TE UVS Wien 2010/11/30 04/G/15/10892/2010

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Veröffentlicht am 30.11.2010
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch das Mitglied Dr. Hrdliczka über die Berufung des Herrn Behrouz A. vom 22.11.2010 gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 4./5. Bezirk, vom 10.11.2010, Zahl MBA 04 - S 92335/10, wegen Übertretung des § 14 Abs 4 iVm § 13c Abs 1 Z 3 und Abs 2 Z 4 Tabakgesetz, entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt. Der Berufungswerber hat gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe als Inhaber eines Gastgewerbes in der Betriebsart eines Kaffeerestaurants mit Standort in Wien, G.-straße zu verantworten, dass am 21.5.2010 in der Zeit von 12.30 bis 13.00 Uhr, am 19.5.2010 von 11.30 bis 12.15 Uhr sowie am 17.5.2010 in der Zeit von 16.00 bis 17.00 Uhr in seiner Betriebsstätte insofern gegen Obliegenheiten betreffend den Nichtraucherschutz gemäß § 13c des Tabakgesetzes verstoßen worden sei, als er nicht dafür Sorge getragen habe, dass in seinem Gastgewerbebetrieb, der aus mehr als einem Raum bestehe, im ca. 30-50 m² großen Hauptraum nicht geraucht werde, da zu den genannten Zeitpunkten zumindest mehrere Gäste an Tischen und an der Bar geraucht hätten, obwohl in diesem Hauptraum mehr als die Hälfte der für die Verabreichung von Speisen und Getränken vorgesehenen Verabreichungsplätze vorhanden seien und der unternehmerische Mittelpunkt sich dort befinde (die Bar sei dort vorhanden).

Wegen Übertretung des § 14 Abs 4 iVm § 13c Abs 1 Z 3 und Abs 2 Z 4 Tabakgesetz wurde gemäß § 14 Abs 4 Tabakgesetz eine Geldstrafe von EUR 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage und 11 Stunden) verhängt sowie gemäß § 64 VStG ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von EUR 50,-- (= 10 % der verhängten Geldstrafe) vorgeschrieben.

In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung, brachte der Berufungswerber vor, er achte auf die Einhaltung des Rauchverbotes in seinem Lokal. Die Gäste, die unerlaubt rauchen möchten, fordere er sofort auf, dies zu unterlassen. Sein Lokal liege zur Hälfte unter dem Straßenniveau, bei Schönwetter spiele sich daher der Betrieb im Schanigarten ab. Nach seiner Erinnerung sei am 17., 19., und 21.5.2010 gutes Wetter gewesen. Der angegebene Zeitpunkt des Tatherganges am 17.5.2010 mit 11.30 Uhr bis 12.15 Uhr könne nicht stimmen, da sein Betrieb erst ab 12.00 Uhr für seine Gäste geöffnet sei. Seine Öffnungszeiten seien 12.00 Uhr bis 1.00 Uhr. Aus den dargelegten Gründen möchte er betonen, dass er sich die erhobenen Vorwürfe nicht erklären könne. Möglicherweise habe der Anzeigenleger mehrere Betriebe überprüft und seinen Betrieb mit einem anderen verwechselt. Seine Einkommensverhältnisse seien schlecht. Ohne die Einnahmen aus dem Trinkgeld müsste er den Betrieb schließen. Da er die ihm vorgeworfene Tat nicht begangen habe, stelle er den Antrag, das Verfahren einzustellen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat auf Grund der Aktenlage erwogen:

Gemäß § 13a Abs 1 Z 1 Tabakgesetz in der seit dem 1.1.2009 geltenden Fassung des BGBl. I Nr. 120/2008 gilt unbeschadet arbeitsrechtlicher Bestimmungen und der §§ 12 und 13 Rauchverbot in den der Verabreichung von Speisen oder Getränken an Gäste dienenden Räumen der Betriebe des Gastgewerbes gemäß § 111 Abs 1 Z 2 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194/1994, in der geltenden Fassung. Nach § 13a Abs 2 leg. cit. können als Ausnahme vom Verbot des Abs 1 in Betrieben, die über mehr als eine für die Verabreichung von Speisen oder Getränken an Gäste geeignete Räumlichkeit verfügen, Räume bezeichnet werden, in denen das Rauchen gestattet ist, wenn gewährleistet ist, dass der Tabakrauch nicht in die mit Rauchverbot belegten Räumlichkeiten dringt und das Rauchverbot dadurch nicht umgangen wird. Es muss jedoch der für die Verabreichung von Speisen oder Getränken vorgesehene Hauptraum vom Rauchverbot umfasst sein, und es darf nicht mehr als die Hälfte der für die Verabreichung von Speisen oder Getränken vorgesehenen Verabreichungsplätze in Räumen gelegen sein, in denen das Rauchen gestattet wird.

Gemäß § 13c Abs 1 Z 3 Tabakgesetz idF BGBL. I Nr. 120/2008 haben die Inhaber von Betrieben gemäß § 13a Abs 1 für die Einhaltung der Bestimmungen der §§ 12 bis 13b einschließlich einer gemäß § 13b Abs 4 [richtig: Abs 5] erlassenen Verordnung Sorge zu tragen.

