TE UVS Steiermark 2009/03/04 30.14-2/2008

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.03.2009
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Merli über die Berufung des Herrn K G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Leoben vom 16.11.2007, GZ: 15.1 2437/2006, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und 2 VStG eingestellt.

Text

Mit dem bekämpften Strafbescheid wurde dem Berufungswerber als Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen zur Last gelegt, er habe am 16.03.2006, in der Zeit zwischen 10:10 Uhr bis 15:45 Uhr das genannte Fahrzeug im Gemeindegebiet von St. M i. O., Bezirk Leoben, am Parkplatz neben der B116, Höhe StrKm zum Parken so aufgestellt, dass der Lenker eines anderen Fahrzeuges (Anhänger mit dem Kennzeichen) am Wegfahren gehindert worden sei. Wegen Übertretung der Rechtsvorschrift des § 23 Abs 1 StVO verhängte die belangte Behörde gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO über den Berufungswerber eine Geldstrafe von ? 40,00 (30 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe). Der Strafbescheid stützt sich auf die Anzeige der Polizeiinspektion St. M i. O. vom 11.04.2006, auf die Lichtbilder im Akt, die die Aufstellsituation dokumentieren, und auf die Aussagen des Meldungslegers GI H St. Durch die Wahl des Aufstellortes des Pkw - zu geringer Abstand zum abgestellten Anhänger - sei es für den Anzeigenerstatter W E nicht möglich gewesen, mit dem Anhänger wegzufahren. Dem Berufungswerber sei es durchaus zumutbar gewesen, zu überprüfen, ob durch sein abgestelltes Fahrzeug andere Fahrzeuge am Wegfahren gehindert werden. Am Vorliegen der gegenständlichen Verwaltungsübertretung bestehe für die Behörde keinerlei Zweifel. Dagegen erhob Hr. K G fristgerecht die Berufung, in der er im Wesentlichen ausführte, die Begründung der belangten Behörde sei weder nachzuvollziehen noch zu akzeptieren. Er habe sein Fahrzeug nicht so abgestellt, dass ein anderer Lenker am Wegfahren gehindert worden sei. Bei dem in Rede stehenden Parkplatz handle es sich nicht um eine gekennzeichnete Parkfläche. Allerdings sei eine imaginäre Parkordnung durchaus erkennbar. Jene Fahrzeuge, die in der Mitte des Parkplatzes parken, würden jeweils so stehen (zwei Reihen!), dass sie nach vorne wegfahren bzw. einen Hänger auch so ankoppeln könnten. Er habe sein Fahrzeug entsprechend dieser Parkordnung in einer Fahrzeugreihe abgestellt. Darüber hinaus sei es ihm nicht zumutbar, einen Parkplatz dieser Größenordnung zu begehen und eventuelle Falschstellungen anderer (Lkw-Anhänger!) zu überprüfen. Er fühle sich zum wiederholten Male völlig unschuldig und als Sündenbock dargestellt. Zur Klärung der Sachlage fand am 04.03.2009 eine mündliche Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat statt, in der der Berufungswerber als Partei einvernommen und als Zeugen Herr W E (Lkw-Lenker) und Herr GI H St zur Sache befragt worden sind. Aufgrund der Ergebnisse des Beweisverfahrens werden unter Einbezug der Lichtbilder im Akt, die aus Anlass der Amtshandlung von GI H St am Vormittag des 16.03.2006 angefertigt worden sind, folgende Feststellungen getroffen: Zur Tatörtlichkeit: Der in Rede stehende Parkplatz zwischen der B116 und einer Autobahnauffahrt im Gemeindegebiet von St. M i. O., Bezirk Leoben, ist eine großräumige Abstellfläche für mehr als 100 Fahrzeuge, die seit vielen Jahren - ohne dass der Platz als solcher ausgewiesen wird - von Pkw- wie auch von Lkw-Fahrern als Park and Ride Parkplatz benutzt und von der Asfinag Ü betreut wird (Reinigung). Die Einfahrt zum Parkplatz über die B116 weist eine Breite von etwa acht Meter auf, die als Fahrflächen freibleibenden Teile des Parkplatzes haben eine Breite zwischen vier und fünf Meter. Auf der Parkfläche, die zum Teil asphaltiert, zum Teil geschottert ist, gibt es keine Bodenmarkierungen. Dennoch erfolgt die Aufstellung der Fahrzeuge nach einer gewissen Regel: Zuerst werden von den Pkw Lenkern die Parkflächen rund um die Außengrenzen des Parkplatzes belegt. Die später eintreffenden Lenker beginnen sich in der Mitte der Parkfläche aufzustellen