TE AsylGH Erkenntnis 2011/03/18 D3 259128-2/2010

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.03.2011
beobachten
merken
Spruch

D3 259128-2/2010/5E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Vorsitzender und den Richter Dr. Peter CHVOSTA als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX, StA. Georgien, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 17.6.2010, Zl. 08 09.756 BAT, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 9.3.2011 zu Recht erkannt:

 

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des bekämpften Bescheides wird stattgegeben und festgestellt, dass die Ausweisung von XXXX aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Georgien gemäß § 10 Abs. 5 AsylG 2005 idF BGBl I Nr. 122/2009 auf Dauer unzulässig ist.

Text

Entscheidungsgründe:

 

Die Beschwerdeführerin, eine georgische Staatsbürgerin und Angehörige der georgischen Volksgruppe, gelangte am 27.2.2005 (unter Umgehung der Grenzkontrolle) gemeinsam mit ihrem Ehemann XXXX nach Österreich und stellte unter Angabe des Namens XXXX einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.3.2005, Zl. 05 02.663-EAST Ost, wegen angenommener Zuständigkeit Ungarns zur Führung des Asylverfahrens als unzulässig zurückgewiesen wurde. Nachdem auch die dagegen erhobene Berufung mit Bescheid des UBAS vom 18.10.2005, Zl. 259128/0-IX/25/05, abgewiesen wurde und der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 8.11.2007, Zl. 2006/19/0720-10 ablehnte, stellte die Beschwerdeführerin - unter Angabe ihres richtigen Namens und Geburtsdatums - am 8.10.2008 den nunmehr verfahrensgegenständlichen (zweiten) Antrag auf internationalen Schutz. Bei der ersten Einvernahme auf der EAST-Ost am 14.10.2008 gab sie an, dass ihr Mann in Georgien nach wie vor Probleme habe, welche auch sie betreffen würden. Infolge der Zulassung des Asylverfahrens ihres Gatten wurde auch ihr Asylverfahren zugelassen und gab sie bei den darauffolgenden Einvernahmen durch das Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, am 21.11.2008 und am 27.8.2009 zusammengefasst an, dass sie nach ihrer Heirat gemeinsam mit ihrem Mann in eine Polizeikontrolle geraten sei, wo ihrem Mann eine Waffe unterschoben worden sei. Sie sei von einem Polizisten geschubst worden und ihr Mann sei verhaftet worden. Im Oktober 2004 seien ihnen bei einer Hausdurchsuchung Drogen unterschoben worden und seien sie daraufhin am 13.12.2004 zunächst in die Ukraine geflogen und dann mit dem Zug nach Ungarn weiter gefahren, wo sie bis zum 27.2.2005 aufhältig gewesen seien. Anschließend seien sie illegal nach Österreich gelangt.

 

Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Traiskirchen, vom 17.10.2010 wurde unter Spruchteil I. der Antrag auf internationalen Schutz vom 8.10.2010 bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen, unter Spruchteil II. gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. dieser Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Georgien abgewiesen und unter Spruchteil III. gemäß § 10. Abs. 1 leg. cit. die Antragstellerin aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Georgien ausgewiesen. In der Begründung des Bescheides wurden die bereits oben zusammenfassend wiedergegebenen Einvernahmen sowie Feststellungen zu Georgien getroffen. Beweiswürdigend wurde anschließend ausgeführt, dass die Antragsstellerin selbst angegeben hätte, dass sie wegen der Probleme ihres Mannes den Herkunftsstaat verlassen hat. Dazu wurde rechtlich begründend zu Spruchpunkt I. ausgeführt, dass aus dem gesamten Vorbringen keine Verfolgung der Person der Antragsstellerin zu Tage getreten sei und auch im Familienverfahren keinem anderen Familienmitglied der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden sei. Zu Spruchteil II. wurde insbesondere ausgeführt, dass im vorliegenden Fall von einer Gefährdungslage iSd § 50 FPG nicht ausgegangen werden könne und dass keine Hinweise auf sonstige außergewöhnliche Umstände (lebensbedrohende Erkrankung oder dergleichen) bestünden und schließlich auch keinen Familienangehörigen im Familienverfahren der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei, sodass dieser Status nicht zu erkennen gewesen sei. Zu Spruchteil III. wurde insbesondere dargelegt, dass im vorliegenden Fall kein Familienbezug zu einem dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden oder eine besondere Integration in Österreich vorliege und daher die Ausweisung keinen Eingriff in Art. 8 EMRK darstelle.