Nach § 13c Abs 2 Z 4 leg. cit. hat jeder Inhaber gemäß Abs 1 insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass in den Räumen der Betriebe gemäß § 13a Abs 1, soweit Rauchverbot besteht oder das Rauchen gemäß § 13a Abs 4 nicht gestattet werden darf, weil für den Betrieb ein Kollektivvertrag gemäß § 13a Abs 4 Z 1 bis 4 nicht gilt, nicht geraucht wird.

Wer als Inhaber gemäß § 13c Abs 1 gegen eine der im § 13c Abs 2 festgelegten Obliegenheiten verstößt, begeht zufolge § 14 Abs 4 leg. cit., sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach einer anderen Verwaltungsstrafbestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 2000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 10 000 Euro zu bestrafen.

Folgendes ist aktenkundig:

Der Erstbehörde gelangte am 13.8.2010 die Anzeige eines anonymen Absenders zur Kenntnis, wonach im Lokal ?Ar.? in Wien, G.-straße am Freitag, 21. Mai, 12.30 bis 13 Uhr, Mittwoch, 19. Mai, 11.30 bis 12.15 Uhr, und Montag, 17. Mai, 16 bis 17 Uhr, Folgendes wahrgenommen worden sei:

?Im Hauptraum, der tatsächlich als (anfangs gut funktionierender!) Nichtraucherraum ausgelegt ist, rauchen mehrere Gäste an Tischen und an der Bar - ihnen werden auf Anfrage sogar Aschenbecher gebracht; die Kellnerin raucht immer wieder am Tisch bei der Küche (der wenigstens am äußersten Ende des ?Nichtraucher?-Raums platziert ist, sodass man davon nicht allzu viel mitbekommt. Auf den (auf die rauchenden Gäste bezogenen) Hinweis, dass es sich doch um einen Nichtraucherraum handelt, meint sie, dass sie ja nichts machen könne und Angst hat, dass die Gäste ausbleiben.?

Ein zur Nachschau in den Gastgewerbebetrieb entsandtes Marktamtsorgan berichtete am 2.9.2010, es sei festgestellt worden, dass zur Verabreichung von Speisen oder Getränken zwei Räume zur Verfügung stünden. Diese seien geschätzte 30 m² und 50 m² groß. Das Rauchen sei im Hauptraum untersagt. Aschenbecher seien nicht vorgefunden worden. Zum Kontrollzeitpunkt sei nicht geraucht worden. Im Hauptraum seien mehr als die Hälfte der für die Verabreichung von Speisen und Getränken vorgesehenen Verabreichungsplätze vorhanden und es bestehe eine räumliche Trennung zwischen den beiden Räumen.

Dazu ist auszuführen:

Gemäß § 45 Abs 1 Z. 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn u.a. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht erwiesen werden kann. Nach den auch im Verwaltungsstrafverfahren zufolge § 24 VStG geltenden Grundsätzen der Erforschung der materiellen Wahrheit (§ 37 erster Satz AVG) und der Amtswegigkeit (§ 39 Abs 2 AVG) hat die Behörde dem Täter grundsätzlich den objektiven Tatbestand von sich aus nachzuweisen. Bestreitet der Beschuldigte - wie im gegenständlichen Fall - den objektiven Tatbestand eines Ungehorsamsdeliktes gesetzt zu haben, so trifft die Beweislast in dieser Hinsicht die Behörde. Zu einer Umkehrung der Beweislast gemäß § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG kommt es nur dann, wenn der objektive Tatbestand eines Ungehorsamsdeliktes feststeht, der Täter jedoch lediglich das Vorliegen eines Verschuldens in Abrede stellt (vgl. VwGH 3.12.1990, 90/19/0108). Im vorliegenden Fall liegt im Hinblick darauf, dass lediglich die anonyme Anzeige einer Person vorhanden ist, welche sichtlich nicht bereit ist, in einem Verfahren zeugenschaftlich einvernommen zu werden, keinesfalls ein gesichertes objektives Beweisergebnis dafür vor, dass das dem Berufungswerber angelastete strafbare Verhalten am 17.5.2010, am 19.5.2010 und am 21.5.2010 tatsächlich verwirklicht wurde, zumal nicht unberücksichtigt bleiben darf, dass eine von einem Marktamtsorgan später durchgeführte Nachschau die Einhaltung der verfahrensgegenständlichen Bestimmungen des Tabakgesetzes ergeben hat. Die Anzeigenangaben sind der bei der gegebenen Sachlage erforderlichen Überprüfung durch unmittelbare Beweisaufnahme vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien im Rahmen einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht zugänglich.

Der Grundsatz, dass es im rechtsstaatlichen Strafverfahren keine geheimen Beweismittel gibt, duldet keine Ausnahme, die auf die in Anonymität gehaltenen Gewährsleute hinausliefe (vgl. VwGH 16.1.1984, 83/10/0238, Slg. N.F. Nr. 11.285/A, nur Rechtssatz; 13.9.1991, 91/18/0065).

Es war daher nach dem Grundsatz ?in dubio pro reo? spruchgemäß zu entscheiden.

Zuletzt aktualisiert am
16.03.2011
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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