und Fahrzeugreihen mit bis zu 20 Fahrzeugen zu bilden. Trotz der starken Frequentierung erfolgt die Benützung des Parkplatzes seit Jahren reibungsfrei. Anzeigen sind selten. K G befuhr am 16.03.2006, gegen 8.00 Uhr, das Parkplatzgelände über die Einfahrt, um sein Fahrzeug während des Tages dort stehen zu lassen. Er bildete mit einem Kollegen eine Fahrgemeinschaft. Zu dieser Zeit waren die am Außenrand des Parkplatzes gelegenen Abstellflächen bereits belegt und hatten sich auch schon Parkreihen in der Mitte des Platzes gebildet. Der Berufungswerber stellte seinen Pkw in der der Einfahrt nächstgelegenen Parkreihe (1.Parkreihe) zwischen zwei Fahrzeugen ab. Vor dem Einparken reversierte er sein Fahrzeug und schob er es mit dem Heck in Richtung zweiter Fahrzeugreihe in die Parklücke. Nachdem der Abstand zwischen der 1. und 2. Fahrzeugreihe fünf bis sechs Meter betrug, nahm der Berufungswerber bei diesem Fahrmanöver auch kein in der 2. Fahrzeugreihe abgestelltes Fahrzeug in der Weise wahr, als dass er es bei der Wahl seines Abstellortes berücksichtigen hätte müssen. Am 06.03.2006 um 10:10 Uhr erstattete W E Anzeige an die Polizeiinspektion St. M i. O., weil sich der Lenker des Pkws mit dem Kennzeichen vor die Deichsel des von ihm am Parkplatz abgestellten einachsigen Anhängers gestellt hat, sodass er den Anhänger mit seinem 9 bis 10 Meter langen Zugfahrzeug - einen Lkw samt Containeranhänger - nicht mehr gerade vom Parkplatz herausziehen konnte. Unmittelbar nach dem Einlagen der Anzeige suchte GI H St den Parkplatz auf und fand eine Situation vor, wie sie auf den Lichtbildern im Akt dokumentiert ist: In der zweiten Fahrzeugreihe in der Mitte des Parkplatzes waren zumindest zwei Anhänger (ohne Zugfahrzeuge) mit den Deichseln in Richtung der erster Fahrzeugreihe abgestellt, wobei der Abstand zwischen dem Deichselende des Anhängers von W E und dem Heck des Pkw des Berufungswerbers fünf Meter betrug. GI H St zeigte insgesamt vier Pkw-Lenker, darunter den Berufungswerber - an, deren Fahrzeuge gegenüber den beiden Anhängern in der zweiten Reihe abgestellt waren. Der Berufungswerber wurde telefonisch über die Bezirkleitzentrale vom Vorfall in Kenntnis gesetzt und ersucht, sein Fahrzeug wegzustellen. Nachdem auch der Berufungswerber sein Fahrzeug gegen 15:30 Uhr des Vorfallstages weggestellt hatte, konnte W E den Anhänger auf die gleiche Art und Weise vom Abstellort wegschleppen, wie er ihn am Parkplatz abgestellt hatte: Er stellte des Zugfahrzeug gerade vor dem Anhänger auf und kuppelte an. Der festgestellte Sachverhalt war unstrittig. Wann W E den in Rede stehenden Anhänger am Parkplatz abgestellt hat, war nicht mehr zweifelsfrei zu erheben. Gegenüber dem einschreitenden Polizeibeamten gab W E an, er habe den Anhänger gestern (15.03.2006) am Parkplatz abgestellt, in der mündlichen Verhandlung meinte W E, er habe den Anhänger zwischen 08:30 Uhr und 09:00 Uhr des Vorfallstages (16.03.2006) vor einer Fahrt nach Leoben am Parkplatz abgestellt. Nachdem die Aussagen des Zeugen W E zum Abstellvorgang selbst - er habe den Anhänger von der Einfahrt über den rechts abgehenden Fahrweg (Fahrfläche) bis zum späteren Abstellort geschleppt und den Parkplatz mit dem Zugfahrzeug auf dem links der Einfahrt gelegenen Fahrweg wieder verlassen, wobei zum Abstellzeitpunkt noch keine erste Fahrzeugreihe existiert habe - glaubhaft waren, war jedenfalls davon auszugehen, das der Anhänger vor dem Pkw des Berufungswerbers am Parkplatz abgestellt worden ist. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist bei seiner Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen: Nach § 2 Abs 2 StVO sind die Begriffsbestimmungen für Kraftfahrzeuge in den kraftfahrrechtlichen Vorschriften enthalten. Gemäß § 2 Abs 1 Z 2 KFG ist ein Anhänger ein Fahrzeug. Gemäß § 23 Abs 1 StVO hat der Lenker das Fahrzeug zum Halten oder Parken unter Bedachtnahme auf die beste Ausnützung des vorhandenen Platzes so aufzustellen, dass kein Straßenbenützer gefährdet und kein Lenker eines andere Fahrzeuges am Vorbeifahren oder am Wegfahren gehindert wird. Gemäß § 23 Abs 6 StVO dürfen