 

Gegen diesen Bescheid wurde in einem gemeinsamen Schriftsatz, der sich auch (in erster Linie) gegen den Bescheid des Ehemannes, aber auch der gemeinsamen Tochter richtet, Beschwerde erhoben und insbesondere darauf hingewiesen, dass auch die Beschwerdeführerin einen Deutschkurs besucht habe und sehr gut integriert sei, sodass eine Ausweisung unverhältnismäßig wäre.

 

Der Asylgerichtshof beraumte eine öffentlich mündliche Beschwerdeverhandlung für den 9.3.2011 an, zu der sich die Behörde

1. Instanz entschuldigen ließ. Die Beschwerdeführerin erschien in Begleitung mehrerer österreichischer Staatsbürger, von denen eine auch als Vertrauensperson und eine als Zeugin für die bereits erfolgte Integration fungierte. Nach Erörterung der Rechtslage sowie Rechtsbelehrung und Besprechung mit der Vertrauensperson zog die Beschwerdeführerin die Beschwerde zu den Spruchteilen I. (Asyl) und II. (subsidiärer Schutz) zurück und beantragte die Ausweisung auf Dauer für unzulässig zu erklären.

 

Die Beschwerdeführerin legte eine Strafregisterbescheinigung, in der keine Verurteilung aufscheint, eine Einstellungszusage der Mag. XXXX sowie der Firma XXXX sowie zahlreiche Unterstützungsschreiben österreichischer Staatsbürger, in denen die Integration der Beschwerdeführerin (ihres Mannes und ihrer Tochter) und ihre diesbezüglichen Bemühungen besonders hervorgehoben werden, vor. Die Beschwerdeführerin gab an, dass in Georgien ihr Bruder und ihre Schwester noch lebten. Ihre Mutter sei im letzten Sommer und ihr Vater im Herbst 2010 gestorben. Sie telefoniere jeden Tag mit ihren Geschwistern per Skype, habe aber in letzter Zeit nichts mehr gehört, was sie oder ihren Mann betreffen würde. Sie sei derzeit Hausfrau und kümmere sich um ihre Tochter, habe jedoch eine Beschäftigungszusage der Firma XXXX und habe auch zahlreiche österreichische Freunde, von denen auch einige zur Verhandlung erschienen sind. Sie habe schon zwei Deutschkurse besucht und möchte noch weitere Deutschkurse besuchen. Sie habe keine aktuellen gesundheitlichen Probleme und möchte in Österreich als Schneiderin arbeiten, wenn sie hier bleiben könne. Die Vertrauensperson ergänzte, dass die Beschwerdeführerin schon als Babysitterin tätig gewesen sei und auch unentgeltlich Französischkurse gegeben habe und ihr auch in ihrem Unternehmen unentgeltlich geholfen habe.

 

Der Asylgerichtshof hat wie folgt festgestellt und erwogen:

 

Zur Person der Beschwerdeführerin wird Folgendes festgestellt:

 

Sie ist georgische Staatsbürgerin und Angehörige der georgischen Volksgruppe und wurde am XXXX in XXXX, Georgien geboren. Ihr richtiger Name ist XXXX. Nach Schule und Studium arbeitete sie zunächst als (Französisch-) Lehrerin und betrieb nach ihrer Heirat gemeinsam mit ihrem Mann eine Schneiderei. Aufgrund der Einschränkung der Beschwerde ist es nicht erforderlich, Feststellungen zu ihren Asylgründen zu treffen.

