. 1 VStG im Spruch zum Ausdruck kommen muss, sondern auch Gegenstand einer rechtzeitigen Verfolgungshandlung zu sein hat. In diesem Zusammenhang ist auch klarzustellen, dass die Person des so "Auskunftspflichtigen" mit dem "Zulassungsbesitzer" nicht gleichzusetzen ist (d.h., dass der "Auskunftspflichtige" nicht etwa als Vertreter des "Zulassungsbesitzers" anzusehen ist), zumal sich der Zulassungsbesitzer in einem solchen Fall durch die Benennung jener Person, welche die Auskunft erteilen kann, von der ihn primär treffenden Auskunftspflicht befreit hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1997, Zl. 97/02/0249).

Im vorliegenden Beschwerdefall wurde gegen die Beschwerdeführerin in ihrer Eigenschaft als "Auskunftspflichtige" als einzige rechtzeitige Verfolgungshandlung im Sinne des § 31 Abs. 1 und 2 VStG die Strafverfügung vom 6. September 1996 erlassen. Darin wird allerdings die Eigenschaft, in welcher die Beschwerdeführerin die in Rede stehende Unterlassung zu verantworten habe, lediglich dahin umschrieben, dass sie es als "Verantwortliche und somit als zur Vertretung des Zulassungsbesitzers des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen ... des (Namen des Zulassungsbesitzers) nach außen Berufener" unterlassen habe, fristgemäß eine richtige Auskunft zu erteilen.

Diese Verfolgungshandlung bezeichnet die Beschwerdeführerin sohin eindeutig als Vertreterin des Zulassungsbesitzers und nimmt auf eine Eigenschaft als eine von diesem im Sinne des oben Gesagten benannte, auskunftspflichtige Person nicht Bezug. Im Übrigen wäre selbst dann, wollte man die Bezeichnung der Beschwerdeführerin auf "Verantwortliche" reduzieren, insoweit keine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt worden: Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich im Erkenntnis vom 18. Jänner 1989, Zl. 88/02/0141 (auf welches die Beschwerdeführerin zutreffend verweist), zum Ausdruck gebracht, die Bezeichnung "als Verantwortlicher" in einer Verfolgungshandlung könne nicht als gleichbedeutend mit der nötigen Bezeichnung "als Zulassungsbesitzer" gleichbedeutend angesehen werden; analoges hat für den vom Zulassungsbesitzer genannten "Auskunftspflichtigen" zu gelten.

Soweit die belangte Behörde im Übrigen in der Gegenschrift darauf verweist, die Verwendung eines Formulares zur Erlassung einer Strafverfügung (wie im vorliegenden Fall) bedinge naturgemäß, dass die Textelemente der Tat niemals so präzise wiedergegeben werden könnten, als dies durch selbst verfasste Tatbestandsumschreibungen der Fall sein könne, so ist für sie nichts zu gewinnen. Bei der Beurteilung einer Verfolgungshandlung in Hinsicht auf enthaltene erforderliche wesentliche Tatbestandselemente kann es nämlich nicht darauf ankommen, ob sich die Behörde zur Verwaltungsvereinfachung eines Formulars bedient oder nicht.

Da sohin gegen die Beschwerdeführerin eine rechtzeitige Verfolgungshandlung in Hinsicht auf das wesentliche Tatbestandselement als vom Zulassungsbesitzer genannte "Auskunftspflichtige" nicht gesetzt wurde, erweist sich der angefochtene Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 9. März 2001

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung) Andere Einzelfragen in besonderen Rechtsgebieten Straßenpolizei Kraftfahrwesen Mängel im Spruch Fehlen von wesentlichen Tatbestandsmerkmalen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2001:1997020067.X00

Im RIS seit

28.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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