unbespannte Fuhrwerke, Anhänger ohne Zugfahrzeug sowie Transportbehälter zur Güterbeförderung (wie Container, Lademulden u. dgl.) nur während des Beladens oder Entladens auf der Fahrbahn stehen gelassen werden, es sei denn, die genannten Fahrzeuge und Behälter können nach der Ladetätigkeit nicht sofort entfernt werden, das Entfernen wäre eine unbillige Wirtschaftserschwernis oder es liegen sonstige wichtige Gründe für das Stehenlassen vor. Für das Aufstellen der genannten Fahrzeuge und Behälter gelten die Bestimmungen über das Halten und Parken sinngemäß. Bei unbespannten Fuhrwerken ist die Deichsel abzunehmen oder gesichert in eine solche Stellung zu bringen, dass niemand gefährdet oder behindert wird. Aus den zitierten Rechtsvorschriften ist abzuleiten, dass die Bestimmung des § 23 Abs 1 StVO sowohl auf das Abstellen von Pkw als auch auf das Abstellen von Anhängern (ohne Zugfahrzeug) anzuwenden ist. Dass der Berufungswerber durch das Abstellen seines Fahrzeuges am Parkplatz den Lkw-Lenker W E tatsächlich an der Wegfahrt im Sinne des § 23 Abs 1 StVO gehindert und damit objektiv das Tatbild des § 23 Abs 1 StVO verwirklicht hat, ist trotz der Zeugenaussage des W E (er sei gehindert gewesen) im Hinblick auf die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse zumindest anzuzweifeln. Ein gerades Herausziehen des Anhängers war aufgrund der vorderen Fahrzeugreihe in der Tat nicht mehr denkbar, wobei aber allein durch das Entfernen des Fahrzeuges des Berufungswerbers der Platz für ein solches Fahrmanöver noch nicht geschaffen worden ist. Allerdings ist bei der zur Verfügung gestandenen Fahrbahnbreite von zumindest 5 Metern (Distanz zur 1. Fahrzeugreihe) nicht von vornherein davon auszugehen, dass auch ein Herausziehen des Anhängers in Schrägposition des Zugfahrzeuges - allenfalls unter Mithilfe eines Einweisers - nicht möglich war, zumal der Drehpunkt der starren Anhängerdeichsel im Bereich der Ankupplungsvorrichtung liegt und damit die Winkelstellung zwischen dem Zugfahrzeug und dem Anhänger nur in der Länge der Deichsel des Anhängers ihre Begrenzung findet. Damit ist für den erkennenden Senat nicht mit der im Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit erwiesen, dass das Tatbestandsmerkmal Hindern am Wegfahren erfüllt worden ist. Damit muss auch ein geprüfter Fahrzeuglenker, der seinen Pkw auf einem auf mehr als 100 Fahrzeuge ausgelegten, nicht reglementierten Parkplatz gegen 08:00 Uhr früh zwischen zwei Fahrzeugen in einer bereits bestehenden Fahrzeugreihe von 15 bis 20 Fahrzeugen abstellt, die von der zweiten Fahrzeugreihe fünf bis sechs Meter entfernt liegt, nicht davon ausgehen, dass er dadurch ein Fahrzeug (Anhänger) in der zweiten Fahrzeugreihe am Wegfahren (am weggezogen werden) hindert, erlaubt doch eine solche Distanz eine ungehinderte Durchfahrt zwischen den zwei Fahrzeugreihen für Pkw wie auch für Lkw. Anderenfalls wäre einem Lenker wie dem Berufungswerber auferlegt, dass er auch einen fünf bis sechs Meter von seinem Fahrzeug abgestellten Anhänger näher in Augenschein nimmt und Überlegungen anstellt, mit welchem Zugfahrzeug der Anhänger von welchen Lenker (geübt oder ungeübt) wie herausgezogen wird. (Dass nicht nur ein gerades Herausziehen des Anhängers denkbar ist, lehrt schon die Alltagserfahrung im Straßenverkehr, wonach Lkws mit Anhänger auch engere Kreisverkehre oder Kehren auf Alpenstraßen befahren, damit aber auch ein schräges Herausziehen eines Anhängers aus einer Abstellfläche möglich sein muss.) Derartiges von einem Pkw-Lenker zu verlangen, würde - hier ist der Ansicht der belangten Behörde zu widersprechen und die Argumentation des Berufungswerbers aufzugreifen - die von Fahrzeuglenkern geforderte nötige Aufmerksamkeit und Umsicht über Gebühr zu strapazieren. Es war daher der Berufung Folge zu geben, der bekämpfte Bescheid zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und 2 VStG einzustellen.

Schlagworte
halten Anhänger hindern wegfahren Deichsel
Zuletzt aktualisiert am
31.08.2009
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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