 

Sie reiste im Dezember 2004 gemeinsam mit ihrem Ehemann nach Ungarn und gelangte am 27.2.2005 - unter Umgehung der Grenzkontrolle - nach Österreich und stellte noch am selben Tag einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz, welcher in ein DUBLIN-Verfahren mündete (Zuständigkeit Ungarns). Die Beschwerdeführerin ist seither ununterbrochen in Österreich aufhältig, ihre beiden Geschwister leben noch in Georgien. Ihre Eltern sind zwischenzeitlich verstorben. Am 21.12.2007 stellte sie den (zweiten), nunmehr verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Sie hat einen Deutschkurs (A1) besucht und verfügt über mehrere Einstellungszusagen in der Modebranche, sie ist in Österreich unbescholten. Die Familie hat zahlreiche österreichische Freunde, die sie auch durch Schreiben oder durch persönliche Anwesenheit in der Beschwerdeverhandlung unterstützt haben.

 

In Anbetracht der Zurückziehung der Beschwerde zu den Spruchpunkten I. und II. des angefochtenen Bescheides war es nicht erforderlich, länderspezifische Feststellungen zu treffen.

 

Beweiswürdigung:

 

Die obigen personenbezogenen Feststellungen ergeben sich im Wesentlichen aus den glaubhaften Angaben der Beschwerdeführerin, ihres Ehemannes sowie der Zeugin XXXX sowie durch Einsichtnahme in den Akt des Bundesasylamtes sowie insbesondere auch aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Dokumenten und Unterstützungsschreiben.

 

Rechtliche Beurteilung:

 

Zur Folge der Zurückziehung der Beschwerde zu den Spruchpunkten I. und II. des angefochtenen Bescheides, war es Sache iSd § 66 Abs. 4 AVG des Verfahrens vor dem Asylgerichtshof nur mehr Spruchpunkt III. des Bescheides des Bundesasylamtes vom 17.6.2010, Zl. 07 11.929-BAT.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 122/2009 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG sind Ausweisungen nach Abs. 1 unzulässig, wenn

 

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder

 

2. diese eine Verletzung von Art. 8 EMRK darstellen würden.

 

Dabei sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

a) die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;

 

b) das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

 

c) die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

 

d) der Grad der Integration;

 

e) die Bindungen zum Herkunftsstaat des Fremden;

 

f) die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

 

g) Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

 

h) die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren.

 

Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

 

Gemäß § 10 Abs. 4 AsylG gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Abs. 1 Z 1 verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

 

(5) Über die Zulässigkeit der Ausweisung ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß § 10 Abs. 2 Z 2 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Ausweisung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein gemeinschaftsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

 

(6) Ausweisungen nach Abs. 1 bleiben binnen 18 Monaten ab einer Ausreise des Fremden aufrecht.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in Ausübung dieses Rechts ist gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits in zwei Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zl. B 328/07 und Zl. B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art. 8 EMRK abzuwägen, wenn sie eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom VfGH auch unterschiedliche - in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte - Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art. 8 EMRK einer Ausweisung entgegen steht:

 

die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.09.2004, Ghiban, Zl. 11103/03, NVwZ 2005, 1046),

 

das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567; 20.06.2002, Al-Nashif, Zl. 50963/99, ÖJZ 2003, 344; 22.04.1997, X, Y und Z, Zl. 21830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00),

 

die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 04.10.2001, Adam, Zl. 43359/98, EuGRZ 2002, 582; 09.10.2003, Slivenko, Zl. 48321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.06.2005, Sisojeva, Zl. 60654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 05.07.2005, Zl. 2004/21/0124; 11.10.2005, Zl. 2002/21/0124),

 

die Bindungen zum Heimatstaat,

 

die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 11.04.2006, Useinov, Zl. 61292/00), sowie

 

auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 05.09.2000, Solomon, Zl. 44328/98; 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07).

 

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567; 21.10.1997, Boujlifa, Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99; 23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00).

 

In Ergänzung dazu verleihen weder die EMRK noch ihre Protokolle das Recht auf politisches Asyl (EGMR 30.10.1991, Vilvarajah ua., Zl. 13163/87 ua.; 17.12.1996, Ahmed, Zl. 25964/94; 28.02.2008 [GK] Saadi, Zl. 37201/06).

 

Die Beschwerdeführerin ist seit dem 27.2.2005, somit mehr als 6 Jahre, ununterbrochen in Österreich aufhältig. Ihr erstes Asylverfahren hatte ausschließlich die Frage der Zuständigkeit eines anderen Mitgliedsstaates der europäischen Union zum Gegenstand und kann der Beschwerdeführerin weder eine Stellung mutwilliger Asylanträge noch eine unnötige Verfahrensverzögerung nachgesagt werden.

 

Wenn die Beschwerdeführerin wohl noch über Geschwister (die Eltern sind zwischenzeitlich verstorben) in Georgien verfügt, so treten diese Bindungen zu ihrem Herkunftsstaat, gegenüber den zwischenzeitig erworbenen Beziehungen zu Österreich in den Hintergrund: Wenn die Beschwerdeführerin auch nicht - so wie ihr Ehemann - über eine Beschäftigungsbewilligung verfügt, so hat sie doch schon (unentgeltlich) als Babysitterin, Französischlehrerin und in der Modebranche gearbeitet und verfügt vor allem über mehrere sehr nachdrückliche Einstellungszusagen. Sie spricht auch mittlerweile recht gut deutsch (darüber hinaus auch französisch) und hat auch schon in der Verhandlung teilweise deutsch gesprochen. Die Beschwerdeführerin ist im Übrigen in Österreich unbescholten. Wenn die Beschwerdeführerin auch seinerzeit illegal eingereist ist, so tritt dieser Umstand gegenüber der zwischenzeitig erfolgten Integration in Österreich, die auch von zahlreichen österreichischen Staatsbürgern schriftlich oder durch Anwesenheit in der Beschwerdeverhandlung bestätigt wurde, zurück. Im Übrigen wurde auch hinsichtlich ihres Ehemannes mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom gleichen Datum, Zl. D3 259127-3/2010/7E verfügt, dass eine Ausweisung nach Georgien auf Dauer unzulässig ist.

 

Der erkennende Senat ist daher - im Gegensatz zum Bundesasylamt - zu der Auffassung gelangt, dass die Beschwerdeführerin sehr wohl ein besonderes Maß an Integration dargetan hat und daher die privaten Interessen an seinen weiteren Aufenthalt in Österreich die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung bereits überwiegen.

 

Wie sich bereits aus dem oben Ausgeführten ergibt, beruht eine drohende Verletzung des Privatlebens auf Umständen, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind, sodass die Ausweisung zu beheben und auf Dauer für unzulässig zu erklären war (in diesem Sinne auch schon AsylGH vom 11.08.2009, Zl. B5 241.319-2/2009/3E, AsylGH vom 29.10.2009, Zl. D8 263154-0/2008/20E, AsylGH vom 09.11.2009, Zl. D7 242438-9/2008/20E, AsylGH vom 27.10.2009, Zl. E3 249.769-2/2009/5E, AsylGH vom 29.01.2010 D3 400226-1/2008/15E, u.a.).

 

Die in Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides angeordnete Ausweisung war daher zu beheben und die Ausweisung auf Dauer für unzulässig zu erklären.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Ausweisung dauernd unzulässig, Integration, Interessensabwägung
Zuletzt aktualisiert am
30.03.2011
Quelle: Asylgerichtshof AsylGH, http://www.asylgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten